Titel: | Versuche über Arbeitsstärke und Brennstoffverbrauch der calorischen Maschine; von Professor C. H. Schmidt in Stuttgart. |
Fundstelle: | Band 159, Jahrgang 1861, Nr. CVII., S. 407 |
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CVII.
Versuche über Arbeitsstärke und
Brennstoffverbrauch der calorischen Maschine; von Professor C. H. Schmidt in Stuttgart.
Aus dem württembergischen Gewerbeblatt, 1861, Nr.
11.
Schmidt, Versuche über Arbeitsstärke und Brennstoffverbrauch der
calorischen Maschine.
Um die auf der kgl. Centralstelle für Gewerbe und Handel in Stuttgart seit August v.
J. aufgestellte calorische Maschine rücksichtlich ihrer Arbeitsstärke und ihres
Brennstoffverbrauches kennen zu lernen, wurden mit derselben am 16. Januar und 20.
Februar Bremsversuche angestellt, deren Resultate der kgl. Centralstelle in einer
ausführlichen Zusammenstellung übergeben wurden und im Folgenden auszugsweise
mitgetheilt werden sollen.
Die zu einer Pferdestärke angegebene, aus der Maschinenfabrik zu Buckau bei Magdeburg
zum Preis von 600 Thlrn. bezogene calorische Maschine ist ihrer Construction und
Dimension nach aus der Beschreibung und Abbildung in diesem Bande des polytechn. Journals S. 82 hinreichend bekannt. Ueber den
Bremsapparat ist zu bemerken, daß seine Hebellänge. 4,67' württemb. oder 1,34 Meter
betrug und die notirten Belastungen stets die Totalbelastungen, d. i. die
aufgelegten Gewichte, nebst Waagschale und das auf den Aufhängepunkt reducirte
Uebergewicht des Bremses angeben.
Die Bremsversuche am 16. Januar waren vorzugsweise dazu bestimmt, die Arbeitsweise
der Maschine im Allgemeinen, namentlich die Relation zwischen Lufttemperatur und
Arbeitsstärke, kennen zu lernen. Um in dieser Beziehung möglichst weiten Spielraum
zu haben, wurde der an der Maschine angebrachte Regulator beseitigt, da derselbe nur
42 Umläufe per Minute gestattete. Die Versuche wurden am
genannten Tage von 9–12 Uhr und von 1–3 1/2 Uhr vorgenommen und
während dieser Zeit wurden 30 Versuche gemacht, von welchen in der folgenden Tabelle
der dritte Theil, aber nicht nach Auswahl, sondern in der Reihenfolge 1, 4, 7, 10,
13 u.s.f., nach den Temperaturen (in Celsius'schen Graden) geordnet, unter Beifügung
der ursprünglichen Versuchsnummern, zusammengestellt worden ist.
Nummerdes Versuchs.
Temperatur.
Belastung.
Umdrehung.
Pferdestärken.
7
145
6,3
35
0,20
10
178
5,3
38
0,19
30
210
9,3
42
0,36
13
233
14,3
39
0,52
19
240
13,3
40
0,50
22
240
13,3
42
0,52
16
241
10,3
52
0,50
25
243
16,3
33
0,50
28
245
12,3
47
0,54
4
257
17,2
37
0,60
1
270
17,2
48
0,77
Da die angegebene Arbeitsstärke nicht erreicht werden konnte, der Gang der Maschine
auch einige Mängel an derselben vermuthen ließ, so wurde dieselbe einer gründlichen
Reparatur an der Kolbendichtung und den Ventilen unterworfen. Sie tritt sonach bei
der zweiten Versuchsreihe in einem veränderten Zustande auf, ein Umstand, welcher
wohl die Abweichungen in den Resultaten beider Versuchsreihen hinreichend erklären
dürfte.
Bei der zweiten Versuchsreihe am 20. Februar wurden neben den dynamometrischen
Messungen auch Beobachtungen über den Brennstoffverbrauch gemacht. Zu diesem Zwecke
wurden Morgens 8 Uhr vor Anzündung des Feuers 200 Pfd. Holz, hartes und weiches
gemischt, abgewogen. Um 9 Uhr waren 25 Pfd. Holz verbrannt, und das Thermometer
stand auf 236°. Zu diesem Zeitpunkte wurde die Maschine in Gang gebracht,
zugleich wurden auch die Versuche angefangen und von 9 bis 12 und 1 bis 4 Uhr in der
Art fortgesetzt, daß nach Verlauf von je 10 Minuten ein Versuch gemacht und nach
Verlauf von je einer Stunde eine Wägung des noch vorhandenen Holzvorrathes
vorgenommen wurde. Von den innerhalb des genannten Zeitraums angestellten 38
Versuchen ist in der folgenden Tabelle nur der dritte Theil, also von 30 zu 30
Minuten, zusammengestellt und berechnet, da diese Anzahl zur Würdigung der Resultate
völlig ausreichend erscheint.
Versuchs-Nummer.
ZeitUhr.
Min.
Temp.
Belastung.
Umdrehung.
Pferdestärke.
Holzvorrath.Pfund.
1
9
0
236
8
42
0,31
175
4
9
30
243
10
42
0,39
7
10
0
260
12
42
0,47
147
10
10
30
280
15
42
0,59
13
11
0
280
18
40
0,67
126
16
11
30
272
20
36
0,67
19
12
0
257
18
34
0,57
109
20
1
0
200
12
37
0,41
97
23
1
30
225
12
38
0,42
26
2
0
244
10
45
0,42
83
29
2
30
280
15
44
0,61
32
3
0
284
15
50
0,70
63
35
3
30
260
12
43
0,48
38
4
0
255
12
41
0,46
44
Hiebei ist zu bemerken, daß die Maschine von 9 bis 12 Uhr mit dem Regulator
arbeitete, derselbe aber während des Nachmittags wegen Lockerung eines Rades
beseitigt werden mußte.
Um die gewonnenen Resultate besser übersehen zu können, ziehen wir Mittelwerthe aus
denselben und stellen diese in folgender Tabelle zusammen.
Zeitraum.
MittlerePferdestärke.
Holzverbrauch.
Pfund
9–10 Uhr
0,39
28
10–11
0,58
21
11–12
0,64
17
1– 2
0,42
14
2– 3
0,58
20
3– 4
0,55
19
Hieraus ergibt sich, daß die Maschine 6 Stunden lang mit durchschnittlich 0,53
Pferdestärken gearbeitet und während der Arbeitszeit allein 119 Pfd. Holz consumirt,
außerdem noch 25 Pfd. zum Anheizen und 12 Pfd. zur Unterhaltung über Mittag
erfordert hat. Nimmt man nun an, daß die Maschine in einer Werkstatt täglich 12
Stunden in Gang gehalten werden muß, so würde sie bei derselben durchschnittlichen
Arbeitsstärke während der ganzen Arbeitszeit 240 Pfd. Holz und zum Anheizen und
Unterhalten über Mittag noch weitere 36 Pfd., im Ganzen also 276 Pfd. oder stündlich
23 Pfd. erfordern.
Welcher Holzverbrauch bei einer Arbeit von einer vollen Pferdestärke auftreten würde,
läßt sich nicht mit Sicherheit angeben, doch steht zu erwarten, es werde derselbe
nicht proportional mit der Arbeitsstärke, sondern in einem geringeren Grade wachsen.
Macht man die gewiß nicht unbillige Annahme, der Brennstoffverbrauch steigere sich
bis zur vollen Pferdestärke nur um 25 Proc. des jetzt aufgefundenen Werthes, so
kostet die gesammte Unterhaltung einer Pferdestärke stündlich gegen 30 Pfd. Holz
oder 15 Pfd. Steinkohle, da man erfahrungsgemäß die Heizwerthe von 2 Pfd. Holz und 1
Pfd. Steinkohle als gleich annehmen kann.
Eine zweite Maschine aus derselben Fabrik von gleicher Construction und Dimension
befindet sich in der Maschinenfabrik von G. Kuhn in Berg.
Dieselbe wurde im August v. J. ebenfalls mit demselben Bremsdynamometer untersucht.
Nach den von genannter Fabrik gemachten Angaben trug der Bremshebel 21 Pfd. bei
einer Lufttemperatur von 230° und 23 1/2 Pfd. bei einer Lufttemperatur von
240°. Da die Maschine in beiden Fällen 42 Umdrehungen machte, so erhält man
die Arbeiten beziehungsweise zu 0,86 und 0,92 Pferdestärken. Diese Resultate gehen
nun allerdings höher hinauf, als die mit der Stuttgarter Maschine erzielten. Es ist
aber zu berücksichtigen, daß die Maschine in Berg gleich nach ihrer Aufstellung, die
Stuttgarter hingegen 6 Monate später untersucht wurde, nachdem sie durch längere,
wenn auch nicht angestrengte Thätigkeit vielleicht schon in einen etwas mangelhaften
Zustand gerathen war.
Die Maschine in Berg wird aber für die vorliegenden Untersuchungen noch von weiterer
Bedeutung deßhalb, weil sie in der Fabrik selbst während 4 Wochen in
ununterbrochenem Betriebe gehalten wurde. Ueber den innerhalb der beiden ersten
Wochen stattgehabten Brennstoffverbrauch liegt folgende Tabelle vor.
Brennstoffverbrauch
Datum.
zum Anheizen.
zur Unterhaltung.
in Summa.
Arbeitszeit.
Septbr.
Holz.
Kohle.
Holz.
Kohle.
Holz.
Kohle.
Stunden.
15
20
–
145
38
165
38
11
16
21
–
129
93
150
93
12
17
11
9
–
131
11
140
12
18
8
12
–
153
8
165
12
19
7
11
–
140
7
151
12
20
6
10
–
126
6
136
11
22
7
13
–
114
7
127
11
23
7
12
–
134
7
146
12
24
7
13
–
131
7
144
12
25
7
12
–
130
7
142
12
26
9
12
–
130
9
142
12
27
9
12
–
126
9
138
11
Zur Berechnung von Mittelwerthen wird es angemessen seyn, die ersten zwei Tage, an
welchen vorzugsweise Holz gefeuert wurde, von den übrigen zehn Tagen mit
überwiegender Steinkohlenfeuerung zu trennen. Man erhält dadurch folgende
Tabelle.
Durchschnittlicher
Brennstoffverbrauch
Zeitraum.
zum Anheizen.
zur Unterhaltung pr. St.
in Summa pr.
Stunde.
Holz.
Kohle.
Holz.
Kohle.
Holz.
Kohle.
15–16
20,50
–
12,00
5,70
13,70
5,70
17–27
7,80
11,60
–
11,24
0,67
12,23
Reducirt man den Gesammtverbrauch per Stunde nach dem
oben erwähnten Erfahrungssatz auf eine einzige Gattung Brennstoff, so erhält man
dafür
25 Pfd. Holz oder 12 1/2 Pfd. Steinkohle.
Dabei ist noch zu bemerken, daß bei den in der ersten Tabelle angegebenen
Arbeitszeiten die beiden halbstündigen Pausen zur Frühstücks- und Vesperzeit
mit eingeschlossen sind, während deren die Maschine zwar in Gang erhalten werden
mußte, um die Erhitzung des Cylinders zu vermeiden, aber nichts arbeitete. Würde man
nur die effective Arbeitszeit in Rechnung ziehen, so müßte jede der oben angegebenen
Arbeitszeiten noch um eine Stunde gekürzt werden, wodurch das Endresultat für den
stündlichen Kohlenverbrauch noch um circa 1/12 höher
würde. Umgekehrt würde man aber in einem anderen Falle auch die Maschine können über
Mittag arbeiten lassen, ohne einen merkbaren Mehraufwand an Brennstoff zu haben, da
auch während der. Arbeitspausen das Feuer fast in gleicher Weise als während der
Arbeit unterhalten werden muß, um das Herabgehen der Temperatur zu verhindern.
Die Maschine trieb während dieser Zeit zwei Bohrmaschinen für Löcher von 8–12
Mill. und 16–20 Mill., eine Nuthstoßmaschine kleinerer Dimension und eine Zimmermann'sche Schraubenmuttermaschine. Schätzt man
diese Arbeit auf 0,8 Pferdestärken, so würde sich folgern lassen, daß die volle
Pferdekraft übereinstimmend mit dem früheren Resultate stündlich gegen
30 Pfd. Holz oder 15 Pfd. Kohle
erfordern dürfte. Ferner brauchte man zur Unterhaltung der
Maschine noch täglich 1/2 Pfd. Oel zum Schmieren der Lager und 1/2 Pfd. Talg zum
Schmieren des Cylinders. Auch einen besonderen Heizer erfordert die Maschine, und
dieser muß sogar mit großer Aufmerksamkeit sein Amt verrichten; denn da die
Feuerstelle gar kein Reservationsvermögen besitzt, so sinken, bei nur geringer
Vernachlässigung des Feuers, Temperatur und Arbeitsstärke sofort sehr schnell herab
und können nur nach längerer Zeit wieder auf die normale Höhe gebracht werden.
Aus diesen Resultaten dürfte wohl mit Sicherheit hervorgehen, daß die calorischen
Maschinen, oder doch wenigstens die in Stuttgart und Berg vorhandenen Exemplare, die
Concurrenz mit den Dampfmaschinen nicht auszuhalten vermögen. Doch aber werden sie
in den Fällen, wo sie zum Ersatz eines früheren Handbetriebes in Anwendung kommen,
wie bei Buchdruckerpressen, Prägemaschinen u.s.w., immer noch bedeutende Vortheile
gegen die ältere Betriebsweise bieten.