Titel: Ueber die Niedersenkung von Brunnen.
Fundstelle: Band 160, Jahrgang 1861, Nr. LXXIX., S. 260
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LXXIX. Ueber die Niedersenkung von Brunnen. Mit Abbildungen auf Tab. IV. Ueber die Niedersenkung von Brunnen. Hr. Maschinendirector Kirchweger in Hannover berichtet in den Mittheilungen des hannoverschen Gewerbevereins, 1860 S. 70, über die Niedersenkung eines gemauerten Brunnens von 20 Fuß Durchmesser im Lichten, 15 bis 16 Fuß tief im Treibsande und unter Wasser, auf dem dortigen Bahnhofe. Die Schwierigkeiten, welche das Niedersenken einer Schachtmauer von so großem Durchmesser bei einer großen Tiefe verursacht, wurden hier auf folgende Weise überwunden. So tief als das Grundwasser es gestattete, wurde zunächst eine Grube ausgehoben, auf deren geebneten Grund ein Grundring von Eichenholz, entsprechend dem Durchmesser der Brunnenmauer, gelegt wurde. Dieser Ring bestand aus zwei aufeinander genagelten Bohlenlagen, von denen die untere, ursprünglich etwa 6 Zoll dick, nach innen aufwärts stark abgeschrägt war. Die untere Fläche des Holzringes bildete sonach einen hohlen Kegel, dessen äußerste, zunächst in den Boden einschneidende Kante mit einem entsprechenden Eisenbeschlage versehen wurde. Die 1 1/2 Stein starke Brunnenwand wurde in Cement gemauert, nachdem man 4 eiserne Ankerbolzen in gleicher Vertheilung lothrecht auf den unteren Ring aufgesetzt hatte, so daß diese nun inmitten des Mauerwerks standen. Diese Anker dienten zunächst als Hängeeisen dazu, das Mauerwerk im Gleichgewichte zu erhalten, damit eine Seite der Brunnenmauer sich nicht unzeitig senke. Zu diesem Zwecke war ein starkes Holzbalkenlager über dem Brunnen hergerichtet, an welchem mittelst der 4 Anker, Ketten und Schrauben die Brunnenmauer hing, so daß durch entsprechende Lockerung der Schrauben ein regelmäßiges Niedergehen des Mauerwerks bewirkt werden konnte. Um auch an der Oberkante die Kreisform der Brunnenmauer zu erhalten, war auch hier ein Ring aus Eichenbohlen gleichzeitig durch jene Anker befestigt. Die Senkung der Brunnenmauer wurde bewirkt durch Ausheben des Sandes vom Grunde des Brunnens mittelst eines Trichterbohrers, dessen Construction aus Fig. 27 und 28 deutlich wird. A ist ein Trichter von 1/16zölligem Eisenblech, in Fig. 27 in 1/8, in Fig. 28 in 1/4 nat. Gr. gezeichnet, B, B ein daran genieteter Bügel zur Verbindung mit der tannenen Stange C, C, welche mittelst eines hölzernen Handgriffes, der durch einen Keil an jeder Stelle der Stange befestigt werden kann, gedreht wird. Der Bügel B, B ist mit der Stange C, C durch einen Bolzen e um diesen drehbar verbunden. Die in Fig. 27 gezeichnete Stellung der Stange ermöglicht ein besseres Ausschütten des Sandes aus dem Trichter. Beim Bohren wird dadurch eine feste Verbindung der in die Längenachse des Trichters gedrehten Stange mit diesem hervorgebracht, daß ein Ring f über die vorstehenden Lappen B' des Bügels geschoben wird. Der Trichter A hat einen Längenschlitz a, b, welcher durch eine Lederklappe c, c von Innen verschlossen wird; d, d ist ein Blechstreifen zur Befestigung der Lederklappe. Wird nun der Trichter senkrecht in den Grund gedrückt und nach Richtung des Pfeiles gedreht, so schneidet die vorstehende Schlitzkante b in den Sand ein, die sich öffnende Lederklappe läßt den abgeschnittenen Sand in den Trichter eindringen. Beim Ausheben des Bohrers verhindert jene Klappe den Austritt des Sandes durch den Schlitz. Die Arbeiter, welche mittelst solcher Bohrinstrumente an jeder beliebigen Stelle den Sand aus dem Grunde des Brunnens emporzuheben hatten, standen auf einem schwebenden Gerüste dicht über der Wasserfläche, verrichteten also ihre Arbeit im Trocknen, während der Brunnen niemals vom Wasser entleert wurde.

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