Titel: | Ueber die Lenoir'sche Gasmaschine, deren Verbesserungen, industrielle Anwendung und Theorie; von F. Moigno. |
Fundstelle: | Band 159, Jahrgang 1861, Nr. I., S. 1 |
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I.
Ueber die Lenoir'sche
Gasmaschine, deren Verbesserungen, industrielle Anwendung und Theorie; von F. Moigno.
Aus dem Cosmos, November 1860, t. XVII p.
610.
Ueber die Lenoir'sche Gasmaschine, deren Verbesserungen und
Theorie.
Die Construction der Gasmaschine, so weit dieselbe zu kleineren Kraftentwickelungen
dienen soll, ist nun als definitiv gefunden zu betrachten. In den
Maschinenwerkstätten des Hrn. Hyppolite Marinoni können
täglich mehrere Gasmaschinen von einer und zwei Pferdekräften in Arbeit gesehen
werden, welche durchaus nichts mehr zu wünschen übrig lassen und zur unmittelbaren
Anwendung in der Industrie vollkommen tauglich sind. Die schöne Erfindung Lenoir's bedurfte, wie zu erwarten stand, zu ihrer
Nutzbarmachung einer langen Reihe von Versuchen. Diese sind von Hrn. Marinoni mit Eifer und Ausdauer ausgeführt worden. Er hat
den ersten Cylinder seiner 6–8pferdigen Maschine viermal geändert, in der
Lage, Form und Größe der Gasmündungen die verschiedensten Modificationen angebracht
und ebenso die übrigen Theile der Maschine, wie den Austritt für die
Verbrennungsproducte, die Abkühlungsvorrichtung u.s.w. vielfach verbessert. Diese
Versuche, welche viel Zeit, Mühe und Kosten in Anspruch nahmen, sind von dem
ausgezeichnetsten und lohnendsten Erfolge gekrönt worden. Die wichtigsten
Aenderungen, welche die ursprüngliche Lenoir'sche
MaschineMan s. deren Beschreibung nebst Zeichnung im polytechn. Journal Bd. CLVII. S. 323. jetzt zum praktischen Gebrauche befähigt haben, sind folgende:
Das Gas tritt nicht mehr an einer Seite allein, sondern an beiden Enden des Cylinders
durch Schieber mit röhrenförmigen Oeffnungen ein; die Zuführung des Gases geschieht
durch ein verhältnißmäßig weites Rohr, um das Saugen während des Kolbenganges
unwirksam zu machen; die gleichfalls röhrenförmigen Oeffnungen für den Eintritt der
Luft befinden sich an der
Seite des Schiebers; die Elektricitätsleitung ist ebenfalls doppelt, das Gasgemisch
wird zu beiden Seiten des Cylinders entzündet, was ohne Detonation geschieht. Die
Abkühlung erfordert nicht mehr einen continuirlichen Wasserstrahl, sondern geschieht
durch die Circulation des Wassers in einem neben der Maschine aufgestellten Gefäße,
in welches es, vermöge der beim Umspielen des Cylinders erlangten Wärme, durch ein
einfaches Kautschukrohr immer wieder von oben eintritt. Für eine Maschine von vier
Pferdekräften reichen schon 50 Liter Wasser vollkommen aus, so daß der Cylinder
niemals heißer als kochendes Wasser wird, mithin die Strahlung nach Außen nicht
lästig fallen kann. Das kostenlos gelieferte, auf 40 bis 60° C. erhitzte
Wasser kann zu mancherlei Zwecken Verwendung finden.
Der Brenner, d.h. der Apparat für das Ueberspringen des elektrischen Funkens besteht
jetzt aus einem eisernen Röhrchen, welches mit einer isolirenden Schicht von
gebranntem Thone gefüttert ist, in welcher sich zwei Kupferdrähte eingeschlossen
befinden. Diese standen anfangs über einen Centimeter weit vor. Allein es bildete
sich bald an der Basis der Drähte ein Absatz von feuchtem Kohlenstoff, der in Folge
seiner Leitung die Entladung ohne Funken, und mithin den Stillstand der Maschine
bewirkte. Jetzt aber sind die Enden des Drahtes mit der Oberfläche der isolirenden
Schicht in einer Ebene, wodurch der Kohlenabsatz zumeist durch den Funken selbst
verflüchtigt, jedenfalls aber unschädlich gemacht wird. Dieser neue Brenner arbeitet
mit bewundernswerther Regelmäßigkeit und bedarf selbst nach mehrtägiger Anwendung
keiner Reinigung.
Zwei mittelgroße Bunsen'sche Elemente reichen zur
Bedienung der Inductionsrolle vollkommen hin; allein sie haben den Uebelstand der
kurzen Dauer und der Entwickelung von sauren Dämpfen; die erforderliche tägliche
Reinigung ist sehr lästig, und die Ersetzung durch eine andere Batterie, die
mindestens einen Monat ununterbrochen arbeitet, sehr wünschenswerth. Diese Batterie
müßte aber so stark seyn, daß höchstens 4 Elemente ausreichen. Es wird ohne Zweifel
gelingen, eine derartige Elektricitätsquelle zu finden und es ist vielleicht schon
ein großer Schritt durch Callaud's
Kupfervitriol-Batterie geschehen.
Hr. Lenoir und viele Andere wollten die Elektricität durch
einen kleinen magneto-elektrischen Rotationsapparat erzeugen; allein die
Kraft, welche man hierzu der Maschine entlehnen müßte, würde für kleine Motoren von
einer oder zwei Pferdekräften einen zu großen Bruchtheil der Gesammtwirkung
ausmachen und dieses Mittel nur für größere Maschinen von vier und mehr
Pferdekräften brauchbar seyn. Dasselbe gilt für die Erregung von gewöhnlicher ElektricitätElekricität mittelst der Halske und Siemens'schen Räder oder Scheiben aus vulcanisirtem Kautschuk. Die Aufgabe, auf möglichst
einfachem, sicherem und wohlfeilem Wege in regelmäßigen, rasch auf einander
folgenden Unterbrechungen elektrische Funken innerhalb eines Cylinders überspringen
zu lassen, wird hoffentlich bald so gelöst werden, daß die Uebelstände, welche die
jetzige Einrichtung für manche Anwendungen noch bietet, gänzlich dadurch beseitigt
sind.
Die Quelle der Kraft liefert das Leuchtgas. Dasselbe, zum Preise von 30 Centimes per Kubikmeter, ist noch kostspielig und auf dem Lande,
wo die Lenoir'sche Maschine als Locomobile wichtige
Dienste leisten soll, gar nicht zu haben. Es muß also das Gas auf billige und
überall leicht ausführbare Weise erzeugt werden können. Die für Hrn. Leslie patentirte Methode erfüllt diese Bedingungen,
indem sie fast augenblicklich Leuchtgas durch Destillation der gereinigten schweren
Steinkohlentheeröle liefert. Es müßte nur noch ein flüssiger Kohlenwasserstoff
gefunden werden, welcher bei der Temperatur des um den Cylinder der Gasmaschine
circulirenden Wassers reichlich Dampf entwickelt. In dieser Absicht hat Hr. Lenoir schon mit Erfolg bei stehenden und transportablen
Maschinen das Amylen oder den Amylalkohol versucht; diese Substanz ist aber
verhältnißmäßig theuer und selten, und es wäre demnach zunächst der flüssige
Wasserstoff von J. Guyot, dann die leichten
Steinkohlentheeröle, die Naphtha, die Erdöle u.s.w. einer Probe zu unterwerfen. Es
ist nicht zu bezweifeln, daß wenn durch allgemeine Verbreitung der Gasmaschinen das
Bedürfniß gebieterischer wird, auch die Lösung dieses schönen Problems gelingen
muß.
Die schon früher Hrn. Lenoir mitgetheilte Idee, bei jedem
Kolbengang etwas Wasser in den Cylinder einzuspritzen, hat Hr. Marinoni ebenfalls gehabt und zum großen Nutzen der Maschine ausgeführt.
Das eingespritzte Wasser verdampft, vermehrt und verlängert die Spannung, dient
daneben als jede Reibung verhinderndes Schmiermittel, und bewirkt endlich eine
theilweise Abkühlung des Cylinders. Für die größeren Maschinen ist die doppelte
Anwendung von Wasser, außerhalb und innerhalb des Cylinders, als vortheilhafte, fast
unumgängliche Verbesserung definitiv angenommen worden.
Was den Gasverbrauch betrifft, so hat Hr. Marinoni nach
den sorgfältigsten Versuchen ermittelt, daß der Verbrauch nicht einen Kubikmeter pro Stunde und Pferdekraft zu übersteigen braucht; für
die von ihm gelieferten Maschinen garantirt er dieses Verhälniß als Maximum.
Bei dem oben erwähnten Preise von 30 Centimes per
Kubikmeter macht dieß also
30 CentimesD.h. 2,4 Sgr. in der Stunde für jede Pferdekraft. Gewöhnliche Dampfmaschinen erfordern
mindestens 5 Kilogramme Steinkohlen in der Stunde, welche etwa 20 Centimes kosten.
Rechnet man also alle sonstigen Ausgaben hinzu, so stellt sich selbst bei dem
jetzigen Preise des Gases eine Ersparniß für die Lenoir'sche Maschine heraus, da dieselbe keines Heizers bedarf, immer bereit
zum unmittelbaren Gebrauch ist, jeden Augenblick außer Thätigkeit gesetzt werden
kann, keines Schornsteins bedarf, keinen Rauch gibt, keiner Explosion ausgesetzt ist
u.s.w.
Neben seinem Motor von vier Pferdekräften hatte Hr. Marinoni einen anderen von acht Pferdekräften aufgestellt, der anfangs
nicht alles verbrauchte Gas nutzbar verwendete und nicht die verhältnißmäßige
Wirkung zeigte. Allein nachdem jetzt die vollkommene Thätigkeit der kleinen Maschine
die Anleitung gegeben, nachdem der Röhrenschieber gefunden und angebracht worden,
sind alle Schwierigkeiten auch für die größere Maschine, die jetzt vorzüglich
arbeitet, beseitigt; dieselbe bewegt jetzt alle Werkzeugmaschinen in jener großen
Fabrik für mechanische Pressen, und es können jetzt sogar Gasmaschinen von 20
Pferdekräften geliefert werden, die ebenso gleichmäßig und ökonomisch arbeiten.
Uebrigens würde auch schon die Herstellung von Gasmaschinen zu einer und drei
Pferdekräften eine ungeheure Umwälzung in der Industrie hervorgerufen haben; denn
man kann solche Motoren in allen Theilen eines Gebäudes oder einer Werkstatt
aufstellen, sie an jeder Maschine, an jedem Werkstuhl anbringen, ja man kann sie in
jedem Eisenbahnwagen zum Treiben sämmtlicher Räder anwenden, wodurch endlich die
immer schwerer werdenden Locomotiven beseitigt würden.
Die erste Gasmaschine für praktische Anwendung wurde am 29. Sept. 1860 dem Hrn. Barvajel, Fabrikant von leonischen Goldborten, Schnüren
und dergl. Posamentierwaaren, geliefert. Dieser einpferdige Motor ersetzt zwei
Männer, welche zehn Stunden lang zwei große Räder vollkommen gleichmäßig zu drehen
hatten, die eine Reihe von Stühlen in Thätigkeit setzten. Diese beiden Arbeiter
kosteten 6 Franken, die Maschine nur 3 Franken und verrichtete ihre Arbeit um so
viel gleichmäßiger, daß das Product 25 Proc. oder ein Viertel mehr beträgt. Hr. Barvajel schätzt den erzielten Vortheil auf 180 Franken
monatlich; außerdem würde er, ohne beträchtliche Mehrkosten für die bewegende Kraft,
die Zahl seiner Stühle verdoppeln können.
Die zweite in Paris angewandte Maschine arbeitet bei Hrn. Cummin, wo sie die sämmtlichen Drehbänke und Kreissägen für die
Bearbeitung des Elfenbeins in Bewegung setzt.
Nach dieser vollständigen Lösung des großen Problems war es an der Zeit, die Theorie
des neuen Motors aufzustellen und die theoretischen Resultate mit den praktischen zu
vergleichen. Diese Berechnung hat Hr. Hirn aus Logelbach
ausgeführt, dessen theoretische und experimentelle Untersuchungen über das
mechanische Aequivalent der Wärme von der Gesellschaft für die physikalischen
Wissenschaften in Berlin mit dem Preise gekrönt wurden.
Hr. Hirn sandte uns am 17. October seine Arbeit mit
folgenden Worten zu: „Die Entwickelung einer auf die Grundsätze der
mechanischen Wärmetheorie basirten Theorie der Lenoir'schen Maschine, in elementarer und durch Zahlen belegter Weise,
schien mir eine für Ihre Leser willkommene Arbeit; ich habe dabei nach
möglichster Kürze und Klarheit gestrebt. Meine Arbeit gibt ganz bestimmt ein der
Wahrheit sehr nahe liegendes Resultat, so daß Hr. Lenoir dadurch befriedigt und das Publicum um einige wichtige Ideen
bereichert seyn wird.“
Mathematische Beweise sind an sich kalt und unerbittlich; die Theorie einer Maschine
kann also keine überschwängliche Lobeserhebung derselben seyn; dennoch ist die
Berechnung des Hrn. Hirn dem Werke unseres Freundes im
höchsten Grade günstig; derselbe beweist nämlich: 1) daß die Lenoir'sche Maschine keineswegs den Explosionen und den Unregelmäßigkeiten
in ihrem Gange ausgesetzt ist, von denen so viel die Rede war, indem der Druck im
Cylinder selbst bei 10 Proc. Gas und 90 Proc. Luft nicht über 6 Atmosphären steigt;
2) daß die Gasmaschine mit dem Maximum von 10 Proc. und selbst mit der gewöhnlichen
Mischung von 7 1/2 Proc. Gas als calorischer Motor die beste Dampfmaschine
übertrifft; 3) daß der Gasverbrauch pro Stunde und
Pferdekraft nur etwa einen Kubikmeter betragen könne, wie dieß auch wirklich für die
in Thätigkeit befindlichen Maschinen gilt.
Unsere Leser werden es uns Dank wissen, wenn wir die anerkennenswerthe Arbeit des
Hrn. Hirn vollständig mittheilen.
Annähernde Theorie der
Gasmaschine.
Da den Lesern dieser Zeitschrift das Thätigkeitsprincip und die Construction der
Gasmaschine hinlänglich bekannt sind, so brauche ich derselben nur mit wenig Worten
zu gedenken, um dann unmittelbar zur numerischen Berechnung der zu erzielenden
Wirkungen überzugehen. Denken wir uns zunächst eine gewöhnliche Dampfmaschine ohne
Condensation aber mit
Expansion, d.h. also eine Maschine, welche den gebrauchten Dampf in die freie Luft
entweichen läßt, die aber mit einer Einrichtung versehen ist, welche im bestimmten
Moment den Eintritt des Dampfes absperrt und so dessen Zufluß während eines gewissen
Bruchtheils des Kolbenlaufes unmöglich macht. Den Dampfkessel dieser Maschine wollen
wir uns nun durch einen Gasometer ersetzt denken, der mit einem Gemisch von Luft und
brennbarem Gas von dem Druck und der Temperatur der umgebenden Luft gefüllt ist.
Unter diesen Umständen ist kein Grund für die Bewegung des Kolbens vorhanden, da die
hierzu erforderliche Druckdifferenz zu beiden Seiten desselben nicht stattfindet. Es
werde nun durch irgend eine Kraft das Schwungrad bewegt; der Kolben wird seine Lage
verändern, z.B. nach dem oberen Theile des Cylinders steigen; die dort befindliche
Luft muß entweichen und der untere Theil sich mit dem entzündlichen Gasgemisch aus
dem Gasometer füllen. Wenn wir nun im Augenblick wo der Expansionsmechanismus die
Verbindung mit dem Gasometer absperrte, das Schwungrad still stehen und einen
elektrischen Funken im unteren Theile des Cylinders überspringen lassen, so wird das
Gas durch die erfolgte Verbrennung und die damit verbundene Wärmeentwickelung sich
auszudehnen suchen und einen höhern Druck als vorher annehmen. Es wird mithin den
Kolben nach Oben bewegen, bis die Spannung auf die ursprüngliche Höhe zurückgekehrt
ist. Hierdurch wird aber das Schwungrad bewegt, es sammelt
sich darin Kraft an und der Kolben wird ohne äußere Veranlassung wieder
nach Unten bewegt. Alsdann tritt das entzündliche Gemisch wieder in den obern Theil
des Cylinders, während unten die Verbrennungsproducte entweichen. Wenn dann, nachdem
die Expansionsvorrichtung den Gaszutritt wieder abgesperrt hat, abermals ein
elektrischer Funken durchschlagen gelassen wird (und so immer fort), so wird das
Schwungrad eine immer wachsende Geschwindigkeit annehmen, es sey denn daß ein
äußerer constanter Widerstand hinreiche, die fortwährend verfügbare überflüssige
Arbeit zu absorbiren.
In dieser Form stellt die Maschine einen wirklichen Wärmemotor dar, bei welchem die
Quelle der bewegenden Kraft, die Wärme, anstatt ihren Sitz außerhalb der Maschine zu
haben, so zu sagen für jeden Kolbenhub ins Innere des Cylinders durch diejenige
Substanz verlegt wird, auf welche die Wärme als ausdehnende Kraft wirkt. Allein
diese hier so kurz beschriebene Maschine hat in Folge der zahlreichen zu
überwältigenden Hindernisse viel Arbeit, Mühe und Nachdenken erfordert. So z.B. habe
ich ein entzündliches Gemisch angenommen: dieß würde eine fortdauernde Gefahr der
Explosion veranlassen, welche durch getrennte Einführung, bei jedem Kolbenhub, von
verbrennlichem Gas und Luft in den Cylinder, vermieden werden mußte.
Wir wollen nun versuchen, den erforderlichen Gasverbrauch für eine bestimmte
Arbeitswirkung, den Wärme-Nutzeffect u.s.w. zu ermitteln. Es würde nicht
schwer halten, einige algebraische Gleichungen aufzustellen, welche die Antwort auf
alle in Bezug auf den neuen Motor zu stellenden Fragen enthalten würden. Da aber
diese Gleichungen sehr verwickelt und doch nur als annähernde Auflösung zu
betrachten sind, scheint es mir zweckmäßiger dieselben sofort in eine Reihe von
Aufgaben in Zahlen zu zerlegen, welche ein viel genaueres Bild der Wirkung der
Maschine geben werden.
Folgende Punkte werde ich als gegeben annehmen:
1) Das entzündliche Gas sey Wasserstoff, weil derselbe durch seine Verbrennung die
meiste Wärme entwickelt; auch stellen sich die Erzeugungskosten für Wasserstoff am
niedrigsten.
2) Die Cylinderwandungen seyen für die Wärme undurchdringlich und das Gas könne
folglich nach Außen keinen Theil der entwickelten Wärme verlieren.
3) Das Gasgemisch im Cylinder habe vor der Entzündung 0° und 1 Atmosphäre
Druck, wie im Gasometer.
4) Das Gas nehme nach der Verbrennung wieder die ursprüngliche Spannung von 1
Atmosphäre an.
5) Das Gas werde aus dem Cylinder gleichfalls mit einer Atmosphäre Druck
ausgetrieben.
Es ist zwar klar, daß keine der letzten vier Voraussetzungen beim Versuche erfüllt
werden kann; da man aber unmöglich wissen kann, wie viel man in jedem einzelnen
Falle davon abweicht, und diese Abweichungen sehr wechselnd sind und die
complicirtesten Rechnungen verursachen würden, so nimmt man sie am besten als Null
an und discutirt erst später ihren allerdings sehr beträchtlichen Einfluß.
Suchen wir jetzt zunächst die durch Entzündung des Wasserstoffs hervorgebrachte
Temperaturerhöhung. Es seyen U und u die Volume Luft und Wasserstoff (nach obiger Hypothese
bei 0° und 0,76 Met. Druck), welche in den Cylinder eingetreten sind. Das
Gewicht dieser Volume ist dann 1,2932 . U und 0,0898 .
u Kilogr. Nach den Versuchen von Favre und Silbermann
entwickelt die Verbrennung von 1 Kil. Wasserstoff in reinem Sauerstoff 34463
Calorien Wärme-Einheiten); nach meinen bei einer andern Gelegenheit
angestellten Ermittelungen bleibt diese Zahl auch für die Verbrennung in der
atmosphärischen Luft unverändert.
In unserm Cylinder werden also u . 0,0898 . 34463
Calorien entwickelt. Bei der Explosion ist das Gas in einem nur allmählich
wachsenden Raume eingeschlossen; um die Temperatur im ersten Moment zu finden, muß
man also das gemeinschaftliche Gewicht der Gase mit ihrer mittleren Wärmecapacität
bei constantem Volum, nach der Verbrennung, multipliciren
und obige Größe (u . 0,0898 . 34463) durch das Product
dividiren. Man gelangt so zu der allgemeinen Gleichung:
Textabbildung Bd. 159, S. 8
oder einfacher:
Textabbildung Bd. 159, S. 8
Eigentlich kann die Zahl 34463 nicht unmittelbar
angewandt werden. In allen calorimetrischen Experimenten über die
Verbrennung des Wasserstoffs ist nämlich nicht allein die durch den
chemischen Proceß entwickelte Wärme, sondern auch diejenige gemessen worden,
welche durch die Condensation des Wasserdampfes im Calorimeter frei wird. Da
nun 1 Kil. Wasserstoff 9 Kil. Wasser bildet und der Dampf bei 1 Atmosphäre
Druck condensirt wird, so hat man
9 (606,5 + 0,305
. 100°) oder 5733 Calorien von obigen 34463
abzuziehen, wenn, wie bei der Gasmaschine, das Wasser
in Dampfgestalt verbleibt.
wenn nämlich U + u = W und dann u/W = r gesetzt und Alles reducirt worden ist.
Die Capacität der Luft für constanten Druck ist 0,2377 und die des Wasserdampfs, nach
Regnault, ungefähr 0,4705.
Das nach der Verbrennung im Cylinder befindliche Gas ist ein Gemisch von Wasserdampf
und Luft, die eines Theiles ihres Sauerstoffs beraubt ist. Die Wärmecapacität dieses
Gemisches ist leicht für jeden Fall zu bestimmen. Um (u
. 0,0898) Kilogr. Wasserstoff zu verbrennen, sind (u .
0,0898) 100/12,5 Kil. Sauerstoff erforderlich, wodurch u
. 0,0898 112,5/12,5 Kil. Wasserdampf erzeugt werden. Die Capacität der eines
geringen Sauerstoffantheils beraubten Luft bleibt ungefähr 0,2377, woraus für die
Capacität der Mischung folgt:
Textabbildung Bd. 159, S. 8
Setzt man in diesem Ausdruck wieder U + u = W, u/W = r und
reducirt man, so folgt
Textabbildung Bd. 159, S. 9
Setzt man nun nacheinander
r = 0,025
0,05
0,075
0,1,
so wird C dem entsprechend
C =
0,24142 0,24533 0,24943 0,25374.
Die ersten Grundsätze der mechanischen Theorie der Wärme zeigen, daß wenn C die Capacität für constanten
Druck ist, die Capacität für constantes Volum
nothwendig geringer seyn muß, und man erhält
C' = C
– αP/ΣΔ,
worin α der
Ausdehnungscoefficient (als constant angenommen), P der
Druck für jeden Quadratmeter bei der Dichtigkeit Δ, und Σ das mechanische
Aequivalent einer Calorie ausdrückt. Es wird also
Textabbildung Bd. 159, S. 9
Berechnet man für Δ die für r unterstellten Werthe und hieraus den Werth für C', so erhält man
C' =
0,1774 0,1797 0,1822 0,1848.
Diese Werthe geben, wenn sie mit den entsprechenden von r
in der obigen Gleichung (1) eingesetzt werden:
t = 345°
698°
1059°
1427°.
Welchen Druck wird nun diese Temperaturerhöhung hervorbringen? Der
Ausdehnungscoefficient muß hier sehr nahe derjenige der Luft seyn, nämlich 0,003665;
2 Vol. Wasserstoff verbinden sich mit 1 Vol. Sauerstoff und ziehen sich dann auf 2
Vol. zusammen; das Vol. der Gase, welches vor der Verbrennung U + u war, ist nach derselben, bei 0°
und 1at. nur noch U + 1/2 u. Der Druck des Gases, welcher 0,76
Met. = 1at. ist, wächst also auf
p = 1at. (1 – 1/2 r) (1 + 0,003665 t)
(2).
Setzt man in dieser Formel nach einander die oben für t
gefundenen Werthe ein, so erhält man
p =
2at., 236 für 2 1/2
Proc.3at.,
469 „
5 „4at.,
698 „ 7
1/2 „5at., 918 „
10 „
Man ersieht hieraus, daß die Lenoir'sche Maschine weit
entfernt ist, die von vielen Personen bei dem Namen Knallgas gefürchtete Gefahr der
Cylinderexplosion oder doch der Ungleichheit im Gange darzubieten. In einer
gewöhnlichen Dampfmaschine ist der Kolben ebenso plötzlich einem Druck von 4, 5, 6
und sogar 8at. ausgesetzt, während hier das
Maximum 5at.,918 beträgt.
Nach diesen einfachen Daten können wir leicht die Arbeit berechnen, welche z.B. ein
Kubikmeter Gas von dem gegebenen Verhältniß (U + u) liefern muß. Nach der Laplace'schen, wie nach der neueren Theorie, ist das Gesetz für die
Ausdehnung eines Gases, welches keine Wärme von Außen erhält und keine verliert:
p = P
(V/v)γ,
worin V das ursprüngliche Volum
bei dem Druck P, und v das
Endvolum bei dem Druck p ist. Die beiden Theorien
weichen nur in Betreff des Ursprungs und nicht des absoluten Werthes des Exponenten
γ untereinander ab. Bezeichnet man mit dv
eine unendlich kleine Zunahme von v, so ist die Arbeit,
welche die Ausdehnung des Gases von V auf v oder von P auf p leistet:
Textabbildung Bd. 159, S. 10
Es gibt indeß ein viel einfacheres Mittel diese Arbeit zu ermitteln. Wenn ein Gas
sich ohne äußere Ab- oder Zunahme von Wärme ausdehnt, so erniedrigt sich
seine Temperatur in dem Maaße als sein Volum wächst. Bezeichnet man mit t die Temperatur eines Gases beim Druck p, so ist die Temperatur t',
wenn der Druck auf P fällt:
Textabbildung Bd. 159, S. 10
Dieß gilt für die Laplace'sche wie für die neuere Theorie.
Der Unterschied zwischen beiden beschränkt sich bisher auf die Bildung der
Exponential-Zahl (1–1/γ); aber hier
ist er radical. Es wird nämlich in der Laplace'schen
Theorie die Temperaturabnahme von einer Veränderung in der Wärmecapacität der Gase
bei constantem Druck oder constantem Volum abgeleitet. Die Erfahrung hat seither
aber bewiesen, daß diese Capacität nicht merklich in den Grenzen wechselt, in
welchen wir sie untersuchen können. Die Ursache der Temperaturveränderung mußte also
anderwärts gesucht
werden. Ein gasförmiger oder anderer Körper, der sein Volum vergrößert, bringt
nothwendigerweise eine innere oder äußere Arbeit zuwege; dieselbe kann gesammelt
werden oder nicht, abstrahiren davon darf man nicht. Bei der Lenoir'schen Gasmaschine ist es ausschließlich die Ausdehnung eines Gases,
welche eine äußere Arbeit hervorbringt; aber worauf beruht diese Ausdehnung?
In dem speciellen Falle haben wir anfangs zu beiden Seiten des Kolbens ein Gas von
0°, welches auf den Quadratmeter einen Druck von 10333 Kil. ausübt. Die durch
die Verbrennung entwickelte Wärme vermehrt plötzlich den Druck auf der einen Seite,
worauf die Bewegung des Stempels, und damit die Arbeit beginnt. Die Wärme ist hier
sichtbar die erste Ursache der Bewegung und der Arbeit. Wenn nun nicht während der
Ausdehnung dem Gase Wärme zugeführt wird, so muß eine Temperaturerniedrigung die
unmittelbare Folge des hervorgebrachten dynamischen Effectes seyn; es muß hier sogar
die Erniedrigung diesem Effecte genau proportionalporportional seyn. Dieser Satz, welcher eine der Hauptstützen der mechanischen Theorie
der Wärme bildet, beruht offenbar auf keiner besondern Hypothese über die Natur der
Wärme, sondern allein auf unserer inneren Erkenntniß über das Verhältniß zwischen
Ursache und Wirkung. Es ist nun leicht, aus dieser Voraussetzung folgendes
abzuleiten:
1) Der Exponent (1–1/γ) hat den Werth αP : (ΣC'Δ + αP), wo α der (constant angenommene)
Ausdehnungscoefficient, P der Druck auf die
Oberflächeneinheit, Δ die Dichtigkeit bei
0° und bei P für das in Rede stehende Gas, und
Σ das mechanische Aequivalent der Wärme
vorstellt. Für unseren speciellen Fall haben wir also sehr annähernd
Textabbildung Bd. 159, S. 11
Setzt man hierin für ΔC' seinen Mittelwerth, wie
er aus den für r angenommenen Zahlen folgt, so erhält
man:
t' = (273 + t) (P/p)0,2836 –
273
(3).
2) Um die durch die Ausdehnung hervorgebrachte Arbeit zu finden, ist es hinreichend,
den wirklichen von dem Gase erlittenen Wärmeverlust durch Σ = 425k.m. (annähernd) zu multipliciren. Es ist
leicht, diesen Verlust zu schätzen. Setzt man nämlich in der Gleichung (3) unsere
entsprechenden Werthe:
t
=
345
698
1059
1427
p
=
2,236
3,469
4,698
5,918
ein, so wird:
t'
= 219 409 586 753.
Dieß ist annähernd die Endtemperatur des Gases, wenn es sich nach seiner Entzündung
so ausdehnt, daß es von der augenblicklich hervorgebrachten Spannung auf die
ursprüngliche von 1at. zurückgeht.
Als Differenzen dieser Anfangs- und Endtemperaturen ergeben sich:
126 289 473 674
als der entsprechende Verlust (in Graden des hunderttheiligen
Thermometers) während der Expansion.
Ist das Gewicht des Gases W (1,2932 – 1,20342 r) und seine Wärmecapacität für constantes Volum C', so stellt das Product
WC' (1,2932 – 1,20342 r)
das Gewicht des durch das Gas repräsentirten Wassers dar.
Multiplicirt man dieses Gewicht durch obige Temperaturdifferenzen, so folgt daraus
der wirkliche Verlust an Wärme, ausgedrückt in Calorien und übertragen in Arbeit.
Setzt man nun, zu größerer Deutlichkeit, U + u = W = 1m3, d.h. nimmt man an,
daß bei jedem Kolbenhub ein Kubikmeter entzündliches Gemisch in den Cylinder tritt,
und daß das Verhältniß für den Wasserstoff nach einander
r =
0,025 0,05 0,075 0,1
ist, so wird
U = 0m3,975 0m3,95 0m3,925 0m39
u = 0m3,025 0m3,05 0m3,075 0m3,1
und das Gewicht des dem Gase nach der Verbrennung
entsprechenden Wassers ist folglich:
0k.,22402 0k.,22161 0k.,2191 0k.,2167.
Durch Multiplication durch jene Temperaturdifferenzen folgt für den Wärmeverlust
während der Expansion, ausgedrückt in Calorien:
28,23 64,05 101,4 146,1.
Endlich ergibt sich die gelieferte Arbeit durch Multiplication dieser Zahlen mit Σ = 425k.m zu
11998k.m 27221k.m. 43095k.m. 62050k.m.
Dieß ist indeß noch nicht die wirklich verfügbare Arbeit. Während der Cylinder mit
dem Gasometer in Verbindung steht, während also z.B. der Kolben in die Höhe geht,
tritt 1 Kubikmeter Gas von 1 Atmosphäre Druck ein; der Kolben wird also einen Meter
hoch mit einem Druck von 10333 Kil. in die Höhe gepreßt und gibt somit diese Arbeit,
welche der vorhergehenden Zahl zugezählt werden muß. Andererseits erleidet der Kolben
während seines ganzen Laufes einen Druck auf der entgegengesetzten Fläche von (10333
S) Kil., und er verrichtet also wirklich eine Arbeit
von (10333 LS)k.m = 10333 V', welche für uns verloren geht,
und von den bisher erhaltenen Größen abgezogen werden muß. Es ist leicht den Werth
von LS = V' zu finden.
Am Ende der Expansion ist nämlich der Druck wieder 1 Atmosphäre geworden; allein die
Temperatur ist
219° 409° 586° 746°
Der Kubikmeter eingeführten Gases wird daher
V' = 1m3 (1 + αt') = 1m3,803; 2m3,5; 3m3,148; 3m3,75.
Multiplicirt man diese Zahlen mit 10333, so ergibt dieß den
Antheil der Arbeit, welcher verbraucht wird, um die Luft aus dem Cylinder zu
treiben.
Es bleibt also schließlich als verfügbare Kraft
3700km 11721km
20899km
33633km
Dieses ist also, abgesehen von den gleich näher zu betrachtenden Verlusten, die
Arbeit, welche eine Lenoir'sche Maschine in der
Zeiteinheit liefert, wenn sie
0m3,025 0m3,05 0m3,075 0m3,10 Wasserstoff und
0m3,975 0m3,95 0m3,925 0m3,90 Luft in derselben Zeiteinheit verbraucht.
Nimmt man die Secunden zur Zeiteinheit und die Pferdekraft = 75km, so wird die Arbeit ausgedrückt in
Pferdekräften
49,3
156 278 448
bei einem Wasserstoffverbrauch von
90 180 270 360
Kubikmetern in der Stunde.
Daraus folgt, daß pro Stunde und Pferdekraft gebraucht
wird
1,825 1,154 0,971 0,803
Kubikmeter Wasserstoff.
Man ersieht aus diesen Zahlen, daß die für gleiche Kraft erforderliche
Wasserstoffmenge sehr rasch abnimmt, wenn das Verhältniß des in der Luft enthaltenenetnhaltenen Wasserstoffs zunimmt, wie sich dieß auch ohne Rechnung vorhersehen ließ.
Denn wenn das Verhältniß des brennbaren Gases wächst, so nimmt die entwickelte
Wärme, und folglich auch die Spannung und die Größe der Expansion (um auf 1 Atm.
zurückzukommen) zu; kurz es wird für dasselbe Volum verbrannten Wasserstoffs mehr
Arbeit verfügbar.
Könnte man wirklich die hier angedeuteten Resultate erreichen, so würde der neue
Motor einst auch für große Kraftentwickelung mit der Dampfmaschine in die Schranken
treten. Als calorische Maschine würde er (allerdings im
günstigsten Fall) der letzteren überlegen seyn. Denn (für r = 0,1) werden von den durch die Verbrennung hervorgebrachten
1427° . 0,2167 = 209 Calorien wirklich 146 als Arbeit nutzbar gemacht und
bringen 33633/146 = 230 k. m. als verfügbare Wirkung hervor, d.h. also
mehr als 50 Proc. dessen was eine Calorie wirklich bewirken kann, während die beste
Dampfmaschine kaum 17 Proc. der verbrauchten Wärme nutzbar macht. Indessen können
wir bei weitem diese schönen Resultate nicht erwarten und zwar aus folgenden
Gründen:
1) Wir haben zunächst die Reibung zu berücksichtigen; ferner ist bei obiger
Berechnung angenommen, daß das entzündliche Gemisch im Cylinder denselben Druck (1
Atm.) hat wie vor seinem Eintritt, so wie daß das verbrannte Gemisch 1 Atm. Druck
behält, während der Kolben es aus dem Cylinder treibt. Allein es tritt das Gas in
den Cylinder und aus demselben nur in Folge einer Druckdifferenz; zu beiden
Bewegungen ist Kraft erforderlich.
Diese verschiedenen Ursachen für Verluste kommen indeß bei der Dampfmaschine
ebenfalls in großem Umfange vor. Man kann ohne großen Fehler ihre Wirkung auf 15
Proc. des verfügbaren Effectes anschlagen, oder mit anderen Worten annehmen, daß die
Maschine 85 Proc. dieses letztern gibt.
Diese Correction bringt den Wasserstoffverbrauch pro
Stunde und Pferdekraft schon auf
2,147 1,357 1,142 0,945
Kubikmeter.
Welche von diesen Zahlen können wir als den geringsten Verbrauch annehmen? Können
wir, um die Frage anders auszudrücken, nach Willkür das Gemisch bis zu 10 Proc.
Wasserstoff nehmen? Wir werden gleich sehen, daß letzteres nicht der Fall seyn
darf.
2) Wir haben angenommen, daß das Gas während seiner Expansion nichts von feiner
Anfangstemperatur verlöre. Diese Unterstellung ist nur zulässig, wenn man für die
Wandung eine mittlere Temperatur zwischen der höchsten
und niedrigsten des Gases annimmt. Wenn z.B. für r =
0m3,025 die
Wandung auf einer Temperatur unter (345 + 219)/2 = 282° erhalten würde, so
würde das Gas während seiner Expansion an Wärme verlieren, von dem Augenblicke
seiner Entzündung an bis es zu 1 Atm. zurückgekehrt ist. Ein Verlust an Wärme
entspricht aber einem Verlust an Druck, mithin auch einem Verlust an Kraft. Durch Versuche habe ich mich überzeugt, daß man den
Dampf nicht wohl über 280° ohne Schaden für die Theile des Kolbens u.s.w.
überhitzen kann. Noch viel mehr muß dieß für eine Maschine gelten, welche mit Luft
arbeitet, die freien Sauerstoff enthält, welcher das Schmieröl und selbst Theile des
Metalls verbrennen kann. Man ist also gezwungen sich entweder auf ein Gemisch mit
0,025 Wasserstoff zu beschränken, oder den Cylinder fortwährend mit Wasser
abzukühlen: in diesem letzteren Falle muß der Wärmeverlust des Gases während seiner
Expansion schon bemerklich den Vortheil vermindern, welche ein größeres Verhältniß
von Wasserstoff bieten würde.
3) Auch die Temperatur des Gases von 0° vor der Entzündung ist unmöglich. Da
die Wandung 280° hat, so muß die Temperatur des Gases gleich anfangs
beträchtlich steigen und von diesem Augenblicke an die Temperaturerhöhung durch die
Verbrennung einen viel geringeren Druck bewirken, als wenn das Gas 0° gehabt
hätte. Wirklich wird der erzeugte Druck dargestellt durch
Textabbildung Bd. 159, S. 15
wo i die Temperatur vor der
Entzündung und t diejenige nach derselben bezeichnet.
Unter sonst gleichen Verhältnissen muß also p um so
geringer seyn, je höher i ist. Obwohl nun i unmöglich für jeden Fall bekannt seyn kann, so ist
sein Werth dennoch immer bedeutend und die betreffende Correction darf keinesfalls
vernachlässigt werden, sofern sie p, und mithin auch den
Nutzeffect, der direct davon abhängt, betrifft.
Nach dieser Discussion reducirt sich, wie man sieht, nicht unbedeutend der
wahrscheinliche Nutzeffect der im großen Maaßstabe construirten Gasmaschine.
Die theoretischen Betrachtungen, worauf die vorstehenden Berechnungen beruhen, sind,
wie gesagt, nur als annähernde Wahrheiten zu betrachten; sie können unter gewissen
Umständen auf einen zu geringen, unter anderen auf einen zu hohen Effect führen und
es findet bestimmt im letzteren Falle mehr als Compensation statt.
Kurz, es ist mehr als wahrscheinlich, daß eine selbst sehr zweckmäßig in großem
Maaßstabe construirte Maschine, also etwa eine solche von 100 Pferdekräften, welche
mit r = 7 1/2 Proc. arbeitet, mindestens 150 Kubikmeter
Wasserstoff in der Stunde verbrauchen wird.
Diese 150 K. M. wiegen bei 0° Temperatur und 0,76 Met. Druck 13,47 Kil.,
welche 13,47 . 34463 Calorien geben. Ein Kil. Steinkohlen gibt bei zweckmäßiger Anwendung
unter dem Dampfkessel etwa 4000 Calorien, und es stellen daher die 13,47 Kil.
Wasserstoff in der Wirklichkeit (13,47 . 34463) : 4000 = 116,5 Kil. Steinkohlen dar.
Eine Dampfmaschine in denselben Dimensionen wie eben angenommen, verzehrt nur 125
Kil. pro Stunde für 100 Pferdekräfte. Es ist aber sehr
unwahrscheinlich, daß man je 150 Kubikm. Wasserstoff zum Preise von 125 Kil.
Steinkohlen wird erzeugen können, braucht man ja doch stets einen Brennstoff zu dieser Erzeugung.
Sollte dieß nun wohl heißen, daß der neue Motor der Industrie keine Dienste leisten
werde? Wir glauben nicht, daß dieser Schluß richtig ist, selbst nicht in Bezug auf
die Brennmaterialersparniß. Und zwar aus folgenden Gründen: erstens sind die meisten
Dampfmaschinen noch weit entfernt, den oben angenommenen Nutzeffect zu geben,
brauchen doch die meisten das Doppelte und Dreifache an Kohlen; dann nimmt der
Effect der Dampfmaschine mit zunehmender Größe derselben ab; eine Maschine von vier
Pferdekräften leistet im Verhältniß nicht, was eine solche von 100 leistet.
Für die Maschine Lenoir's gilt aber wahrscheinlich gerade
das Gegentheil: sie wird also treffliche Dienste dort leisten, wo man wenig Platz
hat und wenig Kraft braucht, und wo diese jeden Augenblick und leicht beschafft
werden soll. Gerade diese Fälle sind aber sehr zahlreich.
Meine einzige Absicht war, das Publicum aufzuklären und dasselbe im Interesse des
neuen Motors vor Vorurtheil zu bewahren: denn es geschieht nur zu oft, daß auf den
übertriebenen Enthusiasmus für eine neue Erfindung ein ebenso ungerechtes Mißtrauen
dagegen folgt, welches dem wirklichen Fortschritt stets hinderlich ist.
G. A. Hirn.