Titel: | Ueber den Purpur der Alten; von Lacaze Duthiers. |
Fundstelle: | Band 157, Jahrgang 1860, Nr. XC., S. 356 |
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XC.
Ueber den Purpur der Alten; von Lacaze Duthiers.
Im Auszug aus den Comptes rendus, März 1860, Nr.
10.
Duthiers, über den Purpur der Alten.
Ueber wenige Gegenstände sind so viele Untersuchungen angestellt worden als über den
Purpur, und doch ist man über die Natur dieses Farbstoffs bisher nicht ins Reine
gekommen.
Die Untersuchungen, welche Hr. Lacaze Duthiers der
französischen Akademie der Wissenschaften einreichte, sind mit verschiedenen
Muschelarten, der Purpura haemastoma, P. lapillus, Murex
brandaris, M. trunculus und M. erinaceus
angestellt worden und ergaben folgendes Resultat:
Die Purpurmaterie wird zuerst als farbloser Stoff von einem kleinen Theil des Mantels
der Purpurschnecken hervorgebracht.
Dieser Theil nimmt den beschränkten Raum zwischen der Kieme und dem Rectum nach Vorn
und dem Bojanuskörper nach Hinten ein; er bildet aber nicht, wie man bisher glaubte,
einen Sack oder Behälter, sondern ist bloß auf der Oberfläche des Mantels
ausgebreitet.
Große, längliche, nebeneinanderliegende Zellen bilden in zwei oder drei Lagen ein
Gewebe auf der Mantelhöhle; die äußerste Lage zeigt das ausgebildetste Zellengewebe.
Haben die Zellen ihre vollständige Reife erlangt, so sinken sie in die Mantelhöhle,
schwellen durch Endosmose auf, platzen und mischen ihren Inhalt mit den anderen
schon vorhandenen Schleimtheilen. Diese Flüssigkeit bildet die Purpurmaterie, welche
aber nicht das Product einer Drüse, oder selbst eine Drüse ist, sondern der körnige
und lösliche Inhalt der Zellen, welcher die Eigenthümlichkeit besitzt, Purpur
hervorzubringen.
Dieser farblose oder gelblichweiße Saft, welchen erst die Einwirkung der Sonne unter
Mithülfe von Feuchtigkeit in ein schönes Violett
verwandelt, muß, wenn wir nicht annehmen wollen daß die Natur der Schnecken sich
seitdem verändert habe, der Purpur der Alten gewesen seyn. Plinius erwähnt z.B. des scharfen Knoblauchgeruchs, den auch wir bei
Entwickelung der Purpurfarbe im Lichte beobachten. Es ist ein, selbst von Malern,
besonders Historienmalern, angenommener Irrthum, unter Purpur die rothe Farbe zu
verstehen. Die Farbenreihe, welche der Schneckensaft, ehe er zu Purpur wird,
durchgeht, ist: Gelb, Blau und Roth, zwischen denen man als Mischungsresultat das
Grün und Violett findet. Allmählich verschwindet das Gelb ganz, Blau aber bleibt
immer zurück, weßhalb der Purpur immer mehr oder minder violett ist. Die
ursprüngliche Purpurfarbe ist daher nicht roth, sondern
violett; auch berichten Cornelius Nepos und Plinius, daß das reine
Violett zuerst am meisten geschätzt wurde. Mit dem Geschmack und der Mode wechselten
aber die Purpurnüancen; so färbte man z.B. den Stoff zweimal, um eine sattere und
lebhaftere Farbe zu erzielen, und nannte diesen Purpur purpura dibapha. So lange man nur die besprochene thierische Substanz als
Purpur verwendete, muß die Farbe immer mehr oder weniger violett gewesen seyn, als
man sie aber durch Mineralfarben ersetzte, wurde sie mehr und mehr roth, und
heutzutage versteht man unter Purpur das Roth eines Cardinalmantels.
Der beste Beweis für die Lichteinwirkung auf die Purpurmaterie ist, daß man damit auf
Geweben (Seide, Batist etc.) Photographien erzeugen kann; das Gelblichgrüne
derselben entspricht dem Weiß, und das hellere oder dunklere Violett dem Schwarz der
gewöhnlichen Photographien.
In der Entstehungsart des Purpurs liegt auch ein Grund, weßhalb der Purpur bei den
Alten so geschätzt wurde; da er ein Product des Lichtes ist, so verbleicht er nicht
im Lichte wie das Cochenilleroth, und muß unter dem blendenden Lichthimmel Italiens
und des Orients seine schöne Farbe unverändert beibehalten.