Titel: | Ueber die Fixirung der Beizen auf Baumwollengeweben; von Walter Crum. |
Fundstelle: | Band 157, Jahrgang 1860, Nr. LXXXIX., S. 350 |
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LXXXIX.
Ueber die Fixirung der Beizen auf
Baumwollengeweben; von Walter
Crum.
Vorgetragen in der Versammlung der brittischen
Naturforschergesellschaft zu Aberdeen. – Aus dem Bulletin de la Société
industrielle de Mulhouse, t. XXX p. 62.
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Crum, über die Fixirung der Beizen auf
Baumwollengeweben.
In den Kattundruckereien nennt man „Lüftung“ (ageing, aérage) die Operation, durch welche eine
Beize, nachdem sie auf ein Baumwollengewebe gedruckt worden ist, unter die günstigsten Umstände behufs
ihrer Fixirung in den Fasern des Gewebes versetzt wird.
Die Beizen welche hauptsächlich angewendet werden, sind die essigsaure oder holzsaure
Thonerde und das essigsaure oder holzsaure Eisenoxydul. Bekanntlich ist es
unumgänglich nothwendig, die Baumwollenzeuge nach dem Bedrucken mit Beizen der Luft
auszusetzen, wozu man sie gewöhnlich in einem geschlossenen Raume so aufhängt, daß
sie ziemlich lockere Falten bilden.
Man glaubt allgemein, daß der Zweck dieser Operation die Oxydation der Eisenbeizen
und die Verdunstung der Essigsäure sey, worin auch das Endresultat derselben
besteht. Sie muß aber eigentlich als eine Anfeuchtungsmethode betrachtet werden,
denn die Mittel, welche man zur Erreichung des beabsichtigten Zweckes anwendet,
zielen alle dahin, von der Luft auf das Gewebe diejenige Quantität Feuchtigkeit zu
übertragen, ohne welche ein Eisenoxydulsalz den erforderlichen Sauerstoff nicht
absorbiren und überhaupt gar kein Salz den Fasern der Baumwolle einverleibt werden
kann.
Fünfzehn Pfund bedruckter Kattun müssen ein Pfund Wasser absorbiren; hängt man
denselben in einem im Verhältniß zur Masse des Gewebes sehr geräumigen Local auf, so
genügen 1–2 Stunden um dieses Resultat zu erreichen, wogegen in einem
beschränkten Raume dazu mehrere Tage erforderlich sind.
Es wurden mehrere Mittel angegeben, um die natürliche Feuchtigkeit der Atmosphäre zu
vermehren. So stellte man z.B. an verschiedenen Stellen des Locals mit Wasser
gefüllte Gefäße auf, oder man brachte die Lüftungslocale über einem Fluß oder einem
Wasserreservoir an. In meiner Kattundruckerei zu Thornliebank unterhielt man einen
constanten Strom atmosphärischer Luft, welchen man so frei als möglich durch die
Falten der Gewebe circuliren ließ.
Vor mehreren Jahren führte Hr. Jones, vom Hause Schwabe zu Middleton bei Manchester, in England ein
Lüftungssystem ein, welches er bei Dollfus-Mieg
und Comp. in Mülhausen ausgeführt sah.Man sehe die Nachschrift von Camille Köchlin. Es besteht darin, die bedruckten Stücke in einem Local aufzuhängen, worin
der Feuchtigkeitsgrad der Luft durch Einführen von Wasserdampf in den untern Theil
vermehrt und gleichzeitig die Temperatur mittelst Oefen oder Dampfröhren erhöht
wird. Die Lüftungsoperation muß auf diese Weise rascher als gewöhnlich und überdieß
regelmäßiger bewerkstelligt werden; aber die Anwendung des Dampfes ist in diesem
Falle eine begränzte,
hauptsächlich wegen der Uebelstände welche er für die Arbeiter veranlaßt, und weil
durch Schweißtropfen, welche von den Arbeitern auf die Stücke herabfallen, auf
diesen Flecke verursacht werden.
Im Sommer 1856 besuchte Hr. Jones Thornliebank und theilte
mir diese Lüftungsmethode mit. Ich mußte natürlich auf den Gedanken kommen, daß wenn
man die Temperatur und den Feuchtigkeitsgrad eines hinreichend geräumigen Locals
erhöht und eine große Anzahl von Leitwalzen anwendet, sich die bedruckten Stücke
hinreichend, mit Wegfall des größten Theiles der Handarbeit, befeuchten lassen.
Hierzu braucht man nur die Stücke an den Enden zusammenzunähen und sie continuirlich
ein solches Local passiren zu lassen.
Die Idee, die bedruckten Stücke durch eine Atmosphäre passiren zu lassen, deren
Feuchtigkeit man künstlich vermehrt hat, war nicht neu, sondern bereits für Hrn.
John Tom zu Manchester patentirt; derselbe nahm nämlich
im Jahr 1849 ein Patent auf ein Verfahren zum continuirlichen Schwefeln, in dessen
Beschreibung er der Fixirung der Beizen auf Baumwollengeweben, mittelst Dampf, in
einem ähnlichen Apparat erwähnt. Dieß war zu Thornliebank wohl bekannt, wo das
erwähnte Schwefelungsverfahren seit mehreren Jahren angewendet wird.
In der Druckerei zu Thornliebank wurde auch seit ungefähr zwanzig Jahren ein anderes
Verfahren zum Fixiren der Beizen angewandt, welches darin besteht, die bedruckten
Stücke continuirlich eine Atmosphäre von Ammoniakgas passiren zu lassen.
In einem so kleinen Apparat, wie den von Hrn. Tom
beschriebenen Kammern (von kaum 5 bis 6 Kubikyards Inhalt), war jedoch die Fixirung
der Beizen unmöglich und kam niemals zur Anwendung.
Durch die Aenderungen, welche ich eingeführt habe, ist das Verfahren praktisch
geworden, wie folgende Beschreibung des Apparates zeigen wird.
Ich führte zu diesem Zwecke ein Gebäude von 48 Fuß Länge im Innern und 40 Fuß Höhe
auf, und brachte im Innern eine Scheidewand an, durch welche das Ganze in zwei
Locale von je 11 Fuß getheilt wurde.
Fig.
22–24 versinnlichen diese Einrichtung.
In dem ersten der erwähnten beiden Locale empfangen die Stücke die nöthige
Feuchtigkeit; dieser Raum ist in der Höhe (außer dem untern Boden) durch zwei, 26
Fuß von einander entfernte Scheidewände getheilt, und über jeder dieser Scheidewände
ist eine Reihe verzinnter Leitwalzen angebracht, von solcher Länge daß zwei Stücke
über dieselben weggehen können. Die Walzen, über welche die Stücke, wie die
Zeichnung zeigt, gespannt sind, werden durch eine kleine Dampfmaschine in Bewegung
gesetzt. Nachdem die
Stücke auf dem Fußboden übereinander gelegt worden sind, laufen sie über die erste
obere Walze, dann unter der untern Walze weg, hernach über die zweite obere Walze,
u.s.f., bis sie aus dem Local durch den dem Eintritt entgegengesetzten Theil
austreten; sie fallen dann stoßweise auf eine der drei Etagen, welche sich in diesem
Theile des Locals befinden. Diese Etagen sind von dem übrigen Local durch eine
Scheidewand aus Wolle getrennt.
Während die Stücke die Walzen passiren, sind sie der Wärme und Feuchtigkeit
ausgesetzt, welche der durch drei Reihen trichterförmiger Oeffnungen sanft
einströmende Dampf liefert. Die Temperatur wird auf 27 oder 38° Celsius und
sogar mehr erhöht; der durch condensirten Dampf befeuchtete Thermometer muß dann 25
und 36° C. anzeigen, nämlich immer 2 Grade weniger als der trockene
Thermometer.
Bei der beschriebenen Einrichtung können 50 Stücke von 25 Yards gleichzeitig der
Einwirkung der Wärme und Feuchtigkeit ausgesetzt werden; und da jedes Stück eine
Viertelstunde dieser Einwirkung ausgesetzt bleibt, so kann man stündlich 200 Stücke
den Apparat passiren lassen.
Damit die Arbeiter nicht genöthigt sind oft in den heißesten Theil des Apparates
einzutreten, hat man eine Oeffnung angebracht, welche zur Ventilation und zum
Entweichen der Essigsäure dient.
Die Beize wird durch die beschriebene Operation allein nicht vollständig fixirt,
obgleich viel besser als dieß geschehen würde, wenn man die Stücke einen ganzen Tag
lang der kalten Luft aussetzte. Dieselben haben jedoch so viel Feuchtigkeit
(beiläufig 7 Proc. des Gewichts eines bedruckten Stückes) aufgenommen, als
erforderlich ist, damit die Eisenbeizen sich des Sauerstoffs der Luft bemächtigen
und nach und nach in essigsaures Eisenoxydhydrat umwandeln können.
Um die Fixirung zu vervollständigen, müssen die Stücke (nach der beschriebenen
Befeuchtung) 1, 2 bis 3 Tage in einer ebenfalls warmen und feuchten Atmosphäre
verbleiben. Glücklicherweise hat man zu Thornliebank gefunden, daß hierbei die
Falten der Stücke nicht auseinander gehalten zu werden brauchen. Nach Graham's Versuchen über die Diffusion der Gase durch
kleine Oeffnungen war ich überzeugt, daß man die Stücke nur in Haufen zu legen
braucht, damit sie die geringe Menge Sauerstoff, welche zur Oxydation der
Eisenbeizen erforderlich ist, absorbiren können. Hierzu läßt man die Stücke, wie
oben erwähnt, beim Austritt aus dem Apparat stoßweise auf durchbrochenen Böden sich
absetzen, welche den drei Etagen entsprechen. Auf diesen Böden kann man 5000 Stücke
von 25 Yards auf einmal in Stößen absetzen.
In dem Local, welches die aufgehäuften Stücke aufnimmt, muß man Tag und Nacht einen
erhöhten Temperatur- und Feuchtigkeitsgrad unterhalten (27° C., also
25° C. für den befeuchteten Thermometer). Hierzu wurde ein großes eisernes
Rohr angebracht, welches durch Dampf geheizt wird und mit kleinen Oeffnungen
versehen ist, durch welche schwache Dampfstrahlen in das Local getrieben werden.
Das ganze Gebäude ist gegen die Einwirkung der kalten Luft und folglich gegen die
Condensation des Dampfes durch Doppelthüren, Doppelfenster und ein doppeltes Dach
geschützt.
Kleine Dampfröhren sind auch in denjenigen Theilen des Locals angebracht, wo sie
nothwendig sind. Der die Walzen enthaltende Theil wird überdieß durch Dampfröhren
geheizt, welche unter dem untern Boden angebracht sind.
Das beschriebene Fixirverfahren wird zu Thornliebank seit dem Herbst 1856 angewendet.
Ein Jahr nachher wurde es in mehreren anderen Kattundruckereien eingeführt, und
jetzt ist es in mehr als 16 Druckereien, sowohl in Schottland als in Lancashire, in
Gebrauch.
Nachschrift von Camille
Köchlin.
Seit 1833 leiteten die Gebrüder Köchlin Wasserdampf in
ihre Lüftungslocale. Ihr System, welches zuerst Dollfus-Mieg u. Comp., dann Blech, Steinbach und Mantz
annahmen, wurde bald allgemein in Frankreich; seitdem erhielt man die
Lüftungskammern durch regelmäßige Ueberwachung auf einer Temperatur von 25 bis
30° C., und auf einer solchen Feuchtigkeit, daß der durch condensirten Dampf
befeuchtete Thermometer um einige Grade fiel.
Mehrere Fabrikanten erhöhten den Temperatur- und Feuchtigkeitsgrad so weit,
daß sie in einigen Stunden genügende Resultate erhielten. Die Engländer, indem sie
geeignete Apparate construirten, und das schon bei einer großen Anzahl anderer
Operationen eingeführte continuirliche passiren der Stücke annahmen, konnten die zur
Entbindung der Essigsäure aus den aufgedruckten Beizen erforderliche Zeit auf einige
Minuten beschränken. Es muß aber erst eine längere Praxis darüber entscheiden, ob
dieses vortheilhaft ist und uns über die geringste Zeitdauer, welche die Reaction
bei Anwendung geeigneter Apparate erheischt, belehren.
Vor 32 Jahren, in der Sitzung der Mülhauser Industriegesellschaft vom 16. December
1827, las Daniel Köchlin seine schätzbare Abhandlung
„über die essigsaure Thonerde der Kattundrucker (die Beize für
Krapproth)“
vor,Im polytechn. Journal Bd. XXX S.
30. worin er auch den Einfluß des hygroskopischen Wassers bei der Zersetzung der
essigsauren Thonerde auf den Geweben bespricht. Er sagt: „Der
hygroskopische Zustand der Luft in den Drucklocalen spielt eine wichtige Rolle
beim Eintrocknen der (aufgedruckten) Beizen; das Wasser in Dampfgestalt dient
der Essigsäure als Lösungsmittel; eine feuchte und warme Luft ist besonders dann
nothwendig, wenn zarte Muster rasch gedruckt werden und daher schnell trocknen
sollen. Die Verdunstung der Essigsäure kann nicht stattfinden, wenn die Beize
auf dem Zeuge zu rasch eintrocknet; man kann diesem Uebelstand dadurch abhelfen,
daß man in dem Drucklocal Wasserdampf entwickelt oder die bedruckten Zeuge in
einem etwas feuchten Local ausgebreitet aufhängt.“ –
„Man kann (ohne Nachtheil) sehr schnell und bei einer hohen Temperatur
trocknen, wenn die Luft, in welcher die Zeuge circuliren, feucht ist und sich
leicht erneuern kann.“