Titel: | Ueber die geformten Treppenlinsen von E. Degrand; Bericht von A. Masson. |
Fundstelle: | Band 159, Jahrgang 1861, Nr. LXXVI., S. 266 |
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LXXVI.
Ueber die geformten Treppenlinsen von E. Degrand; Bericht von A. Masson.
Aus dem Bulletin de la Société
d'Encouragement, Juli 1860, S. 385.
Ueber Degrand's geformte Treppenlinsen.
Als Fresnel seine Zonen- oder Treppenlinsen
ausführte, enthielten unsere damals noch wenig zahlreichen Leuchtthürme einen oder
mehrere parabolische Reflectoren aus mit Silber plattirtem Kupfer, deren stärkster
jedoch kaum in seiner Wirkung derjenigen von vier- bis fünfhundert
Carcellampen zu acht gewöhnlichen Stearinkerzen gleichkam.
Auch bei der Straßenbeleuchtung suchte man das Licht durch geeignete Reflectoren zu
verstärken; allein mit der Einführung der Gasbeleuchtung wurden diese, als zu den
angenommenen Flammenformen nicht passend, wieder verlassen. Es geht somit viel Licht
unbenutzt verloren, was außer manchen anderen Umständen unserer Straßenbeleuchtung
den Charakter großer Unvollkommenheit gibt.
Unterdessen wurde durch A. Fresnel im Jahre 1822 die
Küstenbeleuchtung in hohem Grade vervollkommnet, indem er die Reflectoren durch
dioptrische Apparate ersetzte, welche, wie bekannt, aus mit Ringen umgebenen Linsen
bestehen, deren Berechnung und Construction nur nach den mühsamsten und
schwierigsten Rechnungen und Arbeiten gelingen konnte.
Zugleich mußten auch die eigentlichen Lichtentwickelungsapparate verbessert werden;
dieß geschah durch Einführung der durch Pumpen mittelst Uhrwerken gespeisten Lampen
mit mehreren concentrischen Dochten und entsprechenden Luftzügen.
Auch diese Lampenconstruction ist wesentlich von Degrand
verbessert worden, obwohl sein Hauptverdienst in der neuen Art der Herstellung von
Treppenlinsen besteht.Man s. die folgende Abhandlung.
Durch die Fresnel'schen Linsen, so wie durch einige neuere
Verbesserungen an den Flammen selbst, konnte ein den frühern um das Zehnfache
übertreffender Effect erzielt werden, welcher durch neuere noch nicht abgeschlossene
Verbesserungen ohne Zweifel noch erhöht werden wird.
Indessen können die Fresnel'schen Linsen eine allgemeinere
Verwendung, wie namentlich in der Straßenbeleuchtung, wegen ihres hohen Preises nicht finden. Ein
Apparat der kleinsten Art für Hafenbeleuchtung kostet schon 1000 Franken und eine
Fresnel'sche Linse mit nur fünf Ringen, wie sie zur
Straßenbeleuchtung dienen könnte, ist nicht unter 350 Franken zu erhalten.
Dem Ingenieur E. Degrand gebührt das Verdienst, durch ein
vereinfachtes Verfahren die Herstellung von Linsen mit ähnlicher Wirkung zu geringen
Preisen ermöglicht zu haben, indem er das Schneiden und Schleifen durch das Gießen und Pressen des Glases ersetzte.
Zwar sind schon früher Convexlinsen gegossen worden, allein sie behielten stets eine
sehr bedeutende Dicke und gaben nur einen geringen Effect.
Die gestreiften Linsen Degrand's zeichnen sich aber
vorzugsweise vor allen ähnlichen gegossenen oder auch geschnittenen, außer durch
ihre hohe optische Vollkommenheit, namentlich durch ihre geringe Dicke aus.
Geschliffene Fresnel'sche Linsen können, um bei der Arbeit
nicht zu zerbrechen, nie unter 30–35 Millimeter Dicke an der Kante der Ringe
haben.
Bei gegossenen Gegenständen ist dagegen eine größere Dicke schon wegen der sonst
ungleichen Zusammenziehung des Glases unmöglich und dieselbe ist von Degrand so reducirt worden, daß die neuen Linsen
eigentlich nur gestreifte Gläser sind, welche ebensogut auch als Fensterglas
angewandt werden können. Dieselben sind indessen, um die möglichst starke Wirkung
hervorzubringen, mit großer Genauigkeit construirt.
Das Formen des Glases erfolgt entweder in gewöhnlicher Weise durch Gießen oder nach einer ganz neuen Methode durch Pressen in die Form, so daß die Linsen fast wie Münzen
geschlagen werden. Als Material zu seinen Formen
wendet Degrand mit gutem Erfolg polirte Bronze an.
Das Schneiden dieser Formen ist in Folge der geringen Dicke der Linsen ein viel
leichteres; die Berechnung der Krümmungshalbmesser hat Degrand ein einfaches und wohlfeiles Mittel zu dieser Operation an die
Hand gegeben.
Die Anwendung dieser Linsen, deren Anfertigung in beliebig geringer Dicke und von
vorzüglicher Wirkung durch die neuen Methoden Degrand's
ermöglicht ist, ist ganz vorzüglich die zur Straßenbeleuchtung.
Die bisherigen Versuche, das bei den Straßenflammen verloren gehende Licht zu
sammeln, haben zu keinen Resultaten geführt. Die Fresnel'schen Linsen sind zu theuer, die gewöhnlichen dicken Linsen von zu
geringer Wirkung. Die Degrand'schen Linsen oder
gestreiften Gläser dagegen lösen die Aufgabe mit bestem Erfolge und kosten nur 20–30 Franken
für jede Lampe.
Mit diesen neuen Lampen, deren zwei zu Paris in der Rue
Royale-Sainte-Honoré und in der Rue de l'Université versuchsweise aufgestellt sind, haben wir am 4.
Juni 1858 photometrische Versuche, angestellt, welche folgende Resultate
ergaben:
Die Laterne von gewöhnlicher Gestalt war in derselben Höhe wie die Straßenlaternen
über einem gewöhnlichen Fledermausbrenner angebracht; zwei Seiten der Laterne hatten
einfache Scheiben, die dritte war mit einer cylindrischen, die vierte mit einer
Planlinse versehen; diese beiden Linsen nahmen die obere Hälfte je einer Seite der
Laterne ein; die untere Hälfte war mit einer flachen Scheibe bedeckt. Die Laterne
war um die Gasflamme drehbar. Ein Photometer war in einer Entfernung von 7,38 Meter
von der Flamme aufgestellt und warf seinen Schatten etwa auf 15 Met. Entfernung, so
daß das Licht etwa in derjenigen Entfernung beobachtet werden konnte, wie sie
zwischen zwei benachbarten Straßenbrennern vorkommt.
Als photometrisches Maaß diente eine Carcellampe mit einem Verbrauch von 40–42
Grammen Oel per Stunde bei einem Lichte von acht
gewöhnlichen Stearinkerzen.
Ging das Licht durch eine gewöhnliche Glasscheibe, so wurde Gleichheit des Lichtes
bewirkt bei einer Entfernung
des Gasbrenners von 7,38 Met.
der Carcellampe von 5,45 Met.
Die Gasflamme war also gleich 1,83 Carcellampen. Nun wurde die Laterne so gedreht,
daß das Licht durch die cylindrische Linse fiel; Gleichheit der Wirkung trat ein bei
einer Entfernung
des Gasbrenners von 7,38 Met.
der Carcellampe von 3,96 Met.
Lichtstärke der Gasflamme also = 3,47 Carcellampen.
Bei Anwendung der Planlinse wurde endlich gefunden
Entfernung
der Gasflamme
7,38 Met.
„
„ Carcellampe
2,44 „
Lichtintensität der Gasflamme = 9,15 Carcellampen.
Ein zweiter Versuch ergab sogar
10,75 „
Durch die Linsen ist demnach die Lichtstärke vermehrt worden im Verhältniß von 1 zu
1,9 und von 1 zu 5,49.
Diese Zahlen beweisen hinreichend den Nutzen der neuen Linsen. Freilich würde für die
ersten 12000 Straßenlampen der Stadt Paris die Summe von 360,000 Franken verausgabt
werden müssen.
Außer diesen kleinen Refractoren hat Degrand auch große Apparate für Leuchtthürme ausgeführt. Sie kommen
den alten im Effecte gleich und haben vor ihnen den Vorzug geringerer
Lichtabsorption, gleichmäßigerer Lichtvertheilung und billigeren Preises, indem in
einem bestimmten Falle, wo ein solcher Apparat versuchsweise aufgestellt war, die
Kosten trotz mehrerer ungünstiger Umstände doch nur die Hälfte derjenigen für einen
Apparat nach älterem Muster betrugen.
In Folge dieser Ergebnisse wurden im Auftrage der Verwaltung schon mehrere Apparate
von verschiedener Größe nach dem neuen Systeme construirt, welches sich ebensowohl
auf die großen Leuchtthürme, wie auf die kleineren Leuchtfeuer, Hafen-,
Fluß- und Bassinbeleuchtungen ausdehnen läßt und hier eine längst
wünschenswerthe Vermehrung vorzunehmen erlaubt. Endlich sind in allen Schattirungen
gefärbte Gläser, namentlich auch für Eisenbahnsignale etc., nach Degrand's System ohne alle Schwierigkeiten
ausführbar.