Titel: | Ueber Ultramarinfabrication; von C. Fürstenau. |
Autor: | C. Fürstenau [GND] |
Fundstelle: | Band 159, Jahrgang 1861, Nr. XV., S. 63 |
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XV.
Ueber Ultramarinfabrication; von C. Fürstenau.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Fürstenau, über Ultramarinfabrication.
Die frühere Ultramarinfabrication, wie sie in den meisten süddeutschen Fabriken
eingeführt war, und zum Theil noch ist, bietet so viele Unannehmlichkeiten,
besonders in Hinsicht der willkürlichen Erzeugung einer großen Quantität gleicher
Waare, daß das Bestreben schon lange darauf gerichtet ist, diesem Uebel
abzuhelfen.
Einige rheinische Fabriken haben es auch dahin gebracht, Ultramarin in großen
Flammöfen herzustellen, bei welchen der Herd von unten geheizt wird und dann die
Flamme über der Masse hinzieht. Diese Oefen fassen Rohmasse zu circa 1300 Pfd. fertigem Ultramarin, doch ist die
Construction derselben nicht der Art, daß in ihnen eine gleichmäßige Gluth erzeugt
werden könnte, auch ist die Masse keineswegs vor Verunreinigung geschützt.
Diese Nachtheile bewogen mich nun einen anderen Weg einzuschlagen, der allen bis
jetzt erwähnten Uebelständen begegnet, die Vortheile einer massenhafteren
Production, unter vollkommenem Schutz gegen Verunreinigung und Verstaubung jeder Art
darbietet, und die Sicherheit des Gelingens von den Arbeitern möglichst unabhängig
macht.
Der Ultramarin wird in feuerfesten Kästen gebrannt, welche 6 bis 7 Ctnr. Rohmasse
fassen, von welchen je zwei auf den Herdbänken eines doppelten, nach Art der
Smalteöfen, aber mit niedergehendem Feuer, construirten Flammofens, sich
befinden.
Der Ofen, Fig.
9 und 10, besteht aus zwei Etagen, von denen die untere unmittelbar, die obere
durch die abziehenden Gase geheizt wird. Ofenfutter, Gewölbe und Herd der ersten
Etage, sowie die Feuerung sind von feuerfesten Backsteinen, das Rauhgemäuer und die
obere Etage von gewöhnlichen Backsteinen, die Pfeiler von Werkstücken gebaut. Der
Herd der oberen Etage besteht aus Eisenplatten, zum Schutz gegen die Abnutzung
welche durch das Ein- und Ausschieben von Röstkästen bewirkt werden könnte.
Die Kästen bestehen aus zolldicken Platten, von feuerfestem Material, die mit Falz
versehen sind und an den Fugen mit Thon verstrichen werden. An jeder Fuge sind die
Kästen unter sich und gegen den Ofen gestützt, so daß sie beim Arbeiten den nöthigen
Widerstand leisten können. Das Brennmaterial ist Steinkohle.
Die Zusammensetzung für dunklen alaunhaltigen Ultramarin ist folgende:
schwach gebrannter Kaolin
100
Gewichtstheile,
calcinirte Soda (95 gradig)
90
„
raffinirter Stangenschwefel
100
„
Colophonium
6
„
trockene Fichtenscheitholz-Kohle
4
„
Jedes dieser Materialien wird in Rollfässern feingerollt, mit Ausnahme des
Colophoniums.
Die Rollfässer sind von Rothbuchenholz, 3 1/2 Fuß lang, haben 2 Fuß größten und 1,8
Fuß kleinsten lichten Durchmesser; Daubenstärke 0,75 auf auf 1,25 Zoll; die
durchgehenden eisernen Achsen sind von 1,25 zölligem Quadrateisen. Der Verschluß der
Fässer ist wie bei den Amalgamirfässern, nur daß der 5 Zoll Durchmesser haltende
Spund einen vorstehenden Rand hat, welcher mit Filz unterlegt wird, um das
Ausstauben zu verhüten. In ein Faß kommen neun eiserne Kugeln, von 3 Zoll
Durchmesser, und 36 Pfund zu rollendes Material. Die Umdrehungsgeschwindigkeit der
Rollfässer ist 35 Umgänge in der Minute.
Haben die Rohmaterialien auf diese Weise die nöthige Feinheit erlangt, so werden sie,
im angegebenen Verhältniß, mit Colophonium, in nußgroßen Stücken, gemengt, und noch
einmal 4 Stunden gerollt. Diese, jetzt ein zartes graues Pulver bildende Masse wird
in die Thonkästen locker eingefüllt, die Kästen gedeckt, der Ofen verschmiert und
dann möglichst schnell auf eine Temperatur gebracht, welche dem Schmelzpunkt einer
Legirung von gleichen Theilen Silber und Gold gleich ist. Auf dieser Gluth wird der
Ofen 5–6 Stunden erhalten. Zur Beobachtung der Gluth dienen die
Reinigungscanäle a. Zur besseren Beurtheilung des in den
Kästen vorgehenden Processes legt man an der vorderen Seite derselben Thonröhren, von 1 Zoll lichtem
Durchmesser, eingelegt, welche 2 Zoll über die Ofenmauer herausstehen und vorne
luftdicht verschlossen werden können. Durch diese Röhren nimmt man die Proben mit
einem Löffelchen, welches wie die beim Steinbohren zum Herausnehmen des Bohrmehls
angewendeten, geformt, nur etwas stärker angefertigt ist. Werden die
herausgenommenen Proben nach dem Erkalten grün, so hört man mit Schüren nach und
nach auf. Hierauf wird die Canalöffnung in den Schornstein, mit dem dazu
angebrachten Schieber, zugeschoben und der Ofen einer 28stündigen Abkühlung
überlassen.
Nach zwei Tagen wird die blaugrün gewordene Masse aus den Kästen genommen, auf
Mahlbahnen unter senkrecht laufenden Mühlsteinen zerquetscht, dann feinst gerollt
und in gußeiserne Röstkästen von folgenden Dimensionen gefüllt:
Höhe: 1,5 Fuß.
Länge: Oben: 2 Fuß.
Unten:
1,8 Fuß.
Breite: „
1,8 „
„
1,6 „
Eisenstärke 0,2 Zoll.
und dann mit übergreifenden eisernen Deckeln gedeckt. In
diesen Kästen wird das Grün in die obere Etage des Ofens, welche neun Stück
dergleichen faßt, vor dem Beginne eines Brandes geschoben, und während desselben bis
12 Stunden nach dem Aufhören des Schürens darin gelassen. Diese Oxydations-
und Entschwefelungsmethode ist dem Oxydationsverfahren des Mennigs nachgebildet, und
läßt sich, wie bei diesem, ohne Schaden für die Farbe wiederholen.
Das hierdurch erhaltene Blau wird vollständig ausgelaugt und auf Granit- oder
Quarzmühlen naß feingemahlen. Die Naßmühlen bestehen aus einem Bodenstein und Läufer
mit gewöhnlichen halbrunden Schranzen. Die Läufer müssen genau balancirt seyn und
beide Steine durch Naßmahlen von Sand und Thon vollkommen polirt. Auf den Bodenstein
ist eine Zarge wasserdicht aufgesetzt, welche 4 Zoll über die Oberkante des Läufers
hervorragt und mit einem hölzernen Deckel versehen ist. Am Läufer befinden sich an
der äußeren cylindrischen Fläche zwei Blechstreifen, welche der Richtung der
Bewegung entgegengesetzt und so gekrümmt sind, daß sie den Farbebrei nach oben
leiten. Umdrehungsgeschwindigkeit bei einem Durchmesser des Läufers von 3,2 Fuß: 15
Umgänge in der Minute. Auf jeden Gang kommen nun circa
50 Pfd. Blau mit dem nöthigen Wasser. Hat die Farbe die verlangte Helligkeit und
Feinheit erlangt, was man durch eine Trockenprobe leicht erfahren kann, so wird sie
auf Filtrirbeutel gebracht, ablaufen gelassen und dann in gußeisernen Häfen oder
Krapen, ebenfalls in der oberen Etage des Ofens, nach dem Herausnehmen der Röstkästen, getrocknet.
Trocken, wird dann die Farbe gesiebt und ist nun zum Gebrauche fertig.
Ich füge noch eine Calculation dieser Art Ultramarin bei, aus welcher man ersehen
kann, daß die von mir angegebene neue Fabricationsmethode auch in Betreff der
Rentabilität kein ungünstiges Resultat liefert.
Mit einem Ofen wie der angegebene kann man per Jahr 120
Brände machen. Jeder Brand erfordert 13,5 Ctr. Rohmaterial und zwar:
450 Pfd. gebrannter Kaolin à fl. 3,75
fl.
16,37.
450 Pfd. raff. Stangenschwefel à fl. 8,25
fl.
37,12.
405 Pfd. calc. Soda à fl.
12,5
fl.
50,62.
27 Pfd. Colophonium à fl. 7
fl.
1,89.
18 Pfd. Holzkohle à fl. 2
fl.
0,36.
–––––––––––
fl.
106,36.
Also für 120 Brände
fl.
12762.
Brennmaterial, Holz und Steinkohlen
fl.
1200.
Arbeitslohn für 3 Arbeiter
fl.
700.
Comptoir und Reisen
fl.
1000.
Zinsen von fl. 18000 Anlage und Betriebskosten
fl.
900.
Amortisation für fl. 8000 Anlage
fl.
800.
Verpackung
fl.
700.
–––––––––––
fl.
18062.
Das Ausbringen ist auf 100 gebrannten Kaolin 122 fertiger Ultramarin, also auf 450
Pfd.: 549 Pfd. oder die Erzeugung eines Jahres: 65880 Pfd. reiner Ultramarin.
Von diesem kann man, bei obiger Zusammensetzung der Rohmaterialien, den Centner
leicht zum Durchschnittspreis von fl. 38 berechnen. Dieß gibt für 658,80 Centner
Ultramarin fl. 25034,4 Bruttowerth der Fabricationserzeugnisse. Nimmt man nun die
runden Summen von
fl. 25000
für Erzeugnisse
fl. 18000
für Kosten, so
–––––––––––
verbleibt
fl. 7000
nach Abzug der Zinsen und Amortisation.