Titel: | Calorische Maschine oder Luftmotor von Belou. |
Fundstelle: | Band 159, Jahrgang 1861, Nr. LXIII., S. 241 |
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LXIII.
Calorische Maschine oder Luftmotor von Belou.
Aus dem Cosmos, Januar 1861, t. XVIII p.
53.
Belou's calorische Maschine oder Luftmotor.
Der Moniteur universel vom 25. Novbr. v. J. berichtet:
„Der Kaiser nahm am letzten Donnerstag um 2 Uhr in den Werkstätten der
kaiserlichen Geräthkammer (Garde-meuble) eine
neue Kraftmaschine in Augenschein, welche die Dampfmaschine mit Vortheil zu
ersetzen im Stande seyn wird. Das System besteht in der Anwendung von
comprimirter Luft, welche in einem geschlossenen Ofen durch unmittelbare
Berührung mit dem Brennstoff erwärmt wird. Se. Majestät hat während einer
halbstündigen Besichtigung mehrmals die größte Zufriedenheit über die guten
Resultate der Maschine geäußert und dem Erbauer, Hrn. Belou, die wohlwollendste Aufmunterung ertheilt. Die Maschine zeigte
am Prony'schen Zaum 13 Pferdekräfte; der gewogene
Brennstoffverbrauch ergab eine sehr namhafte Ersparniß.“
Wir verfolgen schon lange die Versuche des Hrn. Belou, und
sagten darüber vor zwei Jahren: „Hr. Belou,
Ingenieur in Lyon, hat nach Principien, die von denen Ericsson's verschieden sind, eine calorische Maschine construirt,
deren Haupttheile folgende sind: ein Behälter von Eisenblech, mit kalter
comprimirter Luft gefüllt; einer Heizvorrichtung für die kalte comprimirte Luft,
welche durch eine Druckpumpe geliefert wird; endlich ein Treibcylinder, dessen
Kolben durch die ausgedehnte heiße Luft hin und her getrieben wird. Ein erstes
Modell mit einem Cylinder von 165 Liter Inhalt, dessen Kolben 40–45 Züge
in der Minute machte, ergab einen Nutzeffect von 10–12 Pferdekräften bei
einem mittleren Verbrauch von 800 Gram. Steinkohle pro Stunde und Pferdekraft. Dieses schon bemerkenswerthe Resultat
hoffte Hr. Belou noch sehr zu erhöhen, und den
Kohlenverbrauch auf 250–300 Gram. herabzubringen, nämlich durch
Verwerthung der Wärme der ausgedehnten Luft nach ihrer Benutzung, entweder zum
Erwärmen der Leitungsröhren oder zum Verdampfen einer Flüssigkeit von niedrigem
Siedepunkt, so wie durch vollkommenen Schutz der Maschine gegen äußern
Wärmeverlust. Die Luft vom atmosphärischen Druck und 0° Temperatur
dehnt sich für jeden Grad des hunderttheiligen Thermometers um 1/270 ihres
Volums aus; ihre Wärmecapacität ist 0,2669, diejenige des Wassers als Einheit
genommen; 1800 Liter Luft wiegen 2,34 Kil.; auf 270° C. erhitzt, ist ihr
Volum verdoppelt und es wird dadurch eine mechanische Arbeit hervorgebracht,
welche derjenigen gleich ist, die ein Kilogramm Wasser nach der Verwandlung in
Dampf von der Spannung der atmosphärischen Luft hervorbringt. Die Wärme, welche
zu dieser Volum-Verdoppelung erforderlich ist, beträgt
0,2669 . 270 . 2,34 = 168 Calorien,
während zur Erzeugung von 1800 Liter Wasserdampf 650 Calorien erforderlich sind.
Demnach kostet die Arbeit durch erwärmte Luft der Theorie zufolge nur 1/4 von
der durch Wasserdampf gelieferten. Allein die Luft ist ein sehr schlechter
Wärmeleiter, erwärmt sich in großer Masse nur schwer und die Erwärmung durch
unmittelbare Berührung mit dem Brennstoff ist praktisch schwierig ausführbar.
Bei unmittelbarer Erhitzung muß 1 Kil. Steinkohlen 85 Kubikmeter ausgedehnte
Luft liefern, während es im Mittel nur 11 Kubikmeter, also 1/8 hievon, an
Wasserdampf unter demselben atmosphärischen Druck liefert. Bei den besten
Maschinen mit Expansion und Condensation beträgt die Menge des pro Stunde und Pferdekraft verbrauchten Dampfes 18
Kil., welche durch 3 Kil. Steinkohlen entwickelt werden, die 24000 Calorien
entsprechen, von denen also nur 11700 nutzbar verwendet werden. Dieser Verlust
von mehr als der Hälfte Brennmaterial würde demnach durch Anwendung der Luft
größtentheils vermieden.“
Die Maschine, von welcher wir damals sprachen, ist im Wesentlichen dieselbe, welche
wir vor etwa drei Monaten bei den HHrn. Marziou und Belou auf deren Einladung in Augenschein genommen haben.
Sie besteht hauptsächlich aus einer Compressionspumpe, einer Feuerung, einem
Treibcylinder und einem Schwungrad, d.h. zwei großen und weiten Cylindern mit
Kolben, und einem Ofen, worin die von der Pumpe gelieferte comprimirte Luft sich
erhitzt, nämlich zum Theil mittelbar durch Zwischenwände, zum Theil unmittelbar
durch Berührung mit dem Brennmaterial; dieser sehr sinnreich construirte Ofen ist
die Seele der neuen Erfindung. Die Maschine arbeitet sehr gut; die Kleinheit des
Ofens und des denselben mit Brennmaterial versehenden Trichters beweisen schon, ohne
directen Versuch, daß die Ersparniß an Brennstoff groß ist; nach Belou's Versicherung consumirt die Maschine höchstens 500
Gramme Steinkohlen pro Stunde und Pferdekraft, weßhalb
er auch auf die Ausnutzung der Wärme der entweichenden Luft verzichtet hat und
letztere ins Freie abziehen läßt. Die einzigen Einwände, welche sich gegen die Maschine erheben
ließen, sind: 1) die große Zahl der Maschinentheile: Druckpumpe, Ofen, Cylinder; 2)
der große durch dieselben eingenommene Raum: die Pumpe ist sehr groß, wogegen Belou bemerkt, daß sie auch für eine Maschine von 50 bis
60 Pferdekräften nicht größer genommen zu werden braucht; der Cylinder hat fast 2
Meter Länge und 1/2 Meter Durchmesser; 3) die außerordentliche Hitze der
Cylinderwand – mindestens 350° – welche eine sehr intensive
Wärmestrahlung bedingt; 4) die Gefahr der Erstickung, welche bei Undichtigkeiten
dadurch entsteht, daß die unmittelbar durch Berührung mit glühenden Kohlen erhitzte
Luft mit viel Kohlenoxyd gemischt ist. Es wird der nächsten Zukunft vorbehalten
bleiben müssen, diese Einwände zu beseitigen, und wenn der neue Motor vorzugsweise
für den Schiffsgebrauch bestimmt zu seyn scheint, so muß die Sicherheit des
bedienenden Personals im geschlossenen Maschinenraum eine Hauptsorge der
Constructeure seyn. Die beabsichtigte Aufstellung einer Maschine von 100
Pferdekräften auf einem Schiffe wird das bisher noch nicht hinreichend Aufgeklärte
wohl definitiv feststellen, und wir constatiren bis jetzt gern, daß diese calorische
Maschine sehr regelmäßig und mit namhafter Brennmaterial-Ersparniß
arbeitet.
F. Moigno.