Titel: Beschreibung eines Meßtisches aus dem mechanischen Institute von F. W. Breithaupt und Sohn in Cassel, und Vergleichung desselben mit dem von Prof. Dr. Junge in Freiberg construirten; von O. Börsch in Cassel.
Autor: O. Börsch
Fundstelle: Band 160, Jahrgang 1861, Nr. XXVII., S. 88
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XXVII. Beschreibung eines Meßtisches aus dem mechanischen Institute von F. W. Breithaupt und Sohn in Cassel, und Vergleichung desselben mit dem von Prof. Dr. Junge in Freiberg construirten; von O. Börsch in Cassel. Mit Abbildungen auf Tab. II. Börsch, über Breithaupt's Meßtisch im Vergleich mit dem von Junge construirten. Der von Professor Dr. A. Junge in Freiberg construirte und im Jahrgang 1860 des polytechn. Journals Bd. CLVIII S. 345 beschriebene Meßtisch, welcher wegen seiner Zweckmäßigkeit und dem ungetheilten Beifall, den er sich bei allen Sachverständigen erworben haben soll, der Aufmerksamkeit der Geometer und Markscheider in weiteren Kreisen empfohlen wird, gibt mit Veranlassung gleichfalls einen Meßtisch zu beschreiben, wie deren seit Jahren aus dem mechanischen Institute von F. W. Breithaupt und Sohn in Cassel hervorgehen, und mit dem vorgedachten zu vergleichen. Die drei Beine des Stativs sind wie gewöhnlich an dem Stativkopfe, jedoch mit versenkten Muttern, befestigt; die Knacken mit den Schuhen von Eisen und Stahlspitzen a, Fig. 17, sind etwas einwärts gerichtet, damit sie bei dem schiefen Stande der Beine besser in den Boden eindringen; ein Bein kann jedoch zum Zweck bequemerer und genauerer Einlothung, namentlich an Abhängen, verlängert und verkürzt, und die Theile können wie bei b, Fig. 17, durch Messingrahmen mit Klemmvorrichtung und Federunterlage so verbunden werden, daß an der Festigkeit nichts verloren geht. Der Stativkopf hat in der Mitte je nach Bedürfniß eine 3–4 Zoll weite cylindrische Oeffnung c, Fig. 18; in demselben sitzen in den Zwischenräumen je zweier Pfannenlager der Beine drei starke Spiralfedern 6, Fig. 18, und unter denselben eine eingepaßte, auf- und abwärts verschiebbare Holzplatte 6, Fig. 18, durch drei Messingplättchen f, Fig. 18, am Herabfallen gehindert; der Kopf hat somit einen federnden Boden, dessen Verwendung im Folgenden gezeigt wird. Auf dieses Stativ kommt der Kopf oder Aufsatz zur Aufnahme der Meßtischplatte, ein starker Dreifuß g, Fig. 18, mit Stellschrauben h und Unterlegplatten i, in verschiedener Verbindung mit ersterem; die mit randirten Köpfen versehenen Klemmschrauben k der Stellschrauben h sind nach Reichenbach außerhalb angebracht. In diesen Dreifuß ist zur Aufnahme der Achse eine BüchseBuchse l, l eingeschraubt, welche zur Erzielung größerer Festigkeit des ganzen Apparates abwärts so weit verlängert ist, daß ihr, mit einem Schraubengewinde versehenes Ende unter dem Stativkopfe heraussteht; durch eine Schraubenmutter mit Flügeln m, ein darüberliegendes durchbohrtes hölzernes Dreieck n, zur theilweisen Verschiebung zwischen den Stativbeinen so geformt, und die gegenwirkenden Spiralfedern d im Stativkopfe, wird der Dreifuß an das Stativ angeklemmt und dadurch befestigt. Die Oeffnung c in dem Stativkopfe hat nun den doppelten Zweck: 1) den Tisch mit Aufsatz zu verschieben, – weßhalb auch Unterlegplatten i unter den Stellschrauben h –, da eine besondere Verschiebung der Meßtischplatte allein nicht nöthig, vielmehr für die Festigkeit nur nachtheilig ist, um so mehr, als dadurch die Unterstützung aus dem Centrum der Tischplatte käme; 2) bei der Horizontalstellung des Aufsatzes Raum für die seitliche Verrückung der BüchseBuchse zu haben, und keine nachtheilige Spannung oder gar Biegung zu verursachen. In die BüchseBuchse 1,1 paßt eine Achse von Rothguß o, da aber bei sehr schwacher conischer Gestalt der Achse eine nachtheilige Abschleifung leichter stattfindet, eine stärkere Neigung aber nur auf Kosten der Länge derselben erzielt werden könnte, so ist eine nach Reichenbach's Angabe doppeltconische Achse gewählt, d.h. unter gleichem Reigungswinkel nur der obere und untere Theil conisch, der mittlere cylindrisch gedreht, wobei die Oberflächen (Mäntel) beider Coni gleich sind; der cylindrische Theil berührt die innere Wand der BüchseBuchse nicht. An dieser Achse, welche zur Verringerung des Gewichtes und auch für zusammengesetzte Apparate zur Aufnahme eines Federgehäuses, und der BüchseBuchse an dem Limbus eines Theodoliten, hohl ist, und unten einen eingeschraubten Pendelhaken p hat, ist eine Platte q (Teller) zur Aufnahme der Meßtischtafel angeschraubt; diese Platte darf jedoch den oberen Rand der BüchseBuchse l nicht berühren, dagegen stützt sich nach Breithaupt's Construction der an der Platte q angeschraubte Mantel r der BüchseBuchse l, welcher die Laufscheibe s für das Mikrometerwerk trägt, an seinem unteren conisch gedrehten Ende t auf einen unter gleichem Neigungswinkel, wie die inneren Coni, entsprechenden aufrechtstehenden Conus u an der äußeren BüchseBuchsenwand, dessen Durchmesser um so größer gewählt wird, als die Belastung oder Oberfläche des Tisches etc. größer ist. Die Platte q, Fig. 18 und 19, hat eine eigene, in der Zeichnung leicht ersichtliche, geschweifte Form mit drei geschlitzten Oeffnungen v, indem dadurch der Vortheil erzielt wird, daß die drei Schrauben, welche in die Muttern des in die Tischplatte versenkten messingenen Dreiecks passen, vorher angeschraubt, dann ohne Mühe in die drei Schlitze eingeschoben und nun fest angezogen werden können. Die an dem Mantel r befindliche Laufscheibe s hat an der unteren Fläche eine Nuth w, und dient zur Befestigung der Klemme x an der Mikrometerschraube y; diese letztere ist eine Differential-Mikrometerschraube, welche zuerst von dem mechanischen Institute von F. W. Breithaupt und Sohn eingeführt wurde, und den großen Vortheil gewährt, daß sie bei jeder beliebigen Stärke der Schraubenstange und Tiefe der Schraubengänge die feinste Stellung zuläßt, wenn nur der Unterschied beider Gewinde entsprechend gering ist. Die eine kugelförmige Mutter z der Mikrometerschraube y ist an der Klemme x, die zweite z' an dem einen Fuß des Aufsatzes angebracht; beide Muttern sind zum Zweck der Federung in der Richtung der Schraube aufgeschnitten, und können die sie haltenden Backen (Kloben) zur Vermeidung des todten Ganges durch Schrauben hinlänglich geklemmt werden. Diese ganze Bremsvorrichtung gewährt alle mögliche Festigkeit und für den vorliegenden Zweck den Vorzug vor jeder anderen, namentlich in Bezug auf Feinstellung vor der durch einfache Mikrometerschraube mit gegendrückender Feder. Außer diesem Meßtische kann der im 3ten Hefte des Magazins von mathematischen Instrumenten von F. W. Breithaupt, Cassel 1846,Auf die bis jetzt erschienenen vier Hefte des „Magazins mathematischer Instrumente von F. W. Breithaupt, Cassel 1827, 1835, 1846 und 1860, wird hiermit die Aufmerksamkeit aller Fachmänner gelenkt. ausführlich beschriebene Meßtisch-Apparat, wie auch solche bei der topographischen Aufnahme von Kurhessen verwendet wurden, als in jeder Beziehung zweckmäßig, zuverlässig und probehaltig empfohlen werden, wobei ich nur noch erwähnen will, daß aus dem angeführten Hefte ersichtlich, wie die von Prof. Dr. Junge als neu speciell beschriebene Schraubenstange (cylindrische Stange) schon vor 1846 von etc. Breit Haupt, aber richtiger, angewendet wurde. Auch in Schneitler's „Instrumente und Werkzeuge“, 3te Auflage, Leipzig 1858, sind S. 107 und 166 empfehlenswerthe Meßtische aus dem Institute von Breithaupt und Sohn beschrieben, wobei jedoch gerügt werden muß, daß die S. 110 von Dr. Schneitler gegebene Beschreibung wegen einer Unrichtigkeit (Zweck der Knopfschrauben) und einer Auslassung (Spiralfedern im Stativkopfe) leicht zu Mißdeutungen führen könnte. Vergleicht man nun den in Vorstehendem ausführlich beschriebenen Meßtisch aus dem mechanischen Institute von F. W. Breithaupt und Sohn mit dem von Prof. Dr. Junge in Freiberg construirten, so wird sich leicht nachweisen lassen, daß letzterer an drei wesentlichen Fehlern leidet. Die in dem angeführten Aufsatze dieses Journals Bd. CLVIII S. 346 weitläufig beschriebene cylindrische Stange (technische Bezeichnung „Schraubenstange“) hat ein halbkugelförmiges Messingstück g, welches gegen eine entsprechende Vertiefung an der unteren Seite des Stativkopfes angedrückt wird, und hierdurch sowohl, als auch bei dem Mangel einer erweiterten Oeffnung in dem Stativkopfe eine seitliche Verschiebung der Schraubenstange und des Dreifußes nicht gestattet. Hat nun der Stativkopf, wie dieses namentlich an steilen Abhängen oft nicht anders möglich ist, eine geneigte Richtung, so wird der Dreifuß mit Ständer (technische Bezeichnung BüchseBuchse) bei der kleinen Oeffnung im Stativkopfe nahezu dieselbe Steigung haben müssen, damit die Mutter der Schraubenstange das Schraubengewinde der BüchseBuchse fassen kann; in der Regel ist aber der Aufsatz mit Meßtischplatte, wenigstens für die Arbeit eines Tages, einmal für allemal auf das Stativ aufgeschraubt, in beiden Fällen ist also der Tisch nicht horizontal, und hat die in Fig. 20 angegebene Lage, wobei a, b den Stativkopf, c, d den Dreifuß mit Stellschrauben und e, f die Schraubenstange bezeichnen; soll nun c, d horizontal gestellt werden, so würde das Instrument, da der Mittelpunkt der Drehung desselben hierbei nicht in der kleinen Oeffnung g des Stativkopfes, sondern in h, dem Fußpunkte der Stellschraube bei d, sich befindet, in die punktirt angegebene Lage kommen, die Schraubenstange e, f müßte also, da bei g keine seitliche Verrückung möglich ist, biegen oder brechen; dient der Dreifuß als Untersatz eines Theodoliten oder einer Boussole, so kann in den meisten Fällen eine centrale Aufstellung gar nicht erzielt werden. Gleichfalls werden aber auch, da die Unterlegplatten der Stellschrauben entfernt sind, die Spitzen der letzteren in den Stativkopf schon vermöge der Schwere des Instruments, noch mehr aber durch das Anspannen durch die Spiralfeder eindringen, es wird also, da auch hier keine Verrückung von i nach i' stattfinden kann, eine Biegung oder wenigstens nachtheilige Spannung der Stellschrauben gegen ihre Muttern die Folge seyn. Jedenfalls werden diese Mißstände auch bei gewöhnlicher nur geringer Abweichung des Stativkopfes von der horizontalen Lage, bei dem öfteren Gebrauche einen höchst nachtheiligen Einfluß auf die Güte und Festigkeit des Instruments ausüben. Ferner soll nach geschehener Horizontalstellung die Mutter der Schraubenstange so weit fest angezogen werden, bis die Windungen der Spirale fast unmittelbar an einander liegen; durch diese schon an und für sich übertriebene Zusammenpressung wird aber, bei gleichzeitigem Verluste aller Federung der Spirale nicht allein möglicher Weise eine merkliche Verrückung des Statives zu befürchten seyn, sondern es werden auch die Spitzen der Stellschrauben in das Holz eindringen, durch beides aber wird die horizontale Lage der Meßtischplatte wieder aufgehoben. Weiter liegt nach Hrn. Dr. Junge's Construction die untere Fläche der Platte (Teller) m, an welche die conische Achse befestigt ist, auf dem oberen Rande der BüchseBuchse (Ständer) auf; eine Einrichtung, die höchstens für ein ganz neues Instrument richtige Resultate liefert, bei längerem Gebrauche aber ein Ausschleifen der BüchseBuchse und der Achse, so wie der Platte und des oberen BüchseBuchsenrandes in der Weise nach sich zieht, daß ein für die Stabilität des Instrumentes nachtheiliger Spielraum entsteht, ohne ein Mittel zur Beseitigung dieses Uebelstandes zu geben, d.h. daß sich die Achse nachsetzen kann, da bei der sehr schwachen conischen Gestalt der Achse die Abschleifung derselben und des BüchseBuchsenrandes nicht verhältnißmäßig ist. Eine sichere und leichte Horizontalbewegung ist durch diese Construction geradezu unmöglich, und ist dieselbe auch von allen Mechanikern als unhaltbar längst aufgegeben. Ist auch im Allgemeinen gegen die Bremsvorrichtung an dem oberen Theile der BüchseBuchse vermittelst des Ringes und der Klemmschraube r nichts einzuwenden, so ist man von dieser veralteten Klemmung doch längst abgekommen, da durch Anziehen der beiden Backen n und o des Ringes leicht ein Fortschieben des einvisirten Objectes aus der Visirlinie, ja mitunter aus dem Gesichtsfelde des Fernrohrs entstehen kann, auch ist sie für den Gebrauch unbequem, indem man gern bei der Klemmschraube auch gleich die Mikrometerschraube zur Hand hat; aber auch die Festigkeit ist nicht einmal erhöht, da dieselbe nur in der Verbindung des Ringes, beziehungsweise des Armes p an demselben mit dem Rahmen s begründet ist. Durchaus verfehlt ist aber für den speciell vorliegenden Zweck der Apparat zur Feinstellung mit Hülfe der Schraube t, des Armes p und der Feder q; Hr. Dr. Junge fühlt selbst, daß hierdurch keine Stabilität erzielt werden kann, statt aber von dieser Art von Mikrometerwerk ganz abzustehen, wird noch eine zweite Klemmschraube eingeführt, nach der Feinstellung in Anwendung gebracht, und dadurch nur die Sache verschlimmert, statt sie zu verbessern, indem sowohl die horizontale Stellung als die Orientirung des Tisches und die genaue Einvisirung des Objectes wieder in Frage gestellt wird. Ein mäßiger Preis, wie der angegebene von 32 Rthlr., ist zwar recht anerkennenswerth, nur darf er nicht auf Kosten der Güte des Instrumentes herbeigeführt werden. Hiernach kann also der von Hrn. Professor Dr. August Junge in Freiberg construirte Meßtisch weder auf den ungetheilten Beifall aller Sachverständigen, – auch ich rechne mich ein Weniges dazu, da ich eine lange Reihe von Jahren an der topographischen Aufnahme von Kurhessen mitgearbeitet habe, – Anspruch machen, noch kann er wegen seiner Zweckmäßigkeit der Aufmerksamkeit der Geometer und Markscheider empfohlen werden; was ihn von anderen Meßtischen wesentlich unterscheidet, sind gerade Fehler. Ueberhaupt muß ein Meßtisch bei fortwährendem Gebrauche eine langjährige Probe in den Händen von Fachmännern bestanden haben, ehe er als zweckmäßig empfohlen werden kann; diese als gut bestandene Probe dürften aber die nur drei bis jetzt gebauten Meßtische des Hrn. Dr. Junge wohl nie nachweisen können.

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