Titel: | Ueber die Verwendung des schwefelsauren Bleioxydes aus Kattundruckereien; von Th. Wichmann, Chemiker in Dresden. |
Fundstelle: | Band 157, Jahrgang 1860, Nr. LXVIII., S. 283 |
Download: | XML |
LXVIII.
Ueber die Verwendung des schwefelsauren
Bleioxydes aus Kattundruckereien; von Th. Wichmann, Chemiker in Dresden.
Aus dem polytechnischen Centralblatt, 1860 S.
411.
Wichmann, über die Verwendung des schwefelsauren Bleioxydes aus
Kattundruckereien.
Um das schwefelsaure Bleioxyd, welches in den Kattundruckereien bei Bereitung der
essigsauren Thonerde abfällt, vortheilhaft zu verwenden, sind schon mannichfache
Vorschläge gemacht worden. Meist hat man es mit Fluß- und Reductionsmitteln
im Flammofen behandelt, um metallisches Blei daraus zu gewinnen, was auch insofern
als sehr vortheilhaft anerkannt werden muß, als das resultirende Blei ein ganz
vorzügliches Weichblei ist. Die völlige Abwesenheit des Kupfers und Eisens im
schwefelsauren Bleioxyd veranlaßte den Verf., dasselbe wo möglich für die
Thonwaarenfabrication zu verwenden, da gerade bei diesem Zweige der Industrie ein
Bleioxyd, das vollkommen eisen- und kupferfrei, von großem Werthe ist, z.B.
zur Darstellung weißer glasirter Ofenkacheln und Fliesen, und die Mohr'sche Methode der Aetzbarytbereitung brachte den
Verf. auf die Idee, die Reduction des schwefelsauren Bleioxyds auf gleichem Wege,
mittelst Aetznatronlauge, zu versuchen. Es gelang dieß vollkommen, man erhielt ein
Bleioxyd von vorzüglicher Reinheit und hat bereits einige hundert Centner
schwefelsaures Bleioxyd auf diese Weise behandelt.
Aus den Kattundruckereien erhält man das Bleisalz meistentheils in Teigform von mehr
oder weniger braunrother Farbe; in der Ruhe scheidet sich eine gefärbte Flüssigkeit
darüber ab, welche essigsaure Thonerde und Ammoniakalaun gelöst enthält und deren
Farbe von dem holzessigsauren Bleioxyde herrührt, das zur Zersetzung des Alauns
verwendet wurde. Diese ganze Masse zerrührt man unter Wasserzusatz, und man thut
wohl, dieselbe durch ein feines Sieb in ein anderes Gefäß laufen zu lassen, ein Mal
um das zu Klumpen vereinigte Bleisalz feiner zu zertheilen, damit es sich leicht
waschen lasse, dann aber auch, um darin befindliche fremdartige Körper zu
entfernen.
Zur Zersetzung verwendet man eine Aetznatronlauge von 28 bis 30° B., also von
ungefähr 1,25 spec. Gewicht, die möglichst frei von kohlensaurem Natron ist. Die
Aetzlauge wird in einem eisernen Kessel zum Sieden erhitzt und unter fortwährendem
Umrühren dasjenige Quantum schwefelsauren Bleioxyds nach und nach eingetragen,
welches zufolge eines vorgängigen Versuches erforderlich ist; hierbei muß man,
sobald die berechnete Menge ziemlich eingetragen ist, wohl darauf Acht haben, daß
man nicht zuviel
zusetze, was man am einfachsten durch den Geschmack wahrnehmen kann. So lange die
Flüssigkeit, in welche bereits ein großer Theil des schwefelsauren Bleioxyds
eingetragen wurde, auf der Zunge noch sticht (nach dem Ausdruck der Seifensieder),
kann man von diesem noch zusetzen, man muß jedoch damit aufhören, sobald der
stechende Geschmack nicht mehr bemerkbar ist. Es ist sogar rathsam, daß etwas freies
Natron in der Flüssigkeit bleibe, damit man nicht Gefahr laufe, schwefelsaures,
Bleioxyd in die Glätte zu bekommen; allerdings geht in diesem Falle eine kleine
Menge Bleioxyd an Natron gebunden mit in die Glaubersalzlösung über. Die Zersetzung
erfolgt während des Siedens rasch und vollständig und nur in dem Falle unter Bildung
eines weißen Schaumes, wenn die Aetzlauge viel kohlensaures Natron enthielt;
gewöhnlich entweicht etwas Ammoniakgas aus dem Alaun, der dem schwefelsauren
Bleioxyd noch anhing.
Das auf diese Weise gebildete Bleioxyd besitzt eine blaßgelbrothe Farbe und besteht
aus äußerst feinen Krystallschuppen; wendet man jedoch eine Aetzlauge in
concentrirterem Zustande an, vielleicht von 40° B., so bilden sich etwas
größere Krystalle von dunkelrother Farbe.
Nachdem das gehörige Quantum schwefelsaures Bleioxyd in die Lauge eingetragen und die
Zersetzung vollendet ist, schöpft man die ganze Flüssigkeit in ein Gefäß mit reinem
Wasser, damit sich das gebildete Glaubersalz in Lösung erhalten kann, was nicht der
Fall seyn würde, wollte man der Flüssigkeit kein Wasser zusetzen. Das Bleioxyd setzt
sich leicht ab, wird durch mehrmaliges Waschen vollständig vom Glaubersalze befreit,
sodann auf einem Herde von Thonplatten getrocknet und endlich in einem Flammofen
durchgeglüht, worauf man es im Ofen möglichst langsam erkalten läßt. Nach dieser
Behandlung erscheint es als ein äußerst zartes Pulver von gelbrother Farbe, genau
wie präparirte Bleiglätte; es enthält dieß Bleioxyd allerdings gegen 2 Proc.
Thonerde, die ihm hartnäckig anhängen, was jedoch bei der Verwendung zum Glasiren
von Thonwaaren ohne allen nachtheiligen Einfluß ist; ferner enthält es größere oder
geringere Mengen von kohlensauren: Bleioxyd, je nachdem die Aetznatronlauge noch
mehr oder weniger kohlensaures Natron enthielt.
Die Glaubersalzlösung und Waschwässer werden eingedampft und geben ein Glauberfalz,
das zwar Thonerde, Bleioxydnatron, essigsaures Natron und Kochsalz enthält,
letzteres aus der verwendeten Soda, welche Nebenbestandtheile aber für die
Fabrication von Krystallglas gerade von Werth sind, infolge dessen, und weil es
absolut eisenfrei, dieses Glaubersalz als ein vorzügliches Material von Glashütten
gern verwendet wird.