Titel: | Glasofen mit Gasfeuerung, von Venini in Tione (italien. Tirol). |
Fundstelle: | Band 159, Jahrgang 1861, Nr. CXIV., S. 422 |
Download: | XML |
CXIV.
Glasofen mit Gasfeuerung, von Venini in Tione (italien.
Tirol).
Aus Armengaud's Génie industriel, Juli 1860, S.
49.
Mit Abbildungen auf Tab.
VII.
Venini's Glasofen mit Gasfeuerung.
Die nach der Beschreibung des in Frankreich ertheilten Patents vom 13. Januar 1857
und den später eingereichten verschiedenen Zusätzen construirten Oefen Venini's sind eine sehr glückliche Anwendung der
Gasfeuerung, wodurch geringeres Brennmaterial, welches bisher nicht in Glasöfen
gebrannt werden konnte, nutzbar anzuwenden ist. Dahin gehören namentlich magere
Steinkohlen, die bisher nicht einmal im Gemisch mit anderen zu verwenden waren, und
die mit 1/4 oder 1/3 fetten Kohlen in den neuen Oefen leicht ersichtlichen Nutzen
gewähren.
Außerdem sind diese Oefen, welche keine Roste haben, so gebaut, daß auch wesentlich
an der Menge des zu verwendenden Brennmaterials erspart wird, da die Construction
eine raschere und ausdauerndere Erhitzung der Schmelzhäfen und eine bessere
Ausnützung der entwickelten Hitze bietet.
Venini hat seine Verbesserungen mit besonderer Sorgfalt
geprüft und deren Erfolge festgestellt, wozu ihn seine Stellung als Vorsteher der
Glashütte in Tione vorzüglich befähigte. Seine Vertreter in Frankreich sind die
HHrn. Thirion und Mastaing,
Civil-Ingenieure in Paris.
Als Beispiel der neuen Ofenconstruction folgt hier die Beschreibung eines Ofens zu
sechs großen Schmelzhäfen. Die Figuren 21 und 22 geben den
Aufriß und Grundriß eines solchen Ofens.
Das Gewölbe dieses Ofens ist flach, ellipsoidisch; die Heizung wird durch zwei Formen
für das Gemisch von Gas und Luft vermittelt.
Diese Formen liegen einander gegenüber, in der großen Achse der den Ofen bildenden
Ellipse, so daß die Ströme in der Mitte zusammentreffen und sich von da regelmäßig
um die Häfen verbreiten. In der Mitte des Ofens befindet sich demnach der Herd F' mit fast ebener Sohle, jedoch mit einer geringen
Vertiefung zur Aufnahme des aus den Häfen etwa ausfließenden Glases, welches dann
durch die Oeffnung o in einen Behälter austritt.
Die Formen J, J' sind den Bänken für die Schmelzhäfen so
nahe wie möglich angebracht, damit von dieser Horizontalfläche die sich nach allen
Seiten verbreitende Erhitzung ihren Ausgang nehme. Diese Einrichtung ist sehr wesentlich, indem bei
einer höheren oder niedrigeren Lage der Formen entweder die Oberfläche der Häfen
oder deren Boden nicht genugsam erhitzt wird.
Die Aufstellung der Häfen, um eine freie und gleichmäßige Circulation der Hitze zu
ermöglichen, zeigt Fig. 22; es ergibt sich daraus die Notwendigkeit der Ellipse für die
innere Gestalt des Ofens F und den obern Rand des Herdes
F'; ebenso ist die flache Gestalt des Gewölbes
(Fig. 21)
unumgänglich nöthig. n, n sind die Arbeitslöcher
oberhalb der Glashäfen, zum Einlegen der Glasmasse u.s.w.
M ist ein Boden von Metallplatten, der die ganze, auf
diese Weise verdeckte Röhrenleitung für die Formen schützt.
Das Hauptrohr I führt die Gase aus den Generatoren und
Reinigern zum Ofen; mittelst seiner Verlängerung I¹ unter den Ofen hindurch speist es die beiden Formen J und J¹. Die
Quantität des zuströmenden Gases wird durch die Klappen i und i¹ regulirt. Diese passen auf
erweiterte Ansätze der Röhren, um den Durchgang des Gases zu den Formen nicht zu
behindern, und zwar sind diese Ansätze vertical angebracht, um die von dem Gase
mitgerissenen Aschentheile etc. aufzunehmen und nach unten zu leiten, wo sie bei t, t¹ herausgenommen werden.
Es kann vortheilhaft seyn, sowohl die Gase als die Luft vor der Verbrennung zu
erhitzen. Zu diesem Zwecke bringt man neben den Oefen zwei oder drei senkrechte
Röhren oder Retorten D an, um die von dem Gebläse
gelieferte Luft zu erhitzen; eine ähnliche Röhre D¹ dient zur Erhitzung des Gases. Diese Heizapparate werden von der
Flamme des Ofens selbst, die bei m, m¹
hineinzieht, gespeist.
Die Röhren K, welche die Luft nach D leiten, theilen sich vorher in zwei Theile und ihre Ansätze K² sind mit Hähnen oder Klappen b' versehen, um den zu erhitzenden Luftantheil zu
reguliren. Außerdem enthalten, wie gesagt, die zu den Formen führenden Röhren K¹ auch noch die Klappen b.
Die Röhre I theilt sich ebenfalls bei I², indem ein Arm zu der senkrechten
Heizungsröhre D¹ geht, von wo aus er bei I³ zu den Formen führt. Die Theile I² und I³
enthalten beide Klappen oder Ventile c¹, c², um einerseits diejenige Menge Gas, welche
erhitzt werden, andererseits diejenige, welche austreten soll, zu reguliren. Diese
Klappen dienen zugleich dazu, im Falle des Bedürfnisses die Heizvorrichtung ganz
auszuschalten, wobei man sich auch der Klappe c in dem
Hauptzuleitungsrohr I bedienen kann.
Wenn ein ganz reines, von Staub und Asche freies Gas verbraucht werden soll, so kann
dasselbe nach seinem Austritt aus den Reinigern gewaschen werden. Zu diesem
Zweck bringt man an einer beliebigen Stelle einen Wascher an.
Dieser besteht (s. Fig. 22) aus einem Wasserbehälter Y mit dem
Abflußhahn y, und der blechernen Glocke Z, die in das Wasser eintaucht und in welche ein
Schenkel des Rohres S mündet, dessen anderer Schenkel
auf dem Hauptrohr I aufsitzt. Dieser ist mit der Klappe
s¹ versehen. In dieses zweischenkliche Rohr
tritt die Röhre T ein, welche aus einem oberen Behälter
einen Wasserregen in die Glocke führt. Dieser Regen schlägt aus dem Gasstrom allen
mitgeführten Staub nieder, während das gereinigte Gas durch die Röhre S mit der Klappe s²
wieder in das Hauptrohr I geht.
Es ist zweckmäßig, von hier aus das gewaschene Gas durch das Rohr I³ zu leiten, welches bei x eine mit dem Raum W in Verbindung stehende
Oeffnung besitzt, um dadurch einen Theil des aus dem Gas sich niederschlagenden
Wassers abzuführen; das übrige geht in Dampfgestalt in den Ofen, wo es zersetzt
wird.
Um den Wascher zu benützen, wird die Klappe c⁴ der
Röhre I geschlossen, der Hahn bei T geöffnet und somit das Gas dem feinen Wasserregen ausgesetzt, welcher
dessen Unreinigkeiten in das Bassin Y führt. Der weitere
Weg des Gases ist von der Stellung der Klappen abhängig und aus der Figur und dem
Vorhergehenden leicht verständlich.
Die vollständige Reinigung des Gases ist nur so lange nöthig, als die Arbeiter an dem
geschmolzenen Glase beschäftigt sind und es ist in diesem Zeitpunkt, wo nur die
erforderliche Temperatur unterhalten werden soll, nicht
viel Gas erforderlich. Während der eigentlichen Glasschmelzung bleibt der
Reinigungsapparat außer Thätigkeit und die betreffenden Klappen geschlossen.
Die speciellen Versuche Venini's an den Oefen zu Rive-de-Gier (dem Hause Raab u. Comp. gehörend) haben
folgende Zahlen für den Brennmaterialverbrauch bei diesen Gasöfen ergeben:
Kohlenverbrauch.
Maximum.
Minimum.
Mittel.
Centner.
Centner.
Centner.
In den Gasgeneratoren
48
30
40
Für die Maschine
4
4
4
Für den Streckofen
5
5
5
–––––––
–––––––––
–––––––––
–––––––––
Summe
57
39
49
Die große Differenz bei den Generatoren rührt von dem wechselnden Verhältniß zwischen
mageren Kohlen und Fettkohlen her.
Als Mittelverbrauch für jeden Ofen von sechs Häfen stellt sich die Summe von 48
Centnern Kohlen heraus. Ein solcher Ofen kann für jeden Hafen 150 Cylinder oder 300
Scheiben von 18 auf 14, also von 50 Centim. auf 40 liefern, mithin der Ofen im
Ganzen 1800 Scheiben. Es kommt also auf jede Scheibe ein Kohlenverbrauch von 2,67
Kilogrm., während sonst für eine Scheibe dieser Größe 3,50 Kil. verbraucht zu werden
pflegen. Allein am Gewicht ergibt sich demnach eine Ersparniß von 30 Proc.; rechnet
man hiezu die Kostenverminderung in Folge der Benutzung von 3/4 des ganzen
Verbrauchs von den viel wohlfeileren sonst nicht anwendbaren mageren Kohlen, so
ergibt sich ein sehr namhafter Vorzug dieser Oefen vor allen anderen.
Noch weit günstiger gestaltet sich das Verhältniß, wenn man größere Oefen, mit 8 oder
10 Häfen und zwar von beträchtlicherem Inhalt, etwa zu 200 Cylindern anwendet.
Für die Fabrication von Flaschen in Oefen zu 8 Schmelzhäfen stellt sich
beispielsweise der Kohlenverbrauch wie folgt:
Für das Schmelzen, in 12 Stunden, zur Speisung des
Generators 1 1/2 Ladungen von 120 Kil.
pro Stunde
2160 Kil.
Für die Arbeitszeit von 10 Stunden, 8 Ladungen von 120 Kil.
960 „
Für die Maschine 21–24 Stunden
400 „
Für die Kühlöfen
500 „
–––––––
4020 Kil.
Die Beschickung des Ofens entspricht etwa dem Material zu 4000 Flaschen, wonach also
pro Flasche (von 1 Liter Inhalt) 1 Kil. Kohle
verbraucht wird, während man sonst 2 Kilogr. rechnen muß.
Dazu kommt noch, wie oben erwähnt, die Ersparniß durch billigeres Brennmaterial, mit
etwa 10 Proc. des Kostenpreises.