Titel: Ueber den mechanischen Spannstab mit selbstthätiger Streckung von Chr. Kortmann zu Arnstadt; Mittheilung von C. Karmarsch.
Fundstelle: Band 157, Jahrgang 1860, Nr. LXXXI., S. 333
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LXXXI. Ueber den mechanischen Spannstab mit selbstthätiger Streckung von Chr. Kortmann zu Arnstadt; Mittheilung von C. Karmarsch. Aus den Mittheilungen des hannoverschen Gewerbevereins, 1860 S. 170. Mit Abbildungen auf Tab. V. Kortmann's mechanischer Spannstab mit selbstthätiger Streckung. In Beziehung auf den unter der Firma Thumb und Comp. bekannt gewordenen und mit Recht sehr empfohlenen Walzentempel oder Breithalter für mechanische Webstühle oder Handstühle mit Regulator (welcher im polytechn. Journal Bd. CLI S. 99 beschrieben wurde) erfahre ich, daß derselbe eine Erfindung des (früher mit Thumb associirten) Mechanikers Chr. Kortmann ist, welcher gegenwärtig zu Arnstadt in Thüringen eine selbstständige Werkstätte betreibt. Ebengenannter Herr hat neuerlich mehrere Verbesserungen an seinem Breithalter angebracht, von welchen ich hier Nachricht zu geben beabsichtige. Fig. 20 zeigt die perspectivische Oberansicht der zur linken Hand anzubringenden Hälfte des Breithalters in halber Ausführungsgröße, und zwar mit niedergelassener Walzendecke, welches der Zustand während des Arbeitens ist; Fig. 21 eben so die rechte Hälfte, jedoch mit aufgeklappter Decke und ohne die zur Befestigung am Brustbaume dienende Eisenschiene. Im Allgemeinen ist die frühere, am angeführten Orte erklärte Einrichtung beibehalten; die Buchstaben a, b, d, e, f, f¹, g, h unserer gegenwärtigen Fig. 20 haben hier die nämliche Bedeutung wie dort. Die Abweichungen, in welchen die Verbesserung besteht, sind folgende: 1) An die Stelle der schwachen und daher leicht zerbrechlichen Winkel f, f¹ (in der früher gegebenen Abbildung) ist ein viel stärkerer und dauerhafterer Support getreten, dessen breite Platte f¹ längs der Schlitzschiene g¹, g¹ verstellbar und daran mittelst einer Schraube zu befestigen ist. 2) Eben dieser (gußeiserne) Support trägt als Verlängerung eine Rinne m, welche den Nadelcylinder a von Unten bedeckt und schützt. 3) Die Verbindung des Breithalters mit dem gußeisernen Brustbaume k wird auf die einfachste und solideste Weise durch zwei Schraubbolzen h, i hergestellt, welche ganz nahe den Enden der Schiene g, g angebracht sind. (Letztere ist auf dem rechtwinkelig nach Unten umgebogenen Lappen der Schlitzschiene g¹, g¹ dauerhaft angenietet.) 4) Der Nadelcylinder a besteht nicht mehr aus sechs, sondern aus sieben Theilen, enthält also statt der früheren 12 jetzt 14 Nadelreihen (wechselweise 7 und 6 Nadeln in einer Reihe) bei unverändertem Durchmesser. Durch diese engere Zusammenstellung der Nadeln wird die Waare viel sicherer aufgetragen, weil ein Versagen des Eingreifens nicht mehr vorkommen kann. 5) Das Ein- und Ausschieben der mit Nadeln besetzten Cylindertheile geschieht zwar wie früher durch Schrägtheile (schiefe Flächen), zwischen welchen deren Enden eingeschlossen sind; allein nur der innere dieser Schrägtheile, b, ist beibehalten, dagegen der äußere beseitigt und dafür die Steigungsfläche unmittelbar im Kopfe f des Supports eingearbeitet. Hierdurch wird der Nadelcylinder um ein Entsprechendes dem äußeren Ende des erwähnten Kopfes näher gebracht und erreicht, daß der Breithalter auch an allen jenen Stühlen gebraucht werden kann, wo zwischen Waare und Schußwächter nur sehr wenig Raum vorhanden ist. Einen von Kortmann's neuen Breithaltern hat Hr. Ahlers, Director der hannoverschen Baumwoll-Spinnerei und Weberei zu Linden vor Hannover, auf meine Bitte längere Zeit an Stühlen der genannten Fabrik gebrauchen lassen, und ich habe das Vergnügen, über das Ergebniß dieser Probe folgendes Zeugniß mittheilen zu können: „Einer Aufforderung des Hrn. Directors Karmarsch nachkommend, habe ich mit Interesse den oben bezeichneten selbstthätigen Spannstock für mechanische Webstühle mit den in der hannoverschen Baumwoll-Spinnerei und Weberei bisher im Betriebe gewesenen Systemen verglichen.“ „Der zu diesem Vergleiche vorgelegene Spannstock wurde abwechselnd an Stühlen für schlichte Gewebe aus 34r Kette und 40r Schuß, für schwere Nessel aus 14r Kette und 6r Schuß, sowie für 8schäftige façonirte Gewebe aus 34r Kette und 40r Schuß angestellt und dabei nach seiner Construction wie nach dem zu Grunde liegenden Systeme mit anderen ähnlichen Vorrichtungen verglichen.“ „In Bezug der Construction möchte sich der genannte Spannstock namentlich in folgenden Punkten von den englischen selfacting roller temples vortheilhaft unterscheiden: 1) Durch seine mehr einfache und billige Construction im Allgemeinen. 2) Durch die leicht ausführbare und zweckmäßig eingerichtete Stellung, um die Tücher in allen Breiten, für deren Anfertigung der Webstuhl geeignet ist, ausführen zu können. 3) Durch die einfache und höchst solide Befestigung am Brustbaume. 4) Durch die sichere Regulirung der Stellung sowohl gegen den Brustbaum, als gegen das Blatt.“ „An dem vorliegenden Spannstabe können nur selten Reparaturen vorkommen und werden solche vergleichsweise leicht auszuführen seyn. Die Manipulation des Webers für Anstellung und Abnahme der Tücher ist einfacher, auch wird demselben das Abputzen der Tücher auf dem Stuhle leichter, als bei der englischen Spannvorrichtung und bei dem Handspannstocke.“ „Das System dieses vorliegenden Spannstockes gestattet eine sehr sichere Führung der gewebten Tücher, bringt das Fach mehr auf die Bahn als die englische Vorrichtung, und hat vor der letzteren, wie vor dem Vorsatz-Spannstabe den Vorzug, daß es die Waare in Dichtigkeit und Breite gleichmäßiger liefert.“ „Unter übrigens gleichen Verhältnissen fällt die Waare bei diesem Spannstocke breiter aus (und zwar bei feinen Geweben um 5/16 Zoll engl., bei schweren Waaren um 1/4 Zoll engl.), als bei den hier im Betriebe befindlichen Vorrichtungen.“ „Dieser Spannstock eignet sich vorzugsweise zu Geweben mit nassem Schusse, setzt keinen Schmutz an, gibt der Waare nicht die lästigen Oel- und Rost-Flecke und reißt keine Löcher in die Leisten.“ „Man findet bei der Benutzung dieser Vorrichtung, daß die praktischen Erfahrungen der Werkstatt gleichsam daran verkörpert sind, und nennen ihn daher unsere Webermeister: „den verbesserten Tiroler Spannstock.“ C. Ahlers.

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