Titel: | Ueber Leuchtgasprüfung; von Prof. O. L. Erdmann. |
Fundstelle: | Band 158, Jahrgang 1860, Nr. LXVI., S. 263 |
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LXVI.
Ueber Leuchtgasprüfung; von Prof. O. L. Erdmann.
Aus dem Journal für praktische Chemie, 1860, Bd. LXXXI S.
177.
Erdmann, über Leuchtgasprüfung.
Durch eine Modification des von mir (im polytechn. Journal Bd. CLVII S. 184) beschriebenen Gasprüfers
kann man den Fehler, welchen das Sumpfgas in die Angaben des Instrumentes bringt,
ganz umgehen und damit die Procente an ölbildendem Gas ermitteln, welchen die
Leuchtkraft des Gases entspricht.
Das Verfahren setzt nur einige Uebung im Gebrauche chemischer Apparate voraus, und
wird von jedem gebildeten Gastechniker leicht ausgeführt werden können, wo es auf
eine genaue Controle der Angaben des Gasprüfers bei Untersuchung ungewöhnlich
zusammengesetzter Leuchtgase ankommt.
Man braucht dazu zwei Gasometer, jedes etwa 12000 Kubikcentimeter fassend, nach Art
der von Blochmann in Dresden zur Bestimmung des spec.
Gewichts von Leuchtgasen bestimmten kleinen Gasometer ausgeführt, welche eine
hinreichend genaue Messung des Volumens der darin enthaltenen Gase, sowie ein
gleichmäßiges Ausströmen derselben unter constantem Drucke gestatten. Zur Messung
des letzteren ist jedes Gasometer mit einem Manometer versehen. Der Kasten aus
dünnem Blech ist durch ein Gegengewicht balancirt, um das Gas unter dem herrschenden
Atmosphärendrucke messen zu können. Wird das Gewicht ganz oder theilweise
abgenommen, so kann man das Gas unter beliebigen Druck bringen und unter diesem
ausströmen lassen. Der anfängliche Druck mindert sich während des Niedergehens,
wegen der sehr geringen Masse des Bleches, welches in das Wasser einsinkt, kaum um
einige Linien Wasserdruck. Aber auch dieß kann vermieden werden, wenn man in dem
Maaße, als sich eine Minderung des Druckes zeigt, durch einige Zinkblechstückchen,
die man auf die obere Fläche des Kastens legt, das Gewicht desselben entsprechend
vermehrt. Die Leitstange, an welcher der Kasten mit möglichst geringer Reibung
niedergeht, ist in 100 Theile getheilt, deren jeder 112 Kubikcentim. Gasometerinhalt entspricht.
Die Unterabtheilungen gestatten noch den vierten Theil dieses Quantums zu
messen.
Die beiden Gasometer werden mit Wasser gefüllt, das man durch Zusammenstellen und
Schütteln mit Leuchtgas mit diesem möglichst gesättigt hat. In das eine dieser
Gasometer bringt man das mittelst des Gasprüfers auf seine Grädigkeit untersuchte
kohlensäurefreie Leuchtgas. Man verbindet sodann dasselbe mit dem zweiten Gasometer,
indem man zwischen beiden ein System von Absorptionsapparaten einschaltet, das aus
folgenden Theilen besteht: 1) einer Chlorcalciumröhre, 2) einer Bunsen'schen Waschflasche mit rauchender Schwefelsäure,
in welche man so viel Dämpfe von wasserfreier Schwefelsäure geleitet hat, daß die
Säure eben flüssig bleibt; 3) einer etwa 30 Millimet. weiten horizontalliegenden
Uförmigen Röhre mit Bimssteinstücken, welche mit dem Gemenge wasserfreier und
rauchender Schwefelsäure getränkt sind; 4) einer Uförmigen langen und weiten Röhre
mit Kalistücken. Nachdem man sich von dem vollkommenen Schlusse aller Theile
überzeugt hat, läßt man von dem Gase im ersten Gasometer, dessen Gewicht man
abnimmt, so viel durch die Absorptionsröhren in das zweite Gasometer übertreten, als
erforderlich ist um die Luft aus den Apparaten möglichst vollständig zu verdrängen.
Nachdem dieß geschehen, unterbricht man durch Schließen des Hahnes am zweiten
Gasometer die Verbindung zwischen letzterem und den Röhren und läßt das
übergeströmte Gas entweichen. Das erste Gasometer wird jetzt wieder äquilibrirt und
das Volumen des darin enthaltenen Gases wird gemessen. Nachdem dieses geschehen,
nimmt man das Gewicht wieder ab, stellt die Verbindung zwischen beiden Gasometern
her und läßt das Gas sehr langsam in das zweite äquilibrirte Gasometer überströmen,
wobei es durch die Schwefelsäureapparate seiner schweren Kohlenwasserstoffe beraubt
wird. Nachdem mindestens 4000 bis 6000 Kubikcentim. übergeströmt sind, schließt man
den Hahn des zweiten Gasometers, äquilibrirt das erste und mißt sodann die Menge des
aus dem ersten ausgeströmten, sowie die des im zweiten angesammelten Gases. Die
Differenz beider Volumina gibt das Volumen der absorbirten schweren
Kohlenwasserstoffe, welche das aus dem ersten Gasometer ausgeströmte Leuchtgas
enthielt.
Nach Beendigung des Versuches untersucht man das im zweiten Gasometer gesammelte
decarburirte Gas mittelst des Gasprüfers. Die Differenz zwischen der jetzt sich
ergebenden Grädigkeit und der des ursprünglichen Gases ist bedingt durch die den
absorbirten schweren Kohlenwasserstoffen angehörige Leuchtkraft, aus welcher sich,
unter Berücksichtigung der Volumina der beiden gemessenen Gase, leicht berechnen
läßt, welchem Volumen ölbildenden Gases die absorbirten Kohlenwasserstoffe
entsprechen.
Es zeige z.B. ein Leuchtgas 38°. Durch die Schwefelsäure werden von demselben
12 Volumprocente absorbirt. Der Rest zeigt am Gasprüfer 20°. Das Leuchtgas
enthält 88 Volumenprocente solchen fast nichtleuchtenden Gases, auf welche demnach
(100 : 20 = 88 : 17,6) 17°,6 zu rechnen sind. Diese abgezogen von 38°
geben 20°,4 als Wirkung der schweren Kohlenwasserstoffe. Da aber 5°,5
des Gasprüfers, meinen Versuchen zufolge, entsprechen 5 Proc. ölbildendes Gas, so
entspricht die gefundene Menge schwerer Kohlenwasserstoffe (5,5 : 5 = 20,4 : 18,54)
nahe 18,5 Proc. ölbildendem Gas.