Titel: | Verfahren, durch Tödtung oder Beseitigung der in den Häuten befindlichen Fetttheile die Dauer der bisherigen Gerbezeit bedeutend zu verkürzen, ohne der Qualität der Häute zu schaden; von Carrière. |
Fundstelle: | Band 158, Jahrgang 1860, Nr. LXXX., S. 314 |
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LXXX.
Verfahren, durch Tödtung oder Beseitigung der in
den Häuten befindlichen Fetttheile die Dauer der bisherigen Gerbezeit bedeutend zu
verkürzen, ohne der Qualität der Häute zu schaden; von Carrière.
Aus Stamm's illustrirter Zeitschrift, 1860 S.
180.
Carrière's Verfahren, die Dauer der Gerbezeit bedeutend zu
verkürzen.
In fast allen Industriezweigen sind seit 25 Jahren durch neue und eigenthümliche
Verfahren Verbesserungen ihrer Fabrikate entstanden, die Gerberei allein, konnte
ungeachtet der mannichfaltigsten Versuche, deren Gegenstand sie war, nicht gleichen
Schritt halten, und beweist dieß das Ungenügende der Resultate der bisherigen Nachforschungen,
die zu Abkürzung des Gewerbeverfahrens vorgeschlagen wurden. Die zu dem Zweck bis
jetzt gemachten Versuche, welche die Beachtung des Praktikers verdienen,
bestehen:
1) in verschiedenen Vorrichtungen, um die Concentrirung der gerbenden Auflösung zu
erlangen;
2) in der Anwendung der Wärme während der ganzen Dauer des Gerbens, oder mindestens
eines Theiles desselben.
Die Anwendung des einen oder anderen dieser Mittel und besonders ihre
gemeinschaftliche Anwendung verkürzt wohl die Dauer des Gerbens, aber sie erhöht
auch zugleich die Fabricationsunkosten zunächst durch Ausgaben für besondere
Einrichtungen, und dann durch Vermehrung der Arbeit selbst, also auch Vergrößerung
des Arbeitslohnes.
Die chemische Wirkung obiger Mittel besteht darin, daß die Wärme unterstützt von der
Säure, die in der concentrirten Gerbeauflösung enthalten ist, die Fetttheilchen in
den Poren der Haut tödtet, resp. beseitigt, und dadurch das Aufnehmen der gerbenden
Substanz den Häuten erleichtert.
Dasselbe Resultat ist es nun, welches ich durch Anwendung eines anderen Mittels, ohne
die geringste Erhöhung der Fabricationsunkosten erlangt habe.
Schon lange hatte ich bemerkt, daß ungeachtet der Verwandtschaft, welche die inneren
Gewebe und Bestandtheile der Haut zu den gerbenden Auflösungen zeigen, ein Stück Holz von derselben Dicke wie ein Stück Haut, sich
zwanzigmal schneller sättigt, als das Stück Haut.
Eine andere Reihe von Beobachtungen hat ergeben, daß gewisse Theile der Haut welche
gleiche Dicke haben, oder gleich dick gemacht worden sind, im Gerbprocesse einen
verschiedenen Grad von Sättigung zeigen, und zwar zeigen die fettigen Theile der
Haut den geringsten Sättigungsgrad bei gleicher Gerbezeit und gleichem
Gerbestoff.
Hieraus ist zu entnehmen, daß die gerbende Auflösung im kalten Zustande hinreichend
ist, schon die Gerbezeit zu verkürzen, wenn die Haut vorher von ihren Fetttheilen
befreit worden, die ja eben das Eindringen des Gerbstoffes erschweren. Das Resultat
meiner Erforschungen ist nun, dieß eben erlangt zu haben.
Es gibt ohne Zweifel eine Anzahl Reagentien, die das Tödten, resp. Beseitigen der
Fetttheile bewirken, da aber ihre auflösende Kraft ungewöhnlich stark auf das innere
Gewebe und die Bestandtheile der Haut, ja sogar zerstörend wirkt, so gibt die
dadurch getränkte Haut ein schwammiges, consistenzloses Leder von geringem Gewicht,
und ist überhaupt schlecht verwendbar.
Zwei metallische Salze allein haben befriedigende Resultate geliefert, indem sie
keine Zerstörung der inneren Gewebe der Haut hervorbrachten, im Gegentheil mit dem
Gewebe eine innige Verwandtschaft zeigten, da sie sich mit den darin enthaltenen
Fetttheilchen zu einer abgesonderten grieslichen Substanz verbinden, und sich so mit
dem Fette leicht aus der Haut entfernen lassen, in Folge von Manipulationen, deren
letztere vor und nach ihrer Enthaarung unterworfen wird.
Also besteht meine Erfindung darin, durch die Wirkung eines metallischen Salzes das
Fett der rohen Häute gleichsam zu tödten, resp. zu beseitigen, und dadurch schneller
zu gerben.
Die rohen Häute werden zu dem Ende in folgendes Bad gelegt:
auf 100 Pfd.
Ochsenhäute
20 Loth
Grünspan,
„
„ „
Kuhhäute
16 „
„
„
„ „
Kalbfelle
12 „
„
mit Wasser in hinreichender Menge, daß sie lose darin liegen. Die trockenen oder gesalzenen Häute
werden vor dem Bade gehörig weich gemacht.
Die Häute bleiben drei Tage in diesem Bade, und werden einmal tüchtig umgewendet.
Nach dieser Zeit werden sie ausgespült und unterliegen dann den gewöhnlichen
Manipulationen beim Gerben, welche für diese Häute nun mit dem Einbringen in den
Kalk beginnen, und auf die gewöhnliche Art enden. Die Leder, welche mit obigem
Mittel bearbeitet werden, sind von bester Qualität in jeder Beziehung und mit
gleicher Quantität Gerbestoff, jedoch in einem Viertel der Zeit gegerbt, als auf
gewöhnlichem Wege.
Statt Grünspan kann auch der Kupfervitriol in derselben Quantität angewendet
werden.