Titel: | Verfahren zur Darstellung des Fuchsins; von Albert Schlumberger. |
Fundstelle: | Band 157, Jahrgang 1860, Nr. LXXI., S. 293 |
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LXXI.
Verfahren zur Darstellung des Fuchsins; von
Albert
Schlumberger.
Aus dem Bulletin de la Société industrielle de
Mulhouse, März 1860, t. XXX p. 170.
Schlumberger's Verfahren zur Darstellung des Fuchsins.
Das Verfahren der HHrn. Franc und Renard (welches ihnen von Hrn. Verguin, damals
Chemiker des Hauses Raffart zu Lyon, mitgetheilt wurde)
besteht darin, das wasserfreie Anilin mit wasserfreiem Zinnchlorid beim Siedepunkte
des Anilins zu behandeln. Diese Operation ist aber schwierig und sehr gefährlich;
denn wenn man den Spiritus fumans Libavii tropfenweise
in das kochende Anilin gießt, so entwickeln sich sehr reichliche und sehr
gefährliche Dämpfe, weßhalb die Arbeiter sich ein Goldblech auf den Mund legen
müssen.
Ich war bemüht, ein leichteres und vortheilhafteres Verfahren zur Darstellung dieses
rosenrothen Farbstoffs aufzufinden, und nachdem ich Oxydationsmittel aller Art
versucht hatte, fand ich, daß das neutrale salpetersaure Quecksilberoxydul bei
weitem das geeignetste ist.
Ich verwende ein Gemisch von
100 Theilen wasserfreiem Anilin und
60 Theilen krystallisirtem, neutralem
salpetersaurem Quecksilberoxydul,
Hg²O, NO⁵, 2HO; Dieses
Gemisch bringe ich in einem vorher gut getrockneten Glaskolben zum Sieden.
Nach und nach ändert die Masse ihre Farbe, sie wird braun, und es tritt ein Zeitpunkt
ein, wo sich das Ganze in eine schön rothe Flüssigkeit verwandelt hat; die Operation
ist als beendigt zu betrachten und der Kolben vom Feuer wegzunehmen, sobald die
Masse beim Sieden aufsteigt und gelbliche Dämpfe zu entwickeln beginnt.
Man schüttet hernach die erhaltene Masse in ein 2–3 Mal so großes Volumen
kochenden Wassers, behufs des ersten Auswaschend Man decantirt dieses erste
Waschwasser, welches die Oele enthält, die sich nicht vollständig in rothen
Farbstoff umgewandelt haben; dann nimmt man die sämmtliche harzige Masse wieder in
Wasser auf und läßt kochen, wobei sich die ganze Schönheit der Farbe entwickelt;
nachdem das Sieden behufs des Extrahirens lange genug fortgesetzt worden ist, nimmt
man den Rückstand wie der in einer der früheren gleichen Quantität Wasser auf, und
macht den dritten Absud, welcher wie der zweite verwendet werden kann. Nach dieser
Operation verbleibt im Rückstand nur noch ein violettbrauner Farbstoff, welcher
bisher zum Färben nicht benutzt werden konnte.
Die Anwendung des salpetersauren Quecksilberoxyduls gewährt den Vortheil, daß dieses
Oxydationsmittel, indem es sich reducirt, auf dem Boden der zur Darstellung des
Fuchsins dienenden Gefäße eine entsprechende Menge metallischen Quecksilbers
hinterläßt, welches man nach jeder Operation sammelt, um es wieder in salpetersaures
Oxydul umzuwandeln und somit fortwährend zu benutzen.
Man kann das Anilin auch in Fuchsin mittelst salpetersauren Silbers umwandeln,
welches sich wie das Quecksilbersalz reducirt.
Das oben beschriebene Verfahren ist so leicht und gelingt so regelmäßig, daß man
seine Ausführung einem Arbeiter anvertrauen kann, welcher in chemischen Operationen
gar nicht geübt ist.
Ein gutes Oxydationsmittel des Anilins ist auch das Quecksilberchlorid, mit
Zinnamalgam gemischt; es bildet sich wasserfreies Zinnchlorür, welches bei seiner
Entstehung das Anilin in Fuchsin umwandelt.Hr. A. Schlumberger hat obige Beschreibung seines
Verfahrens zur Darstellung des Fuchsins, um sich die Priorität zu sichern,
am 23. October 1859 in einem versiegelten Packet im Archiv der Mülhauser
Industriegesellschaft deponirt, welches am 23. Januar d. J. auf seinen
Wunsch entsiegelt wurde.