Titel: | Neues Verfahren der Kohksbereitung im Freien; von S. H. Blackwell in Dudley. |
Fundstelle: | Band 160, Jahrgang 1861, Nr. LXXXIX., S. 301 |
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LXXXIX.
Neues Verfahren der Kohksbereitung im Freien; von
S. H. Blackwell in
Dudley.
Aus dem Civil Engineer and Architect's Journal, Februar
1861, S. 57.
Blackwell's Verfahren der Kohksbereitung im Freien.
Die Kohksbereitung ist verschieden, je nachdem backende oder nicht backende
Steinkohlen verwendet werden. Für erstere bedient man sich fast allgemein der
Kohksöfen, welche in jeder Operation 2-4 (engl.) Tonnen brennen. Bei den
besten Oefen hat man besonders den Zweck im Auge: 1) eine möglichst hohe Temperatur
zu erreichen (weßhalb man die Luft vor ihrem Eintritt erhitzt), 2) die entweichende
Hitze zu benutzen (weßhalb man die Feuergase vor ihrem Entweichen um den Ofen und
unter demselben herum führt), und 3) nur so viel Zugluft an einer solchen Stelle des
Ofens einzuführen, daß möglichst jede schädliche Wirkung auf die Kohle vermieden
wird, sowohl während des Verkohkungsprocesses als auch später vor dem Ausleeren der
Ladung.
In Süd-Staffordshire und anderwärts, wo die Kohle nicht backend ist, sind bis
jetzt nur offene Kohlenhaufen angewandt worden. In ihrer einfachsten Form bestehen
sie aus einem Schornstein von Backsteinen, von 4 1/2-5 Fuß Höhe bei einem
innern Durchmesser von 2 Fuß unten und 18 Zoll oben, der in den Seiten Zuglöcher
hat, und um welchen herum die Kohle sorgfältig aufgeschichtet wird. Die größten
Kohlenstücke werden zuerst gegen den Schornstein gestellt; an und auf diese kommen
andere große Stücke, bis zur Höhe des Schornsteins selbst, welche dann wieder mit
kleineren Stücken umgeben werden, worauf man die ganze Oberfläche des Haufens mit
kleinen Kohlenstücken abrundet und ausfüllt. Das Kohlenquantum, welches in solchen
runden offenen Haufen verkohlt wird, wechselt zwischen 10 und 30 Tonnen, je nach der
Qualität und der Bestimmung der Kohle. Wenn der Haufen fertig aufgestellt ist, wird
ein Brei (blacking) aus Kohksstaub und Wasser gemacht
und damit die ganze Oberfläche des Haufens bis auf einen Ring von 6'' vom Fußboden
an sorgfältig
bedeckt; dieser offene Raum dient als Einlaß für die Luft bei der Verbrennung.
Hierauf wird der Haufen oben am Schornstein angezündet; das Feuer verbreitet sich
längs desselben nach unten und kommt dann am Fuß des Haufens zum Vorschein. Wenn
dieß geschieht und die untersten Kohlen hinreichend verkohlt sind, wird der Fuß des
Haufens allmählich mit trockenem Kohlenstaub bedeckt, um die Luft abzuhalten. Indem
das Feuer sich nach oben verbreitet, wird die alte Decke allmählich verzehrt; man
ersetzt sie durch eine neue von trockenem Kohksstaub, indem man stets einen
hinreichenden Zwischenraum für den Luftzutritt frei läßt. Endlich wird der ganze
Haufen zugedeckt, das Feuer gedämpft und die Masse abkühlen gelassen, was man durch
Eingießen von Wasser befördert, wodurch zugleich die Entschwefelung vollkommener
wird. Der Proceß ist alsdann beendet und die Kohks werden weggenommen.
Außer diesen runden Haufen mit Mittelkamin sind auch lange mit einem oder mehreren
Schornsteinen im Gebrauche; doch beruhen sie alle auf denselben Principien. Stets
wird die zur Verbrennung erforderliche Luft von der umgebenden Atmosphäre entnommen
und die Verbrennungsproducte entweichen als dichter Rauch durch den Kamin; stets
wird auch eine größere oder geringere Oberfläche von glühenden Kohlen der freien
Luft dargeboten. In der That gibt es keine mit der Eisenindustrie zusammenhängende
Operation, die so sehr das Aussehen der Umgegend beeinträchtigt und die Atmosphäre
so mit Kohlentheilchen anfüllt, wie das Kohksbrennen in offenen Haufen, und es
schien bisher am schwierigsten, eine Aenderung dieses Uebelstandes zu bewirken.
Da ich mich vielfach damit beschäftigte, die Rückstände von der Destillation des
Kohlentheers zu benutzen, um den nicht backenden Kohlen des oben genannten Districts
eine backende Beschaffenheit mitzutheilen, so habe ich meine Aufmerksamkeit auch auf
das Auffangen der Verbrennungsproducte von Kohkshaufen gerichtet. Daß diese je nach
Umständen verschiedene Mengen Theer und ammoniakalische Flüssigkeit durch
Condensation liefern können, ist bekannt, sowie daß diese Menge um so größer ist,
bei je niedrigerer Temperatur das Verkohlen stattfindet. Einige Versuche zeigten die
Möglichkeit, auch bei offenen Haufen diese Producte zu sammeln und im weiteren
Verlauf dieser Versuche ist folgende Einrichtung als zweckmäßig festgestellt
worden.
Von dem Boden des wie gewöhnlich errichteten mittleren Kamins geht ein gebogenes
gußeisernes Rohr etwa 2 Fuß unter der Oberfläche nach einer damit senkrecht gelegten
Sammelröhre, welche nach den Condensatoren führt; letztere stehen einerseits mit dem Reservoir,
andererseits mit einem großen Hauptschornstein in Verbindung.
Zwei Klappen befinden sich an jedem Kohkshaufen; die eine dient zum Verschließen des
Kamins, die andere zum Verschließen der untern gebogenen Röhre.
Die Haufen werden wie gewöhnlich aufgestellt und mit der nassen Decke bedeckt, am
unteren Rand wird jedoch keine freie Stelle (für den Zug)
gelassen. Dann wird oben angezündet, der Kamin oben verschlossen und die Klappe des
Abzugsrohres geöffnet. Nachdem auf diese Weise die Verbindung durch die Hauptröhre
und die Kondensatoren zum Hauptschornstein hergestellt ist, tritt, wenn dieser
kräftig genug zieht, die äußere Luft durch die Decke des Haufens hindurch in diese
in hinreichender Menge ein und die Producte der fortschreitenden Verbrennung ziehen
durch den Mittelkamin, durch die gebogene Röhre und die Sammelröhre nach den
Condensatoren. Das Sammelrohr wird durch einen Wasserstrom an seiner Oberfläche kühl
gehalten und auch die Condensatoren werden durch Wasserstrahlen abgekühlt.
Wenn das Feuer weiter fortgeschritten ist, zeigt sich am unteren Ende des Sammelrohrs
ein Strom Theer und Ammoniakwasser. In den beiden Condensatoren werden weitere
Quantitäten davon abgesetzt und der Rest von gasförmigen Producten wird nach dem
Schornstein abgeführt. Die Condensation wird durch Metallplatten, die in den
Condensatoren auf dem Wege der Producte angebracht sind, befördert, das Condensirte
in den Reservoiren gesammelt. Obwohl diese Condensation noch sehr unvollkommen ist,
so wurde sie doch, als den Umständen angemessen, angenommen.
Ist der Zug stark und sind die Röhren weit genug, so ist die Verbrennung etwas
stärker als bei den gewöhnlichen Haufen und außen an der Mündung des
Hauptschornsteins ist keinerlei Rauch sichtbar. Nirgends wird offenes Feuer geduldet
und daher auch bei Nacht keine Flamme gesehen. Die Decke brennt nicht ganz ab,
sondern sinkt nur zusammen und muß dann bisweilen erneuert werden. Die Leitung der
Operation veranlaßt keine weiteren Kosten als das gewöhnliche Verfahren.
Drei Punkte sind in Betreff der Einrichtung der Röhren zu beachten: Erstens der
Querschnitt derselben muß für den freien Durchzug der Producte hinreichend groß
seyn. Ich nahm dieselben zwischen Kamin und Lammelrohr zu 12 Zoll, dieses selbst zu
18 Zoll Durchmesser, doch sollte man den ersteren 15, letzterem 24 Zoll geben.
Zweitens, die Neigung aller Leitungen muß eine solche seyn, daß die condensirten
Producte in dem Maaße wie sie sich bilden, abgeführt werden. Es wird sonst unter dem Kohkshaufen der
Theer destillirt, und durch feste, die Leitungen verstopfende Producte ersetzt. Es
ist daher zweckmäßig, diese Leitungen mit Mannlöchern oder Deckeln, zur Reinigung
u.s.w. zu versehen. Drittens, das Sammelrohr wird behufs der Abkühlung in einen
offenen Canal aus Backsteinen, durch welchen Wasser fließt, gelegt. Es ist auch hier
zweckmäßig, Mannlöcher anzubringen, doch wird man ihrer bei hinreichender Kühlung
nicht bedürfen.
Die Menge der erhaltenen Producte ist sehr erheblich. Jede Tonne Kohlen liefert bei
dem beschriebenen Verfahren 30-40 Gallons Ammoniakwasser und Theer, wornach
also Kohkswerke, welche täglich 100 Tonnen nach der alten Art verarbeiten,
mindestens 3000-4000 Gallons täglich als Rauch und Dampf in die Atmosphäre
entweichen lassen, wo sie jedenfalls sehr wichtige, wenn auch nicht unmittelbar zu
beobachtende Veränderungen hervorbringen müssen.
Das Ammoniakwasser ist bei diesem Proceß schwächer als dasjenige, welches die
Gasanstalten liefern, schon aus dem Grunde, weil viel Wasserstoff verbrannt und hier
als Wasser erhalten wird. 750 Gallons sättigen 72 Pfund Schwefelsäure und liefern
112 Pfund schwefelsaures Ammoniak, was immerhin der Gewinnung werth ist. Der Werth
des Theeres ist noch nicht mit Sicherheit festgestellt worden, doch deuten die
Analysen darauf hin, daß er von anderer, anscheinend werthvollerer
Zusammensammensetzung als der gewöhnliche Gastheer ist. Er enthält nicht so viel
Naphtalin, aber viel mehr leichtes Theeröl, welches jetzt in Lampen so vielfach
benutzt wird, sowie auch viel Paraffin. Es ist also keinem Zweifel unterworfen, daß
in der bezeichneten Weise große Mengen eines durch seine immer zahlreicher werdenden
Anwendungen sehr werthvollen Productes, welche bisher verloren giengen und der
Umgegend im höchsten Grade lästig wurden, zum Nutzen der Industrie gewonnen werden
können.