Titel: | Ueber die Legirungen des Wolframs mit Eisen und einigen anderen Metallen; von Dr. F. A. Bernoulli. |
Fundstelle: | Band 159, Jahrgang 1861, Nr. XCVIII., S. 360 |
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XCVIII.
Ueber die Legirungen des Wolframs mit Eisen und
einigen anderen Metallen; von Dr. F.
A. Bernoulli.
Aus Poggendorff's Annalen der Physik, 1860, Bd. CXI S.
573.
Bernoulli, über die Legirungen des Wolframs mit Eisen und einigen
anderen Metallen.
In der Technik fanden bisher nur sehr vereinzelte und mißglückte Versuche statt, die
Oxyde des Wolframs als gelbe und blaue Farbe in den Handel zu bringen, bis zu Ende
des Jahres 1858 Mushet
Polytechn. Journal Bd. CLV S.
316. in England ein Patent auf die Anwendung des Wolframs bei der
Stahlfabrication nahm, durch welches dem bisher als werthlos betrachteten Metall,
dessen Erze kaum als Wege-Pflasterungs-Material benutzt wurden, in
kurzer Zeit ein nicht unbedeutender Werth beigelegt wurde.
Je mehr die Technik aber einen Körper in ihr Bereich zieht, um so mehr muß auch die
Wissenschaft bemüht seyn, Licht über einzelne Vorgänge zu verbreiten, und durch
genaues Erforschen der verschiedenen Eigenschaften, der Technik neue Fingerzeige zu
geben, den betreffenden Körper womöglich naturgemäßer, also besser zu benutzen.
Von diesem Gesichtspunkt ausgehend, war die erste Idee für meine Untersuchungen die,
verschiedene Legirungen des Wolframmetalles darzustellen und zu untersuchen, und
hierzu schien es zunächst wichtig, und als Ausgangspunkt fast nothwendig, das reine Metall nicht wie
bisher in pulverförmigem, sondern in geschmolzenem Zustande zu erhalten, um so die
chemischen und physikalischen Eigenschaften besser kennen zu lernen, als dieß bei
fein vertheiltem Staube möglich ist. Wenn ich die zu diesem Zwecke angestellten
Versuche hier beschreibe, so geschieht dieß nur um nachzuweisen, daß die bisherigen
Angaben über etwaige Schmelzbarkeit des Wolframmetalles, wenn auch in den kleinsten
Körnern, wohl auf Irrthümern beruht haben müssen, da mir Mittel zur Erzeugung von
Temperaturen zu Gebote standen, die wenigen zugänglich sind, und ich dennoch eine
nur zusammengesinterte, keineswegs geschmolzene Masse erhielt. Die betreffenden
Schmelzversuche wurden auf der königlichen Eisengießerei zu Berlin angestellt, deren
Betriebsvorrichtungen mir zu diesem Zwecke mit liberalster Bereitwilligkeit vom Hrn.
Bergrath Schmidt zur Disposition gestellt waren, und zwar
wurden Tiegelöfen von vorzüglicher Beschaffenheit mit dahinterliegenden 36 Fuß
hohen, weiten Essen benutzt.
Bei sämmtlichen Versuchen wurde eine Wolframsäure angewandt, die chemisch rein
dargestellt war. Von dieser wurde nach der ursprünglichen Angabe der Gebrüder de Luyart
Gmelin, Lehrbuch der Chemie Bd. II S. 466. zunächst eine gewogene Quantität mit etwas mehr reinen Kienrußes gemengt als
zur Reduction nöthig war, und dieß Gemenge einer ziemlich intensiven Weißglühhitze
ausgesetzt, bei welcher der Tiegel nach Verlauf einer Stunde erweichte, und deßhalb
aus dem Feuer genommen werden mußte.
Bei dem Oeffnen zeigte sich ein von beigemengter Kohle schwarz gefärbtes Pulver, das
ich durch Aufbereitung auf nassem Wege von der Kohle nicht vollständig zu befreien
vermochte, und keine Spur von beginnender Schmelzung zeigte.
Um die Beimengung der Kohle zu vermeiden, fütterte ich zum zweiten Versuch einen
hessischen Tiegel mit Kohlenstaub aus, der mit Wasser zu einem Teig angerührt war,
trocknete ihn sorgfältig, brachte in die Höhlung die Wolframsäure, bedeckte dieselbe
mit Kohlenstaub, verschloß den Tiegel mit einem passenden Chamotte-Deckel,
und erhielt auf diese Weise nach 3/4stündigem Weißglühen eine zwar von Kohle freie
aber auch nicht geflossene metallische Masse.
Die Temperatur war im Ofen inzwischen so gesteigert worden, daß bei dem dritten auf
dieselbe Weise angestellten Versuch nach 1/2stündigem Glühen der hessische Tiegel
vollständig zerflossen war, so daß nur noch der an den zur Unterlage dienenden
Chamottestein angeschmolzene Boden mit einem Minimum von Wolframsäure zu finden war.
Dieß nöthigte mich vor allen Dingen auf feuerfestere Materialien zu denken, und
wandte ich demzufolge bei noch drei anderen Versuchen die besten neuen
amerikanischen Schmelztiegel an; doch widerstanden auch diese einer lange andauernde
Weißglühhitze nicht, und mußte ich nach 2 1/2stündigem Glühen dieselben aus dem
Feuer nehmen. Die durch diesen Versuch erhaltene zusammengesinterte graue Masse mit
lebhaftem Metallglanz wurde nun, um eine möglichst innige Berührung der Theilchen zu
erzielen, und die Vereinigung zu Tropfen dadurch zu erleichtern, wiederum in einen
mit Kohle ausgefütterten Tiegel gebracht, und darin festgestampft. Den Tiegel umgab
ich mit Chamottemasse, und stellte ihn so in einen größeren amerikanischen Tiegel,
den ich nochmals mit einer 1 1/2'' dicken Chamotteschicht umgab. Dieß ganze gegen
eine möglichst lange Hitze gesicherte Tiegelsystem wurde endlich mit einem eigens
dazu geformten Chamottedeckel von 2 1/2'' Dicke und etwas conischer Form bedeckt,
und, um ein Zerspringen zu vermeiden, 2 Tage lang vorsichtig getrocknet. Die Hitze
steigerte sich allmählich in dem Ofen, in welchen der Tiegel gesetzt wurde, und
hatte nach Verlauf von 2 Stunden bereits eine Intensität, wie ich sie selbst in
Puddlings- und Schweißöfen noch nicht gesehen habe. Leider standen mir keine
Pyrometer zu Gebote, indessen kann ich anführen, daß die von dem Kohks gebildeten
Schlacken in dünnen Strahlen durch den Rost tropften, daß eine über 1'' dicke Stange
von Schmiedeeisen wenige Minuten in die Gluth gehalten, vollständig verbrannt und
verschwunden war, und man im Innern des Ofens vor blendender Helligkeit erst nach
langem Hineinblicken irgend etwas unterscheiden konnte.
Nach 8stündigem Feuern zeigte sich der Ofen in seinen oberen Theilen so verschlackt,
daß auf ein Fortsetzen dieses Versuches verzichtet werden mußte, indem die aus
Chamotte bestehenden Ofenwände im Innern abschmolzen, und sich mit dem Tiegel
vereinigten. Letzterer zeigte sich bei dem Herausnehmen als eine formlose Masse, in
welcher nur der innerste Tiegel noch vollkommen erhalten war; das Wolframmetall aber
zeigte sich durchaus nicht geflossen, wenn auch in einem ziemlich fest
zusammengebackenen Zustande. Auch mit einem Zuschlag von Borax gelangte ich zu
keinem besseren Resultate, und später setzte ich ein Stück des so erhaltenen Metalls
der intensiven 18stündigen Hitze eines Porzellan-Gutbrennofens aus, ohne eine
Spur von Veränderung in der Structur zu bemerken. Der Hitzegrad in den Porzellanöfen
wird zwar für den stärksten länger anhaltenden gehalten, der zu erzielen ist;
indessen glaube ich behaupten zu dürfen, daß die Hitze bei den früheren Versuchen
eine bei Weitem höhere
gewesen ist, und bin daher berechtigt als sicher anzunehmen,
daß das Wolframmetall bei unseren jetzt vorhandenen Mitteln
als unschmelzbar zu betrachten ist.
Das spec. Gewicht des Wolframmetalles wurde auf zweierlei Weise ermittelt, und
für das mit Kohle reducirte
17,1–17,3
für das mit Wasserstoff reducirte
17,9–18,2
gefunden. Früher wurde es auf
17,22
von Allen und Aiken, auf
17,4
von Bucholz, und auf
17,6
von den Gebrüdern de Luyart
bestimmt.
1. Legirungen mit Eisen.
Da die Legirungen des Wolframs mit Eisen bereits Anwendung bei der Stahlfabrication
gefunden haben, so schien mir das Studium derselben zunächst am wichtigsten, und ich
versuchte daher ein Zusammenschmelzen desselben mit Wolfram in den verschiedensten
Verhältnissen, bei den bedeutenden Temperaturen, die ich mit den
Schmelzvorrichtungen der königl. Eisengießerei zu Berlin erzielen konnte. Die bei
diesen Versuchen angewandten Eisensorten waren:
1) Englisches, graues, gahres Roheisen mit ziemlich viel
ausgeschiedenem Graphit.
2) Graues bei Holzkohlen erblasenes, sehr reines siliciumfreies
Roheisen.
3) Weißes bei Kohks erblasenes Roheisen.
4) Spiegeleisen von der Saynerhütte bei Sayn.
5) Rohstahleisen ebendaher.
6) Gewöhnliches weißes Roheisen ebendaher.
Die Wolfram-Zusätze bestanden aus: 1) Wolframsäure, 2) Wolfram-Metall,
3) Wolfram, 4) Scheelit.
Die bisherige technisch angewandte Methode den Wolframstahl zu bereiten, erfordert
bereits eine Legirung mit Eisen vor der eigentlichen Stahlbereitung. Diese Legirung
wurde auf eine ziemlich umständliche Weise dadurch bereitet, daß Wolframerz in
Stücken von Wallnußgröße in Kästen abwechselnd mit Kohle geschichtet, in einem
Cementirofen 72 bis 96 Stunden geglüht und dann, von der anhängenden Kohle befreit,
mit Eisen zusammengeschmolzen wurde.Polytechn. Journal Bd. CLV S.
316. Ich ging bei der Darstellung von Wolfram-Eisen-Legirungen von dem Grundsatze
aus, daß die Wolframsäure bei sehr hoher Temperatur dem Eisen den Kohlenstoff
entziehen, und dadurch reducirt werden könne: in wie weit diese Ansicht
gerechtfertigt erschien und wie sie modificirt wurde, werden die nachstehend
beschriebenen Versuche und Analysen darthun.
1. Graues gahres Roheisen wurde in Form von Drehspänen,
die ich direct unter großen Drehbänken auffing, und die vollkommen rein (ganz frei
von Fett) waren, mit 1, 2, 3, 4, 5, 10, 15, 20, 30, 40 und 50 Proc. Wolframsäure
innig gemengt, in amerikanischen Graphitschmelztiegeln einer heftigen Weißglühhitze
ausgesetzt, und bei den Versuchen bis zu 20 Proc. zunächst keine Kohle dem Gemenge
beigefügt, um dem Eisen möglichenfalls allen Kohlenstoff zu entziehen, dann aber
wurde auf den Boden des Tiegels und über das Gemenge eine dünne Schicht Kohlenstaub
gestreut, wenn mehr Wolframsäure zugesetzt wurde als zu reduciren bei dem
Kohlegehalt des Eisens überhaupt möglich war. Bei 1 bis 3 Proc. Zusatz von
Wolframsäure ist wenig Veränderung des Eisens wahrzunehmen, ein wenig mehr bei 4 und
5 Proc.: bei 10 Proc. Zusatz erhält das Eisen stahlartige Eigenschaften, klingt sehr
hell, ist hellgrau und äußerst feinkörnig im Bruch, und ein wenig schmiedbar; bei 15
Proc. Zusatz ist es fast reiner Stahl zu nennen, der indessen noch nicht die
vollkommene Geschmeidigkeit hat, um als solcher verwandt werden zu können, die Härte
aber in hohem Grade besitzt. Ich ließ eine eiserne Form für dünne quadratische Stäbe
machen, diese wärmte ich gut an, und goß die Proben hinein, um eine annähernde
Gleichmäßigkeit in der Beurtheilung zu erzielen. Einen solchen quadratischen Stab,
welcher durch Zusammenschmelzen von 15 Proc. Wolframsäure mit 85 Proc. Drehspänen
von grauem Gußeisen erhalten war, konnte ich im Schmiedefeuer ziemlich gut vorn zu
einem Hartmeißel ausstrecken, mit welchem ich, nachdem er angeschliffen und wie
gewöhnlicher Stahl gehärtet war, Guß- und Schmiedeeisen mit Leichtigkeit,
ohne daß er stumpf wurde, bearbeiten konnte. Bei den Proben mit 20 Proc. Zusatz von
Wolframsäure zeigten sich dieselben Eigenschaften; die Härte war größer, die
Geschmeidigkeit geringer; letzteres steigerte sich bei den weiteren Proben bis zu 50
Proc., wo ein Ausschmieden nicht mehr möglich war. Wenn bei einem bedeutenden Zusatz
von Wolframsäure zu wenig Kohle vorhanden war, um Alles zu Metall zu reduciren, so
griff die überschüssige Wolframsäure die Wandungen des Tiegels an, und bildete mit
der Thonerde derselben und den im Eisen etwa befindlichen Unreinigkeiten eine grüne,
poröse, ziemlich schwere Schlacke. Wurde das Gußeisen in größeren compacten Stücken
mit der Wolframsäure zusammengeschmolzen, so erhielt ich stets, auch wenn ich bis 30 Proc. Wolframsäure
zusetzte, ein weißes, dem Rohstahleisen, wie es in Saynerhütte bei Sayn erzeugt
wird, ähnliches Product, welches, obgleich sehr hart und spröde, doch ausgeglüht
sich ein wenig schmieden ließ. Das graue, bei Holzkohlen erblasene Roheisen zeigt im
Allgemeinen dasselbe Verhalten als das bei Kohks erblasene, nur liefert es wegen
seiner größeren Reinheit auch ein besseres Product. Ganz anders verhält es sich
dagegen mit dem weißen Roheisen, sey dieß nun an
Kohlenstoff reicher (Spiegeleisen) oder ärmer (gewöhnliches weißes Roheisen). Die
äußerst feinen Drehspäne von Hartwalzen, deren durch eiserne Formen abgeschreckte
Oberflächen abgedreht wurden, und die sich daher sehr gut zum Zusammenschmelzen mit
Wolframsäure eigneten, wurden in denselben Verhältnissen wie bei dem grauen
Gußeisen, mit 1, 2, 3, 4, 5, 10, 15, 20, 30, 40, 50 Proc. Wolframsäure
eingeschmolzen und es stellte sich dabei heraus, daß nur eine Legirung mit Wolfram
entstand, wenn Kohlenstaub zugesetzt wurde, sonst aber die Wolframsäure fast
sämmtlich verschlackte, und nur ein kleiner Theil mit in das Eisen übergieng. Bei
einem Zusatz von Kohlenstaub, den ich am passendsten auch hierbei theils auf den
Boden, theils auf das Eisen streute, resultirten stets Legirungen wie bei dem
Zusammenschmelzen mit grauem Eisen ganz homogener Beschaffenheit, aber stets von
nicht stahlartigem Ansehen, sondern weiß im Bruch, von derselben Structur wie das
angewandte Eisen, und nur unmerklich schmiedbar. Ganz dasselbe Resultat erhielt ich
bei der Anwendung von Spiegeleisen, Rohstahleisen und gewöhnlichem bei Kohks
erblasenen weißem Roheisen, welche drei Sorten mir zu den Versuchen von der
Saynerhütte geschickt wurden.
Ehe ich zu den aus diesen Schmelzversuchen zu ziehenden Schlüssen übergehe, muß noch
angeführt werden, daß auch, um den Grenzpunkt der Schmelzbarkeit der
Wolfram-Eisen-Legirungen kennen zu lernen, ein Zusammenschmelzen des
Eisens bis zu 80 Proc. versucht wurde. Bei 75 Proc. Wolframsäurezusatz waren bereits
1 1/2 Stunden der intensivesten Weißglühhitze, bei der zwei in einandergestellte
Tiegel angewendet werden mußten, nöthig, um einen geflossenen regulus zu erhalten; bei einem Zusatz von 80 Proc. gelang es mir nach
dreistündigem heftigstem Glühen nicht einen regulus,
sondern nur eine unregelmäßig sich an die Wände anlegende blasige Masse zu erhalten,
die im muschligen Bruch eine schöne silberartige weihe Farbe zeigte, und so hart
war, daß ich mit nicht einmal sehr scharfen Ecken Glas und Quarz mit Leichtigkeit
ritzen konnte.
Um die technische Anwendbarkeit der so hergestellten Legirungen zu erproben, die bei
der Anwendung von reiner Wolframsäure wegen der ziemlich schwierigen und darum
kostspieligen Darstellungsweise nicht gut denkbar ist, wiederholte ich die Schmelzversuche sowohl
mit gepulvertem Wolframerz als auch mit Scheelit unter den oben angegebenen
Verhältnissen, und erhielt im Wesentlichen dieselben Resultate, nur daß das im
Wolfram enthaltene Mangan einen nicht unbedeutenden Einfluß auf die Legirungen
ausübte, und daß bei Anwendung von Scheelit eine innigere Mengung nothwendiger war
als bei Anwendung von Wolframsäure und Wolfram, aber die Kalkerde auch ein
Verschlacken der vorhandenen Kieselerde bewirkte, und die Legirung auf diese Weise
reiner ward.
Wurde endlich statt eines Zusatzes von Wolframsäure oder Wolframerzen metallisches
Wolfram angewandt, so zeigte sich dasselbe Verhalten, das graue Roheisen blieb grau,
das weiße weiß.
Nach Angabe obiger Versuche springt durch das ganz andere Verhalten des weißen und
des grauen Roheisens die Ursache dieser Verschiedenheiten schon von selbst in die
Augen: daß der im Eisen chemisch gebundene Kohlenstoff nämlich
nicht zur Reduction der Wolframsäure zu Metall hergegeben wird, sondern nur der
mechanisch ausgeschiedene, und daß in Folge dessen durch Zusammenschmelzen
von grauen gußeisernen Drehspänen mit einer passenden Menge Wolframsäure direct ein
Gußstahl erzeugt wird, der durch die Legirung mit Wolfram eine besondere Härte
erlangt, daß zweitens bei Anwendung weißen Eisens diesem kein Kohlenstoff durch die
Wolframsäure entzogen, also auch auf diese Weise kein Stahl, sondern nur auf Zusatz
von Kohle eine Legirung erzeugt werden kann. Daß ferner bei Anwendung von grauem
Gußeisen in Stückchen kein Stahl erhalten wurde, erklärt sich dadurch, daß die
Wolframsäure nicht in inniger Berührung mit dem mechanisch ausgeschiedenen Graphit
treten kann, und bei dem Flüssigwerden des Eisens der vorher mechanisch beigemengte
Kohlenstoff wieder chemisch aufgenommen (gelöst) wird, sich also der reducirenden
Einwirkung der Wolframsäure entzieht. Dieß alles wurde durch die Analyse vollkommen
bestätigt, und schon bei dem alleinigen Auflösen von verschiedenen Stücken der
dargestellten Legirungen in Salzsäure zeigte sich, auch wenn keine Kohle und mehr
Wolframsäure zugesetzt war, als reducirt werden konnte, ein intensiver Geruch nach
Kohlenwasserstoff, ein Zeichen, daß, trotzdem sich Wolframsäure als nicht reducirt
verschlackt hatte, ein Theil des Kohlenstoffs vom Eisen festgehalten wurde.
Die Analysen dieser Legirungen waren aus dem Grunde schwierig, weil die gewonnenen
Producte größtentheils so außerdentlich fest und hart sind, daß ein Zerkleinern oder
gar Pulvern unausführbar ist, und daß in Folge dessen nur größere Stücke analysirt
werden konnten. Aus diesem Grunde konnten auch zur Bestimmung des ganzen
Kohlenstoffs nur drei Methoden angewandt werden, von denen die mit Chlorsilber und Kupferchlorid von Berzelius,H. Rose's ausführliches Handbuch der analytischen
Chemie Bd. II S. 752 und Poggendorff's Annalen
Bd. XLVI S. 42. die dritte mit Jod erst in neuester Zeit angegeben wurde. Im ersten Falle
wurden einige Gramme der Legirung aufeinen Kuchen von geschmolzenem Chlorsilber
gelegt und so mit dem Porzellautiegel, in dem sich letzteres befand, in ein, mit
destillirtem Wasser gefülltes Gefäß gestellt, das mit einer Glasplatte bedeckt
wurde. Die Zersetzung dauerte meist über 14 Tage, während ich von Zeit zu Zeit
wenige Tropfen Salzsäure hinzufügte, um die Bildung von Eisenoxydhydrat zu
verhindern. Nach erfolgter gänzlicher Zersetzung wurde die zurückgebliebene Kohle
mit dem metallischen Wolfram auf einem Asbestfiltrum gesammelt, und in einer
Glasröhre mit Kupferoxyd verbrannt, aus der mit dem bekannten Kaliapparat
aufgefangenen Kohlensäure aber der Gehalt an Kohle berechnet. Wurde vor der
Verbrennung das Gemenge von Kohle und metallischem Wolfram sorgfältig ausgewaschen
und gewogen, so war hierdurch ein Mittel gegeben, das in der Legirung enthaltene
Wolfram zu bestimmen. Zweitens wurde zur Bestimmung des ganzen Kohlegehalts ein
Stück der betreffenden Legirung mit einer sehr mäßig erwärmten Lösung von
Kupferchlorid behandelte, und die nach längerer Zeit abgeschiedene Kohle von dem
ausgefällten metallischen Kupfer durch Digestion mit concentrirter
Kupferchloridlösung und Salzsäure befreit. Das Residuum wurde dann weiter, wie oben
beschrieben, behandelt. Die dritte Methode bestand darin, daß ich Stücke von 5 bis 6
Grm. der zu untersuchenden Legirung mit ausgekochtem destillirtem Wasser übergoß,
und nach und nach in die Schale Stückchen festen Jods brachte, bis das Ganze völlig
zersetzt war.
Der mechanisch ausgeschiedene Kohlenstoff wurde nach der zuerst von Karsten
H. Rose, ausführliches Handbuch der analytischen
Chemie Bd. II S. 758. angegebenen Methode bestimmt, daß das Eisen in Salpetersäure unter Zusatz
von etwas Salzsäure gelöst, und das Residuum mit Kalihydrat ausgezogen wurde. Es
genügte dieß stets, da die auf mechanisch beigemengten Kohlenstoff überhaupt zu
untersuchenden Substanzen nur aus grauem Roheisen bestanden. Bei Untersuchung des
gewöhnlichen zu den Legirungen angewandten Eisens auf seinen ganzen Kohlegehalt
wurde direct eine Verbrennung im Glasrohr gemacht, da hierbei ein Pulvern im
Stahlmörser oder ein feines Abfeilen mit sehr harten Feilen je nach der
Beschaffenheit des Roheisens leicht war.
Folgendes sind die Resultate dieser Analysen:
Textabbildung Bd. 159, S. 367
Nr.; Angewandtes Eisen;
Wolframsäure-Zusatz; Im Eisen enthaltener Kohlenstoff; mechanisch
beigemengt. Proc.; chemisch gebunden. Proc.; Summe Proc.; In der Legirung
enthaltener Kohlenstoff; Physikalische Eigenschaften der Legirungen; Graues
Roheisen; Spiegeleisen; Gewöhnliches weißes Roheisen; Grau im Bruch, nicht
schmiedbar; Stahl; Grau, sehr hart u. fest, nicht schmiedbar; Weiß, sehr hart
und spröde
Die oben gemachten Angaben über die verschiedene procentische Zusammensetzung der
dargestellten Legirungen schließen nicht zugleich die über die Anzahl der Versuche
überhaupt in sich, denn ich habe zu einzelnen Legirungen zuweilen 5 bis 6 Versuche
gemacht, um die zuerst schwer verständlichen Eigenthümlichkeiten kennen zu lernen;
berücksichtigt man aber, daß die Festigkeit und Härte der Wolframlegirungen mit
Eisen eine so außerordentlich bedeutende ist, und daß deßhalb die Anwendung
derselben bei der Stahlfabrication vollkommen gerechtfertigt erscheint, so ergibt
sich für die Technik aus vorstehend beschriebenen Versuchen ein nicht unbedeutender
Vortheil der Art, daß man die in großen Fabrikanlagen fast
nutzlos abfallenden Drehspäne der Gußwaaren, die fast durchgehends aus grauem
Eisen bestehen, zur directen Darstellung von Wolframlegirungen im Großen
verwenden kann, und hierdurch 1) das Material erhält,
das bei der Bereitung des Gußstahles sonst auf eine sehr umständliche (oben angeführte) Weise bereitet
wurde, oder daß man sogar 2) wenn das verwendete
Eisen nur nicht durch Phosphor, Schwefel oder Silicium zu sehr verunreinigt ist,
durch einen, dem Gehalt an mechanisch beigemengten Kohlenstoffs des Eisens
entsprechenden Zusatz von gepulvertem Wolfram, direct einen Rohgußstahl erzielt, der
durch Raffinirung vollkommen brauchbar gemacht werden kann.
2. Legirungen mit Kupfer, Blei
etc.
Das Wolfram mit Kupfer zu legiren, wurden acht Versuche
gemacht, drei mit metallischem Wolfram und Kupfer, und fünf mit den Oxyden, welche
zusammen reducirt wurden. Die Versuche durch Zusammenschmelzen der Metalle
Legirungen zu erhalten, mißglückten insofern, als zwar hierbei reguli entstanden, diese aber keine homogene Masse
bildeten, sondern beide Metalle der Art getrennt zeigten, daß in der geflossenen
Kupfermasse die hellgrauen, fast silberweißen Flecke des Wolframs deutlich
hervortraten. Auch bei lang anhaltendem Schmelzen fand keine innige Vereinigung
statt. Anders verhält sich das Kupfer, wenn es als Oxyd mit der Wolframsäure gemengt
reducirt wird. Auch hier, wie bei den ersten Versuchen, die Wolframsäure zu Metall
zu reduciren, wurde das Gemenge der Oxyde mit etwas mehr fein vertheilten Kienrußes
als nach der Berechnung zur Reduction nöthig war, innig gemengt, einer intensiven
Weißglühhitze ausgesetzt. Das Resultat war ein äußerlich unverändertes schwarzes
Pulver, indem unter einer starken Loupe kleine Körner der reducirten Metalle zu
erkennen waren. Bei den folgenden drei Versuchen wurden die Gemenge von chemisch
reinem Kupferoxyd mit reiner Wolframsäure in einem mit Kohle ausgefüttertem
Graphittiegel der heftigsten Weißglühhitze ausgesetzt, und es gelang mir auf diese
Weise allerdings wahre Legirungen zu erhalten. Bei dem ersten dieser Versuche wurden
90 Proc. Kupferoxyd mit 10 Proc. Wolframsäure (63 und 7 Grm.) zusammengeschmolzen,
und erhielt ich nach 1 1/2stündigem Glühen einen regulus
(56 Grm.) von nur wenig hellerer Farbe als die des Kupfers, und keiner besonderen
Härte. Die Geschmeidigkeit schien mir etwas geringer als die von reinem Kupfer zu
seyn, und fand ich mit der hydrostatischen Waage das specifische Gewicht = 9,01,
also nicht viel höher als das des Kupfers. Die zweite derartige Legirung von 80
Proc. Kupferoxyd mit 20 Proc. Wolframsäure, wozu respective 56 und 14 Grm. angewandt
wurden, zeigte ein anderes Verhalten, indem nach 1/2stündigem Glühen sich kein regulus sondern eine, sich an die Tiegelwandungen
anlegende dünne Schicht einer Legirung zeigte, welche von weit hellerer Farbe als
die des Kupfers, eine bedeutendere Härte, aber keine so große Geschmeidigkeit
zeigte. Die ebenfalls versuchte Legirung mit 75 Proc. Kupferoxyd und 25 Wolframsäure
schließt sich ganz und gar in ihrem Verhalten an die vorigen an, und endlich wurden
noch, um die etwaige Schmelzbarkeit der letzten beiden Legirungen zu prüfen, einige
Stückee beider noch einmal der stärksten zu erzielenden Weißglühhitze ausgesetzt;
indessen zeigten sich nach erfolgtem Erkalten die einzelnen Stücke vollkommen
unverändert und an den Berührungsstellen nur leicht zusammengefrittet, ohne Zeichen
einer auch nur beginnenden Schmelzung.
Die Legirungen des Wolframs mit Blei zeigten ein, denen
mit Kupfer am Nächsten stehendes Verhalten, indem bei dem Zusammenschmelzen der
Metalle keine homogene Masse, sondern ein unter der Loupe noch deutlich erkennbares
Gemenge beider erhalten wurde; bei dem dreimal versuchten Zusammenreduciren der
Oxyde trat aber ein ganz abnormes Verhalten ein, der Art, daß zwar die leicht
erfolgende Reduction des Bleioxydes auch die der Wolframsäure beschleunigte, daß
aber der Gehalt an Wolfram, selbst bei sehr intensiver Hitze das Entstehen eines regulus verhinderte und sich nach 1/2stündigem Glühen
eine poröse, schwärzlich graue Masse ohne bedeutenden Metallglanz zeigte, welche
noch einmal 1 1/2 Stunde einer starken Weißglühhitze ausgesetzt, fast ganz reines
metallisches Wolfram hinterließ, indem sich das Blei gänzlich verflüchtigt hatte.
Die Verhältnisse des Bleies zu Wolfram waren bei Anwendung der Oxyde ungefähr den
Aequivalenten entsprechend PbW und Pb₂W. Nach diesen Versuchen, Legirungen
mit Blei darzustellen, scheint die oben erwähnte Bemerkung von Berzelius auf einem Irrthum zu beruhen.
Mit Silber wurden zwei Legirungen darzustellen versucht,
eine mit 42 Grm. Silber und 14 Grm. metallischem Wolfram, die zweite mit 14 Grm. und
1,5 Grm. also resp. 75 und 25 Proc. erstens, und 90 und 10 Proc. zweitens. Im
letzteren Falle entstand ein regulus, der etwas spröder
war als reines Silber, und bei dem man wegen der sehr ähnlich aussehenden Metalle
selbst mit der Loupe eine vollkommen homogene Masse erblickte. Eine angefeilte, und
mit verdünnter Salpetersäure behandelte, glatte Fläche ließ indessen bald das Silber
von dem nur sporadisch beigemengten Wolfram unterscheiden. Die erste Legirung mit 25
Proc. Wolfram gab keinen regulus, sondern eine nur
zusammengesinterte Masse ähnlich der Kupferlegirung mit über 10 Proc. Wolfram. Die
noch einmal versuchte Schmelzung bei stärkerer Hitze gelang ebenfalls nicht.
Zur Darstellung einer Legirung des Wolframs mit Gold
wurden 8 Grm. dünnen Goldbleches in kleinen Splittern mit 2 Grm. Wolframmetall innig
gemengt, in einem kleinen Porzellantiegel, dessen innere Seite nicht glasirt war,
und welcher mit Kohlenstaub umgeben und bedeckt in einem größeren Schmelztiegel
stand, heftig geglüht. Bei dem Oeffnen zeigte sich, wie bei der Legirung des
Silbers, kein regulus, sondern eine blasige Masse.
Metallisches Zink und Wolfram erschien, bei Rothglühhitze
längere Zeit in Berührung, vollständig getrennt; bei stärkerer Hitze verflüchtigt
sich das Zink metallisch, und metallisches Wolfram bleibt als zusammengesinterte
Masse zurück. Mit Zinkoxyd zeigt sich ein, dem Bleioxyd ähnliches Verhalten, der
Art, daß ein Zusatz von 10 Proc. bereits das Zusammenschmelzen zu einem regulus, selbst bei vorsichtig geregelter Temperatur
verhindert, und daß bei erhöhter Hitze das sämmtlich reducirte Zink sofort flüchtig
wird. Es wurden vier Versuche, zwei mit den Metallen und zwei mit den Oxyden
angestellt, unter Zusatz von 10 und 20 Proc. Wolframsäure.
Um Wiederholungen zu vermeiden, will ich kurz anführen, daß ich auf ganz ähnliche
Weise Legirungen mit Antimon, Wismuth, Kobalt und Nickel
darzustellen versuchte, daß aber bei sämmtlichen dieser Metalle keine positiveren
Resultate erzielt wurden, als bei den vorher genannten, und daß daher als Endfactum
aus den beschriebenen Versuchen sich ergibt: Kupfer, Blei,
Zink, Antimon, Wismuth, Kobalt und Nickel legiren
sich nur mit Wolfram bei gleichzeitig erfolgender Reduction beider Metalle;
diese Legirungen sind indessen so schwer schmelzbar, daß bei einem Zusatz von
über 10 Proc. Wolfram keine reguli mehr entstehen, und bei einem
höheren Hitzegrad sich die flüchtigen so zersetzen, daß nur metallisches Wolfram
zurückbleibt, so daß sämmtliche Legirungen der genannten Metalle niemals
Wichtigkeit für die Technik haben können. Das Eisen allein
zeigt ein abnormes Verhalten, und ist in jedem Verhältniß mit Wolfram zu
legiren, bis man unter Zusatz von 80 Proc. Wolfram eine bei unseren
Temperaturen unschmelzbare Masse erhält.
Wenn nun die gewonnenen Resultate auch meist negativer Natur sind, so dürfen
dieselben doch nicht unberücksichtigt bleiben, da sich in dem ganzen Verhalten eine
gewisse gemeinsame Aehnlichkeit ausspricht, und da die Legirungen mit Eisen ferner
ganz besondere Wichtigkeit für die Technik haben. Sie zeigen zunächst, daß das
Wolfram elektro-negativer ist als das Eisen, und geben ferner eine Anleitung,
wie das Wolfram am vortheilhaftesten bei der Stahlfabrication zu benutzen sey. Alle
diese Resultate konnten nur durch so viele und mühsame Versuche und durch Benutzung
von Hülfsmitteln erlangt werden, welche mir durch Benutzung besonders günstiger
Umstände zu Gebote standen.In unserer Quelle folgen nun die Untersuchungen des Verfassers über die
Oxydationsstufen des Wolframmetalles, die wolframsauren Salze, sein
Verfahren zur Darstellung reiner Wolframsäure und zur quantitativen
Bestimmung der Wolframsäure bei Analysen.A. d. Red.