Titel: | Ueber das elektrische Quecksilberlicht; von J. H. Gladstone. |
Fundstelle: | Band 159, Jahrgang 1861, Nr. XI., S. 48 |
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XI.
Ueber das elektrische Quecksilberlicht; von
J. H.
Gladstone.
Aus dem Philosophical Magazine, October 1860, S.
249.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Gladstone, über das elektrische Quecksilberlicht.
Nach der von Prof. Way gegebenen Einrichtung dient ein
Strom Quecksilber als Träger des elektrischen Lichtes, welcher etwa in der Höhe von
1/2 Zoll in ein Gefäß fällt. Das obere und untere Gefäß stehen mit den Polen einer
Bunsen'schen Batterie in Verbindung. Das Quecksilber
wird unter heftiger Lichtentwickelung verdampft und muß daher in einen dichten
Glascylinder eingeschlossen seyn, der in der Nähe des Lichtes hinreichend heiß wird,
um die Condensation des Quecksilbers zu verhindern.
Auffallend ist der eigenthümliche Eindruck, welchen die verschiedenen Farben unter
dem Einfluß dieses Lichts zeigen, und namentlich die geisterhafte purpurne und grüne
Färbung von Händen und Gesichtern. Diese Erscheinung führte mich schon vor einem
Jahre auf eine nähere prismatische Untersuchung des Lichts selbst, welche jetzt, wo
dasselbe allgemein die Aufmerksamkeit auf sich zieht, von Interesse seyn dürfte.
Die Farbenkreise Chevreul's zeigen bei Beleuchtung mit
diesem Quecksilberlicht nur sehr wenig Roth, aber sehr deutlich und hell das
Violett. Blumen, farbige Wolle und Bänder u.s.w. erscheinen in der Regel mit
veränderter Farbe, und es lassen sich zur schärferen Kennzeichnung dieses Lichtes
folgende Thatsachen anführen:
Blaß bläulichgrüne Krystalle von Eisenvitriol erscheinen vollkommen farblos;
Kupfervitriol und gelbes chromsaures Kali behalten ihre Farben mit erhöhtem Glanze; rothes
chromsaures Kali erscheint gelb und ohne Glanz; Chlorkobaltlösung erscheint
schmutzig braun, statt blaßroth; salpetersaures Chromoxyd, obgleich so concentrirt
daß es roth im Sonnenlicht erschien, zeigte sich nur trüb dunkelgrün; amorpher
Phosphor stellt sich ohne rothe Farbe wie dunkles Metall dar; Kaffee mit Milch
erschien schmutzig grün u.s.w. Fluorescirende Stoffe, wie Uranglas, Chininlösung,
gewisse Diamante zeigen diese Erscheinung noch stärker als im Sonnenlicht. Blaue
Kobaltsalze, gelbes salpetersaures Uranoxyd, Chlorophyll und purpurfarbene Lösungen
von Anilinfarbstoff und übermangansauren Kali, so wie Murexid, behalten ihre Farbe
bei.
Eine Analyse des Quecksilberlichtes mittelst Powell's
Refractionsgoniometer zeigte, daß dasselbe aus einer Reihe getrennter und
verschieden gefärbter Strahlen besteht.
Figur 11
zeigt die Erscheinung bei einem Brechungswinkel von 45°.
Keine der Linien ist von bestimmbarer Breite; sie haben nur die Breite des Spaltes
selbst; die hellsten schienen durch Irradiation etwas ausgedehnt, in der Weise wie
es die Figur andeutet, um dadurch die relative Helligkeit einigermaßen zu zeigen.
Die beistehenden Zahlen sollen die relative Helligkeit – Nr. 1 die stärkste
– angeben. Um die Stellung der farbigen Strahlen zu erkennen, sind bei Fig. 12 die
dunklen Strahlen des Sonnenspectrums gezeichnet, wie sie dasselbe Prisma zeigt. Die
folgende Tabelle enthält die Winkelbestimmungen der wichtigsten Strahlen, gegenüber
denjenigen für die Fraunhofer'schen Linien:
Farbe.
Winkelbestimmung.
Stärke.
Fraunhover'scheLinien.
Winkelbestimmung.
Roth
31° 8'
8
A
31° 0'
Orange
31 24
5
B
31 10
„
31 26,5
6
C
31 16
„
31 27
7
C6
31 23
Gelb
31 32
4
D
31 32
„
31 35
1
„
31 35,5
1
„
31 46
1
„
31 49
4
E
31 54
Grün
32 1
6
b
31 59
„
32 6
3
„
32 9
3
F
32 13
Blau
32 47
1
G
32 51
Violett
33 11
3
G33
33 11
„
33 15
2
„
33 22
H
33 23
„
33 31
K
33 27
„
33 38
I
33 36
„
34 10
N
34 7
Die Länge des Quecksilberstroms, die Stetigkeit oder Unterbrechung des Lichtes, sowie
dessen höherer oder geringerer Glanz waren ohne Einfluß auf die relative Intensität
dieser Strahlen, mit Ausnahme des am stärksten gebrochenen, welcher in seiner
Sichtbarkeit sehr wechselte. Derselbe liegt weit außerhalb des gewöhnlich als
sichtbar geltenden Spectrums, an der äußersten Grenze des an hellen Sonnentagen mit
besonderen Untersuchungsmitteln entdeckbaren Lichtes. Dieser Strahl hat also beim
Quecksilberlicht mehr Intensität als beim Sonnenlicht, und es wird derselbe ohne
Zweifel von vielen Substanzen (wie von der Cochenille) mit einer uns sonst
unbekannten Farbe reflectirt. Uebrigens ist nicht zu übersehen, daß dieser Strahl im
Refractionsgoniometer durch mehrere Glasschichten hindurchgegangen ist, welche die
außervioletten Strahlen nicht frei hindurch lassen. Die Farbe dieses Strahles
wechselt sehr nach seiner Intensität und es ist ohnehin das Auge nicht geeignet eine
bis dahin nicht gesehene Farbe zu beurtheilen. Bei voller Helligkeit kann man ihn
rothviolett nennen; durch Kobaltglas erscheint er röthlichgrau oder fast
farblos.
Die prismatische Analyse dieses Quecksilberlichtes erklärt alle oben angeführten
Thatsachen. Der Glanz der gelben, blauen und violetten Strahlen ist die Ursache der
schönen Farbe derjenigen Gegenstände, welche diese Strahlen reflectiren können. Das
Blut, wo es durch die Haut sichtbar ist, erscheint von einer bläulichen Purpurfarbe.
Der Eisenvitriol erscheint im Sonnenlichte bläulich grün, d.h. er läßt keine rothen
Strahlen durch, mithin auch nicht diejenigen, welche im Quecksilberlicht das
Uebergewicht haben; deßhalb erscheint er im Quecksilberlicht von derselben Farbe,
wie die Lichtquelle selbst, welche das Auge in der Regel für weiß erkennt, obwohl
sie im Vergleich zur Sonne bestimmt gefärbt ist.
Als ich späterhin nach früheren Beobachtungen über das Quecksilberlicht suchte, fand
ich, daß Prof. Wheatstone in seiner kurzen Notiz
„Ueber die prismatische Analyse des elektrischen Lichtes“
im Bericht der British Association für 1835 das
Quecksilberspectrum als sieben bestimmte Strahlen enthaltend beschreibt, aber er
gibt dieselben nicht genauer an. Angström gibtPhilosophical Magazine, Series 4., vol. IX p. 327. eine Zeichnung der Streifen dieses Lichts; dieselbe stimmt mit der meinigen
sehr überein, nur fehlen alle violetten Strahlen mit Ausnahme des am wenigsten
gebrochenen; er sah also die schönen Strahlen außerhalb H nicht. Angström machte die beachtenswerthe
Entdeckung, daß das Spectrum des elektrischen Funkens gewöhnlich zwei Spectra gibt:
das eine von dem Gas,
durch welches der Funke hindurchgeht, das andere von dem leitenden Metall oder
anderen Körper. Durch Beobachtung mit verschiedenen Metallen und Gasen gelangte er
zur Unterscheidung dieser beiden Spectra, welche er für die verschiedenen Fälle
gezeichnet hat. Der Vergleich mit meiner Beobachtung liefert den Beweis, daß das von
mir gezeichnete Spectrum nur dem gasförmigen Metall zukommt und daß in Prof. Way's Apparat der Funke nicht durch Luft hindurchschlägt.
Daher war das von mir beobachtete Licht weit reiner und glänzender als alle früher
gesehenen.
Besonders merkwürdig ist das auch hier ausgesprochene Factum, daß manches künstliche
Licht gerade da helle Strahlen zeigt, wo beim Sonnenspectrum Dunkelheit stattfindet,
was man auch in der oben gegebenen Tabelle bestätigt finden wird.