Titel: | Ueber das Verhalten des Rübenbreies zum Kalk; von Dr. C. Stammer. |
Autor: | Karl Stammer [GND] |
Fundstelle: | Band 158, Jahrgang 1860, Nr. XIII., S. 43 |
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XIII.
Ueber das Verhalten des Rübenbreies zum Kalk; von
Dr. C. Stammer.
Stammer, über das Verhalten des Rübenbreies zum Kalk.
Wenn man frischen Rübenbrei, wie er von der Reibe kommt, von weißer oder auch schon
röthlicher Farbe mit gelöschtem Kalk, sey es als Kalkhydrat, Kalkbrei oder Kalkmilch
vermischt, so geht augenblicklich eine augenfällige Veränderung mit demselben vor:
die weiße oder rothe Farbe verwandelt sich in ein frisches Grün, das erst nach und
nach in eine dunkle Schattirung übergeht, um, wenn die Kalkmenge ausreichend war,
längere Zeit – mehrere Tage lang – bei dieser Farbe stehen zu bleiben;
zugleich entwickelt sich ein frischer Ammoniakgeruch und beim Anfühlen des bisher
schlüpfrigen und leicht Saft entlassenden Breies erkennt man, daß derselbe ein mehr
körnig trockenes hart anzufühlendes Aeußeres angenommen hat, und weit weniger
geneigt ist Saft ausfließen zu lassen. Die Quantität Kalk, welche zur Hervorbringung
dieser Veränderungen erforderlich ist, ist nicht bestimmt anzugeben. Je größer die
zugesetzte Menge war, desto deutlicher treten die angedeuteten Eigenschaften hervor;
bei einem Zusatze von 1/2 Procent etwa ist namentlich die körnigere Beschaffenheit
des Breies weniger
auffallend, bei 1 Proc. tritt sie erst nach einiger Zeit auf, während 3–5
Proc., namentlich wenn die Form, in der sie verwandt werden, nicht zu verdünnt war,
fast augenblicklich die bezeichnete Veränderung hervorrufen, so daß der Brei sich
entweder gleich oder doch nach kurzer Zeit ganz wie befeuchtete Sägespäne anfühlt.
Nimmt man ungelöschten Kalk, so zeigt sich dieselbe Wirkung, nur gehört dazu etwas
mehr Zeit, insofern derselbe erst Wasser aus dem Rübenbrei aufnehmen muß, auch die
Mischung weniger schnell vor sich geht; dabei ist diese Erscheinung weniger
schlagend, weil man versucht seyn kann, das auffällige Trocknerwerden des Breies der
Absorption des Wassers durch den Kalk zuzuschreiben.
Um die erwähnten Veränderungen des Breies recht deutlich wahrzunehmen, stelle man den
Versuch in folgender Weise an: Man verwandle 5 Thle. gebrannten Kalk mittelst der
erforderlichen Menge Wassers in Kalkmilch von etwa 25 Proc. Ball, und vermische diese mit 100 Theilen Rübenbrei durch Umrühren. Sofort
erscheint der Brei grün, die erwähnten Eigenthümlichkeiten des gekalkten Breies
treten hervor und erhalten, ja erhöhen sich, wenn man ihn einige Tage in offenen
oder verschlossenen Gefäßen liegen läßt, wobei er indeß eine mehr gelbliche Farbe
annimmt. Das gewöhnliche Schwarzwerden des Rübenbreies ist alsdann nicht, oder nur
bei etwa ungekalkt gebliebenen Theilen zu bemerken.
Preßt man den gekalkten Brei aus, so findet man den Saft, wenn man die erwähnte oder
auch eine etwas geringere Menge Kalk anwandte, vollkommen
geschieden, was man sowohl an seiner Farbe, als auch an seinem Verhalten
während des Erhitzens erkennen kann. Fällt aber der Kalkzusatz unter ein gewisses
– von der Qualität der Rüben abhängiges – Minimum, so tritt die
Scheidung nicht mehr augenblicklich, sondern erst nach
und nach und zwar um so später ein, je weniger Kalk man genommen, bis endlich, wenn
man etwa zu 1/2 Proc. Kalk herabgekommen, eine vollständige Scheidung nicht mehr
eintritt, sondern der nicht hinreichend gekalkte Brei im Laufe der Zeit dunkler wird
und in Verderbniß übergeht.
Diese Scheidung des Rübenbreies durch Kalk –
bestehend wie bekannt in der Bildung unlöslicher Verbindungen des Kalkes mit
verschiedenen, namentlich stickstoffhaltigen und sauren Bestandtheilen des Saftes,
– wie sie sich auch durch die Ammoniakentwickelung charakterisirt, wird hier
in der Rübenfaser bewirkt, so daß die entstehenden
unlöslichen Verbindungen in derselben fixirt bleiben.
Preßt man den nicht hinreichend für augenblickliche Scheidung gekalkten Brei aus, so findet man einen noch
dunkel gefärbten Saft, der sich jedoch beim Erhitzen unter den gewöhnlichen
Erscheinungen des Scheidens klärt und dann geschieden erscheint. Wenn man denselben
gekalkten Brei (der aber mindestens 2–3 Proc. Kalk erhalten haben muß) einige
Tage stehen läßt und dann auspreßt, so erhält man einen Saft, der sich nach dem
Abfiltriren des mechanisch beigemengten Kalkes als vollkommen geschieden
darstellt.
Bei der Scheidung sind demnach drei Factoren von Einfluß: die Qualität des Kalkes,
die Temperatur und die Zeit. Durch Erhöhung des einen dieser Factoren können die
beiden andern vermindert werden und es kann also durch eine größere Kalkmenge
dasselbe bei gewöhnlicher Temperatur bewirkt werden, was eine geringere Menge in der
Hitze oder nach längerer Zeit hervorbringt u.s.w.
Wenn man öfter, wie dieß von mir in wiederholter und nach Zeit, Temperatur und
Quantität des Zusatzes abgeänderter Weise geschehen, die hier nur skizzirten
einfachen Versuche anstellt, so kann man sich des Gedankens nicht entschlagen, daß
hier die Andeutung zu fabrikmäßiger Manipulation mit dem Rübenbrei vorliegt, wie der
gewöhnliche Rübensaft sie nicht verstattet. Es liegt hier nämlich, wie aus dem
Vorhergehenden erhellt, der Rübenbrei in solcher Beschaffenheit vor, daß er
1) bereits im kalten Zustande geschieden ist und daß daher die heiße Scheidung des
Saftes nicht mehr erforderlich ist,
2) sich ohne Nachtheil einige Zeit aufbewahren läßt und
3) von einer Saft nicht fließen lassenden, nicht schlüpfrigen Beschaffenheit ist.
Namentlich ist es die letztere Eigenschaft, welche jeden aufmerksamen Beobachter des
eigenthümlichen Aussehens und der veränderten Structur des Breies, besonders wenn
derselbe einige Zeit gelegen hat, auf den Gedanken bringen muß, daß hier ganz andere
als die gewöhnlichen Saftgewinnungsmethoden angezeigt seyen.
Natürlich ist die Quantität des zugesetzten Kalkes von dem größten Einfluß auf das
Resultat der Versuche, wie dieß auch schon aus dem Gesagten folgt, doch sind die
Grenzen durch das zu einer Scheidung erforderliche Minimum und das im Großen schon
durch den Kostenpunkt gebotene Maximum ziemlich eng gezogen.
Um sowohl die Versuche, welche ich zur Feststellung des Verhaltens des gekalkten
Rübenbreies bei verschiedenen Behandlungen anstellte, als auch die Eigenschaften
dieses Breies in anderer Beziehung übersichtlich darzustellen, mögen erstere hier
nach den wichtigsten Gesichtspunkten geordnet angeführt werden, indem ich mich dabei jedoch auf die
geringe Anzahl der hauptsächlich entscheidenden beschränken werde. Die Versuche
verfolgten folgende drei Richtungen:
I. die unmittelbare Verarbeitung des gekalkten
grünen Breies;
II. das Trocknen des gekalkten Breies und die spätere
Verarbeitung des erhaltenen Products;
III. die Aufbewahrung des grün gekalkten Breies behufs einer
späteren Verarbeitung desselben.
I. Versuche über die Verarbeitung des
grünen gekalkten Breies.
1. Auspressen des gekalkten
Breies.
Wie wir weiter unten sehen werden, sind zwar die Hauptvortheile der Scheidung des
Rübenbreies in der Anwendbarkeit des Macerationsverfahrens zu suchen, allein es
durfte das Auspressen dieses Breies doch nicht wohl
unterlassen werden. Maaßgebend war hierbei zunächst der Gesichtspunkt, das Erhitzen des Saftes, sowohl vor als nach dem
Kalkzusatze zu vermeiden und dadurch manche nachtheilige Veränderungen desselben
zu umgehen, falls dieselben stattfinden sollten.
Der gekalkte Brei wurde in leinenen Tüchern ausgepreßt
und der erhaltene Saft ohne weitere Scheidung saturirt. Der erste der beiden
größeren Versuche wurde im April 1858, der zweite im März 1859 angestellt. Bei
dem erstern wurden 4–5 Proc. Kalk, beim letztern 1,6 Proc. bis 2 Proc.
angewandt. Die größere Menge war theils durch die etwas alterirte Beschaffenheit
der Rüben, theils durch den Umstand bedingt, daß die zu kalter Scheidung
erforderliche Kalkmenge noch nicht hinreichend bekannt war. Das Beimischen des
Kalkes geschah durch Auffließenlassen der Kalkmilch in einer dem verriebenen
Rübenquantum entsprechenden Menge auf die Rübe oder auf den Brei, und Vermischen
mittelst Handarbeit oder unter Anwendung einer Maischmaschine.
Der ausgepreßte, sehr kalkhaltige Saft konnte des starken Schäumens wegen nicht
unmittelbar (mit KohlensäureVon den übrigen Saturationsmitteln wurden bei der Maceration noch mehrere
versucht, wovon weiter unten die Rede seyn wird.) saturirt werden, sondern bedurfte einer Erhitzung auf
40–60° C. Es fand weder bei dieser, noch bei einer erhöhten
Temperatur eine bemerkbare Nachscheidung statt, nur färbte sich der anfangs
grünliche Saft etwas mehr gelb. Nach der Saturation erschien der Saft von sehr
blasser Farbe, und entsprach hierin, wie in seinem weitern Verhalten, dem später
zu beschreibenden Producte der Maceration. Wir wollen daher hierauf an dieser
Stelle ebenso wenig, wie auf den Unterschied eingehen, welchen einzelne
Abweichungen im Verfahren bewirkten, die auch bei der Maceration in Anwendung
kamen, und nur im Allgemeinen die Resultate des Versuches erwähnen.
Die filtrirten Säfte zeigten sich bei beiden Versuchen von vorzüglicher
Beschaffenheit, beim ersteren von so hohem Kalkgehalt, daß nach dem Einkochen zu
Dicksaft ein starkes Saturiren mit saurem phosphorsaurem Kalk erforderlich war.
In der Qualität des Dicksaftes und des daraus erhaltenen I. Productes war nichts
von der entsprechenden gewöhnlichen Arbeit Abweichendes zu bemerken. Die
Preßlinge zeigten sich von gelber Farbe und außerordentlich hart und dicht, so
daß sie durch bloßes Liegen an der Luft zu einer Masse von der Konsistenz der
Steinpappe eintrockneten. Der Zuckergehalt derselben
wurde kaum von dem der gewöhnlichen Preßlinge
abweichend gefunden, so daß eine Mehrausbeute an Zucker nicht erwartet werden
konnte. Beim ersten Versuche im Jahre 1858 ist die Füllmasse zu 11,7 Proc.
bestimmt worden, doch fand derselbe unter Umständen statt, welche ein bestimmtes
Urtheil nicht gewinnen ließen. Beim zweiten Versuche im J. 1859 waren 590
Centner Rüben verarbeitet worden; das Product wurde auf Bastardformen ausgefüllt
und betrug 11,3 Proc. des Rübengewichtes. Die nach dem Auskrystallisiren
centrifugirte Masse ergab 44,5 Proc. oder 5,04 Proc. vom Gewicht der Rüben an
ungedecktem I. Product von 96 Proc. Polarisation. Die Krystallisation der
Füllmasse erfolgte auffallend langsam.
Diese Versuche würden nun allerdings noch nicht hinreichend zur Bildung eines
endgültigen Urtheils über dieses Verfahren seyn. Wenn jedoch die bei denselben
gewonnenen (hier nicht einzeln aufgezählten) Resultate und Beobachtungen, mit
denjenigen welche die nachfolgenden Versuche gestatteten, verglichen werden, so
ergibt sich als vollkommen erwiesen Folgendes:
1) Es hat keinen nachtheiligen Einfluß auf den Saft, wenn derselbe, bei Gegenwart
von Kalk, einer Temperatur bis zu 60–80° C. ausgesetzt wird.
Mithin ist weder von der Scheidung noch von der Saturation bei niederer
Temperatur ein Vortheil zu erwarten. Die Schwierigkeiten, welche das bei
gewöhnlicher Temperatur fast nicht zu bewältigende Schäumen der Arbeit
entgegensetzt, sind ein bis jetzt nicht zu übersteigendes Hinderniß für die
kalte Saturation sehr kalkhaltiger Säfte mittelst Kohlensäure.
2) Eine Mehrausbeute kann durch Pressen des gekalkten Breies nicht erzielt werden. Die
Härte der Preßlinge macht das Nachreiben unmöglich.
3) Die Säfte von der Pressung des gekalkten Breies haben vor den gewöhnlichen
keinen erheblichen Vorzug.
2. Maceration des kalt gekalkten
Breies.
Die schon mehrfach erwähnte eigenthümlich trockene Beschaffenheit des gekalkten
Rübenbreies gab Veranlassung, dessen physikalische Eigenschaften näher zu
untersuchen, wobei es nicht fehlen konnte, daß sich die Möglichkeit einer
Auslaugung desselben in Macerationsgefäßen herausstellte. Wenn hierzu einerseits
der Verlust der Schlüpfrigkeit des Rübenbreies und der Neigung der Fasern, sich
dicht und fest aufeinander zu lagern Veranlassung gab, so deutet die
Unveränderlichkeit des gekalkten Breies während längerer Zeit auf die
Wahrscheinlichkeit hin, daß derselbe auch bei größerer Dauer der Maceration
gesunde Säfte liefern werde. Zahlreiche Versuche haben denn auch die Möglichkeit
dieser Maceration dargethan und es konnte schon im Frühjahr 1858 zu Proben im
größern Maaßstabe geschritten werden, denen sich mehrfache längere Arbeiten in
der folgenden Campagne, zuletzt im März 1860 anschlössen. Dieselben sind in den
verschiedenen Abschnitten wochenlang fortgeführt worden, so daß das verarbeitete
Rübenquantum mehrere Tausend Centner betrug und definitive Ergebnisse von
größerer Tragweite erhalten werden mußten. Ohne der Reihenfolge nach alle
Versuche aufzuzählen, welche durch die beobachteten häufig ganz unerwarteten
Thatsachen mancherlei Abänderungen des Verfahrens zur Folge hatten, und welche
besonders durch die Anwendung verschiedener genau regulirter Kalkmengen, und die
Ermittelung der erforderlichen Temperatur des Macerationswassers große
Mannichfaltigkeit boten und sehr verschiedene
Resultate bewirkten, mögen hier nur die wichtigsten Momente derselben
hervorgehoben werden, deren Feststellung vielleicht für die Zukunft von
Erheblichkeit seyn könnte.
Zur Maceration des gekalkten Breies wurden zweierlei Apparate angewandt: der Schützenbach'sche und der zur Verarbeitung von
Rübenschnitzeln dienende sogen. Robert'sche.
Letzterer bietet durch die einfache Manipulation, durch die Möglichkeit größere
Mengen zu verarbeiten und durch mehrere andere Umstände jedenfalls die größeren
Aussichten auf fabrikmäßige Anwendung, und so möge denn zunächst über die
Versuche mit demselben berichtet werden.
a. Maceration in dem großen sogenannten Robert'schen Apparat.
Die ersten Versuche, bei welchen ich noch den Gedanken festhielt, möglichst
kalt zu scheiden, wurden mit kaltem Wasser angestellt. Daß dabei, um vollkommene
Scheidung in kürzester Frist zu bewirken, eine verhältnißmäßig große Menge
Kalk angewendet werden mußte, ist schon oben erwähnt worden. Es wurde
jedoch, wie bei der Erwähnung des Preßverfahrens angedeutet worden, ein
entschiedener Erfolg nicht erzielt, und es entfielen vielmehr Säfte, welche
durch ihren Kalkgehalt sich als kaum zu verarbeiten erwiesen.
Außerdem fand aber bei Anwendung von kaltem Wasser in diesem Apparat nie eine auch nur annähernd vollkommene
Auslaugung statt. Es entstehen nämlich in dem Rübenbrei, wie es
scheint, sehr bald Gänge, durch die das Wasser leicht hindurchdringt, und
wodurch die zwischenliegenden Theile unberührt bleiben, um sich dann beim
Ausleeren der Cylinder, nachdem schon die letzten Lösungen keinen Zucker
mehr enthielten, als sehr süße Klumpen oder Knoten zu zeigen. Diese haben
zwar eine ganz lockere und poröse Beschaffenheit,
setzen jedoch einer weitern Auslaugung so viel Widerstand entgegen, daß
selbst heißes Wasser nach dem kalten angewandt,
keine oder doch sehr geringe Wirkung auf dieselben äußert. Dagegen stellt es
sich heraus, daß wenn man durch Umrühren des Breies mit dem Wasser die
gleichmäßige Durchdringung desselben ermöglicht, keine Knoten entstehen und
eine vollkommene Auslaugung erwartet werden kann. Diese Tatsache leitete
natürlich auf die Anwendung des Schützenbach'schen Apparates, wovon weiter unten die Rede seyn wird.
Für die Benutzung des großen (Robert'schen)
Macerationsapparates aber mußte hiernach von der Anwendung des kalten
Wassers abgesehen und zu der des heißen übergegangen werden, und zwar
stellte sich die erforderliche Temperatur des Auslaugwassers auf 80°
C.
Da bei der Maceration mit heißem Wasser die
Scheidung durch Wärme unterstützt wird, so konnte die Menge des mit dem Brei
zu vermischenden Kalkes auf 2 Proc. vermindert werden. Dieß wurde so
abgeglichen, daß je 5 Centner Rüben nach und nach mit 60 Quart Kalkmilch von
10 Proc. Anzeige am Balling'schen Saccharimeter
übergossen und mittelst einer Maischmaschine in gehörige Berührung damit
gebracht wurden. Von dem erhaltenen, frischgrünen und nicht mehr
schlüpfrigen Gemisch kamen je 20–22 Centner in einen Cylinder der
Batterie. In diesem war vorher in geeigneter Höhe unter dem oberen Mannloche
ein zweites Sieb angebracht worden, weil es sich gezeigt hatte, daß der Brei
beim Vermischen mit Wasser große Neigung zum Schwimmen besaß, wodurch ohne
Anwendung dieses Siebes ein Theil desselben oberhalb des
Wasser-Einströmungsrohres zu liegen kommen und unerschöpft bleiben
mußte.
Das Wasser von der oben erwähnten Temperatur stand unter hohem
hydrostatischem Druck mit dem Apparate in Verbindung und stieg von einem
Cylinder auf den andern über, um vom zuletzt gefüllten als möglichst
concentrirte Lösung abzulaufen. Wenn beim Füllen die gehörige Sorgfalt
angewandt wurde, fand keinerlei Störung im Betriebe, namentlich in der
Stärke des übersteigenden Stromes statt, welcher nicht leicht abzuhelfen
gewesen wäre, und es lief der hellgrünliche,
klare Saft mit einer Schwere von 11 Proc. Ball. ab, um dann nach
und nach leichter zu werden. In der Regel wurden 5–6 Cylinder im
Gange erhalten, und das Abziehen vom letzten unterbrochen, um mit dem
Auslaugen um einen Cylinder vorzurücken, wenn die Schwere auf 7 Proc. Ball.
fiel.
In Folge der niedrigen Temperatur des in den (Mindern befindlichen Breies und
der ohnehin großen Abkühlung in den Mindern und Rohrleitungen konnte es
nicht ausbleiben, daß der auf 7 Proc. Ball. verdünnte Saft beim Uebersteigen
auf den nächsten neu gefüllten Cylinder bei zu geringer Temperatur mit dem
Brei in Berührung kam, um denselben auslaugen zu können und es fanden sich
denn auch bald in dem Brei, welcher nur noch Saft von 0 Proc. geliefert
hatte, mehr oder weniger süße Stellen – entsprechend der oben
bemerkten Erscheinung bei successiver Anwendung von kaltem und warmem
Wasser.
Demnach schien es nöthig – da ein Abziehen des Saftes bis zum
Erscheinen ganz süßer Lösung der dadurch bewirkten starken Verdünnung wegen
unthunlich war – den Saft vor dem Uebersteigen auf einem frischen
Cylinder vorzuwärmen. Zu diesem Zwecke wurden in
den untern Theilen der Cylinder zwischen das Bodensieb und den eigentlichen
Boden Dampfschlangen gelegt. Indessen konnte der Zweck durch dieselben nur
unvollkommen erfüllt und namentlich die bewirkte Temperaturerhöhung nicht
gehörig regulirt und beobachtet werden. Die mangelhafte, in der Folge stets
beobachtete Auslaugung ist gewiß dem Umstande vorzugsweise zuzuschreiben,
daß der Brei nicht immer von vornherein mit Wasser oder Saft von 80°
C. in Berührung kam, wodurch dann die oben erwähnte Knotenbildung
stattfand.
Was die hiedurch zunächst festgestellte interessante Thatsache betrifft, so
besteht dieselbe darin, daß es möglich ist,
Rübenbrei in geschlossenen Cylindern bei Beschickungen von 20–22
Centnern zu maceriren und daß eine vollkommene Auslaugung ebenfalls
erreichbar ist, obschon die Bedingungen dazu im vorliegenden Falle nicht
ganz erfüllt waren.
Natürlich wurde der erlangte Grad der Auslaugung mit größter Sorgfalt
beobachtet. Das Abstellen und Ausleeren eines Cylinders erfolgte nicht eher, als bis sich
das abfließende Wasser durch Polarisation (unter Essigsäurezusatz) als
vollkommen zuckerfrei erwies, und beim Ausleeren wurde der Brei einer
wiederholten und sorgfältigen Prüfung unterworfen.
Diese wurde durch Auspressen verschiedener Proben des macerirten Breies und
Polarisation des erhaltenen Saftes unter Essigsäurezusatz ausgeführt. Ohne
hier alle erlangten Resultate anzuführen, sey nur erwähnt, daß ein großer
Theil der Cylinder dabei 0 Proc. ergab, daß andere aber 0,3 bis 0,8 Proc.
Zucker in dem ausgepreßten Safte zeigten. Bei weniger sorgfältiger Arbeit,
bei mangelnder Erhitzung des zuerst auf den frischen Brei kommenden Saftes
fand sich letzterer Zuckergehalt häufiger, in einzelnen Stellen schlecht
abgesüßter Cylinder stieg er bis 1,2 Proc.
Um aus diesen Zahlen den stattgefundenen Verlust zu ermessen, kann die Angabe
dienen, daß nach mehrfachen Ermittelungen 13 Gewichtstheile Rübenbrei 10
Theile Macerationsrückstände gaben, wonach also das Ergebniß der
Polarisation ihres Saftes durch 1,3 zu dividiren ist, um es auf
Rübenprocente zu reduciren.
Diese Zahlen fanden sich durch mehrfache Versuche im Großen, nämlich durch
Auspressen in hydraulischen Pressen und Untersuchung der erhaltenen größeren
Saftmenge bestätigt. Außer der geringen Zuckermenge enthält der Saft etwas
freien Kalk, Salze und fremde organische
Bestandtheile. Er lieferte nämlich mit Bleiessig einen reichlichen
Niederschlag, und ergab beim Einäschern 1,7 Proc. Salze, wovon allerdings
ein Theil kohlensaurer Kalk war.
Von der Natur und dem Verhalten der Rückstände selbst wird weiter unten noch
die Rede seyn. Merkwürdig ist, daß eine wirklich
vollkommene Auslaugung, d.h. eine solche, daß der schließlich
ausgepreßte Saft auch bei der Trommer'schen Probe
(nach dem Erhitzen mit Säure) keinen Zucker mehr gezeigt hätte, niemals
erreicht wurde. Ebenso ist der Mangel an Uebereinstimmung zwischen dem
Durchschnitt der beobachteten Erschöpfung des Breies und der wirklichen
Auslieferung an Füllmasse jedenfalls auffallend, indem letztere, selbst
unter Berücksichtigung aller nachtheiligen Einflüsse, etwas zu gering war. Vielleicht ist das anderweitige
Verhalten des Rübenbreies zum Kalk, welches wir später noch näher betrachten
werden, geeignet, auch über diese Verhältnisse etwas Licht zu
verbreiten.
Der von dem Macerationsapparat kommende Saft wurde mit Kohlensäure saturirt
und lieferte nach dem Aufkochen und Absetzenlassen einen vollkommen klaren,
und schwach gelb gefärbten Dünnsaft. Die Saturation gieng wegen des hohen
Kalkgehaltes des rohen Saftes nur langsam vor sich und wurde bei kaltem
Safte durch den entstehenden Schaum so erschwert, daß ein Vorwärmen desselben auf
ungefähr 60° C. sich als nothwendig herausstellte. Hierdurch fand
übrigens ein Dunklerwerden desselben in keiner
Weise statt. Versuche, die Saturation mittelst Phosphorsäure
(saurem phosphorsaurem Kalk) oder mittelst phosphorsaurem Ammoniak zu
bewirken, fanden ebenfalls statt, jedoch ohne einen andern Vortheil, als den
der leichteren Ausführung zu gewähren, der dann wieder durch die größeren
Kosten aufgewogen wird.
Der Kalkgehalt (alkalimetrisch gemessen) des saturirten Saftes betrug vor der
Filtration im Durchschnitt 0,42 Proc., der des filtrirten Dünnsaftes 0,112
Proc. Er ist mithin nicht viel höher als der gewöhnlicher Säfte; da jedoch
der Saft bedeutend verdünnt worden, so ist das Verhältniß des Kalkes auf
dieselbe Zuckermenge ein etwas größeres.
Der filtrirte Dünnsaft lief 6–8 Stunden krystallhell und farblos vom
Filter, wurde aber dann fast regelmäßig trübe, jedoch ohne schon an Farbe
zuzunehmen. Er kochte sich gut ein und verlor dabei merkwürdigerweise fast
allen Kalk, um einen fast neutralen Dicksaft zu geben.
Zugleich war dieser bei eben gereinigten Apparaten stark blau und blieb es
auch länger als bei der gewöhnlichen Arbeit, so daß es eine Zeit lang
zweifelhaft schien, ob normal gefärbter Saft erhalten werden könne. Als
jedoch nach einigen Suden der Kupfergehalt verschwunden, zeigte sich ein sehr schöner, heller Dicksaft, der denn auch die
normale Alkalität besaß und dem entsprechend die weiteren Producte lieferte.
Dieser unfiltrirte Dicksaft polarisirte
88,6–89,8 Proc. Nachdem derselbe vor dem Fertigkochen filtrirt
worden, war die dadurch bewirkte Entfärbung auffallender Weise seiner
ursprünglich hellen Farbe nicht ganz entsprechend, und es wurde auch kein
wesentlich helleres erstes Product erzielt, als es die gewöhnliche Arbeit zu
liefern pflegt.
Die Füllmasse wurde gewogen; sie betrug 11,95 Proc. der Rüben, gegen 11,4 bis
11,6 bei gewöhnlichem Preßverfahren (ohne
Nachreiben und Nachpressen) und gegen 11,3 Proc. bei gleichen Rüben und
einmaligem Pressen des gekalkten Breies.
Die Masse war zum Theile in Bastardformen, zum Theile in kleine Behälter
gefüllt worden. Erstere lieferten 43,2 Proc. erstes Product von 97,8 Proc.,
letztere 41,2 Proc. von 96 Proc. Polarisation. Auf Rüben berechnet wurden
erhalten 5,16 Proc. erstes Product von sehr
schöner, normaler Beschaffenheit. Vor dem Abwiegen und Polarisiren
war es centrifugirt, aber nicht gedeckt worden. Als eine ganz besondere
Eigenthümlichkeit dieser Macerationsproducte muß hervorgehoben werden, daß
die Füllmasse ganz auffallend langsam krystallisirt; anfangs scheint es, als
ob nur sehr wenig erstes Product resultiren würde, und es ist daher das Centrifugiren
stets etwas später vorzunehmen, als gewöhnlich. Dieß gilt nicht allein von
der Füllmasse, wenn dieselbe schon alkalisch, sondern auch wenn sie fast
neutral ist und kann daher nicht dem höheren Kalkgehalt dieser Säfte
zugeschrieben werden.
Beim Kochen des Dicksaftes waren besondere Erscheinungen nicht zu bemerken
und ein constanter Unterschied ist außer den oben hervorgehobenen nicht
wahrzunehmen. Auffallend bleibt es stets, daß die Qualität des ersten
Productes den aus der hellen Farbe des rohen und filtrirten Dünnsaftes,
sowie des unfiltrirten Dicksaftes geschöpften Erwartungen nicht ganz
entsprach, sich also nicht wesentlich vor den normalen Producten des
Preßverfahrens auszeichnet.
Der vom I. Producte abgeschleuderte Syrup wurde weiter verkocht. Die
erhaltene Masse zuckerte abermals ziemlich langsam, ergab aber im
Durchschnitt 28 Proc. ihres Gewichtes oder 1,9 Proc. vom Gewicht der Rüben
am zweiten (centrifugirtem, nicht gedecktem) Producte, welches im Mittel
91,7 Proc. polarisirte. Der abgeschleuderte Syrup, welcher nicht weiter für
sich allein verarbeitet werden konnte, polarisirte 67,2 Proc.Diese wie alle ähnlichen Angaben in Procenten der trockenen Substanz.
Wenn es sonach erwiesen ist, daß die Maceration des
Rübenbreies in der angeführten Weise ausführbar und mithin die
Auslaugung größerer Massen Rübenbrei mit heißem Wasser thunlich ist,
ohne daß Säfte von wesentlich abweichender Beschaffenheit erhalten
werden, so bleiben immerhin noch einige Punkte näher zu ermitteln,
ehe ein derartiges Verfahren bei der unmittelbaren Einführung in die
Fabrikpraxis alle die schönen dadurch gebotenen
Vortheile realisiren kann. Es wären namentlich die Macerationsvorkehrungen
so zu modificiren, daß eine der theoretischen näher stehende und auch
einzelnen Beobachtungen allgemein entsprechendere Ausbeute erzielt würde.
Die Wahrnehmung, daß nur eine von Anfang an hohe
Temperatur der auslaugenden Flüssigkeit eine wirklich vollkommene
Erschöpfung bewirken kann, wird vielleicht in dieser Richtung ein
bedeutsamer Wink seyn, oder sollten Rührwerke, in gewissen Zeitpunkten
angewandt, einen günstigen Erfolg ermöglichen? Wir werden im Verlaufe dieser
Mittheilungen noch auf letztern Punkt zurückkommen. Indessen ist nicht zu
übersehen, daß auch eine die gewöhnliche nicht übersteigende Ausbeute schon
hinreichen muß, dem Verfahren eine außerordentliche Ueberlegenheit zu
sichern, da dasselbe mit sehr geringer Menschen- und Maschinenkraft
und ohne alle die Abnutzungs- u.s.w. Kosten der gewöhnlichen
Arbeitsmethode in jedem beliebigen Maaßstabe ausgeführt werden kann.
Dann aber darf der Umstand nicht unerwähnt bleiben, daß bei den in Rede
stehenden Versuchen die Größe der Macerationsgefäße mit dem Quantum des
jedesmal darein gefüllten Breies nicht im richtigen Verhältnisse stand. Ein
Cylinder könnte füglich das Doppelte von dem fassen, womit er beschickt
wurde; eine größere Masse Brei erschwerte aber das Durchdringen des Wassers
so, daß ein regelmäßiges Uebersteigen der Zuckerlösung nicht erfolgte.
Hierdurch wurde, da doch jeder Cylinder stets gefüllt bleiben muß, die angewandte Wassermenge unverhältnißmäßig
groß – ein Uebelstand, dem allerdings durch zweckmäßigere Form und
Größe der Cylinder leicht abzuhelfen wäre, allein es beweist dieß doch, daß
der Brei, obwohl er anderer Beschaffenheit als der gewöhnliche, noch nicht
vollkommen in denjenigen Zustand übergeführt ist, in welchem er eine
Maceration unter jeder Bedingung und ohne die geringste Schwierigkeit
erlaubt.
Die übrigen Erscheinungen, welche der Macerationssaft bei der weiteren
Verarbeitung zeigte, glaube ich nicht so hoch anschlagen zu dürfen; es ist
zwar nicht zu läugnen daß die Hoffnung, viel hellere Säfte und Producte zu
erzielen, als mittelst der gewöhnlichen Methode, sich nicht erfüllt hat, obwohl der Anblick der rohen Säfte vollkommen
dazu zu berechtigen scheint, allein es dürfte, wenn die so eben erörterte
Schwierigkeit entfernt wäre, das Verfahren so
unermeßliche Vortheile bieten, daß ein Mehreres nicht verlangt oder
erwartet zu werden braucht.
Ausgehend von dem Gedanken, daß es ein Mittel geben müsse, den gekalkten Brei
noch leichter durchdringbar für Wasser zu machen, und daß hierzu zunächst
eine höhere Temperatur zweckdienlich erscheine, stellte ich in der Campagne
1859–60 eine Reihe von Versuchen in kleinem Maaßstabe über die
Wirkung des Dampfes auf gekalkten Rübenbrei an,
um denselben so zu modificiren, daß er in offenen Gefäßen, ohne großen
hydrostatischen Druck dem Wasser leicht den Durchgang verstatten, mithin
ohne die Schwierigkeiten ausgelaugt werden könne, die zum Theil der kalt
gekalkte Brei darbot. Da außerdem die zur Scheidung erforderliche Kalkmenge
mit steigender Temperatur bedeutend abnimmt, so war die Hoffnung vorhanden,
daß durch Anwendung des Dampfes der Kalkzusatz so vermindert werden könnte,
daß die erzielten Säfte sich von den gewöhnlichen nicht mehr
unterschieden.
Die vorbereitenden Versuche, die ich in sehr verschiedener Weise ausführte,
übergehe ich hier füglich; folgendes sind die erlangten Resultate: die
einzig mögliche Form der Dampfanwendung ist die des freien Einströmens directen oder
Retourdampfes unter möglichstem Umrühren des gekalkten Breies. Auf eine
andere Weise ist gleichmäßige Einwirkung nicht zu erzielen. Ein schädlicher
Einfluß der Dampfeinströmung, selbst wenn dieselbe bis zum anfangenden
Kochen getrieben wird, ist nicht zu bemerken; namentlich ist weder eine
wesentliche Aenderung der Farbe des Breies oder Saftes, noch die geringste
Veränderung der relativen Polarisation, noch endlich die Entstehung von
verändertem Zucker wahrzunehmen. Bei sämmtlichen Versuchen wurde der Saft
mit großer Sorgfalt der Trommer'schen Probe
unterworfen, aber nie auch nur eine Spur von Reduction beobachtet.
Es stellte sich ferner heraus, daß der gedämpfte Rübenbrei nicht allein eine
beträchtliche Menge Saft freiwillig abfließen läßt, sondern auch die weitere
Auslaugung mit heißem Wasser fast ohne hydrostatischem Druck verstattet. Der
ablaufende Saft ist in seinen Eigenschaften augenscheinlich dem gewöhnlichen
Macerationssafte gleich; Spuren veränderter Rübenfaser konnten darin nicht
aufgefunden werden.
Als zur Scheidung ausreichende Menge stellte sich 1 Proc. Kalk heraus; es
besaß der Saft, der sich beim Saturiren nicht zurückschied – wie er
es bei dieser Quantität, in der Kälte angewandt, stets thut – jedoch
nicht ganz das verlangte schöne Ansehen. Bei einer Reihe von Proben, die mit
größeren Mengen Brei (je 1 1/2 bis 2 Centner) angestellt wurden, ergab sich
1 1/2 Proc. Kalk als das zweckmäßigste Verhältniß. Benutzt wurde hierbei
– wie auch zu den folgenden Fabricationsversuchen dieselbe
Maischmaschine mit welcher die Preßlinge bei der gewöhnlichen Arbeit
zerkleinert und mit Wasser gemischt werden. Dieselbe wurde mit einer
Dampfleitung in Verbindung gebracht, die im Innern der Maischtrommel in
einer horizontalen Reihe zahlreicher feiner Löcher endigte, wodurch der
directe Dampf während des Umganges der Maischzähne einströmte. Der Hahn
wurde jedoch erst geöffnet, wenn anzunehmen war, daß die Mischung des Breies
mit dem Kalke schon vollkommen war, damit jede Berührung ungekalkter
Rübenfaser mit Dampf vermieden blieb. Aus vielen Versuchen ergab sich für 1
1/2 Proc. Kalk und bei einer Beschickung von 2 Centner Rübenbrei die
Zeitdauer der zu vollkommener Scheidung erforderlichen Dampfeinströmung zu 4
bis 4 1/2 Minuten. Der Brei hatte alsdann eine Temperatur von 80 bis
90° C. und eine dunkelgelbe Farbe. Der sehr helle, gelblichgrüne,
reichlich freiwillig ablaufende Saft zeigte 0,19 bis 0,20 Proc. Kalkgehalt.
Er war im Verhältniß des condensirten Dampfes wenig dünner als gewöhnlicher
Preßsaft. Wurden 2 Proc. Kalk genommen, so konnte zwar das Dämpfen etwas
abgekürzt werden, allein es stieg der Kalkgehalt auf 0,31 bis 0,32 Proc.
Nach Feststellung dieser Thatsachen schien die Ausführung eines größeren
Versuches, in derselben Weise wie die Macerationsversuche mit ungedämpften
Breien angestellt worden waren, angezeigt, und es wurden bei demselben, der
mehrere Tage hindurch unter verschiedenen Modificationen im März 1860
ausgeführt worden ist, folgende Ergebnisse erzielt.
Entsprechend dem Verhalten des Breies bei den vorläufigen Versuchen, fand die
Maceration, wozu Wasser von 70–80° C. angewandt wurde, mit
großer Leichtigkeit statt und gestattete eine Füllung der
Macerationscylinder bis nahe zum oberen Siebe, wozu, da der Brei sich
ziemlich beträchtlich ausdehnt, 35–40 Centner erforderlich waren.
Derselbe hatte stets durch das Dämpfen eine Temperatur von 80° C.
erlangt und zeigte weder für sich, noch bei dem Maceriren irgend welche
abnorme Erscheinungen. Der freiwillig ablaufende Saft wurde nicht für sich
gesammelt, sondern die ganze Batterie von 5–6 Cylindern stets unter
hydrostatischem Druck ausgelaugt. Störungen fanden nur durch zeitweise
Ansammlung der entweichenden Luft, durch Verdichtung der die untere Seite
bedeckenden leinenen Tücher, so wie durch Unvollkommenheiten der
Maischmaschine statt, so daß erst nach Beseitigung dieser Uebelstände ein
regelmäßiger Verlauf erzielt werden konnte.
Bei einem durchschnittlichen Gewicht des rohen Rübensaftes von 14 Proc. Ball.
(Polarisation 11,7 Proc.) wog der (warme) rohe Saft in den Sammelpfannen 7
Proc. Ball.; beim Erhitzen bis zum Siedepunkt gab er keinen Niederschlag.
Der Kalkgehalt betrug 0,238 Proc. (nach dem Volumen, alkalimetrisch
bestimmt). Derselbe wurde nach dem Anwärmen auf etwa 70° C. mit
Kohlensäure (aus Holzkohlen) saturirt und verlor dabei unverhältnißmäßig
viel von seinem Kalkgehalte, indem der saturirte Saft nur noch 0,056 Proc.
d.h. so viel Kalk zeigte, wie sonst filtrirter Dünnsaft bei geringem
Gehalte. Der filtrirte Dünnsaft wog, am Filter heiß gewogen, 3 1/2 bis 4
Proc., bei gewöhnlicher Temperatur etwa 9 Proc. Der Kalkgehalt desselben war
sehr ungleich, durchschnittlich 0,042 Proc. Der Zuckerquotient des
Dünnsaftes zeigte sich zu 83 Proc.
Die Farbe dieser Säfte war denen der Maceration gekalkten, ungedämpften
Breies gleich. Eigenthümlich war die Erscheinung, daß der filtrirte Dünnsaft
nur sehr kurze Zeit klar lief; sowohl zu Anfang, als bald nachher erschien
er mehr oder weniger milchig getrübt. Geneigt, diesen Umstand mit dem
geringen Kalkgehalt der Säfte in Verbindung zu bringen, machte ich einen
Versuch mit stärkerer Kalkung des Breies. Allein dadurch fand sich zwar der
Kalkgehalt des rohen Saftes auf 0,29 Proc. erhöht, nicht aber derjenige des
saturirten Saftes. Während also bei gewöhnlichen Säften die Kohlensäure
stets einen bestimmten BruchtheilS. dieses Journal Bd. CLIV S.
213. Kalk ausfällt, ist hier das Verhältniß ein anderes, indem sie wie es
scheint, auch bei wechselndem Kalkgehalt des Saftes immer die gleiche Kalkmenge zurückläßt.
Um dennoch den Kalkgehalt des Dünnsaftes zu erhöhen, wurde nun ein Theil
desselben saturirt, ein anderer unsaturirt auf die Filter gelassen, so daß
ein Saft von dem doppelten Kalkgehalt des früheren zur Filtration gelangte.
Der erhaltene filtrirte Saft war wenig kalkhaltiger und behielt die Trübung
bei.
Ein Versuch, den rohen Saft ganz unsaturirt zu filtriren, ergab einen
Dünnsaft von 0,07 Proc. Kalk, der zwar merklich besser als der frühere war,
dennoch immer nach einigen Stunden anfing Trübung zu zeigen, die dann mehr
und mehr zunahm.
Diese Erscheinung der getrübten Säfte zeigte sich auch im weiteren Verlauf
der Arbeit. Sowohl der Saft vom Tischbein'schen
Apparat wie der fertig filtrirte Dicksaft war selten blank zu erhalten. Eine
geringere oder stärkere Trübung, die sich auch beim Filtriren durch Papier
nicht entfernen ließ, war stets vorhanden. Beim Vermischen des Saftes mit
Bleiessig behufs der Polarisation war ein Niederschlag beim unfiltrirten
Dicksaft in sehr geringem Maaße, beim filtrirten kaum zu bemerken, und es
hielt sehr schwer, den Saft zur Polarisation klar genug zu erhalten. Weder
die Anwendung von Säure noch die von Alaun führten zum Ziele. Die Ansicht,
daß diese geringe Fällung durch Bleiessig ein Beweis von großer Haltbarkeit
seyn müsse, erwies sich indeß als irrig. Der filtrirte Dicksaft polarisirte
im Mittel nur 83 Proc. (der trockenen Substanz). Da indessen in keinem Stadium der Fabrication die geringste Spur veränderten Zuckers zu bemerken
war, so müssen hier wohl Erscheinungen zu Grunde liegen, die denen ähnlich
sind, welche die Maceration getrockneter Rübenschnitzeln darbietet, indem
auch hier nicht selten Säfte vorkommen, welche bei sehr geringer Fällung
durch Bleiessig, dennoch einen ungenügenden Zuckergehalt erkennen
lassen.
Der Uebelstand trüber Säfte ist es wohl zunächst, welcher bisher noch diesem
Verfahren entgegen steht, indem sich sonst kein Hinderniß der Maceration
entgegenstellte. Um denselben zu vermeiden sind zahlreiche Versuche
angestellt worden, ohne ein günstiges Resultat zu erreichen. Anwendung
kälteren Wassers oder geringere Dämpfungsdauer ergab sofort mangelhaftere
Auslaugung des Breies und konnte daher nicht weiter verfolgt werden. Es
scheint wohl, als ob hier Verhältnisse obwalten, herrührend von der
Einwirkung des Kalkes auf die Pflanzenfaser, die noch nicht so aufgeklärt
sind, daß ein sicherer Einfluß auf dieselben uns ermöglicht wäre. Was die
Farbe der Säfte anlangt, so kann fast dasselbe gelten, was bei den früheren
Versuchen hervorgehoben wurde.
Was die Auslaugung der Rübenfaser anlangt, so war dieselbe stets eine
vollkommene zu nennen, wenn beim Dämpfen der Brei in allen Theilen und
ebenso das Auslaugewasser immer 80° C. erlangt hatte. In allen
anderen Fällen blieb ein Theil des Zuckers unaufgelöst, indem dann das
Wasser den leichter auslaugbaren Stellen folgte und die anderen zum Theile
unerschöpft blieben. Die Natur der Rückstände war von derjenigen des
ungedämpften Breies nicht wesentlich verschieden und werden wir weiter unten
hierauf nochmals zurückkommen.
Die Füllmasse zeigte eine von der gewöhnlichen nicht abweichende Farbe; ihr
Gewicht betrug 12,3 Proc. vom Gewichte der verarbeiteten Rüben, was freilich
für deren Beschaffenheit zu wenig ist. Die Ursache ist jedenfalls in dem
oben bezeichneten Umstande zu suchen, dessen Einfluß sich auch aus
zahlreichen Untersuchungen des bisweilen zuckerhaltigen Rückstandes nicht
einmal annähernd schätzen läßt. Möglich ist es aber auch, daß sich trotz der
Anwendung von Essigsäure bei diesen Untersuchungen gewisse Zuckerantheile
unter diesen Verhältnissen der Polarisation entziehen könnten.
Die Füllmasse zuckerte nicht nach Erwartung. Unter Zugrundelegung des
normalsten Theils derselben berechnet sich die Auslieferung im ersten
Producte nur auf 3,86 Proc. der Rüben. Dasselbe war zwar von vorzüglicher
Beschaffenheit, konnte jedoch durch seine Qualität den Mangel der Quantität
nicht ersetzen. Die aus dem Syrup erzielten Nachproducte boten nichts
bemerkenswerthes dar.
Nach diesen Resultaten scheint der Schluß wohl erlaubt, daß das Dämpfen des gekalkten Breies zwar geeignet
erscheint, eine größere Ausbeute und leichtere Maceration zu ermöglichen,
daß aber dasselbe Uebelstände im Gefolge hat, deren Beseitigung bisher hat
nicht gelingen wollen.
––––––––––
Zum Beschluß dieses Theiles der Maceration bleibt noch einiges über die Natur
der Rückstände nachzuholen. Auf den ersten Blick dürfte der Umstand, daß
dieselben in Ansehen und Zusammensetzung sehr wesentlich von den Preßlingen
abweichen, als ein unübersteigliches Hinderniß gegen das Verfahren
erscheinen, insofern ein wesentlicher Nutzen, die Anwendbarkeit der
Rückstände zu Viehfutter wegzufallen scheint. Indessen möchte eine nähere
Betrachtnahme der Substanz dieses Urtheil zum mindesten ungerechtfertigt
erscheinen lassen und die Möglichkeit eines Verfahrens darstellen, dieselbe
als Viehfutter mit eben so großem Nutzen zu verbrauchen, wie die Rückstände
der gewöhnlichen Preßarbeit, vorausgesetzt, daß sich die übrigen auf die
Maceration gegründeten Hoffnungen als gerechtfertigt herausstellten.
Die Rückstände der heißen Maceration haben das Aussehen eines grünlichen, an
der Luft sehr bald gelb werdenden lockeren Haufens Sägespäne. Beim
Auspressen mit einer Hebelpresse von nahe gleicher Wirkung mit der
hydraulischen Presse gaben sie 70 bis 74 Proc. schwach gefärbter alkalisch
reagirender Flüssigkeit (die mit Bleiessig einen starken Niederschlag
liefert) und 30 bis 36 Proc. Preßlinge von gelblicher Farbe und großer
Consistenz, die an der Luft sehr bald zu einer vollkommen harten
Strohpappe-ähnlichen Substanz eintrocknen. Die Rückstände des nicht
gedämpften Breies lieferten, unausgepreßt getrocknet und verbrannt, 2,1
Proc. Asche, wovon 43,0 Proc. kohlensaurer Kalk. Hieraus folgt der Gehalt an
caustischem Kalk mit 0,51 Proc. vom Gewicht des nassen Rückstandes. Bei den
Rückständen des gedämpften Rübenbreies wurde nur der Aschengehalt der aus
denselben erhaltenen Preßlinge bestimmt; er betrug 6,3 Proc. vom Gewicht
derselben oder 25,4 Proc. der getrockneten
Preßlinge, wovon 59,5 Proc. kohlensaurer Kalk. Hieraus folgt der Gehalt des
nassen Macerationsrückstandes mit 0,62 Proc. Kalk.
Man erkennt, daß der Kalkgehalt der Macerationsrückstände nicht so groß ist
als man befürchten könnte, und daß es keine Schwierigkeiten haben würde,
denselben unschädlich zu machen. Beispielsweise möge hier nur erwähnt seyn,
daß beim Trocknen dieser Rückstände ein fast weißes feines Pulver erhalten
wird, worin aller Kalk in den vollkommen unwirksamen kohlensauren
übergegangen und worin die Rübenfaser so unverändert enthalten ist, daß man
beim Behandeln mit kalter Salzsäure eine dem frischen ausgelaugten,
ungekalkten Rübenbrei ganz ähnliche Masse wieder erhalten kann. Es dürfte
sich dieses Pulver, gemischt mit anderen Futterstoffen, sicher ohne
Nachtheil als Futter verwerthen lassen. Außerdem aber bietet das Einmiethen
der gelinde ausgepreßten Rückstände mit Salz und Melasse durch die bald eintretende geistige Gährung ein Mittel
dar, den Kalk abzustumpfen und ein brauchbares Futter zu erhalten. Indessen
sind über diesen Punkt sichere Resultate noch nicht mitzutheilen, da
derselbe jedenfalls erst nach Bejahung der Hauptfrage zur Untersuchung kommt
und soll hiemit nur die Möglichkeit angedeutet
werden, auch den Futterwerth der Rückstände zu bewahren.
(Der Schluß folgt im nächsten Heft.)