Titel: | Photographische Processe mit den Nitroprussiden des Natriums und des Kaliums; von B. M. Brackenridge in Tarentum in Pennsylvanien. |
Fundstelle: | Band 158, Jahrgang 1860, Nr. XXVI., S. 121 |
Download: | XML |
XXVI.
Photographische Processe mit den Nitroprussiden
des Natriums und des Kaliums; von B. M. Brackenridge in Tarentum in Pennsylvanien.
Aus Wittstein's Vierteljahresschrift für praktische
Pharmacie. Bd. IX S. 366.
Brackenridge, über photographische Processe mit den Nitroprussiden
des Natriums und des Kaliums.
Im Frühjahr 1859 fing ich damit an, mir selbst etwas Nitroprussidnatrium als Reagens
zu bereiten, bei welcher Gelegenheit der Gedanke in mir erwachte, ob dasselbe nicht
etwa mit Vortheil in der Photographie möchte angewandt werden können.
Nach mehreren darüber angestellten Versuchen machte ich die Entdeckung, daß sehr gute
Abdrücke in „Berlinerblau“ erhalten
werden können, bei Befolgung nachstehenden, sehr einfachen Processes.
Man läßt das Papier auf einer Auflösung des Nitroprussidnatriums schwimmen, oder
wäscht es mit derselben, trocknet es und setzt es darauf unter ein Negativ in den
Copirrahmen, bis ein mattes Andeuten des Bildes wahrgenommen werden kann; das Papier
wird alsdann daraus entfernt und für einige Augenblicke in ein Bad von
schwefelsaurem Eisenoxydul gelegt, welches in dem Verhältniß von etwa 40 Gran zu 1
Unze Wasser bereitet ist. Das Bild wird augenblicklich entwickelt und hat eine tief
blaue Farbe, die Lichtseiten und die Papiertheile, auf welche das Licht nicht
eingewirkt hat, haben eine blaßrothe Farbe, welche das Bild, wegen Mangels an
Contrast, ziemlich schwach und matt erscheinen macht. Alles, was zu thun übrig
bleibt, ist, den Abdruck in reinem Wasser zu waschen, welches die Fleischfarbe von
den Lichtseiten gänzlich entfernt, und ein vollkommen fixirtes Bild hinterläßt, und,
da Berlinerblau ein dauerhaftes Pigment ist, steht zu erwarten, daß es dem Einflüsse
der Zeit widersteht. Unter Zusatz verschiedener Reagentien zu dem Wasser, in welchem
der Abdruck gewaschen wird, kann die Farbe sehr verändert und modificirt werden.
Ich glaube, daß dieser der einfachste und müheloseste aller Copirprocesse ist, und
daß er sehr bequem für Damen und andere Personen seyn dürfte, die mit unzähligen
Chemikalien, Bädern u.s.w. sich nicht zu befassen wünschen.
Ungefähr um dieselbe Zeit habe ich mich mit einer Reihe von Versuchen für den
Endzweck beschäftigt, natürliche Farben in Photographien
hervorzubringen, und habe ich die veröffentlichten Experimente Anderer, z.B. die Becquerel's, Niepce's u.s.w. wiederholtBecquerel im polytechn. Journal Bd. CX S. 25, Bd. CXII S. 29, Bd. CXIV S. 44 und 118; Niepce in Bd. CXXI S. 206, Bd. CXXIV S. 67, Bd. CXXVI S. 295. und ist es mir bei Anwendung derer Processe sowohl, als auch bei einigen der
meinigen gelungen, mehr oder weniger vollkommene Farben zu erhalten, indeß immer auf
Metallplatten oder Glas.
In dem Glauben, daß bei Anwendung der Nitroprusside einige genaue Resultate erhalten
werden dürften, stellte ich eine Reihe von Versuchen mit denselben an.
In dem einen Falle nahm ich ein Papier, welches mit Salmiak enthaltender Gelatine (15
Gran zu der Unze) überzogen war, ließ es auf einer salpetersauren Silberauflösung
(40 Gran zu der Unze Wasser) schwimmen, trocknete und brachte dasselbe dann auf die
Oberfläche einer Solution des Nitroprossidnatriums, worauf es getrocknet und zum
Gebrauch aufbewahrt wurde. Ein anderes Stück Papier wurde auf dieselbe Art
zubereitet, mit der Ausnahme, daß nachdem man dasselbe auf der Silbersolution hatte
schwimmen lassen, man es wusch, um das freie Silbernitrat zu entfernen, ehe man es
mit dem Nitroprusside in Berührung brachte.
Diese Papiere wurden in einem Copirrahmen dem Sonnenlichte ausgesetzt, jedes mit
einem Stück Papier bedeckt, auf welches man Zeichnungen in Wasserfarben gemalt
hatte. Nach Herausnahme aus dem Rahmen zeigte dasjenige Papier, von welchem das
freie Silbernitrat abgewaschen worden war, ein Bild in Schwarz und Weiß, gerade ein
solches, als entstanden seyn würde, wenn man nichts weiter als Chlorsilber zur
Präparation angewandt hätte. Das andere anlangend, so schien es, als ob darauf nicht
im mindesten Effect geäußert worden sey, wiewohl es dieselbe Zeit hindurch dem
Lichte ausgesetzt gewesen war, wie das erste. Ich war im Begriff, dasselbe bei Seite
zu legen, als ich es, ganz zufällig, gegen das Licht hielt, und fand vor Erstaunen
und Verwunderung, daß es ein schön colorirtes Bild gab. Die Roths waren sehr stark
und deutlich, und die Blaus erschienen grün u.s.w., obschon nicht ganz so stark,
doch ebenso deutlich, und in der That, wenn vor ein starkes Licht gehalten, zeigte
sich ein schönes transparentes Colorit.
Später wiederholte und veränderte ich die Versuche und erhielt viel bessere
Resultate, wiewohl mir dieselben hin und wieder mißlangen, ohne davon den Grund
auffinden zu können. Ich habe mehrere Exemplare, in welchen die Farben sich auf der
Oberfläche sowohl als bei durchgehen dem Lichte deutlich zeigen.
Während ich diese Versuche anstellte, beobachtete ich ein eigenthümliches Phänomen,
für dessen Erscheinung ich mich außer Stande befinde, die Ursache ausfindig zu
machen, und bin ich durch Krankheit abgehalten worden, die deßfallsigen Versuche
fortzusetzen. Ich fand nämlich, daß, wenn ich als Negativ ein Stück Papier
gebrauchte, auf welches eine Zeichnung in Form von Flecken u.s.w. mit verschiedenen
Wasserfarben gemalt worden war, dieselbe alle ihm eigenen Farben auf dem Abdruck
wieder zeigte, mit Ausnahme des Vermillon (Zinnober), welches unveränderlich gelb repräsentirt wurde, und zwar als das brillanteste
Chromgelb. Einige Papiere, auf denen durchsichtige rothe Farben sich befanden, als
Carmin u.s.w. zusammen mit Vermillon, wurden als Negativs in Berührung mit dem
präparirten Papier gesetzt, und ehe lange vorher irgend eine Einwirkung unter dem
durchsichtigen Carmin bemerkbar war, wurde eine herrliche Chromgelbfarbe unter dem
undurchsichtigen Vermillon sichtbar, und auf einigen Papieren, welche keine andere
Farben gaben, wurde dasselbe Gelb durch Vermillon hervorgebracht; das Uebrige des
Papiers auf dem Abdruck erschien schwarz und undurchsichtig, ausgenommen der Theil
unter dem Vermillon, welcher feuriggelb und vollkommen durchsichtig sich zeigte.
Zuerst hielt ich es für möglich, daß dieser eigenthümliche Effect vielleicht das
Resultat einer Zersetzung sey, bedingt durch die Berührung des Pigments mit der
Oberfläche des präparirten Papiers, allein ich fand nachher, daß wenn die Farbe mit
Firniß überzogen, oder auch, wenn eine Glasplatte zwischen die Papiere gelegt wurde,
das Resultat dasselbe war.
Ich glaube John Herschel und Robert Hunt gelang es bei der Erzeugung gewisser Farben, deren Ergänzungen
hervorzubringen, allein ich habe niemals gehört, daß Roth Gelb hervorbringt, und, was sehr bemerkenswerth scheint, daß nicht jedes
Roth, sondern nur das einzige Pigment Vermillon es ist, welches diesen Effect
bewirkt, denn alle Roths reproduciren in diesem Processe ihre eigenen Farben wieder,
oder – keine.
Ich habe gefunden, daß das Gegentheil von diesem in vielen meiner Versuche auf
Metallplatten der Fall war und, in der That, es constituirt eine der größten
Schwierigkeiten in dem Processe; die Gelbs sind
vorzüglich repräsentirt durch die verschiedenen Schattirungen von Roth.
Es ist auffällig, daß ich in meinen ersten Versuchen nur so glücklich gewesen seyn
sollte in der Zubereitung des Papiers, welches die gefärbten Transparente gibt, und
obgleich ich seither eine Anzahl von Versuchen durchgeführt habe, bin ich dennoch ohne Erfolg geblieben,
ausgenommen bei Anwendung der oben erwähnten Verbindungen und Verhältnisse. Ich
dachte zuerst, das durch das auf der Oberfläche des Papiers befindliche freie Nitrat
gebildete Nitroprussidsilber sey das Agens der Farbenerzeugung, und deßhalb
präparirte ich Papiere mit ihm allein, aber ohne Erfolg; die einzigen Papiere,
welche Farben gaben, waren die mittelst Chlorsilber, gerade wie die für ein
ordinäres Positiv zubereiteten, und dann auf der Oberfläche der Nitroprussidsolution
schwimmen lassend. Der Erfolg scheint großentheils von der Menge des freien
Silbernitrats abzuhängen, welche auf dem Papier zurückbleibt, wenn es auf der
Auflösung des Nitroprussids schwimmt. Wenn das Nitrat gänzlich entfernt wird, erhält
man keine Farben, und wenn zuviel zugegen, ist der Abdruck zu sehr übergossen,
gleichsam wie besprengelt, und gibt nur eine Andeutung von Farbe. Ich habe keine
bestimmte Stärke der Nitroprussidauflösung angegeben, da ich fand, daß es keinen
wesentlichen Unterschied mache. In der Regel nahm ich auf 1 Unze Wasser 21 Gran des
Salzes. Das Nitroprussidkalium bringt dieselben Wirkungen hervor, allein ich halte
dieselben für geringer, als die des Natronsalzes.
Ich sollte oben eigentlich noch gesagt haben, daß das durch Vermillon hervorgebrachte
Gelb nicht nur beim durchgehenden Lichte gesehen
wird, sondern es scheint, wenn mit etwas gelbem Pigment, wie Chromgelb, dick gemalt,
im reflectirten Licht undurchsichtig zu seyn, zeigt sich
aber als vollkommen durchsichtig, wenn bei durchgehendem
Lichte gesehen.