Titel: | Beschreibung des Apparates zur künstlichen Eisbereitung von Carré in Paris. |
Fundstelle: | Band 158, Jahrgang 1860, Nr. XXIII., S. 109 |
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XXIII.
Beschreibung des Apparates zur künstlichen
Eisbereitung von Carré in Paris.
Aus dem Bulletin de la Société
d'Encouragement, März 1860, S. 129.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Carré's Apparat zur künstlichen Eisbereitung.
Fig. 21 zeigt
den Längenaufriß des Apparates; die Figuren 22 bis 27 geben die
einzelnen Theile in größerem Maaßstabe.
Die Maschine besteht in ihren Haupttheilen aus dem cylindrischen
„Calorimeter“ oder Congelator A, welches ringsum geschlossen und mit einer Hülle von Filz oder Werg umgeben
ist; dasselbe enthält eine gewisse Unzahl cylindrischer Zellen B, die fast bis zum Boden hinabreichen und sich an der
oberen Fläche öffnen, an welcher sie mittelst Löthungen luftdicht verbunden sind (s.
Fig. 22
und 23, in
denen die äußere Filz- oder Wergbekleidung weggelassen ist).
Die Zellen B nehmen die Cylinder C auf, worin das Gefrieren des Wassers vor sich geht; ihre Zahl wechselt
je nach der Größe des Apparates (der Congelator Fig. 22 und 23 enthält
deren 36).
Wie aus Fig.
22 erhellt, sind eine Anzahl kleiner umgekehrter abgestutzter Kegel
übereinander so an der äußeren Wand der Zellen befestigt, daß sie mit ihrer kleinen
Basis dieselben umfassen; sie sind dazu bestimmt, den Aether aufzunehmen, welcher
von einem dieser Gefäße in das andere überfließt, wenn sie sich nach und nach
füllen.
C sind oben offene Cylinder zur Aufnahme des zum
Gefrieren bestimmten Wassers; sie werden in die Zellen B
gesteckt, nachdem vorher etwas Weingeist in dieselben gegossen worden, der flüssig
bleibt und die Adhärenz der Cylinder an die Zellenwand verhindert.
D ist eine cylindrische Büchse in der Mitte des
Calorimeters, in welche der Aether gegossen wird, der sich über die verschiedenen
Zellen verbreiten soll.
E Schraubenknopf zum Verschließen der Aetherbüchse D.
F Röhren zur Verbindung der Büchse D mit den conischen Gefäßen an den Zellen; zu jeder
Zelle führt eine Röhre.
G Saug- und Druckpumpe, deren horizontaler
Cylinder neben dem Calorimeter angebracht ist; durch ihre Bewegung bringt sie im
Calorimeter eine Luftleere hervor, wodurch die Verdampfung des Aethers bewirkt wird,
dessen Dämpfe sie in den Condensator treibt.
H doppelte Stopfbüchse mit Oelbehälter zur Abhaltung der
äußeren Luft. Die genauere Beschreibung derselben siehe unten.
I horizontale Führung für die Kolbenstange von G.
J Zugstange für den Kolben.
K Schwungrad, welches mittelst eines Riemens durch die
Treibmaschine in Bewegung gesetzt wird und die Bewegung mittelst einer Kurbel auf
die Zugstange J überträgt.
L Saugrohr für die Aetherdämpfe; dasselbe steht
einerseits mit dem Calorimeter, andererseits mit der Pumpe in Verbindung.
M, N, O Druckröhren für die Aetherdämpfe; sie verbinden
den Pumpencylinder mit dem Condensator P.
o Röhrchen, an der Büchse D
befestigt und zu einem Manometer führend, welches an dem Gestelle der Maschine
angebracht ist.
P Condensator für die Aetherdämpfe; die Condensation
wird durch einen continuirlichen Strom kalten Wassers bewirkt. Seine Einrichtung ist
folgende:
In der Nähe der beiden Enden befinden sich die in Fig. 21 punktirten
Scheidewände, zwischen denen, wie in einem Röhrenkessel, 61 Röhren angebracht sind,
in welchen sich die Aetherdämpfe vertheilen. Das Wasser tritt am unteren Theile des
Apparates mit hinreichendem Druck ein, um bis zum oberen Ende steigen zu können, wo
es durch die Oeffnung R austritt, so daß es also den
Condensator von Unten nach Oben durchströmt und zwischen den beiden Scheidewänden
die Dampfröhren umgibt. Der allmählich condensirte Aether fließt in umgekehrter
Richtung und sammelt sich in dem durch die untere Scheidewand abgetrennten Raume
an.
Q Eintritts-, R
Austrittsöffnung für das Condensationswasser.
S, S' Röhren, welche den condensirten Aether aus dem
Condensator in die Büchse D des Calorimeters
zurückführen.
T Ventil zur Regulirung des Aetherzuflusses und zur
Absperrung der Luft (die specielle Beschreibung dieses Apparates siehe unten).
U Barometerröhre; dieselbe steht mit der durch die obere
Scheidewand im Condensator gebildeten Kammer in Verbindung und dient zum Austritt
der den Aetherdämpfen beigemischten Luft, wenn man bei Anfang der Arbeit auspumpt
und einen Augenblick den Lauf des Wassers absperrt.
V hohes Quecksilbergefäß, worin die Röhre U eintaucht.
W Heberrohr zum Abführen der Luft aus V nach V', wo es fast bis zum Boden hinabreicht.
V' Waschgefäß, mit Oel gefüllt, zur Aufnahme der durch
W mit herübergebrachten Aetherdämpfe.
X, X gußeisernes Gestelle für die Pumpe, die Führung der
Kolbenstange, den Condensator und die Gefäße V und V'; dasselbe ruht auf einem Ziegelfundamente.
Y eiserne Verbindungsstücke für die Träger X, X.
Speciellere Beschreibung einzelner
Theile.
Hydraulischer Verschluß der Röhren und Cylinder. –
Figur 24
stellt einen verticalen hydraulischen Verschluß dar, nach Entfernung der einen
Verbindungsscheibe.
a Röhre oder Cylinder;
b vollkommen abgerichtete Flantsche mit vier Löchern zum
Durchgang der Bolzen;
c Metallring am inneren Rande der Flantsche b;
d zweiter größerer Metallring, concentrisch mit dem
ersten;
e Oeffnung mit Aufsatz im Ringe d, zum Eingießen von Wasser oder einer andern Flüssigkeit (Oel, Glycerin
etc.), welche so zwischen beiden Ringen einen flüssigen, jede Verbindung mit der
äußeren Luft absperrenden Kranz bildet.
Bei einem horizontalen Verschluß, wo beide Flantschen übereinander liegen, fehlt die
Oeffnung e, und die Flüssigkeit wird durch eine in der
oberen Flantsche angebrachte Oeffnung eingegossen.
Doppelte Stopfbüchse des Pumpenkolbens (H in Fig. 21). – Die
Fig. 25
stellt einen Durchschnitt nach der Richtung der Kolbenstange dar.
f Kolbenstange;
g Pumpencylinder;
h Garnitur der ersten Stopfbüchse;
h' Garnitur der zweiten Stopfbüchse;
i, i Platten an der inneren Seite jeder Garnitur.
Zwischen diesen beiden Platten i befindet sich der
Cylinder j, welcher den auf die eine Stopfbüchse durch
den Deckel k ausgeübten Druck auf die andere überträgt.
Er ist auf seiner ganzen Oberfläche durchlöchert, um das Oel, welches zwischen den
beiden Platten befindlich ist, durchzulassen.
l Zuflußrohr für das Oel, mit dem Oelgefäß m (Fig. 21).
VentilT (Fig. 21). – Fig. 26 stellt
dasselbe im Verticaldurchschnitt dar.
n, n' sind die Ein – und Austrittsröhren für den
condensirten Aether (S, S' in Fig. 21).
o ist die oben zur Platte erweiterte Ventilbüchse.
p cylindrisch-conisches Ventil mit darunter
angebrachtem Kreuz von Metallplatten.
q Bewegungskolben des Ventils p, oben mit eingeschnittenem Schraubengang.
r Bogen mit Manische, auf die Platte der Ventilbüchse
passend. Eine kurze Röhre am oberen Theile dient zum Durchgang des Ventilkolbens q.
s Schraubenmutter mit Griff zur Bewegung von q.
t kreisförmiges, dünnes und biegsames Metallblech,
einerseits an die obere Platte der Büchse o,
andererseits an die Stange q in ihrem Mittelpunkt
festgelöthet; diese biegsame Platte macht alle Bewegungen des Ventils p mit, indem ihre Oberfläche je nach dessen Auf-
oder Niedersteigen convex oder concav wird.
Fig. 27
stellt einen senkrechten Durchschnitt des Quecksilbergefäßes mit seinem
Barometerrohr dar; die einzelnen Theile sind ebenso wie in Fig. 21 bezeichnet.
Auszug aus C. Laboulaye's Bericht über
vorstehenden Apparat zur künstlichen Eisbereitung.
Das Leslie'sche Experiment, worauf sich die Darstellung
des Eises mittelst des Carré'schen Apparates
gründet, ist allgemein bekannt. Es besteht in dem Gefrierenlassen des Wassers unter
dem Recipienten der Luftpumpe, mittelst Entfernung der Dämpfe, theils durch
Auspumpen, theils durch Condensation mittelst Schwefelsäure.
Die Industrie hat dieses Mittel, einen so sehr gesuchten und oft so theuer bezahlten
Artikel, wie das Eis darzustellen, bisher noch nicht benutzt, obwohl schon zwei
Patente auf dazu dienende Apparate ertheilt worden sind.
Der erstere dieser Apparate ist von Hrn. Shaw angegeben,
aber wohl nicht in Wirklichkeit ausgeführt worden. Derselbe soll durch die
Verdunstung des Aethers, welche durch eine Pumpe bewirkt wird, das Wasser zum
Gefrieren bringen; doch würde ein nach der Patentbeschreibung construirter Apparat
wohl schwerlich einen günstigen Effect zeigen, und ist das Ganze mehr als ein
Project, denn als ein in ihren Details studirte und ausgeführte Maschine zu
betrachten.
Im Jahre 1856 nahm Hr. Harrison ein Patent auf
Eisbereitung nach demselben Princip. Aus der Zeichnung seines Apparates geht hervor,
daß ein einziger Eisblock erzeugt und der Aetherdampf in einer Metallkugel
condensirt werden sollte. Die richtige Wahl der wirksamsten Oberfläche fehlt demnach
gänzlich und es erklärt sich hieraus der Mangel an Erfolg dieses Apparates.
Die mit den Apparaten des Hrn. Carré erzielten
Wirkungen dagegen sind im höchsten Grade merkwürdig und schon vom physikalischen
Standpunkte aus interessant.
Die Einrichtung des Apparates erhellt aus der vorstehenden Beschreibung zur Genüge,
und es bleibt derselben nur noch Folgendes hinzuzufügen: das sogenannte Calorimeter
besteht aus Eisenblech, hat 65 Centimeter Durchmesser und dieselbe Höhe. Die
Deckplatte ist von Kupfer und enthält 18 Oeffnungen von 1 Decimeter Durchmesser. Die
Verdampfungsoberfläche für den Aether an den in denselben angebrachten Röhren
schätzt der Verf. auf 3 Quadratmeter. Das Calorimeter wiegt 125 Kilogr. und enthält
15 Kil. Aether; es enthält 18 Röhren voll Wasser zum GefrierenIn der Beschreibung der Maschine sind 36 Eisröhren angegeben.A. d. Red. und war bei dem in Gegenwart des Berichterstatters angestellten Versuche
unten mit Wasser, oben mit Werg umgeben.
Die Saug- und Druckpumpe wurde mittelst eines Riemens durch eine Locomobile
von drei Pferdekräften in Bewegung gesetzt. Der Kolben dieser Pumpe hat 32,5
Centimeter Durchmesser bei einem Hub von 72 Centimeter; die doppelte Stopfbüchse mit
Oelverschluß bewirkt vollkommenen Luftabschluß. Bei jedem Hub wird ein Volum von 61
Liter in Bewegung gesetzt.
Die Oberfläche des Condensators beträgt 6 Quadratmeter. Wird der Wasserzufluß
abgesperrt, so steigt die Temperatur durch die Compression der Dämpfe sehr rasch.
Alsdann läßt der hydraulische Verschluß für die Aetherdämpfe, welcher in einem
Gefäßbarometer besteht, den Aetherdampf entweichen; auf diese Weise wird zu Anfang der
Operation das Auspumpen bewerkstelligt, in Folge dessen der Apparat vollkommen
luftfrei wird, was zur gänzlichen Condensation der Dämpfe durchaus nothwendig
ist.
Ebenso ist das Spiel des Retourventils für den Aether in Folge der darin angebrachten
elastischen Metallplatten ein sehr vollkommenes, ohne daß dabei Luft in den Apparat
treten könnte.
Bei den mit dieser Maschine angestellten Versuchen gefror in einer Stunde dreißig
Minuten das Wasser in sämmtlichen Cylindern; bei einem anderen Versuche waren
dagegen 1 St. 40 Min. erforderlich, da die durch irgend eine kleine Undichtigkeit
eintretende Luft ausgepumpt werden mußte, deren schädlicher Einfluß schon nach 30
Minuten bemerklich wurde. Erhalten wurden dabei 100 Kilogr. Eis. Die
Bewegungsmaschine ergab einen Kraftverbrauch von weniger als 2,5 Pferdekräften, bei
einer Brennmaterialverzehrung von 1,5 Kil. für jede Stunde und Pferdekraft, also im
Ganzen von 6,25 Kil. Steinkohlen. Angewandt wurden ferner 2750 Kil.
Condensationswasser.
Diese geringen Auslagen würden sich noch wesentlich vermindern, wenn man als
bewegende Kraft ein Wassergefälle benutzen könnte, wogegen andererseits die
allgemeinen Kosten für Maschine, Aufsicht und Unterhaltung noch nicht inbegriffen
sind. Indessen dürfte dieser Apparat, selbst wenn die Productionskosten des Eises
die Berechnung des Erfinders viel überschritten, dennoch dessen Bemühungen reichlich
belohnen. Wie vortheilhaft würde nicht die Anwendung einer solchen Maschine in
Ländern seyn, wo, wie in Frankreich, nicht mit Sicherheit auf eine zum Einsammeln
des Eises hinreichende Kälte gerechnet werden kann, oder wo, wie in Indien, der
immer wachsende Verbrauch dieses köstlichen Stoffes bis jetzt noch den Bezug aus den
entferntesten Welttheilen gebietet!
Aber auch zu wissenschaftlichen Zwecken läßt sich dieser Apparat, wenn er mit der
erforderlichen Sorgfalt construirt und gehandhabt wird, vielfach benutzen. Nicht
allein ergibt die Ermittelung der durch mechanische Kraft dem Wasser entzogenen und
bei der Condensation wiedergewonnenen Wärmemenge die interessantesten Resultate,
sondern es kann auch die hervorzubringende Temperaturerniedrigung zu manchen
Versuchen benutzt werden, wozu man bisher der Kältemischungen nicht entbehren
konnte. Ein Experiment z.B., bei welchem kein Wasser in das Calorimeter eingesetzt
wurde, ergab nach einer halben Stunde eine Temperatur von – 35° C. Bei
zweckmäßiger Wahl der verdampfenden Flüssigkeiten und starkem Pumpwerke wird man
ohne Zweifel Faraday's interessante Versuche über die
Condensation der Gase auch mit diesem Apparate ausführen können. Endlich werden sich aus den
Vergleichen zwischen der angewandten Kraft und der hervorgebrachten
Temperaturerniedrigung die Relationen zwischen der mechanischen Arbeit und der Wärme
berechnen lassen, die jedoch erst dann von Wichtigkeit seyn können, wenn die
Maschine erlaubt mit wissenschaftlicher Schärfe zu experimentiren.Der Originalbericht führt schon jetzt diese und andere Berechnungen sehr
speciell aus; da ihr Resultat aber von dem des Experimentes noch sehr
abweicht, so dürften sie für jetzt wenigstens noch der Wichtigkeit
entbehren.A. d. Red.
Hieraus scheint zur Genüge das hohe Interesse hervorzugehen, welches der Apparat des
Hrn. Carré erregen muß. Es liegt uns hier ein
Apparat vor, welcher praktisch in vielen Fällen Kälte wie ein Ofen Wärme liefert,
der zugleich die Grundlage eines wirklichen Industriezweiges bildet und mit welchem,
schon in seinem jetzigen Grade der Vollendung, die interessantesten
wissenschaftlichen Resultate zu erlangen seyn werden.