Titel: | Ueber die Wirksamkeit der Kohlenfilter bei der Zuckerfabrication, mit besonderer Rücksicht auf die Absorption der Salze; von Dr. C. Stammer. |
Autor: | Karl Stammer [GND] |
Fundstelle: | Band 160, Jahrgang 1861, Nr. CVI., S. 378 |
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CVI.
Ueber die Wirksamkeit der Kohlenfilter bei der
Zuckerfabrication, mit besonderer Rücksicht auf die Absorption der Salze; von Dr.
C. Stammer.
Stammer, über die Wirksamkeit der Kohlenfilter bei der
Zuckerfabrication.
Wiewohl die Verbesserung unbestritten ist, welche die Rüben- und Zuckersäfte
bei der Filtration über Knochenkohle erleiden, und demzufolge die Knochenkohle unter
allen Reinigungsmitteln für diese Substanzen stets noch den ersten Rang behauptet,
so sind doch die Meinungen über die Art der ausgeübten Wirkung noch sehr getheilt.
Während die meisten die Absorption fast allein auf den Farbstoff beschränkt glauben,
und der Kohle die Fähigkeit, Salze zu absorbiren, gänzlich absprechen, haben sich
hie und da entgegengesetzte Urtheile erhoben, ohne aber zu einer allgemeinern
richtigen Erkenntniß geführt zu haben.
Meine früheren VersucheBeiträge zur Saccharimetrie, polytechn. Journal Bd. CLVII S. 362. und verschiedene übereinstimmende Wahrnehmungen haben mich dahin geleitet,
die Absorption von Salzen aus Zuckersäften aller Art durch die Knochenkohle als
Thatsache anzunehmen, der nur noch eine directere Bestätigung fehle. Dagegen sind
wieder in neuester ZeitPolytechn. Journal Bd. CLIX S.
316. Versuche bekannt geworden, welche das Gegentheil darthun sollen. Gegenüber
der Wichtigkeit des Gegenstandes scheint es wohl gerechtfertigt, wenn ich im
Nachstehenden die Resultate einer Reihe von Versuchen mittheile, welche ich in der
Campagne 1860-61 mit den Säften und Syrupen der verschiedenen
Fabricationsstadien anstellte, und welche wohl die Absorption der Salze
unzweifelhaft darzuthun geeignet sind.
Es ist auffallend, daß eine so naheliegende Frage, wie die durch Zahlen zu
bestimmende Wirksamkeit der Filtration in Zuckerfabriken bis jetzt eine Feststellung
nicht erfahren hat, während doch gerade in der Knochenkohle der Schwerpunkt der
ganzen Zuckerfabrication liegt. Doch werden die Ursachen, welche diese Lücken
bedingen, nicht schwer zu erkennen seyn. Es ist die Untersuchung der hier in Rede
stehenden Erscheinungen eine nicht ganz leichte: Während die indirecte Untersuchung
der Fragen, wie die Erfahrung lehrt, nur auf unvollständige Antworten führen kann,
knüpft sich an die directe Lösung einerseits die Schwierigkeit, daß dieß nur in
einer Zuckerfabrik selbst versucht werden kann und andererseits die immer mißlich erscheinende
Aufgabe, normale und wirklich correspondirende Durchschnittsmuster zur Untersuchung
zu bringen.
Dennoch wird man mit darin beipflichten, daß allen indirecten Versuchen die directe
Untersuchung der Fabricationsproben vorzuziehen ist. Die Zusammensetzung unserer
Säfte ist eine so complicirte, daß Versuche mit einzelnen Salzen nichts beweisen
können; das Verfahren in der Fabrication ist ein so eigenthümliches, daß eine
Nachahmung desselben im Kleinen keinen Maaßstab abgeben kann, und endlich ist die
Einwirkung des Zuckers und verschiedener Umstände bei der Filtration schon in
anderen Beziehungen erwiesenermaßen eine so abweichende, daß sie sich auch für den
vorliegenden Fall nicht in ihren Konsequenzen voraus beurtheilen läßt. Die directe
Untersuchung des Salzgehaltes vor und nach der Filtration muß die Hauptsache der
ganzen Ermittelung bilden.
Wenn man bedenkt, daß der Kalk in großer Menge aus einer Zuckerlösung absorbirt wird,
worin er doch in gewisser Beziehung chemisch gebunden ist, so kann man kaum anders
annehmen, als daß sich diese Absorption auch auf andere mineralische Bestandtheile
des Saftes ausdehnen müsse. Wenn man ferner bedenkt, daß schon die einfache
Polarisation der Säfte vor und nach der Filtration, wenn auch nur annähernd, die
Bereicherung an Zucker, mithin die Verminderung der das specifische Gewicht in
maaßgebender Weise erhöhenden Salzbestandtheile darthun müßte, so sollte man die
Salzabsorption für eine ganz ausgemachte Sache halten – die Empfehlung einer
ganzen Reihe neuer Zuckerfabricationsmethoden, welche die Anwendung der Knochenkohle umgehen, ohne ein anderes Mittel zur
Entfernung der Salze zu bieten, ohne daß auch nur ein dagegen gerichteter Einwurf in
dieser Beziehung laut geworden wäre, beweist, wie allgemein die Zweifel an dieser
Seite der Kohlenwirkung noch seyn müssen.
Die Untersuchungen über die Zusammensetzung der filtrirten Säfte in Vergleich zu
derjenigen der unfiltrirten habe ich ausgedehnt auf Dünnsaft, Dicksaft,
Melisklärsel, und Syrup, vom II Product abcentrifugirt. Zugleich mit der Entsalzung ist die Entkalkung
und die Entfärbung ermittelt worden.
Allen Versuchen gemeinschaftlich ist die Nothwendigkeit einer sorgfältigen Auswahl
der Durchschnittsmuster, oder vielmehr eine solche Wahl der Proben, daß ohne großen
Irrthum angenommen werden kann, daß das untersuchte Filtrat in seiner ursprünglichen
Zusammensetzung dem untersuchten unfiltrirten Safte entsprach. Dieß suchte ich
dadurch zu erreichen, daß das Muster von dem unfiltrirten Safte aus einer größeren
Masse des zu filtrirenden Saftes von gleichmäßiger Beschaffenheit gewählt und dann vom filtrirten
Saft je eine Probe von einem ziemlich frisch angestellten und eine von einem schon
ausgenutzten Filter, kurz vor dessen Abstellung, entnommen wurde. Das Mittel aus
beiden Untersuchungen kann von der Wahrheit der im Ganzen erreichten Wirkung nicht
wesentlich abweichen.
In den einzelnen Fällen werde ich das Nähere über diese Verhältnisse speciell
mittheilen.
Meistens wird nach dem Ausnutzen eines Filters das von dessen Absüßung herkommende
Süßwasser zu dem filtrirten Product hinzugenommen. Da anzunehmen stand, daß beim
Absüßen der in der Kohle zurückgehaltene Salzgehalt wieder weggeführt wird, so ist
bei den hier folgenden Untersuchungen das Filtrat stets frei von jedem Süßwasser
genommen worden. Eine besondere Untersuchung der verschiedenen Süßwasser, welche ich
später mittheilen werde, hat meine Voraussetzung bestätigt und liefert eine sehr
schöne Erläuterung zur Wirkung der Kohle.
Um den Salzgehalt auf einen bestimmten gemeinschaftlichen Vergleichspunkt
zurückführen zu können, ist derselbe stets auf die gleiche Menge Zucker bezogen, da
ja das Verhältniß desselben zum vorhandenen Zucker die Hauptsache bleibt. Zu diesem
Zwecke reichte natürlich die gewöhnliche Polarisation der Säfte nicht aus. Es wurde
vielmehr deren Gehalt an Trockensubstanz, so wie deren absoluter Zuckergehalt (durch Polarisation des von Natur verdünnten oder
des in einem bestimmten Gewichtsverhältniß verdünnten
Saftes) ermittelt und dann der durch Einäschern ermittelte Salzgehalt auf 100 Theile
Zucker berechnet. Ueber die Vorzüge und Mängel dieser Methode kann ich auf das schon
früher hierüber ErörtertePolytechn. Journal a. a. O. verweisen. Ich habe nur noch hinzuzufügen, daß beim Austrocknen von nicht zu
geringen Quantitäten concentrirter Säfte in einem trockenen Luftstrom sich die
Erscheinung herausstellte, daß bei Anwendung einer Temperatur von
115-120°C., welche doch für Zucker nicht zu den zersetzenden gehören
sollte, ein bestimmtes Trockengewicht unter gewissen, nicht näher festzustellenden
Umständen nicht erreicht werden konnte. Es haben vielmehr in mehreren Fällen die
Versuche abgebrochen werden müssen, weil die Trockensubstanz – noch ehe ein
constantes Gewicht erreicht wurde – geringer wurde als die Summe des
ermittelten Zucker- und Aschengehaltes. Erst als die Temperatur beim Erhitzen
der concentrirten Säfte auf 105° C. erhalten wurde, ließ sich ein constantes
Gewicht erlangen; nach vollendetem Austrocknen konnte ohne weitere Verminderung des Gewichtes die
Temperatur erhöht werden. Es scheint also Verhältnisse zu geben, unter denen der
Zucker schon bei 115-120°C. eine Zersetzung erleidet, welche, einmal
begonnen, sich weiter und weiter fortpflanzt.
Die Bestimmung der Farben der filtrirten und unfiltrirten Säfte geschah mit dem Stammer-Greiner'schen
Chromoskop.Beschrieben im polytechn. Journal Bd. CLIX
S. 341. Um einen richtigen Vergleich zu ermöglichen, sind auch die hierbei
erhaltenen Zahlen auf 100 Theile Zucker berechnet worden.
Bei diesen Versuchen fand sich wiederholt Gelegenheit, einige schon früher erwähnte
Thatsachen neuerdings bestätigt zu sehen. Hierher ist zu rechnen die Abweichung der
gewöhnlichen Zuckerbestimmung von der wirklich richtigen, der Einfluß des
Kalkgehaltes auf die Polarisation, die Abweichung des scheinbaren vom wirklichen
Kalkgehalt u.s.w. Die Absorption des Kalkes ist, wie zu erwarten stand, bei weitem
stärker als die der Salze. Ihre Ermittelung mußte daher von derjenigen der
Salzabsorption getrennt werden. Bedenkt man, daß ein Theil der Asche aus
kohlensaurem Kalk besteht, der bei den filtrirten Säften fast ganz verschwindet, so
wird man einsehen, daß die Verminderung des Salzgehaltes, wenn hierauf keine
Rücksicht genommen wird, viel zu hoch ausfallen muß. Es ist daher bei allen Säften
der wirklich vorhandene Kalk durch Ausfällen mit kleesaurem Ammoniak und Glühen oder
Titriren mit Chamäleon bestimmt worden, und zur Ermittelung des eigentlichen
Aschengehaltes der entsprechende kohlensaure Kalk von der
direct gefundenen Aschenmenge in Abzug gebracht worden.
Eine wirkliche Geltung haben indessen die gefundenen Zahlen natürlich nur für die
speciell untersuchten Fälle, für die angewandte Knochenkohlensorte, für das zur
Wirkung gekommene Quantum derselben im Vergleich zur Dauer des Gebrauchs und zur
Menge des darüber Filtrirten u.s.w. Indessen lassen sich auch trotz dieses, allen
directen Untersuchungen mit Fabrikproducten anhaftenden Mangels manche allgemeinere
Schlüsse aus den vorliegenden Resultaten ziehen und unter der gehörigen
Rücksichtnahme auf etwa veränderte Verhältnisse auch auf andere Fälle anwenden. Dieß
ist um so sicherer, als es sich, wie man bald sehen wird, nicht um kleine
Unterschiede, um Abnahme oder Zunahme von wenigen Procenten handelt, wo geringe
Abänderungen schon ganz abweichende Resultate bedingen würden, sondern um klar,
deutlich und bestimmt redende Zahlen, die auch noch ebenso bestimmt bleiben, wenn
man für etwa abweichende Verhältnisse einige Procente ab- oder zurechnet.
Endlich habe ich noch zu erwähnen, daß die angewandte Knochenkohle einen Kalkgehalt
zeigte, welcher sich auf 15-16 Proc. kohlensauren
Kalk berechnet, daß dieselbe in gewöhnlicher Weise (schwaches Säuren, Gähren,
Waschen, Dämpfen und Glühen) behandelt wurde und in jeder Beziehung von normaler
Beschaffenheit war. Dieß letztere gilt auch von den Rübensäften u.s.w., welche im
Monat December 1860 durchweg gesund und befriedigend waren. Nach diesen allgemeinen
Bemerkungen lasse ich die erlangten Resultate hier folgen:
I. Dünnsaft.
A. Scheidesaft, mit
Kohlensäure saturirt, über Sackfilter filtrirt.
a)Spec. Gewicht bei 15 Proc. 11,4 Grad CelsiusProc. Aräometer.
b)Zuckergehalt. Der Saft unter Anwendung von Bleiessig
und Essigsäure polarisirt ergab 9,45 Proc. Zucker.
c)Trockensubstanz. 26,815 Grm. ergaben 2,895 Grm. oder
10,80 Proc. Trockensubstanz. Es sind also in 100 Thln. Trockensubstanz enthalten
87,1 Zucker. (Diese Zahl 87,1 ist also der wirkliche Zuckerquotient, gegenüber
dem scheinbaren 82,9.)
d)Asche. 3,34 Grm. Trockensubstanz ergaben 0,20 Grm.
oder 0,65 Proc. der ursprünglichen Lösung Asche. Dieß macht auf 100 Thle. Zucker
6,88 Thle. Asche.
e)Farbe, unmittelbar abgelesen 26,4; auf 100 Thle.
Zucker 279,3.
f)Kalk, wirklich vorhandener 0,096 Proc. des
Saftgewichtes; auf 100 Thle. Zucker also 1,01. Es sind also von der Asche für
100 Thle. Zucker in Abzug zu bringen 1,80 für kohlensauren Kalk. Es bleiben also
5,08.
Die alkalimetrische Bestimmung ergab, auf Kalk berechnet 0,108 Proc. (auf 100 Zucker
1,16).
B. Filtrirter Dünnsaft, ältestes
Filter.
Die Filtration geschah über Doppelfilter, jedes von circa
40 Ctr. Inhalt. Bei einer Verarbeitung von in 24 St. durchschnittlich 2200 Ctr.
Rüben unter starkem Wasserzusatz wurden in derselben Zeit 6 Filter verbraucht.
Von diesem ältesten Doppelfilter war das Druckfilter 33,
das Auslauffilter 16 Stunden gelaufen; der Saft wurde kurz vor dem Ueberdrücken auf
ein neues Filter und Abstellen und Absüßen des Druckfilters genommen.
a)Specif. Gewicht bei 15° C. 10,2 Proc.
Aräometer.
b)Zuckergehalt. Der Saft unter Zusatz von 1/10
Essigsäure polarisirt, ergab 9,13. (Der Saft, ohne Zusatz polarisirt, zeigte
nur 8,85 Proc.!)
c)Trockensubstanz. 67,68 Grm. ergaben 6,74 Grm.
Trockensubstanz, oder 9,97 Proc. Es enthalten also 100 Thle. Trockensubstanz
91,6 Thle. Zucker. (Der scheinbare Zuckerquotient ist 89,5; bei A ist die Differenz größer, weil der Kalkgehalt das
spec. Gewicht unverhältnißmäßig erhöht.)
d)Asche. 29,005 Grm. Lösung ergaben 0,14 Grm. oder 0,48
Proc. oder auf 100 Zucker 5,25 Asche.
e)Farbe: 4,0; auf 100 Zucker 43,8.
f)Kalk: wirklich vorhandener 0,027 Proc. des
Saftgewichtes oder 0,29 Proc. des Zuckers. Von der Asche demnach abzuziehen 0,52
kohlensaurer Kalk; es bleibt also Asche auf 100 Zucker 4,73.
Die alkalimetrische Bestimmung zeigte dagegen, auf Kalk berechnet 0,060 Proc.
Es sind hiernach aus diesem Saft, welcher über die am längsten gebrauchte
Knochenkohle gegangen war, auf je 100 Thle. Zucker aufgenommen worden 0,35 Thle.
Aschenbestandtheile, oder 6,9 Proc. der ursprünglich vorhanden gewesenen
Mineralsalze.
C. Filtrirter Dünnsaft, jüngstes
Filter.
Zugleich mit B von den Filtern entnommen, nachdem der
Saft kurze Zeit vom frischen Filter gelaufen war. Das Druckfilter der beiden
verbundenen Filter war 17, das Auslauffilter 1 Stunde im Gebrauche.
a)Specif. Gewicht bei 15° C. 10,0 Proc.
Aräometer.
b)Zuckergehalt. Der Saft, mit 1/10 Essigsäure
polarisirt, ergab 8,99 Proc. (ohne Zusatz nur 8,85 Proc.).
c)Trockensubstanz. 61,19 Grm. ergaben 5,89 Grm. oder
9,62 Proc. Trockensubstanz. 100 Thle. dieser letzteren enthalten also 93,4 Thle.
Zucker. (Wirklicher Zuckerquotient.)
d)Asche. 38,915 Grm. Saft hinterließen 0,150 Grm. oder
0,38 Proc. Asche, mithin auf 100 Thle. Zucker 3,85.
e)Farbe. 0,86, oder auf 100 Thle. Zucker 9,56.
f)Kalk: wirklich vorhanden 0,009 Proc. oder auf 100
Zucker 0,09, entsprechend kohlensaurem Kalk 0,16. (Die alkalim. Ermittelung
würde ergeben haben 0,043 oder auf 100 Zucker 0,43.)
Es blieben also Asche für 100 Zucker 3,69 gegen 5,08 ursprünglich vorhandene.
Mittel des filtrirten Dünnsaftes.
Zucker in 100 Thln. Trockensubstanz 92,5; (scheinbare)
Zunahme durch die Filtration 5,4.
Kalk (wirklich vorhandener) auf 100 Zucker 0,19. Abnahme
um 0,82 oder 81 Proc. des ursprünglich vorhandenen.
Farbe. Abnahme von 279,3 auf 26,7 oder um 90,5 Proc.
Asche. Auf 100 Zucker, nach Abzug des kohlensauren Kalks
4,21. Abnahme um 0,87 oder
um 17,1 Procent der ursprünglich
vorhandenen Menge, welche demnach in der Kohle zurückgeblieben sind.
II. Dicksaft.
Bei der Untersuchung des Dicksaftes wurde nicht darauf Rücksicht genommen, daß
derselbe direct von dem vorher untersuchten Dünnsaft herstammte. Es konnte dieser
Umstand, da es sich nur um die Wirkung der Kohle handelte, außer Augen gelassen
werden, und es fand daher für diese und die folgenden Säfte die Auswahl zu einer
andern Zeit und unabhängig von der früheren statt.
A. Dicksaft vom Sackfilter
(nach vorhergegangenem Aufkochen mit Blut).
a)Specif. Gewicht bei 15° C. 55,5 Proc.
Aräom.
b)Zuckergehalt. Der mit seinem vierfachen Gewicht
Wasser verdünnte Saft polarisirte 9,96 Proc.; der absolute Zuckergehalt betrug also 49,80 Proc.
c)Trockensubstanz. 10,825 Grm. ergaben 5,84 Grm. oder
53,95 Proc. Trockensubstanz. Es sind also in 100 Thln. Trockensubstanz 92,3
Thle. Zucker enthalten. Aus der Aräometeranzeige und
der Polarisation würde dieser relative Zuckergehalt oder der Zuckerquotient zu
89,7 gefolgt seyn.
d)Asche. 10,47 Grm. Dicksaft ergaben 0,29 Grm. oder
2,77 Proc., oder auf 100 Zucker 5,565,13 Thle. Asche.
e)Farbe: unmittelbar abgelesen 73, oder auf 100 Zucker
146,6.
f)Kalk: die Bestimmung des in der Asche vorhandenen
ergab 0,16 Proc. vom Gewichte des Dicksaftes, oder 0,32 Proc. vom Gewichte des
darin enthaltenen Zuckers, wornach also von der entsprechenden Aschenmenge 0,58
Proc. für kohlensauren Kalk abzuziehen sind; es bleibt daher Asche für 100
Zucker 4,984,55.
B. Filtrirter Dicksaft, ältestes
Filter.
Der Dicksaft ging über ein Doppelfilter; alle 6 Stunden wurde ein Filter von
55-60 Ctr. Knochenkohle angestellt.
Dieser Filtersaft vom ältesten Filter wurde genommen, kurz
ehe ein frisches Filter angestellt werden sollte. Die Zeit des Gebrauches jeden
Filters folgt hieraus leicht.
a)Specifisches Gewicht. 55,5 Proc. Ball.
b)Zuckergehalt. Der mit seinem vierfachen Gewicht
Wasser verdünnte Saft polarisirte 9,96, der absolute Zuckergehalt betrug somit
49,80.
c)Trockensubstanz. 11,03 Grm. Saft gaben 5,59 Grm. oder
53,94 Proc. Trockensubstanz. Der wirkliche relative Zuckergehalt ist also 92,3,
der scheinbare 89,7 Proc.
d)Asche. 12,445 Grm. Saft hinterließen 0,285 Grm. oder
2,29 Proc. Asche; auf 100 Zucker kommen sonach 4,59 Thle. Asche.
e)Farbe: 41 oder auf 100 Zucker 82,3.
f)Kalk. Der wirklich vorhandene war unbestimmbar wenig; die alkalimetrische Ermittelung
ergab 0,10 Proc. des Saftes. Von dem gefundenen Aschengehalt ist also für Kalk
hier nichts in Abzug zu bringen, und es beträgt für diesen am wenigsten
filtrirten Dicksaft die Salzaufnahme durch die Kohle 7,910,5 Proc. der vorhanden gewesenen Menge.
C. Filtrirter Dicksaft, jüngstes
Filter.
Die Probe wurde entnommen, nachdem das frisch angestellte Filter erst kurze Zeit
gelaufen war und der Saft eine normale, nicht mehr vom Vorlauf gestörte
Beschaffenheit erlangt hatte.
a) Specifisches Gewicht. 54 Proc.
Aräom.
b)Zuckergehalt. Der Saft, mit seinem vierfachen Gewicht
Wasser polarisirt, ergab 9,96 Proc.; sein absoluter Zuckergehalt war also 49,80
Procent.
c)Trockensubstanz. 7,58 Grm. Saft hinterließen 4,005
Grm. oder 53,83 Proc. Trockensubstanz. Der relative Zuckergehalt war also 94,36
Proc. (der scheinbare 93,33 Proc.).
d)Asche. 15,015 Grm. Saft gaben 0,19 Grm. oder 1,26
Proc. Asche, mithin auf 100 Zucker 2,53 Thle. Asche.
e)Farbe: 22,4 oder auf 100 Zucker 45,2. f) Kalk. Der wirklich
vorhandene auch hier unbestimmbar wenig; die alkalimetrische Ermittelung zeigte
0,10 Proc.
Mittel des filtrirten Dicksaftes.
Zucker in 100 Thln. Trockensubstanz 93,3; mithin Zunahme
um 1 Proc. Kalk (wirklich vorhandener) unbestimmbar
wenig, mithin fast gänzlich verschwunden (0,33 Proc. des Zuckers).
Farbe 31,7; auf 100 Zucker 63,7. Es ist also aufgenommen
worden 56,5 Proc. des vorhandenen Farbstoffs.
Asche: 3,56 auf 100 Zucker. Die Abnahme beträgt also 1,420,99 Thle. auf 100 Thle. Zucker, oder 28,521,5 Proc. der ursprünglichen Aschenmenge.
Es hat also hier die Kohle ebenfalls einen namhaften
Bruchtheil der vorhandenen Salze aufgenommen.
III. Melisklärsel
aus verschiedenen Rohproducten, meist Istes und IItes Product.
Dieselben sind mit den gewöhnlichen Zusätzen geklärt und das Klärsel durch
Sackfilter gelaufen.
A. Melisklärsel vor der Filtration
über Kohle.
a)Specifisches Gewicht bei 15° C. 62 Proc.
Aräom.
b)Zuckergehalt: das Klärsel, mit dem vierfachen Gewicht
Wasser polarisirt, ergab 11,75; der absolute Zuckergehalt war also 58,75
Procent.
c)Trockensubstanz. 9,26 Grm. hinterließen 5,65 Grm.
oder 60,37 Proc. Trockensubstanz. Der relative Zuckergehalt war also 97,31 (der
scheinbare nur 94,7 Proc.).
d)Asche. 11,86 Grm. gaben 0,21 Grm. oder 1,77 Proc.
Asche; auf 100 Thle. Zucker also 3,01 Asche.
e)Farbe: 58; auf 100 Zucker 98,7.
f)Kalk: wirklich vorhanden 0,02 Proc. der Lösung, oder
0,03 Proc. des Zuckers. Demnach Asche auf 100 Zucker 2,96 Thle.
B. Melisklärsel;
Durchschnittsmuster von vier Filtern zu zwei Doppelfiltern verbunden. Jedes
Filter zu 55-60 Ctr. Knochenkohle. Die beiden Auslauffilter liefen seit 8,
resp. 20 Stunden, die Druckfilter 24 Stunden länger.
a)Specifisches Gewicht 57 Proc. Aräom.
b)Zuckergehalt. Das Klärsel wie oben polarisirt, ergab
als absoluten Zuckergehalt 54,9 Proc.
c)Trockensubstanz. 10,43 Grm. gaben 5,88 Grm., oder
56,3 Proc. Hieraus folgt der relative Zuckergehalt zu 97,53, der scheinbare zu
96,3 Proc.
d)Asche. 14,51 Grm. hinterließen 0,165 Grm. oder 1,13
Proc., mithin 2,06 Proc. des Zuckergehaltes an Asche.
e)Farbe: 12,2. Auf den Zuckergehalt von A reducirt 13,0. Auf 100 Zucker 22,2.
f)Kalk. In jeder Weise unbestimmbar wenig; die Reaction
dennoch deutlich alkalisch.
Es ergibt sich hieraus eine Zunahme an Zucker auf 100 Thle. Trockensubstanz von 0,22
Proc.
Der Kalk ist fast gänzlich absorbirt worden.
Von dem Farbstoff sind 77,6 Proc. der vorhandenen Menge
absorbirt worden.
Die Asche hat um 0,90 Proc. oder um 30,4 Proc. der
ursprünglich vorhandenen abgenommen, welche mithin in der Kohle zurückgeblieben
sind.
IV. Syrup.
Der untersuchte Syrup stammt von derjenigen in kleinen Behältern krystallisirten
Masse, welche durch Centrifugiren sich in ein zweites Product und den in Rede
stehenden Syrup trennt. Derselbe wurde, unter Zusatz von Kalk, Blut etc. auf 58
Proc. verdünnt, über Kohle filtrirt und dann zum IIIten Product verkocht.
A. Syrup, verdünnt, vor der
Filtration.
a)Specifisches Gewicht: 58 Proc. Aräom.
b)Zuckergehalt, wie oben ermittelter, absoluter: 43,30.
Proc.
c)Trockensubstanz. 12,36 Grm. gaben 6,94 Grm. oder
56,15 Proc. Trockensubstanz. Hiernach ist der relative Zuckergehalt 77,11 Proc.,
der scheinbare 74,65.
d)Asche. 6,65 Grm. gaben 0,43 Grm. oder 6,47 Proc.,
mithin auf 100 Zucker 14,9 Thle.
e)Farbe. Das Gemisch von 1 Thl. Syrup auf 9 Raumtheile
Wasser zeigte die Farbe 53; der Syrup hat also die Farbe 530, oder auf 100
Zucker 1224.
f)Kalk. Der wirkliche Kalkgehalt betrug 0,044 Proc.,
oder auf 100 Zucker 0,10. Von der Asche auf 100 Zucker sind also abzuziehen 0,18
für kohlensauren Kalk.
B. Syrup vom Filter.
Durchschnittsmuster von dem über ein Filter von circa 90
Ctr. Knochenkohle gegangenen Quantum.
a)Specifisches Gewicht: 54 Proc. Aräom.
b)Zuckergehalt, wie oben ermittelter, absoluter: 40,80
Proc.
c)Trockensubstanz. 14,00 Grm. ergaben 7,23 Grm., oder
51,64 Proc. Trockensubstanz. Hiernach relativer Zuckergehalt 79,01 (scheinbarer
75,55) Proc.
d)Asche. 7,87 Grm. Syrup hinterließen 0,41 Grm. oder
5,21 Proc., mithin auf 100 Thle. Zucker 12,77 Thle. Asche.
e)Farbe. Die Verdünnung wie bei A zeigte die Farbe 29,3; die Farbe des Syrups ist also 293, oder auf
100 Zucker 718.
f)Kalk. Spuren, nicht weiter zu bestimmen.
Für den in Rede stehenden Syrup beträgt also die (scheinbare) Zunahme des Zuckers in 100 Thln. Trockensubstanz 1,99.
Auf 100 Thle. Zucker sind von der Kohle an Asche absorbirt
worden 1,95 Thle., oder 13 Proc. der vorhandenen Menge.
Die Farbeabnahme betrug 44,7 Proc. des ursprünglich
vorhandenen Farbstoffs.
Stellen wir nun die erlangten Resultate übersichtlich zusammen, so ergibt sich
folgende Tabelle.
Untersuchte Verhältnisse.
Dünnsaft.
Dicksaft.
Melisklärsel.
Syrup desII. Products.
Schwere des Saftes vor der Filtration
11,4 Proc.
55,5 Proc.
62 Proc.
58 Proc.
Absoluter Zuckergehalt vor
der Filtration
9,45 Proc.
49,80 Proc.
58,75 Proc.
43,30 Proc.
Wirklicher relativerZuckergehalt
vor der Filtrationnach der Filtration
87,1
Proc.92,5 „
92,3
Proc.93,3 „
97,31 Proc.97,53 „
77,11 Proc.79,01 „
Zunahme des
relativen Zuckergehaltes durch die Filtration
5,4 Proc.
1 Proc.
0,22 Proc.
1,90 Proc.
Zunahme des durch
gewöhnliche Polarisation zu findenden
scheinbaren relativen Zuckergehaltes
6,8 Proc.
1,2 Proc.
1,6 Proc.
0,90 Proc.
Salzgehalt vor der FiltrationPolarisation auf 100 Thle. ZuckerNach Abzug des Kalkes.
5,08
4,984,55
2,96
14,72
Von der Knochenkohle absorbirte
Salzmenge
auf 100 Thle. Zuckerauf 100 Thle. Salze
0,8717,10
1,420,9928,521,5
0,9030,4
1,9513,0
Entfärbung in Procenten
der ursprünglichen Farbe
90,5 Proc.
56,5 Proc.
77,6 Proc.
44,7 Proc.
Diese Zahlen sprechen so deutlich, daß an den Thatsachen ein Zweifel wohl nicht mehr
statthaft seyn dürfte.
Wir erkennen daraus zugleich, warum die Absorption der Salze durch die Zunahme des
durch gewöhnliche Polarisation ermittelten Zuckergehaltes nicht mit Sicherheit
festzustellen ist. Diese Zunahme ist eine so geringe, im Vergleich zu dem Procentsatz der absorbirten
Salze, daß man sie ohne großen Fehler auch der durch den Kalkgehalt der unfiltrirten
Säfte so sehr erhöhten Aräometeranzeige zuschreiben könnte. Da nämlich nach früheren
VersuchenPolytechn. Journal Bd. CLVI S.
40. der Kalkgehalt die Aräometeranzeige um mehr als das Anderthalbfache seines
Betrages erhöht, so muß für die kalkhaltigen Säfte der durch Aräometerwiegung und Polarisation festgestellte relative Zuckergehalt viel
zu gering ausfallen, mithin die durch die Filtration veranlaßte Differenz zu hoch
auftreten. Der Dünnsaft allein macht vielleicht hievon eine Ausnahme, obwohl hier
wieder der Kalkgehalt am höchsten von allen Säften ist.
Allein auch abgesehen hiervon, üben die Salze einen solchen Einfluß auf die
Ermittelung des scheinbaren relativen Zuckergehaltes, daß ein bestimmtes Gesetz, für
alle Fälle ausreichend, bis jetzt noch nicht zu ermitteln war, und daher ein
zuverlässiger Schluß aus dieser Polarisationsverbesserung auf die Salzabsorption
nicht statthaft ist. Es ist wohl anzunehmen, daß die Kohle von gewissen Salzen mehr
als von anderen aufnimmt und daß der Einfluß der einzelnen Salzlösungen auf das
spec. Gewicht ebenfalls ein ungleicher ist, woraus also die Unmöglichkeit einer
bestimmten Regelmäßigkeit in diesen Beziehungen folgen wird.
Unter welchen Umständen die Salzabsorption am stärksten ist, kann aus den
vorliegenden Ergebnissen ebenso wenig erschlossen werden, wie die Grenzen derselben.
Einestheils bilden das Verhältniß der angewandten Kohle zum Safte, die Reinheit und
Concentration der Säfte, die Stärke des durchlaufenden Saftstromes, die Höhe der zur
Wirkung kommenden Schicht u.s.w. ebenso viele auf das Resultat einwirkende Umstände,
wodurch dieses ein sehr complicirtes wird, anderntheils reicht die Zahl der
untersuchten Erscheinungen noch nicht aus, um speciellere Schlüsse zu erlauben. Nur
so viel dürfte klar seyn, daß die Salzabsorption, wenn man sie nach Procenten des
vorhandenen Salzgehaltes rechnet, um so größer wird, je reiner die Säfte sind, und
bei den späteren immer unreiner werdenden Syrupen wieder stark abnimmt. Doch ist
dieß vielleicht nur scheinbar, da sich ein ähnliches Verhältniß in diesen Zahlen
ergeben muß, wenn auf gleiche Mengen Zucker in diesen
Säften von verschiedenem Salzgehalt gleiche Mengen Salze
absorbirt würden. Die Absorption, auf gleiche Mengen
Zucker bezogen, ist bei weitem nicht so verschieden, wie wenn sie auf
gleiche Salzmengen berechnet wird, und vielleicht wäre in dieser Beziehung mit
größerer Sicherheit ein Gesetz zu finden. Hierzu wäre aber vor allem erforderlich, daß zu jedem der
zahlreich anzustellenden Versuche die Filtration so eingerichtet würde, daß unter
allen eine vollkommene Uebereinstimmung in dem Verhältniß der Filtration –
namentlich in der Beziehung zwischen Zucker und Kohle oder zwischen Salz und Kohle – herrschte. Rechnet man hiezu die
Nothwendigkeit gleicher Filtrationszeiten, Kohlensorten, Temperaturen u.s.w., sowie
den Einfluß der Concentration, so dürfte die Ermittelung dieser interessanten
Gesetze wohl noch lange zu den Wünschen gezählt werden müssen. Einstweilen steht zu
hoffen, daß eine Wiederholung und Vervielfältigung ähnlicher Versuche, wie
diejenigen, deren Resultate vorliegen, dahin führen werde, wenigstens etwas mehr
Licht über diese Vorgänge zu verbreiten, wenn sie auch nicht zu allgemeinen Gesetzen
führen sollten. Dazu ist freilich genaue Angabe aller der verschiedenen Einfluß
übenden Umstände erforderlich – eine Angabe, welche bei späteren Versuchen
immerhin wird vollständiger und zweckmäßiger erfolgen können, als bei diesem ersten
Schritte zur Lösung der Frage.
Ueber die Entkalkung und Entfärbung ist wenig zu sagen. Die erzielten Wirkungen sind,
wie schon längst im Allgemeinen bekannt, so hohe, und weniger von der Beschaffenheit
der Säfte, als von der angewandten Kohlenmenge abhängige, daß eine Feststellung
durch Zahlen zwar interessante Gesichtspunkte bieten muß, aber zur Auffindung neuer
Gesetze schwerlich führen dürfte. Indessen kann auch hier die Mittheilung anderer
ähnlicher Beobachtungen nur im höchsten Grade erwünscht und anregend seyn.