Titel: | Untersuchungen über die Verbrennlichkeit des Tabaks; von Schlösing. |
Fundstelle: | Band 157, Jahrgang 1860, Nr. LXXV., S. 305 |
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LXXV.
Untersuchungen über die Verbrennlichkeit des
Tabaks; von Schlösing.
Aus den Comptes rendus, März 1860, Nr. 13 und Juni 1860,
Nr. 23.
Schlösing's, Untersuchungen über die Verbrennlichkeit des
Tabaks.
Die Fabrikanten bezeichnen mit Ausdruck „Verbrennlichkeit“ des
Tabaks die Fähigkeit, welche die verschiedenen Tabake in sehr verschiedenem Grade
besitzen, nach jedem Ansaugen oder jedem Zuge des Rauchers eine gewisse Zeit lang
glühend zu bleiben. Der verbrennlichste Tabak ist solcher, welcher ohne auszulöschen
den größten Zeitraum zwischen zwei auf einander folgenden Zügen verträgt,
unverbrennlicher Tabak dagegen derjenige, welcher fast sogleich, nachdem er
angezündet worden, wieder verlöscht.
Die Asche der Pflanzen enthält bekanntlich gewöhnlich Schwefelsäure, Salzsäure,
Phosphorsäure, Kohlensäure, Kali, Natron, Magnesia, Kieselsäure u.s.w. Wenn man sie
mit Wasser behandelt (nachdem man den caustischen Kalk wieder in kohlensauren Kalk
verwandelt hat), erhält man eine Lösung, die meist außer schwefelsauren Salzen und
Chloralkalien auch kieselsaures und kohlensaures Kali und kohlensaures Natron
enthält. In diesem Fall sind die Schwefelsäure und Salzsäure nicht in hinreichender
Menge vorhanden, um alles Alkali zu sättigen; wenn aber der umgekehrte Fall
eintritt, so enthält die Lösung weder kohlensaures noch kieselsaures Alkali. Ich
habe nun Folgendes gefunden:
1) Die löslichen Theile der Asche eines verbrennlichen
Tabaks enthalten immer kohlensaures Kali (der Tabak enthält kein Natron), und je
verbrennlicher ein Tabak ist, desto alkalischer ist im Allgemeinen seine
2) Die löslichen Theile der Asche eines unverbrennlichen
Tabaks enthalten kein kohlensaures Kali; man findet meist Kalk darin. Hieraus folgt,
daß in den verbrennlichen Tabaken das Kali im Verhältniß zur Schwefelsäure und
Salzsäure nach Aequivalenten vorherrscht, und daß bei den unverbrennlichen Tabaken
das Engegengesetzte der Fall ist.
3) Ein unverbrennlicher Tabak wird verbrennlich, wenn man ihm das Kalisalz einer
organischen Säure (äpfelsaures, citronensaures, oxalsaures oder weinsaures Kali) in
solchem Verhältniß incorporirt, daß das Kali in der Asche im Verhältniß zur
Schwefelsäure und Salzsäure das Uebergewicht erlangt.
4) Ein verbrennlicher Tabak wird unverbrennlich, wenn man ihm das schwefelsaure oder
salzsaure Salz von Kalk, Magnesia, Ammoniak u.s.w. in solcher Quantität mittheilt,
daß das Kali in der Asche das Uebergewicht über die Schwefelsäure und Salzsäure
verliert.
Um dem Tabak irgend ein anderes Salz zu incorporiren, taucht man die Blätter einen
Augenblick in die Lösung desselben, schüttelt sie dann aus, läßt sie in einem
verschlossenen Gefäß 24 Stunden lang liegen und trocknet sie darauf in freier Luft.
Ihr ursprüngliches Ansehen wird durch diese Behandlung nicht verändert.
Der im Vorstehenden erwähnte Zusammenhang zwischen der Verbrennlichkeit der Tabake
und dem Gehalt der Asche derselben an kohlensaurem Kali dürfte ziemlich unerwartet
seyn, da gewöhnlich die Einäscherung von Stoffen, die reich an Alkali sind, gerade
schwierig ist. Das kohlensaure Kali kann auch nicht die Ursache der Verbrennlichkeit
bilden, weil es nicht bereits in dem Tabak enthalten ist, sondern erst beim
Verbrennen desselben entsteht. Man muß bezüglich dieser Ursache auf die Salze des
Kalis mit organischen Säuren oder auf das etwa vorhandene salpetersaure Salz, woraus
das kohlensaure Kali erst entsteht, zurückgehen. Man könnte vermuthen, daß
salpetersaures Kali die Hauptursache der Verbrennlichkeit des Tabaks sey. Offenbar
müssen salpetersaure Salze, wenn sie vorhanden sind, die Verbrennung wesentlich
begünstigen, ihr Einfluß ist aber nur secundär, denn durch meine Untersuchungen über
den Salpetersäuregehalt der Tabake hat sich ergeben, daß ausnehmend verbrennliche
Tabake sehr wenig salpetersaure Salze enthielten, während andere, die als ganz
unverbrennlich erschienen, viel reicher daran waren. Ich erkläre den Zusammenhang
zwischen der Verbrennlichkeit der Tabake und dem Gehalt der Asche derselben an kohlensaurem Kali
auf folgende Weise:
Wenn man äpfelsaures, citronensaures, oxalsaures, pektinsaures, weinsaures u.s.w.
Kali in einem verschlossenen Gefäße erhitzt, so bläht das Salz sich bedeutend auf,
offenbar weil es bei der Zersetzung schmilzt, und läßt eine voluminöse, wenig
zusammenhängende, sehr poröse Kohle zurück. Macht man denselben Versuch mit dem
Kalksalz einer organischen Säure, so verändert dasselbe nicht erheblich sein Volumen
und liefert eine compactere, mehr zusammenhängende Kohle. Es ist nun bekannt, daß
eine poröse, wenig zusammenhängende Kohle sich leichter entzündet und länger
glimmend bleibt als eine dichtere, mehr zusammenhängende Kohle. Bei der Verbrennung
des Tabaks wird die Verbrennung hauptsächlich durch die mittelst der Wärme unter
Entwickelung von Rauch aus dem Tabak abgeschiedene Kohle unterhalten, welche in dem
Maaße als sie frei wird sich entzündet und verbrennt. Hieraus dürfte der Einfluß der
organischen Kalisalze auf die Verbrennlichkeit des Tabaks sich zur Genüge ergeben.
Wenn eine Cigarre solche Salze in genügender Menge enthält, werden dieselben beim
Brennen der Cigarre, indem sie sich unter Aufblähen zersetzen, selbst eine poröse
Kohle hervorbringen, und andererseits darauf hinwirken, die aus den übrigen Stoffen
abgeschiedene Kohle zu zertheilen. Die beim Brennen der Cigarre sich fortwährend
abscheidende Kohle wird daher hinreichend porös seyn, um das Feuer zu unterhalten.
Wenn aber die Cigarre keine oder nur wenig Kalisalze mit organischen Säuren enthält,
das vorhandene Alkali vielmehr ganz an Schwefelsäure und Salzsäure gebunden ist und
die Aepfelsäure, Citronensäure u.s.w. hauptsächlich mit Kalk vereinigt sind, so wird
der brennende Theil der Cigarre sich nicht aufblähen und deßhalb eine dichte, wenig
poröse Kohle geben, die das Verbrennen nicht gehörig zu unterhalten vermag. In
diesem Falle wird die Cigarre kohlen und die verkohlten
Theile werden scheinbar die Organisation des Zellgewebes behalten.
Ich behaupte nicht, daß ein unverbrennlicher Tabak gar keine organischen Kalisalze
enthalte, sondern das Kali gänzlich als schwefelsaures Salz oder Chlormetall
vorhanden sey; ich sage auch nicht, daß die Verbrennlichkeit von der Aggregation des
Tabaks, seiner Dicke, seiner Porosität, seiner Reife und seiner Zusammensetzung
unabhängig sey. Ich stelle lediglich als Thatsache hin, daß ein Tabak gut brennt,
wenn er hinreichend mit organischen Kalisalzen versehen ist, daß er dagegen schlecht
oder gar nicht brennt, wenn er zu wenig davon enthält, und daß die Gegenwart von
kohlensaurem Kali in der Asche das Zeichen einer guten Verbrennlichkeit, die
Abwesenheit desselben dagegen das Zeichen von Unverbrennlichkeit ist.
Es ist daher einleuchtend, daß der verbrennliche Tabak nur auf einem genügend mit
Mali versehenen Boden wachsen kann; nun fragt es sich, ob ein an Kali armer Boden,
welcher unfehlbar immer schlechtbrennenden Tabak hervorbringen würde, nach dem
Düngen mit Kalisalzen gut brennende Ernten geben wird? Dieß ist die Frage, welche
ich lösen wollte.
Die elementarsten Regeln, welche den Landmann bei der Wahl des Düngers leiten, lassen
die Bejahung dieser Frage im Voraus erwarten. Es handelt sich hier aber nicht bloß
darum, nachzuweisen daß durch das Einführen von Kali in den Boden mehr Alkali im
Tabak assimilirt wird, sondern auch darum, zu ermitteln ob das Verhältniß der
Kalisalze mit organischen Säuren wirklich zunahm, denn es würde wenig nützen, den
Tabak mit mineralischen Kalisalzen, wie schwefelsaurem Kali und Chlorkalium zu
bereichern. Mit diesen Untersuchungen war natürlich die Frage verknüpft: ist die
Natur der in den Boden eingeführten Kalisalze gleichgültig, oder sind diese Salze in
verschiedenen Graden zur Erreichung des Zweckes geeignet?
Ich wählte zu meinen Culturversuchen ein Feld zu Boulogne in der Nähe von Paris,
welches sehr arm an Kali war, da ich bei lange fortgesetztem methodischem Auswaschen
mit reinem Wasser nur 18 Milligram. Kali per Kilogramm
fand, eine zur Tabakscultur sehr geringe Menge. Denn wenn man die Tiefe des
wirksamen Bodens zu 30 Centimetern, die von einer Pflanze eingenommene Oberfläche zu
einem Drittel Quadratmeter und das Gewicht des Liter Erde zu 1,6 Kilogr. annimmt, so
findet man, daß eine Pflanze, welche reif und trocken ungefähr 150 Grm. wiegen
würde, in beiläufig 158 Kilogr. Erde, welche 2,8 Grm. Kali enthalten, wachsen müßte;
der Tabak würde daher nur 1,9 Proc. Alkali enthalten, bei vollständiger Assimilirung
des im Boden vorkommenden: nun enthält aber ein verbrennlicher Tabak 2,5 bis 4 Proc.
Kali.
Mein Boden enthielt wenig Chlor und Schwefelsäure. Getrocknet lieferte er durch
Zerreiben:
Kies
6,00
Procent.
Sand
42,61
KieselsandKalksand
34,08,6
Erde
51,67
Thonsehr feinen SandKalksand
24,610,616,4
––––––
100,28
Es war ein ziemlich zäher kalkiger Thonboden.
Nachdem der Boden 30 Centimeter tief umgegraben war, theilte ich ihn in 12 Vierecke
von 3 Quadratmeter Oberfläche, welche mit 30 Centimeter tief eingesetzten Bretern
eingefaßt wurden. Zum Düngen dieses Bodens konnte ich keinen normalen Dünger
anwenden, weil ein solcher auch in die Vierecke welche ich frei von Kali zu haben
wünschte, dieses gebracht hätte. Ich nahm meine Zuflucht zu folgenden Düngern,
welche ich nach meinen Ansichten mischte: pulverisirtes
Muskelfleisch, ein stickstoff- und phosphorsäurehaltiger Dünger,
welcher aber ganz unwesentliche Mengen von Kali enthielt; Humus, welcher vorher in Fässern lange Zeit gewaschen und daher von den
alkalischen Salzen befreit war, er sollte als Kohlensäurequelle die analogen
Substanzen des Stalldüngers ersetzen; Kalisalze, nämlich
Chlorkalium, schwefelsaures, salpetersaures, kohlensaures und kieselsaures Kali; Salze von Kalk und von Magnesia. Die Vertheilung dieser
Dünger ist in der nachfolgenden Tabelle angegeben.
Auf jedes Viereck wurden 9 Pflanzen gesetzt (also 30,000 auf die Hektare). Man ließ
der Pflanzung alle bei dieser Cultur gebräuchliche Sorgfalt angedeihen; die zwölf
Ernten wurden nach dem Trocknen jede in zwei Theile getheilt, der eine zur Analyst,
der andere zur Anfertigung von Probe-Cigarren bestimmt. In der folgenden
Tabelle sind bezüglich der angewandten Dünger die Hauptresultate der Analysen und
die Abschätzungen des Grades der Verbrennlichkeit der Cigarren zusammengestellt.
Aus den in dieser Tabelle enthaltenen Resultaten ziehe ich zuerst einen Hauptschluß:
die Böden, welche kein Kali erhielten (1, 2, 9, 10),
haben unverbrennliche Tabake producirt; diejenigen welche
Kali erhielten (3, 4, 5, 6, 7, 8, 11, 12), haben
Tabake von verschiedener Verbrennlichkeit geliefert.
Ich lasse noch einige beachtungswerthe Beobachtungen folgen. Die Tabake 4, 9, 10,
welche in mit Chlorkalium versehenem Boden wuchsen, enthalten ungefähr dreimal so
viel Chlor als die anderen; das Chlor wird also vom Tabak gern assimilirt. Da aber
die mineralischen Säuren, Chlorwasserstoff- und Schwefelsäure, die
Verbrennung des Tabaks beeinträchtigen, indem sie den organischen Säuren das Alkali
entziehen, so folgt daraus, daß reichlicher Chlorgehalt eines Bodens schädlich ist
und die Anwendung der zu viel Chlor enthaltenden Düngerarten vermieden werden muß.
Die Abschätzung der Verbrennlichkeit von Nr. 4, 9 und 10 führt zu demselben
Schluß.
Der Tabak Nr. 3 liefert ein hiervon ganz abweichendes Resultat bezüglich der
Schwefelsäure; er enthält von den zwölf Tabaken am meisten Alkali, und nicht mehr
Schwefelsäure als die anderen, obgleich sein Boden schwefelsaures Kali erhalten
hatte; die Basis dieses Salzes ist folglich assimilirt und die Säure ausgeschieden
worden; eine analoge Thatsache hat bekanntlich Boussingault beim Düngen mit Gyps beobachtet. Ferner ergibt die
Vergleichung des Kaligehalts der Tabake Nr. 3, 4, 5, 7, welche in Böden cultivirt
waren, denen ich gleiche Quantitäten von Kali zugesetzt hatte, die aber mit
verschiedenen Säuren verbunden waren, daß dem schwefelsauren Kali der Vorzug
zukommt;Im Jahre der Schießbaumwolle-Entdeckung 1847, war mir ein großes
Quantum schwefelsaures Kali als Rückstand der Salpetersäure-Bereitung
übrig geblieben, welches zu verschiedenen Düngungsversuchen, insbesondere
des Tabaks, verwendet wurde. Die Versuche fanden 1848 theils im Großen auf
angebautem Felde statt, und dieses blieb der natürlichen Regenbewässerung
überlassen; theils waren kleine Versuchsstücke in einem Garten eingerichtet,
welche, so oft es nöthig erschien, noch besonders begossen wurden. Die
Tabakspflanzen waren aus direct von Amerika erhaltenen Samen gezogen. Die
Ernte übertraf sowohl in Qualität als Quantität beiweitem diejenige, welche
auf nicht mit schwefelsaurem Kali gedüngtem Boden erzielt war. Sämmtliche
Blätter standen dem amerikanischen Tabak sehr nahe, ihnen fehlte vollständig
der Kneller unserer deutschen Tabake. Auffallend war jedoch die große Stärke
der auf den Versuchsstücken im Garten gewonnenen Tabaksblätter, welche ich
damals dem regelmäßigen Begießen, d.h. der stets rechtzeitigen Bewässerung
zuschrieb. So weit meine Erfahrung reicht, scheinen trockene und nasse Jahre
wesentliche Einflüsse auf verminderte oder vermehrte Ausbildung der
narcotischen Stoffe im Tabak zu äußern. A. Lipowitz. (Briefliche Mittheilung.) nachher folgen das kohlensaure Kali, das salpetersaure, das Chlorkalium.
Diese Beobachtung muß jedoch durch neue Versuche bestätigt werden, bevor man sie als
constant betrachten kann.
Der Gehalt an Kalk und Magnesia scheint im umgekehrten Verhältniß mit demjenigen an
Kali zu- oder abzunehmen.
Das Nicotin hat bei meinen zwölf Tabaken eine außerordentliche Procenthöhe erreicht;
meine Cigarren waren aber auch ungewöhnlich stark. Ich kenne die Ursache dieser
übermäßigen Erzeugung von organischem Alkali noch nicht; bei den Culturversuchen,
welche ich in diesem Jahre anstelle, werde ich mein Augenmerk hauptsächlich auf die
praktischen Mittel richten, wodurch man in derselben Tabaksorte den Nicotingehalt
abzuändern vermag; denn es genügt nicht, daß der Rauchtabak gut brennt, sondern er
muß auch, nebst anderen Eigenschaften, eine mittlere Stärke besitzen, nämlich
zwischen 2 und 4 Procent Nicotin enthalten.
Textabbildung Bd. 157, S. 311
Nr. der Versuchsfelder; Fleich;
Trockener Humus; Dünger auf eine Hektare; Salz; Art desselben; Quantität;
Kaligehalt; 100 Thle. geernteter Blätter, mit 10 Proc. Feuchtigkeit, enthalten;
Kali; Kalk; Magnesia; Schwefelsäure; Chlor; Nicotin; Verbrennlichkeitsgrad der
Cigarren