Titel: | Ueber die Verwendung des Sodarückstandes, insbesondere zur Herstellung von Mauern; von Dr. Varrentrapp. |
Fundstelle: | Band 158, Jahrgang 1860, Nr. CXIV., S. 420 |
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CXIV.
Ueber die Verwendung des Sodarückstandes,
insbesondere zur Herstellung von Mauern; von Dr. Varrentrapp.
Aus den Mittheilungen für den Gewerbeverein des Herzogthums
Braunschweig, 1860 S. 44.
Varrentrapp, über die Verwendung des Sodarückstandes, insbesondere
zur Herstellung von Mauern.
Auf den Sodafabriken ist der Rückstand von der Auslaugung der rohen Soda eine große
Last, nicht allein seiner Masse wegen, die freilich auch täglich 4 bis 6 große Fuder
zu betragen pflegt, sondern weil selbst, wenn genügender Haldenraum oder Löcher
vorhanden wären, man den Rückstand nicht anhäufen kann, ohne daß er sich erhitzt,
anfangs große Mengen von Schwefelwasserstoff entwickelt, dann sich entzündet und
viel schweflige Säure gebildet wird. Beide Gasentwickelungen können der benachbarten
Bevölkerung und Vegetation halber nicht geduldet werden.
An einigen Orten verwendet man den Rückstand zur Herstellung von Fußwegen. Da
derselbe in dünnerer Schicht sich zwar nicht erhitzt, aber doch zum großen Theil in
Gyps übergeht, so erhärtet er sehr fest und gibt einen so festen Grund wie
gewöhnlicher Gyps. Regen und Frost thun demselben keinen Schaden, aber großen Druck
erträgt derselbe nicht; mit Wagen darf er nie befahren werden, selbst beladene
Schiebekarren drücken Gleise, und verwandeln alsbald die ganze Masse in Staub, der
durch Regen zu Schlamm wird, welcher nicht wieder erhärtet. Wird der Weg nur zum
Gehen benutzt, so hält er sich völlig unverändert; man muß nur den Rückstand ganz
frisch anwenden, ausbreiten, etwas rammen oder festschlagen, und dem Weg eine kleine
Wölbung geben, damit in den unvermeidlichen Unebenheiten kein Wasser stehen bleibt.
Ein gut angefertigter Weg ist stets trocken, ganz frei von Schmutz. Um das Aussehen
zu verbessern, bestreut man denselben mit grobem gleichkörnigem Sand. So wenig nach
dem Gesagten der Sodarückstand geeignet ist zur Verbesserung der Oberfläche von
Fahrbahnen zu dienen, so vortrefflich eignet er sich, wie durch vieljährige
Erfahrung im nördlichen Frankreich feststeht, als Unterlage für den Schotter auf
Chausseen. Er wird, wie oben beschrieben, auf den geebneten Boden aufgestampft, mit
etwas Sand bedeckt und dann erst der Oberbau der Chausee wie gewöhnlich ausgeführt.
Es steht zu erwarten, daß der Sodarückstand ein vortreffliches Mittel zur Bedeckung
des Erdbodens zwischen den Schienen der Eisenbahnen, wenn auch nicht auf den
Bahnhöfen, wo häufig Pferde darauf gehen, doch auf der eigentlichen Bahn bilden
würde, da ein solcher Weg nie mit Staub sich bedeckt, im Sommer daher das lästige
Stäuben des feinen Sandes nicht eintreten könnte.
Voriges Jahr ist der Versuch gemacht worden, ein Grundstück mit einer 10 Fuß hohen, 2
Fuß dicken Mauer aus Sodarückstand zu umgeben, auch wurden mehrere Schuppen auf
gleiche Weise daraus hergestellt; auf einen derselben ist eine zweite Etage aus
Fachwerk darauf gesetzt. Die Mauer ist oben abgeschrägt und direct mit Ziegeln
belegt. Das Wetter im vorigen Winter hat nicht den geringsten Schaden der mehrere
hundert Fuß langen Mauer zugefügt. Das Fundament der Mauer hat man gebildet, indem
man den Erdboden 2 Fuß tief aushob und den Graben mit Sodaschlamm ausstampfte; den
Bau über der Erde aber, indem der Raum zwischen 2 starken, 10 Fuß langen Bretern,
welche durch vier eiserne Bolzen in 2 Fuß Entfernung von einander festgehalten
werden, mit Sodaschlamm ausgefüllt wurde. Man trägt eine 2 bis 3 Zoll hohe Schicht
auf einmal ein, stampft diese mit einer leichten Ramme etwas fest und fährt damit
fort, bis der Raum gefüllt ist. Dann werden die Bolzen sofort ausgezogen, die Breter
weggenommen und unmittelbar daneben wieder zusammengefügt aufgestellt. In kurzer
Zeit ist die Masse so hart, daß man darauf gehen kann; in 14 Tagen ist sie völlig
erhärtet und fest. Man wird aus der Masse Steine formen und mit diesen Gebäude
aufzuführen im Stande seyn, dadurch auch die Möglichkeit gewinnen, den im Winter
fallenden Rückstand zu verwerthen, wenn man während des Frostes das Formen in einem
geschlossenen Schuppen vornimmt.
Mit gutem Grunde wird für landwirthschaftliche Zwecke namentlich immer wieder und
wieder der Kalksandpisébau empfohlen und sind jetzt viele bestätigende
Beispiele dieser Bauart an verschiedenen Orten, z.B. in Weißenau bei Nürnberg seit
1846 zu sehen.Man sehe polytechn. Journal Bd. CXXIV S.
236, Bd. CXLI S. 314, B. CL S. 431 und Bd. CLIII S. 100. Diese Bauart ist fast aller Orten anwendbar, da guter Sand und Kalk so sehr
verbreitet sind. Der Bau mit Sodarückstand kann nur in der Nähe von Sodafabriken
Platz greifen, er ist aber fester als alle bislang vorgeschlagenen Pisébauten
und, wenn der Transport nicht die Ausführung zu sehr vertheuert, der allerbilligste,
da das Material keinerlei Vorbereitung, sondern nur ein leichtes Feststampfen
erfordert, in der Regel selbst ohne Wasserzusatz.