Titel: | Dampfkessel bei Gros, Odier, Roman und Comp. in Wesserling (Elsaß). |
Fundstelle: | Band 159, Jahrgang 1861, Nr. CV., S. 401 |
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CV.
Dampfkessel bei Gros,
Odier, Roman und Comp. in Wesserling
(Elsaß).
Aus Marozeau's Bericht im Bulletin de la Société
industrielle de Mulhouse, 1860, t. XXX p. 234.
Mit Abbildungen auf Tab.
VII.
Dampfkessel der Wesserlinger Fabrik.
Das Charakteristische dieses Dampfkessels besteht einerseits in der Anlage eines Vorwärmers, andererseits in der eigentümlichen Verbindung
der Siederöhren mit dem Kesselcylinder.
Nach vielfachen Versuchen über die zweckmäßigste Anlage des aus vier langen Schlangen
bestehenden Vorwärmers für das Speisewasser, ist derselbe jetzt unterhalb des
Kessels selbst angebracht und aus gußeisernen Röhren construirt. Nach und nach ist
das System des Vorwärmers mit dem besten Erfolg auf alle Kessel der Wesserlinger
Fabrik angewandt worden; aus Figur 1–4 ersieht man
die Einrichtung desselben.
Die Flamme trifft hinter dem RosteIn Wesserling ist die gewöhnlich hinter der Feuerthür vor dem Roste liegende
gußeiserne Platte durch quer gelegte Roststäbe ersetzt (E', F', Fig. 1
und 2). Es wird so der Kohle mehr Luft zugeführt und eine vollkommenere
Verbrennung bewirkt. zunächst die Siederöhren, geht um den Hauptcylinder und dann zum tiefer
gelegenen Vorwärmer A', B', C', D', der aus vier über einander liegenden Reihen von
je sechs eisernen Röhren von 0,10 Meter innerem und 0,12 Meter äußerem Durchmesser
besteht, die vorher auf einen Druck von 15 Atmosphären geprüft sind. An den
Verbindungsstellen sind sie sorgfältig abgedreht und mit schwarzem Kitt gedichtet.
Das Wasser tritt in die sechs untersten Röhren zugleich ein und fließt der Richtung
des Feuers entgegen. Diese letztere wird durch eingesetzte Platten bestimmt, welche
auf den Röhren ruhen. Durch diese Einrichtung wird auf die zweckmäßigste Weise den
Feuergasen möglichst viel Wärme entzogen.
Die Oberfläche des Rostes ist so groß wie thunlich, nämlich 2 Quadratmeter. Die
Roststäbe sind sehr dünn; sie haben nur eine Breite von 15 Millimeter, bei
Zwischenräumen von 5–6 Millim., so daß die Oberfläche für den Luftzutritt
0,60 Meter ausmacht.
Die Verbrennung ist eine langsame aber ökonomische; die Flamme geht senkrecht in die
Höhe und trifft die 0,55 Meter vom Roste entfernten Siederöhren nur selten. Es
werden mit Nutzen 100 Kil. Steinkohlen in der Stunde verbrannt. Dieselbe wird in
geringen Ladungen von 10 bis 12 Kil. aufgegeben, welche höchstens den vierten Theil
des Rostes bedecken, wodurch eine bemerkenswerthe Abnahme der Hitze des Feuerherdes
verhütet wird. Damit die Hitze hinreichend aufgenommen werden könne, darf die
Geschwindigkeit der Feuergase keine zu große seyn; deßhalb ist den Feuerzügen ein
möglichst großer Querschnitt gegeben worden, der nicht unter 0,40 Quadratmeter
beträgt.
Für den in der Zeichnung gegebenen Kessel beträgt die Höhe des Schornsteins 28 Meter,
bei einem untern Querschnitt von 2,25 und einem obern von 0,64 Quadratmeter. Die
mittlere Geschwindigkeit des Rauches zwischen dem Roste und der Mündung des
Schornsteins ist 0,746 Meter in der Secunde.
Der zweite Punkt, worin sich dieser Kessel von anderen unterscheidet, ist wie gesagt,
die Verbindung der Siederöhren mit dem Hauptkessel. Die Stutzen welche diese
Verbindung herstellen, sind nämlich beträchtlich länger als gewöhnlich. Hiedurch
kann den Feuercanälen ein größerer Querschnitt gegeben werden. Außerdem aber sind
diese Stutzen durch Ansätze M', N', O' innerhalb des
Kesselcylinders bis aufanf etwa 0,10 Meter über die Wasserfläche verlängert und mit einem Hut
versehen. Auf diese Weise wird die Entwicklung des Dampfes erleichtert, da er nicht
mehr durch die ganze Wassermasse hindurch zu gehen braucht; ferner wird dadurch die
heftige Bewegung des Kesselwassers vermieden und weit weniger Wasser mechanisch mit
fortgerissen. Durch diese weiten Röhren gehen die engeren Röhren PQ
,
RS
,
TU hindurch, wodurch der Wasserzufluß zu den
Siederöhren bewirkt wird.
Nachdem sich bei Anwendung von zwei oder drei Verbindungsröhren zwischen dem Kessel
und jedem Siederohr mehrfache Undichtigkeiten gezeigt hatten, die nur eine Folge der
durch die verschiedenen Temperaturen bewirkten Ausdehnungen seyn konnten, so ist
jetzt jedes Siederohr in zwei kleinere getheilt worden, deren jedes nur mittelst
einer Röhre mit dem Kessel verbunden ist. Nachdem nun die Ausdehnung in jeder
Richtung unbehindert geschehen kann, sind keine Undichtigkeiten mehr vorgekommen.
Diese Einrichtung ist in Fig. 4 dargestellt.
Endlich ist an dem Dampfrohr eine Einrichtung angebracht, welche bei G',
H' (Fig.
1) dargestellt ist und das mitgerissene Wasser nach Möglichkeit beseitigen
soll.
Die Wirkung der beschriebenen Constructionen zeigt sich deutlich an dem
Wasserstandsrohr, worin das Niveau des Wassers den gewöhnlichen heftigen
Schwankungen nicht unterworfen ist.
Nach Versuchen, welche mit diesem Kessel angestellt worden sind, beträgt die
Wassermenge, welche von einem Kilogramm Steinkohlen verdampft wird, bei schlechter
Kohle 7,75 Kil., bei sehr guter Kohle im Mittel 8,82 Kil.; für gewöhnliche Kohle
ergab sich eine mittlere Verdampfung von 7,92 Kil. per
Kilogr. Steinkohle. Die Temperatur des Wassers, nachdem dasselbe den Vorwärmer
verlassen, zeigte sich zu 100°,2 C. im Mittel; in einzelnen Fällen stieg sie
auf 135° C.
Die Temperatur der Gase im Schornstein wird durch den Vorwärmer erheblich vermindert;
im Mittel kann man sie zu 153° C. annehmen, wobei ein sehr guter Zug und ein
Verbrauch von 13–17 Kubikmeter Luft pro Kilogramm
Kohle stattfindet.
Der Rauch ist während 3,8 Proc. der Zeit schwarz, während 54,9 Proc. kaum sichtbar,
während der übrigen 41,3 Proc. Null.
––––––––––
Zu diesem Berichte bemerkt die Commission der Mülhauser Industriegesellschaft u.a.
Folgendes:
Was den Durchmesser der Vorwärmeröhren betrifft, so kann derselbe nur in solchen
Fällen so gering genommen werden, wo, wie in Wesserling, ein sehr reines Wasser
verwendet werden kann, das keinerlei Kesselstein bildet. Bei unreinem Wasser würde
man die Röhren bis zu 0,50 oder 0,60 Met. erweitern müssen, wo dann freilich die
Wärmeaufnahme durch den Vorwärmer weniger vollkommen seyn wird. Für sehr unreine
Wasser könnte indessen auch eine solche Erweiterung nicht ausreichen.Diese Einrichtung eines aus Röhren bestehenden Vorwärmers dürfte jedenfalls
nur bei ganz reinem Wasser anwendbar seyn, wovon schon die Schwierigkeiten
Zeugniß geben, mit welchen die Röhrenkessel zu kämpfen haben. Reines Wasser
findet sich aber nur in den seltensten Fällen zum Dampfkesselverbrauch. Die
geringste Incrustation stört schon die Aufnahme von Wärme sehr erheblich,
und eine Reinigung häufig vorzunehmen, hat bei der Lage und Construction des
Apparates doch große Uebelstände. Die Erwärmung des Speisewassers kann aber
durch vollkommene Benutzung des gebrauchten Dampfes und durch Ansammlung des
Condensationswassers – wie dieß in den meisten deutschen
Zuckerfabriken mit dem besten Erfolge geschieht – in weit
rationellerer Weise geschehen als bei diesem Vorwärmer. Dampf- und
Wassersammler, richtig angelegt, werden den Zweck viel besser erfüllen und
die Wärme viel besser ausnützen.A. d. Red.
Nach den Angaben des
Hrn. Marozeau ist das Dichten der einzelnen Theile des
Vorwärmers, wenn es in der oben angeführten Weise geschieht, sehr zuverlässig und
das Ersetzen eines etwa schadhaft gewordenen Rohres durch die Construction des
Ganzen sehr leicht gemacht.
Eine Reinigung der äußeren Fläche der Röhren von Ruß und Flugasche ist nur alle
Monate erforderlich und macht wenig Mühe. Unterläßt man sie längere Zeit, so wird
die Verdampfungskraft des Kessels empfindlich benachtheiligt.
Von allen von der Commission untersuchten Kesseln zeigte dieser die größte Verdampfungskraft. Der in den Figuren dargestellte
kostet in Mülhausen mit seinem Schornstein von 28 Meter Höhe 13500 Franken. Dabei
ist der Vorwärmer mit 2700 Franken inbegriffen. Er verdampft bei regelmäßigem Gange
8500 Liter Wasser in 12 Stunden und gibt 8,9 Kil. Dampf auf den Quadratmeter
Heizfläche.