Titel: | Ueber die Fabrication des Pergamentpapieres; von Dr. Dullo in Königsberg i. Pr. |
Autor: | Dullo |
Fundstelle: | Band 158, Jahrgang 1860, Nr. CIII., S. 392 |
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CIII.
Ueber die Fabrication des Pergamentpapieres; von
Dr. Dullo in
Königsberg i. Pr.
Dullo, über die Fabrication des Pergamentpapieres.
Das von Warren de la Rue in London zuerst im größern
Maaßstabe dargestellte Pergamentpapier hat für manche Zwecke schon so ausgedehnte
Verwendung gefunden, daß es wohl hier am Platze ist, das Verfahren zur Darstellung
desselben bekannt zu machen, welches zwar sehr einfach ist, aber meines Wissens noch
nicht genau beschrieben wurde; denn wenn auch dieses Verfahren im Allgemeinen schon
oft Gegenstand von Abhandlungen gewesen istW. Hofmann im polytechn. Journal Bd. CLV S. 388; Reinsch in Bd. CLVI S. 156; Kletzinsky
in Bd. CLVI S. 385., so ist es doch nach diesen allgemeinen Angaben noch nicht sehr Vielen
gelungen, das Pergamentpapier in guter Qualität anzufertigen.
Die betreffende Fabrik in London wird mit großer Aengstlichkeit jedem Besucher
verschlossen gehalten, ebenso diejenige in Paris, obgleich das Fabrikat der
letzteren, wie es mir zu Gesicht gekommen ist, keinesweges von so guter
Beschaffenheit ist, daß ein Besucher der Fabrik sich dasselbe zum Muster nehmen
könnte.
Obgleich es mir aus dem eben angeführten Grunde unmöglich war, in London von der
betreffenden Fabrication etwas zu sehen, so genügte doch das, was ich darüber gehört
hatte, um die späteren selbstständigen Versuche erfolgreich zu machen.
Es ist bekannt, daß das Pergamentpapier erhalten wird, wenn man auf ungeleimtes
Papier Schwefelsäure wirken läßt, doch gelingt es nie, wenn die Schwefelsäure nicht
von einer bestimmten Stärke ist. Nimmt man die letztere zu stark, so zerstört sie
das Papier zu schnell, schon in einem Zeitraum von 2–3 Secunden; wendet man
sie hingegen zu verdünnt an, so findet die Verwandlung in Pergament nicht statt,
sondern das Papier wird durch das zu viel vorhandene Wasser in seinem Zusammenhang
so gelockert, daß es zerreißt, wenn man es der später nothwendig werdenden
Behandlung aussetzt. Ja wenn man mit dem Verdünnen der Schwefelsäure mit Wasser nur
ein klein wenig über die nothwendige Grenze hinausgeht, so bildet sich zwar
Pergament, aber dasselbe kraust sich schon in der Schwefelsäure, und noch mehr im
Wasser, welches man zum nachherigen Auswaschen des Pergaments benutzt, so zusammen,
daß es hierdurch ganz unbrauchbar wird.
Die beste Verdünnung ist die, wenn man auf 1 Pfund der im Handel vorkommenden
concentrirten Schwefelsäure 4 Loth Wasser anwendet, und nachdem diese Mischung
vollständig erkaltet ist, das ungeleimte Papier in der Weise hindurchzieht, daß es
gleichmäßig auf beiden Seiten von der Säure benetzt wird. Ein feuchtes Papier darf
man nicht anwenden, weil dasselbe sofort zerstört wird, vielmehr ist es am besten,
das Papier so trocken wie möglich anzuwenden.
Die Zeitdauer der Einwirkung der Säure auf das Papier wird durch die Beschaffenheit
des Papiers bedingt. Je dicker oder je fester letzteres ist, desto länger muß die
Säure einwirken. Bei den im Handel vorkommenden verschiedenen Sorten Fließpapier
habe ich gefunden, daß eine Zeitdauer von 5–20 Secunden als Minimum und
Maximum hinreichend ist, um die Verwandlung zu bewirken.
Wenn man mit einer bestimmten Papiersorte operirt, so kann man durch kurz dauernde
Einwirkung der Säure ein dickes, aber nicht so klares, durch längere Einwirkung ein
dünneres aber sehr klares Pergament erhalten.
Es ist behauptet worden, daß das Baumwolle enthaltende Papier die Umwandlung in
Pergament nicht gut oder gar nicht erfahre. Dieses ist nicht der Fall. Die
billigsten Löschpapiere, von denen wohl anzunehmen ist, daß sie viel Baumwolle
enthalten, ja sogar grobes Packpapier geben Pergament, doch darf man bei. diesem die
Säure nicht so lange einwirken lassen.
Nachdem die Säure lange genug eingewirkt hat, bringt man das Papier in kaltes Wasser,
dann in verdünnte Ammoniaklösung und schließlich wieder in Wasser, um alle Säure
auszuwaschen. Im ersten Waschwasser wird das Papier hart, wahrscheinlich nur
dadurch, daß die leimartige Masse, die bei kurzer Einwirkung der Säure auf das
Papier entsteht und welche gebildet wird, ehe die Faser sich in der Säure löst,
plötzlich dem weitern Einfluß derselben durch Wasser entrückt wird. Daß eine
chemische Veränderung der Papierfaser durch die Säure nicht entsteht, wie bei der
Behandlung der Baumwolle mit Salpetersäure, hat Professor Hofmann in London nachgewiesen.
Das Hauptaugenmerk, um ein gutes Pergamentpapier zu erhalten, muß darauf gerichtet
seyn, sich ein Papier von möglichst gleichmäßiger Dicke zu verschaffen, und mit
demselben, bei Anwendung von Schwefelsäure von der angegebenen Stärke, zu ermitteln,
wie viele Secunden die Einwirkung dauern muß, um einerseits die Umwandlung der
ganzen Papiermasse in Pergament zu bewirken, und andererseits nichts vom Papier
dadurch zu verlieren, daß die Säure schon lösend auf dasselbe einwirkt. Der letztere Fall ist
empfindlicher Verlust, weil dadurch an Masse verloren geht, und das Pergamentpapier
nach Gewicht verkauft wird. Bei einiger Aufmerksamkeit ist diese Probe sehr leicht
zu machen.
Beim freiwilligen Trocknen des Pergaments kraust es sich sehr, so daß es unansehnlich
aussieht. Um dieses zu verhindern, wird in der Fabrik von Warren de la Rue in London folgendermaßen verfahren:
Eine Dampfmaschine zieht das endlose Papier zuerst durch einen Bottich mit
Schwefelsäure, dann durch Wasser, hernach durch Ammoniakflüssigkeit und hierauf noch
einigemale durch Wasser, wornach es über Tuchwalzen läuft, um von einem Theil des
Wassers befreit zu werden, endlich über polirte, starke und sehr warm gehaltene
Walzen, durch welche es Pressung und besonders Glättung erfährt; hinter diesen
Walzen wird es endlich abgeschnitten.
Je nach den verschiedenen Papiersorten, die man dort verarbeitet, wird auch eine
verschieden lange Einwirkung der Säure nöthig, und um diese möglich zu machen, kann
der Säurebottich vom ersten Wasserbottich beliebig entfernt werden; das mit Säure
imprägnirte Papier muß also nach Bedürfniß einen längern oder kürzern Weg
zurücklegen, ehe die Einwirkung der Säure durch das Wasser aufgehoben wird.
Ebenso wie mit Schwefelsäure, kann man das Pergamentpapier auch mit Chlorzink
darstellen.Nach Th. Taylor's
Patent, polytechn. Journal Bd. CLV S.
397. Weil aber Chlorzink bei weitem nicht so energisch auf die Papierfaser
einwirkt wie Schwefelsäure, bedarf man einer höchst concentrirten Lösung von
demselben und muß dieselbe warm anwenden. Man hat hierbei nicht nöthig sehr
ängstlich die Secunden zu zählen, sondern hat Muße genug zu beobachten, wie sich die
Papierfaser verändert, wie sie zuerst leimartig und endlich vollständig gelöst wird,
und auch wie die leimartige Masse im Wasser erhärtet.