Titel: | Verfahrungsarten zum Reinigen des Steinkohlengases von Schwefelkohlenstoff und anderen Schwefelverbindungen, sowie zum Reinigen der Steinkohlentheeröle von Schwefelverbindungen und Theer; von W. R. Bowditch. |
Fundstelle: | Band 160, Jahrgang 1861, Nr. LXXXIII., S. 284 |
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LXXXIII.
Verfahrungsarten zum Reinigen des
Steinkohlengases von Schwefelkohlenstoff und anderen Schwefelverbindungen, sowie zum
Reinigen der Steinkohlentheeröle von Schwefelverbindungen und Theer; von W. R. Bowditch.
Patentirt in England am 31. Mai 1860. – Aus dem Repertory of Patent-Inventions, Februar
1861, S. 147.
Bowditch's Verfahrungsarten zum Reinigen des Steinkohlengases von
Schwefelkohlenstoff etc.
I. Reinigung des
Steinkohlengases.
Erstes Verfahren, mit Anwendung
kalter Reinigungsmaterialien.
Ich breite auf der untersten Rostlage (oder Horde) jedes gewöhnlichen
Trockenkalk-Reinigers soviel gepulverten feuchten Thon aus, als darauf
Platz hat; auf die übrigen Rostlagen gebe ich Schichten von gelöschtem Kalk oder
von Eisenoxydhydrat. Das Gas wird durch diese Reinigungsapparate in gewöhnlicher
Weise geleitet. Wenn ein solcher Apparat geleert wurde, muß der theilweise
ausgenutzte Thon so ausgebreitet werden, daß die Luft auf ihn einwirken kann.
Nachdem dieses geschehen ist, benutzt man den Thon wieder in Verbindung mit den
anderen Materialien, und zwar am besten auf folgende Weise:
Es wird ein Vorreiniger angewandt, durch welchen man
das Gas auf seinem Wege von dem Condensator zu den gewöhnlichen
Reinigungsapparaten ziehen läßt. Dieser Vorreiniger enthält vier Rostlagen; die
zwei zunächst dem Einlaßrohr befindlichen Rostlagen werden mit Thon beschickt,
welcher in den gewöhnlichen Reinigungsapparaten angewandt und hernach der Luft
ausgesetzt worden ist; die dritte Rostlage wird mit Sägespänen beschickt, welche
mit einer Säure oder einem zur Absorption von Ammoniak geeigneten Metallsalz
gesättigt wurden; die vierte Rostlage wird ebenso mit Thon beschickt, wie die
erste und zweite. Das Gas geht dann nach den gewöhnlichen Reinigungsapparaten,
deren jeder, wie oben angegeben, eine Rostlage mit frischem Thon enthält,
während die übrigen Rostlagen mit Kalkhydrat oder Eisenoxydhydrat beschickt
sind. Durch die Anwendung von Thon in Verbindung mit den anderen Materialien, in
vorgeschriebener Weise, wird das Gas besser von den (außer dem
Schwefelwasserstoff) darin enthaltenen Schwefelverbindungen gereinigt, als dieß
durch die bisherigen Methoden der kalten Reinigung möglich ist. Der Vorreiniger
muß geleert und wieder gefüllt werden, sobald man eine hinreichende Menge von
theilweise ausgenutztem Thon, welcher aus den gewöhnlichen Reinigungsapparaten
genommen wurde, dazu vorräthig hat.
Der ausgenutzte Thon bildet einen schätzbaren Dünger, und die aus den
Reinigungsapparaten genommenen Sägespäne benutzt man zur Gewinnung von
Ammoniaksalzen.
Zweites Verfahren, mit Anwendung
heißer Reinigungsmaterialien.
Dieses Verfahren, um dem Steinkohlengase Unreinigkeiten zu entziehen, welche
durch die jetzt gebräuchlichen Processe aus demselben nicht zu entfernen sind,
besteht darin, das Gas zuerst durch gepulverten Thon, Eisenoxydhydrat oder
vorzugsweise Kalkhydrat, welche unter der Rothglühhitze erwärmt sind, zu leiten,
und es hernach durch die gewöhnlichen kalten Reinigungsmaterialien ziehen zu
lassen.
Um den Thon, das Eisenoxydhydrat oder den gelöschten Kalk zur Anwendung in heißen
Reinigern vorzubereiten, siebe ich von denselben das feine Pulver ab, welches
durch ein Drahtgewebe von 49 Maschen pro Quadratzoll
geht. Die Reinigungsmaterialien sollen kleine Stücke von 1/8–3/8 Zoll
Durchmesser bilden, damit das Gas ohne viel Druck hindurchziehen kann. Den Kalk
erhält man in diesem Zustande am besten, wenn man ihn, nachdem er gelöscht
wurde, künstlich trocknet; das natürliche Eisenoxyd und den Thon zerstoßt man;
gefälltes Eisenoxyd und feines Pulver von natürlichem Eisenoxyd befeuchtet man
so stark, daß man daraus zusammenhängende Stücke bilden kann, und trocknet sie
dann künstlich.
Die Reinigungsmaterialien müssen auf die geignete Temperatur erhitzt werden,
bevor man das Gas durch sie ziehen läßt; denn das in den heißen Materialien
enthaltene Wasser, welches bei der zur Reinigung angewandten Temperatur als
Dampf entweichen kann, muß ausgetrieben werden, um dieselben in den zum Reinigen
des Gases geeigneten Zustand zu versetzen. Die Temperatur, welche man den heißen
Reinigungmaterialien bei ihrer Benutzung zu ertheilen hat, variirt einigermaßen
nach der zur Gaserzeugung verwendeten Kohle und nach der dabei angewandten
Hitze. Für Gas, welches bei der gewöhnlichen Temperatur erzeugt wurde, ist die
geeignetste Temperatur für die Reinigungsmaterialien 138 bis 150° C.;
dagegen wird man dieselben über 150° C. erhitzen müssen, wenn das Gas bei
höheren als den gewöhnlichen Temperaturen erzeugt wurde. Eine noch höhere
Erhitzung der Reinigungsmaterialien kann erforderlich seyn, wenn die Entfernung
der letzten Spuren von Schwefel aus dem Gase von größerer Wichtigkeit ist, als
ein Verlust an Leuchtkraft. Die Temperatur der Reinigungsmaterialien darf aber
nicht zu hoch gesteigert werden, weil vom Schmelzpunkte des Bleies aufwärts
eine beträchtliche Ablagerung von lichtgebender Substanz auf dem heißen
Reinigungsmaterial erfolgt; erreicht dasselbe die Rothglühhitze, so verliert das
Gas seine Leuchtkraft fast ganz. Als Regel gilt, das Reinigungsmaterial bei der
niedrigsten Temperatur anzuwenden, welche sich mit seiner Wirksamkeit verträgt.
Die Grenzen liegen zwischen 115 und 215° C. Wenn man das
Reinigungsmaterial bei einer niedrigeren Temperatur als 115° C. anwendet,
so werden die Unreinigkeiten in geringerem Verhältniß entfernt, als wenn das
Material auf jenen Grad erhitzt ist, obgleich, wie ich gefunden habe, gelöschter
Kalk, welcher gehörig getrocknet wurde, den Schwefel aus dem Schwefelkohlenstoff
und anderen Schwefelverbindungen, die das nach dem bisherigen Verfahren
gereinigte Steinkohlengas in der Regel enthält, schon bei 42° C. in Form
von Schwefelwasserstoff frei macht.
Die geeignetsten Behälter für das heiße Reinigungsmaterial sind gußeiserne
Cylinder, mit einer Thür an jedem Ende. Jeder solche Cylinder muß, um das
Reinigungsmaterial mittelst Dampf von geeigneter Temperatur erhitzen zu können,
mit einem eisernen dampfdichten Mantel versehen seyn. Man befestigt die Reiniger
vertical; sie brauchen nur eine Länge von drei bis vier Fuß zu haben, ihre Weite
aber muß derart seyn, daß man das Maximum des in einem Tage erzeugten Gases
leicht hindurch ziehen lassen kann. Als Anhaltspunkt für das erforderliche
Quantum von heißem Reinigungsmaterial dient, daß zur Zersetzung der im Gase in
der Regel enthaltenen Schwefelverbindungen und um deren Schwefel in Form von
Schwefelwasserstoff frei zu machen, das Gas durch eine beiläufig drei Fuß dicke
Schicht von heißem Reinigungsmaterial, welches auf oben angegebene Weise
zubereitet ist, geleitet werden muß. Um die Reiniger zu beschicken, wird die
Thür am unteren Ende fest zugemacht und das Reinigungsmaterial durch das obere
Ende eingeschüttet, bis der Reiniger gänzlich angefüllt ist, so daß das
hindurchgeleitete Gas mit dem heißen Material in Berührung kommen muß. Um zu
ermitteln, ob das Reinigungsmaterial erneuert werden muß, benützt man einfach
Bleipapier; wenn das unmittelbar aus dem heißen Reiniger abziehende Gas das
Bleipapier stark und schnell schwärzt, so ist das Material in gehörigem
Zustande, außerdem muß es erneuert werden.
Nachdem das Gas die heißen Reiniger passirt hat (durch deren nicht bis zum
Rothglühen erhitztes Material der im Gase enthaltene Schwefelkohlenstoff und die
übrigen Schwefelverbindungen mit den Elementen des Wassers in
Schwefelwasserstoff und Kohlensäure umgesetzt und frei gemacht werden), muß es
in gewöhnlicher Weise abgekühlt und hernach durch die jetzt gebräuchlichen kalten
Reiniger geleitet werden, welche die Materialien zur Entfernung von
Schwefelwasserstoff, Ammoniak und Kohlensäure enthalten.
Ich empfehle, das Gas dem gewöhnlichen kalten Reinigungsproceß zu unterziehen,
bevor man es das heiße Reinigungsmaterial passiren läßt, weil dann letzteres
nicht durch Theer verstopft und durch Wasser abgekühlt wird, welche das Gas aus
dem Condensator mitbrachte, sondern beide Substanzen in den kalten Reinigern
zurückgehalten wurden. Mein Verfahren kann jedoch angewandt werden, sobald das
Gas den Condensator verläßt und bevor es in den gewöhnlichen Reiniger zieht;
dann ist es aber weniger wirksam und mehr Störungen ausgesetzt, als wenn das Gas
vorher dem kalten Reinigungsproceß unterzogen wurde.
Meine Erfindung kann auch von den Gasconsumenten angewendet werden, in welchem
Falle man das Gas, welches die Gasuhr verläßt, durch einen kleinen Reiniger
leitet, der mit heißem gelöschtem Kalk beschickt ist, und dann durch einen
Reiniger, welcher Schichten von gewöhnlichen kalten Reinigungsmaterialien
enthält, wornach das Gas verbrannt werden kann. Der Druck des Gases in den
Localitäten der Consumenten ist oft nicht derart, daß es viel Widerstand
überwinden kann, weßhalb man von dem kalten Reinigungsmaterial das feine Pulver
absieben muß, wie ich es oben für das heiße vorgeschrieben habe, wornach das Gas
durch die Reiniger ziehen wird, ohne merklich an Druck zu verlieren.
II. Reinigung der
Steinkohlentheeröle.
Um diese Oele von Theer und Schwefelverbindungen zu befreien, und sie weißer und
freier von unangenehmem Geruch zu machen, reinige ich dieselben wie das
Steinkohlengas mittelst Kalkhydrat, gepulvertem Thon oder Eisenoxydhydrat.
Ein gußeiserner, mit Dampfgehäuse versehener Cylinder wird vorzugsweise mit
Kalkhydrat beschickt, von welchem das feine Pulver abgesiebt worden ist, und dieses
Material dann bis auf den Siedepunkt der zu reinigenden Oele oder wenig darüber
erhitzt. Nachdem das Reinigungsmaterial die geeignete Temperatur erlangt hat, läßt
man die Oele in den unteren Theil des heißen Reinigers gelangen und durch denselben
hinaufziehen, wornach man es in gebräuchlicher Weise condensirt. Man hat darauf zu
achten, daß die Oele nicht zu rasch in den Reiniger getrieben werden. Das bei diesem
Proceß erzeugte Gas läßt man in die Atmosphäre entweichen oder besser von gelöschtem
Kalk absorbiren. Es ist sorgfältig zu verhüten, daß der durch dieses Verfahren frei
gemachte Theer mit den gereinigten Oelen übergeht und sich folglich in denselben
auflöst, was eintritt,
wenn das Reinigungsmaterial mit Oel gesättigt ist. Um diese Sättigung zu vermeiden,
muß man den heißen Reiniger langsam mit dem Oel beschicken. Das gereinigte Oel wird
dann genügend entfärbt seyn. Zeitweise sammelt man von dem Oel, welches aus dem
Reiniger durch den Condensator ging, eine Probe in einem Glasgefäße, um sie zu
untersuchen; ist es gefärbt, so muß man das durch den heißen Reiniger ziehende
Quantum vermindern. Sollte bei einem langsamen Strome das destillirte Oel gefärbt
seyn, so muß der heiße Reiniger mit frischem Material beschickt werden.
Die gereinigten Oele lösen einen Theil der beim Reinigungsproceß erzeugten Gase auf,
welche einen stärkeren Geruch entwickeln als die Oele ursprünglich haben. Um solches
Gas zu entfernen und den Geruch der Oele zu verbessern, wäscht man dieselben mit
einer schwachen Auflösung von Aetznatron oder Aetzkali. Dieses Waschen der Oele
dürfte jedoch in der Regel nicht erforderlich seyn.
Nach meiner Erfahrung erhält man mit einer Quantität erhitzten Reinigungsmaterials,
welche beiläufig ein Viertel vom Gewicht des zu reinigenden Oels beträgt, ein
vortreffliches Resultat.