Titel: | Neue patentirte Verfahrungsarten zur Darstellung von Anilinviolett und Anilinroth. |
Fundstelle: | Band 159, Jahrgang 1861, Nr. CXXIII., S. 451 |
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CXXIII.
Neue patentirte Verfahrungsarten zur Darstellung
von Anilinviolett und Anilinroth.
Neue patentirte Verfahrungsarten zur Darstellung von Anilinviolett
und Anilinroth.
1. Verfahren zur Fabrication von
Anilinviolett und Anilinroth; von Depouilly und Lauth in Clichy bei
Paris.
Die Genannten beschreiben das Verfahren, welches ihnen am 27. Juni 1860 in Frankreich patentirt wurde,
folgendermaßen:
Um den violetten Farbstoff zu erhalten, behandeln wir eine
Auflösung von einem Anilinsalz mit einer Auflösung von Chlorkalk: die ersten Tropfen
der Chlorkalklösung veranlassen eine violette Färbung, und wenn man fortfährt, von
diesem Reagens zuzusetzen, so bildet sich ein dunkelvioletter Niederschlag, welcher
unsern Farbstoff fast in reinem Zustande darstellt.
Man sammelt ihn, wascht ihn mit schwach gesäuertem Wasser, und wenn das Waschwasser
farblos bleibt, sammelt man den Niederschlag auf einem Filter und läßt ihn
abtropfen.
Hernach behandelt man ihn mit einer concentrirten Säure, z.B. Schwefelsäure, und
nachdem die Auflösung bewerkstelligt ist, fällt man das Product durch eine große
Menge Wasser.
Das erhaltene Product ist alsdann hinreichend rein, um in den Handel gebracht werden
zu können. Für die Zwecke der Färberei und Druckerei kann man es in Alkohol, Säuren
oder Wasser auflösen.
Dieses Verfahren besitzt vor demjenigen mit chromsaurem Kali den großen Vortheil, daß
in das Product nicht eine Menge fremdartiger Substanzen (Harze, Chromoxydsalze etc.)
eingeführt wird, welche das Ausziehen des Anilinvioletts sehr schwierig oder
kostspielig machen.
Um den rothen oder violettrothen Farbstoff zu erhalten,
nehmen wir, sagen die Verfasser, salpetersaures Anilin und erhitzen es auf beiläufig
200° C. (In der Praxis wird man wohl stets einen mehr oder weniger
beträchtlichen Ueberschuß von Anilin anwenden müssen,
welches, wie die Verf. später angeben, die Oxydation mäßigen muß. E. Kopp.)
Nach Verlauf einer gewissen Zeit wird die Masse schön Violettroth und kann direct in
den Handel gebracht oder ausgezogen und als Lösung verkauft werden.
Wenn man röthere Nüancen erhalten will, setzt man dem salpetersauren Anilin eine mehr
oder weniger beträchtliche Menge Anilin (oder essigsaures, oxalsaures etc. Anilin) zu, je nach der
beabsichtigten Nüance. (Répertoire de Chimie
appliquée, October 1860, S. 307.)
2. Verfahren zur Darstellung des
Fuchsins; von C. Girard und G. Delaire, Chemiker an der kais. Münze zu
Paris.
Dieses Verfahren wurde in Frankreich im Mai 1860 patentirt.
Man bringt in einen Destillirapparat 12 Th. trockene Arsensäure und 12 Th. Wasser.
Nachdem sich die Arsensäure vollständig in Hydrat verwandelt hat, setzt man 10 Th.
Anilin zu, und vermischt das Ganze durch gehöriges Umrühren. Die Masse wird
gleichartig, teigförmig, beinahe fest (in Folge der Bildung von arsensaurem
Anilin).
Man erhitzt alsdann bei sehr gelindem Feuer, so daß die Temperatur allmählich erhöht
wird.
Die Masse wird nun flüssig; es destillirt Wasser über, und nur eine sehr geringe
Menge Anilin, wenn man die Operation gut geleitet hat. Nachdem die Temperatur von
120° C. erreicht wurde, ist ein großer Theil des Anilins in Farbstoff
verwandelt; man muß die Temperatur einige Zeit auf diesem Grade erhalten. Alsdann
fährt man fort zu erhitzen, indem man besorgt ist, niemals 160 C. zu
überschreiten.
Die Dauer einer Operation beträgt 4 bis 5 Stunden.
Man erhält so eine vollkommen gleichartige Masse, welche über 100° C. flüssig
ist. Beim Erkalten wird dieselbe fest, und stellt dann eine harte und spröde
Substanz dar, welche den Reflex der Florentiner Bronze besitzt.
Diese Substanz ist in Wasser sehr löslich; sie ertheilt demselben eine rein rothe
Farbe, ohne Beimischung von Violett, und von solcher Intensität, daß eine kochende
und concentrirte Lösung schwarz erscheint.
Man kann mit diesem Product ohne Nachtheil direct färben, denn nach Versuchen der
Genannten halten die Gewebe keine Spur von Arsenik zurück.
Uebrigens läßt sich dieses Product leicht von dem darin enthaltenen Arsenik durch
eine der folgenden Verfahrungsarten befreien:
1) Man pulverisirt das Rohmaterial, behandelt es mit concentrirter Salzsäure und
verdünnt dann mit Wasser. Die klare Auflösung sättigt man mit einem schwachen
Ueberschuß von Aetznatron.
Der Farbstoff schlägt sich nieder, während der Arsenik im Alkali aufgelöst bleibt.
Man wascht den Niederschlag einmal oder zweimal mit kaltem Wasser und braucht dann
nur noch zu filtriren oder zu decantiren, um den Farbstoff ganz rein zu haben.
2) Man löst das Rohmaterial in Wasser auf und behandelt es mit einer seinem Gehalt an
Arsenverbindungen entsprechenden Quantität gelöschten Kalks, von welchem man noch
einen schwachen Ueberschuß zusetzt.
Der Farbstoff wird gefällt, und auch die Arsenverbindungen werden als unauflösliche
Kalksalze niedergeschlagen.
Man behandelt dann den Niederschlag und die Flüssigkeit, ohne dieselben zu trennen,
mit Kohlensäure, Essigsäure oder Weinsteinsäure, welche den Farbstoff auflösen und
den unauflöslichen Arsenik zurücklassen.
Nach diesem Verfahren gibt das Anilin beiläufig sein gleiches Gewicht rothen
Farbstoff.Die Anwendung der Arsensäure zur Umwandlung des Anilins in Fuchsin wurde am
18. Januar 1860 für H. Medlock in England patentirt; man s. polytechn.
Journal Bd. CLVIII S. 146. (Répertoire de Chimie appliquée,
October 1860, S. 305.)
3. Verfahren zur Darstellung von
Anilinviolett und Anilinroth; von John Dale und Heinrich Caro in
Manchester.
Anilinviolett. – Zur Darstellung desselben erhitzt
man 1 Aequivalent eines neutralen Anilinsalzes (schwefelsaures,
chlorwasserstoffsaures oder essigsaures etc. Anilin) mit 6 Aequivalenten
Kupferchlorid, welches in einem dreißigmal so großen Gewichte Wassers aufgelöst ist,
als das des angewandten Anilins beträgt, und kocht die Mischung. Es entsteht
hierdurch ein schwarzer oder dunkelvioletter Niederschlag, welcher den Farbstoff
enthält. Man filtrirt und wäscht mit einer schwachen Lösung von caustischem oder
kohlensaurem Alkali so lange aus, bis alles lösliche Chlorid entfernt ist. Durch
Kochen mit Wasser geht der Farbstoff in Lösung, der dann, durch ein caustisches oder
kohlensaures Alkali gefällt, in Holzgeist gelöst und verwendet werden kann.
Beim Kochen mit Wasser bleibt ein Theil des dunklen Niederschlags ungelöst; man
trocknet denselben bei 100° C. und zieht ihn mit Holzgeist von 0,95 spec.
Gewicht aus. Man destillirt den Holzgeist wieder ab, schlägt den Farbstoff, wie
vorher angegeben, nieder, und behandelt ihn wieder in der beschriebenen Weise.
Anilinroth. – Zur Darstellung desselben erhitzt
man 2 Theile Anilin mit 2 Theilen trockenem, fein gepulvertem salpetersauren Blei
bis zum Siedepunkt des Anilins (182° C.). Dann fügt man in kleinen Portionen
unter beständigem Umrühren 1 Theil wasserfreie Phosphorsäure zu, indem man Sorge trägt, daß
die Temperatur nicht über 193° C. steigt. In einer oder anderthalb Stunden
ist die Einwirkung vollendet. Durch kochendes Wasser zieht man aus der Masse den
Farbstoff aus und schlägt ihn aus der heiß filtrirten Flüssigkeit durch Kochsalz
nieder. Die Lösung des (vorher bei 100° C. getrockneten) Niederschlags in
Holzgeist ist zum Färben verwendbar.
Die Anwendung der wasserfreien Phosphorsäure bei der Fabrication im Großen ist jedoch
nicht leicht thunlich, deßhalb empfehlen die Patentträger folgende Aenderung des
Verfahrens, unbeschadet der Ausbeute und der Güte des erhaltenen Products: 1 Theil
Anilin wird mit trockenem Salzsäuregas gesättigt und dann mittelst eines Oelbades
auf 193° C. so lange als oben angegeben erhitzt, indem man unter beständigem
Umrühren in kleinen Portionen trockenes, gepulvertes, salpetersaures Blei zusetzt.
Die weitere Behandlung der Masse ist die beschriebene. – Patentirt in England
am 26. Mai 1860. (Repertory of Patent-Inventions, Februar 1861, S. 135.)