Titel: | Ueber Leyherr's Putzmaschine für Baumwolle; Bericht von Alcan. |
Fundstelle: | Band 158, Jahrgang 1860, Nr. LXI., S. 253 |
Download: | XML |
LXI.
Ueber Leyherr's Putzmaschine für Baumwolle; Bericht
von Alcan.
Aus dem Bulletin de la Société
d'Encouragement, Juni 1860, S. 326.
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.
Leyherr's Putzmaschine für Baumwolle.
Gegen die Schlagmaschinen, deren man sich zur Reinigung aller Arten von Baumwolle
bedient, hat man, obgleich sie allgemein im Gebrauch sind, mit Recht Einwürfe
erhoben. Sollte die Wirkung der Schläger, welche alle Theile der Maschine in
Vibration setzen und die Räume, worin sie in Thätigkeit sind, erschüttern, die ihnen
direct ausgesetzten zarten Fasern nicht mehr oder weniger beschädigen?
Hr. Leyherr aus Laval
beabsichtigt für diese erste Vorbereitung der Baumwolle eine von ihm erfundene
Maschine, welche er Batteur-cardeur nennt,
einzuführen. Er ersetzt nämlich die plumpe Arbeit der Schläger durch die feinere
Thätigkeit einer Art Entwirrung (Auflockerung und Parallellegung der Haare) oder ein
Vorkämmen. Diesen Zweck erreicht er durch eine große Anzahl (ungefähr 50,000)
Nadeln, womit die Oberfläche eines auf allen Seiten geschlossenen und mit einer
Geschwindigkeit von 1000 bis 1100 Umdrehungen per Minute
rotirenden Cylinders besetzt ist. Da jedoch diese vielen Spitzen durch Anwendung
einer gewöhnlichen Speisevorrichtung bald beschädigt würden, so hat der Erfinder
letzteres Organ ebenfalls modificirt. Anstatt eines Paares geriffelter Einziehwalzen
bedient er sich nur einer einzigen in einem Trog sich drehenden Walze, um die durch
ein endloses Tuch herbeigeführten Fasern den Nadeln darzubieten. Der Abstand
zwischen den Enden der Nadeln und dem Speiseapparat läßt sich nach der Länge der
Fasern reguliren. Die Nadeln zertheilen bei ihrer Rotation die wollige Masse, nehmen
sie mit sich, und erleichtern die Ausscheidung fremder Körper, Knoten u.s.w., welche
vermöge ihrer größeren Dichtigkeit in einen am Boden der Maschine angeordneten
Behälter fallen. Die auf diese Weise über die Nadeln vertheilte Baumwolle muß bei
jeder Umdrehung wieder gesammelt, verdichtet und in eine zusammenhängende Fläche
(Watte) verwandelt werden. Diese zweite Operation wird in Leyherr's Maschine auf gleiche Weise, wie bei
den gewöhnlichen Schlagmaschinen, vollzogen.
Hinter dem Nadelcylinder ist eine Trommel aus Drahtgewebe angeordnet; ein im Sinne
der Achse dieser Trommel rotirender Ventilator bringt im Innern derselben eine
saugende Wirkung hervor, welche die Fasern von Außen gegen die langsam rotirende
Trommel legt, während der Staub durch eine Röhre oder einen besonderen Canal
weggeführt wird. Im Gegensatz zu den bei derartigen Apparaten gebräuchlichen
Anordnungen wirkt der künstliche Luftzug nur auf die schon großentheils von den
fremdartigen Substanzen befreite Baumwolle, indem die saugende Wirkung des
Ventilators ihren Einfluß auf den Nadelcylinder an einem Punkte auszuüben beginnt,
welcher derjenigen Stelle gegenüber liegt, wo die Trennung der Fasern und
Ausscheidung der fremdartigen Stoffe stattfindet. Diese sinnreiche Theilung des
Herbeisaugens in zwei Zeitabschnitte findet man nicht bei den gewöhnlichen
Schlagmaschinen. Bei diesen übt der Luftzug seine Wirkung auf die Masse des Stoffes
aus und nimmt denselben
mehr oder weniger mit Uneinigkeiten gemengt mit sich.
Die verschiedenen Organe, aus denen Leyherr's Maschine besteht, sind an sich betrachtet, nicht absolut
neu. Selbst der Nadelcylinder und seine Speisemethode sind vor wenigstens 20 Jahren
bereits von Bodmer vorgeschlagen worden, welchem die
Baumwollspinnerei viele andere mehr oder weniger in Anwendung gekommene
Vervollkommnungen verdankt. Aber die Art, wie Leyherr die
Organe unter sich gruppirt und in Verbindung gesetzt, und wie er die Wirkung der
Centrifugalkraft von der Wirkung des künstlichen Luftzuges getrennt hat, bildet eine
neue rationelle Anordnung. Diese Erläuterungen mögen genügen zum Verständniß der
charakteristischen Eigenschaft der neuen Maschine, welche ohne erschütternde
Bewegung und ohne großen Kraftaufwand arbeitet, welche ferner in manchen Fällen ein
besseres und auf ökonomischere Weise zubereitetes Product liefert, als die
gewöhnliche Schlagmaschine. Auch hat die Maschine bereits in mehreren Spinnereien
Eingang gefunden, obgleich die Erfindung kaum zwei Jahre alt ist. Leyherr hat demgemäß durch seine Putzmaschine (batteur-cardeur) der Industrie einen wirklichen
Dienst geleistet.
Fig. 16
stellt die Maschine in der Seitenansicht, Fig. 17 im
Längendurchschnitte dar. A ist der Nadelcylinder; B das endlose Tuch, welches die Baumwolle dem Cylinder
A zuführt; 1 und 2 sind Walzen, welche die
Baumwollfasern von dem endlosen Tuch in Empfang nehmen und zwischen sich fassen; 3
ist eine dritte Walze, welche die unter ihr hinweggehenden Fasern den Nadeln
darbietet. C und D sind
Behälter, welche die durch die Thätigkeit des Nadelcylinders abgesonderten
fremdartigen Körper, Knoten u. f. w. aufnehmen. E ist
das endlose Tuch, welches die von dem Nadelcylinder kommenden Fasern aufnimmt; diese
werden nämlich durch einen im Sinne der Achse der Trommel F rotirenden Ventilator herbeigesaugt. Die aus Drahtgewebe bestehende
Trommel F verwandelt die auf dem Tuch E liegenden Fasern in eine Watte.
Die übrigen Organe der Maschine bieten nichts Eigenthümliches dar und gleichen
denjenigen der gewöhnlichen Maschinen.