Titel: | Ueber die Reinigung der Bierhefe und ihre Verwendung statt der Oberhefe; von C. Trommer. |
Fundstelle: | Band 158, Jahrgang 1860, Nr. XVIII., S. 70 |
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XVIII.
Ueber die Reinigung der Bierhefe und ihre
Verwendung statt der Oberhefe; von C. Trommer.
Trommer, über die Reinigung der Bierhefe und ihre Verwendung statt
der Oberhefe.
Die großen Massen von Unterhefe, welche bei der Bereitung des bayerischen Bieres
überall in Deutschland gewonnen werden, lassen sich nur zum kleinen Theile wieder
für den nämlichen Zweck benutzen. Bei obergährenden Bieren gewährt der Ueberschuß
der Hefe einen nicht unbedeutenden Nebengewinn, indem bekanntlich dieselbe in der
Bäckerei, ebenso in der Branntweinbrennerei verwendet wird. Von der Unterhefe läßt
sich ein derartiger Gebrauch nicht so ohne Weiteres machen. Die Gründe, weßhalb dieß
nicht geschehen kann, sind doppelter Art. Einmal bringt die Unterhefe an und für
sich die Gährung langsamer hervor, wenn sie auch selbst bei höheren Temperaturen
angestellt wird, und zweitens enthält dieselbe einen großen Theil der
Hopfenbestandtheile, insbesondere des Hopfenbitters, welches diese Hefe für die
Bäckerei ganz unbrauchbar macht. Durch Auswaschen der Hefe mit bloßem Wasser läßt
sich dieser Stoff nicht vollständig entfernen, denn derselbe sitzt nicht
oberflächlich auf der Hülle der Kügelchen, sondern ist bis in das Innerste derselben
gedrungen. Während der Gährung selbst haben die Hefekügelchen den größten Theil des
Hopfenbitters, und namentlich jenes kratzenden Extractivstoffes des Hopfens der
Flüssigkeit entzogen, und mit Recht läßt sich eine Untergährung als ein
gleichzeitiger Reinigungsact für das Bier betrachten. Erwähnte Substanzen haben
außer jenem Nachtheil aber noch einen andern. Sie ertheilen der Hefe eine bräunliche
Färbung, namentlich wenn jene in halbfeuchtem Zustande, als Preßhefe, der Luft
ausgesetzt wird. Diese Färbung der Unterhefe rührt jedenfalls von derselben Substanz
her, welche auch den Hopfen bräunt, wenn derselbe längere Zeit der Luft ausgesetzt
wird.
Man kann nun zwar durch Auswaschen vermittelst Wassers einen großen Theil erwähnter
Substanzen aus der Unterhefe entfernen, allein man kann nicht auf diesem Wege allein
so weit seinen Zweck erreichen, als es für eine anderweitige Anwendung der Hefe,
namentlich zur Bäckerei, nothwendig ist. In diesem Falle bleibt nichts weiter übrig,
als daß man die Hefe mit einer verdünnten Lösung von Aetznatron oder Aetzkali
behandelt. Zu dem Ende wird die Unterhefe zunächst mit Wasser so weit abgewässert,
als es für die größtmögliche Beseitigung der braunen Substanzen nöthig ist. Nachdem
die Hefe auf diese Weise vorläufig gereinigt worden ist, verdünnt man sie mit 1/2
Volumen Wasser und setzt eine gewisse Menge Natronlauge hinzu, die sich nach der Quantität der
verunreinigenden Substanzen richtet.
Nach dem Zusatz der Lauge bleibt die Masse 10 Minuten, oder höchstens 1/4 Stunde
lang, ruhig stehen. Nach Verlauf dieser Zeit muß die Hefe abgeschieden werden. Dieß
geschieht, indem man unter fleißigem Umrühren so viel verdünnte Schwefelsäure
hinzusetzt, als nöthig ist, um das Natron zu neutralisiren. Auch in diesem Falle muß
erst die erforliche Menge der Schwefelsäure in ähnlicher Weise, wie bei der
Natronlauge, genau ausprobirt werden. Was die Herstellung der verdünnten
Schwefelsäure anbetrifft, so geschieht dieß hier am zweckmäßigsten, wenn die
gewöhnliche englische Schwefelsäure mit 15–16 Gewichtstheilen Wasser
vermischt wird. Es ist zu bemerken, daß von der verdünnten Schwefelsäure eine
Kleinigkeit mehr, als zur Neutralisation des Natrons erforderlich ist, hinzugesetzt
werden muß, so daß die Flüssigkeit schwach sauer reagirt. Ein größerer Ueberschuß
der Säure würde den Nachtheil haben, daß die Hefe auf lange Zeit in der Flüssigkeit
vertheilt bliebe. Ist dagegen das Verhältniß richtig getroffen, so wird man sich
überzeugen, daß die Hefe sehr bald sich ausscheidet und zu Boden fällt; die braune
Flüssigkeit, welche oberhalb der Hefe steht, muß sorgfältig entfernt und die Hefe
selbst nach Erforderniß noch einige Male ausgewaschen werden.
Die auf diese Weise gereinigte Hefe ist von weißer Farbe und frei von allem bittern
oder herben Geschmack. Soll dieselbe in feste Hefe verwandelt werden, so muß sie,
wie es auch bei der gewöhnlichen festen oder gepreßten Oberhefe der Fall ist, in
Säcken eingeschlossen, und durch langsames Pressen das Wasser, soweit es
erforderlich ist, entfernt werden. Auch können hier, so wie es dort in der Regel
geschieht, bevor die Hefe in den Preßbeutel kömmt, 16 bis 20 Proc. Kartoffelstärke
hinzugesetzt werden. Durch diesen Zusatz wird die Entfernung des Wassers oder
vielmehr das Festwerden der Hefe wesentlich befördert.
Steht aber schon die Unterhefe in ihrer Wirkung der eigentlichen Oberhefe an und für
sich bedeutend nach, und findet eine Umwandlung der ersteren in die letztere nur
nach und nach statt, so wird es auch bei der gereinigten Unterhefe der Fall seyn
müssen, und hier um so mehr, weil die Wirkung einer jeden Hefe, in dem Maaße, als
dieselbe mit Wasser gereinigt oder ausgewaschen wird, geschwächt wird. Leider läßt
sich aber diese letztere Operation bei der Reinigung der Unterhefe durchaus nicht
umgehen, und es wird daher unter diesen Verhältnissen die Unterhefe nie einen
vollständigen Ersatz für die Oberhefe darbieten können. Außerdem darf man nicht
übersehen, daß die Oberhefe stets in derjenigen Periode der Gährung gewonnen wird,
wo diese am vollständigsten und am kräftigsten ist, gleichsam ihren Höhepunkt erreicht hat. Bei der
Unterhefe tritt ein ganz anderes Verhältniß ein. Dieselbe wird erst erhalten,
nachdem die Gährung vorüber ist. Nun aber lehrt die Erfahrung, daß es für die
Wirkung einer Hefe von großer Bedeutung ist, in welcher Periode der Gährung dieselbe
gewonnen worden ist. Um die gereinigte Unterhefe wirksamer zu machen, ist es
zweckmäßig, wenn dieselbe mit einer verdünnten Pflanzensäure vermischt wird. Soll
daher jene im flüssigen Zustande benutzt werden, so setze man derselben eine kleine
Quantität säuerliches Bier hinzu; der gepreßten oder trocknen Hefe hingegen eine
kleine Quantität (ungefähr auf 1 Pfd. Hefe ein Quentchen) gepulverten Weinstein.
(Aus dem landwirthschaftlichen Centralblatt, durch Wagner's Jahresbericht über
die Fortschritte der chemischen Technologie, Jahrgang V, S.
414.)