Titel: | Pressions-Spulen-Apparat, von Richard Hartmann in Chemnitz. |
Fundstelle: | Band 161, Jahrgang 1861, Nr. VII., S. 23 |
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VII.
Pressions-Spulen-Apparat, von
Richard Hartmann in Chemnitz.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Hartmann's Pressions-Spulen-Apparat.
Der von Richard Hartmann erfundene
Pressions-Spulen-Apparat ist eine Neuerung, die sich sowohl durch ihre
erheblichen Vortheile für die Spinnerei, als auch durch ihre außerordentliche
Billigkeit empfiehlt, eine Billigkeit, die zu den gebotenen Vortheilen in keinem
Verhältnisse steht und welche die allgemeine Einführung des Apparats außer Frage
stellen dürfte.
Der Apparat, an dem Wagen der Mulemaschine angebracht, dient dazu, das Aufwinden des
Garns zu erleichtern und den Kötzern größere Festigkeit und mehr Gehalt zu geben. Er
ist sowohl für Streichgarn, als Kammgarn und Baumwollgarn anwendbar, und die Thatsache,
daß er bereits in vielen Spinnereien durchgehend zur Anwendung gekommen ist, bei
Aufstellung neuer Maschinen aber ausschließlich verlangt wird, gibt einen Beweis für
seine Vortheile. Dieselben bestehen vornehmlich darin, daß
1) der Spinner in den Stand gesetzt wird, eine größere
Spinnmaschine mit weniger Kraftanstrengung zu bedienen, als eine kleinere ohne
den Apparat, und daß weniger geschickte Spinner ebenfalls einen schönen,
gleichmäßigen Kötzer herzustellen vermögen;
2) daß der Kötzer in Folge der festen und gleichmäßigen
Aufwindung circa 50 Proc. mehr Garn aufnimmt, und
also ein gegebenes Quantum weniger Abzüge und mithin geringeren Zeitaufwand
erfordert, so daß die Leistungsfähigkeit der Maschine eine größere wird.
Zur näheren Erläuterung dienen die zugehörigen Abbildungen, von denen Fig. 19 eine
Seitenansicht und Fig. 20 eine theilweise Vorderansicht des an der Maschine angebrachten
Apparats darstellt. Der Pressions-Spulen-Apparat besteht aus dem
gebogenen Hebel a auf der Aufwinderwelle B am Ende der Maschine, sowie dem Theile b, der oben mit einer Rolle, womit derselbe auf a aufliegt, und unten mit der Kette e versehen ist, die über die Rolle c geht und mit dem Hebel d
in Verbindung steht. Dieser Hebel ist in seinem Drehpunkt am Wagen befestigt und
trägt ein Gewicht, welches gestellt werden kann und so zum Reguliren der Pression
dient. Der Winkel g am Cylinderbaum C hat die Bestimmung, den Aufwinder, sobald derselbe an
jenem ankommt, schnell frei zu machen, was durch das Aermchen f auf der Aufwinderwelle bewirkt wird, indem dasselbe an der Schräge des
Cylinders emporgleitet. Dieser Winkel sammt dem Aermchen kommt bei einer
Spinnmaschine mit Seitenbetrieb an das Ende des Wagens, wo die anderen Theile des
Apparats angebracht sind; bei einer Maschine mit Mittelbetrieb dagegen in die Mitte
derselben.
Die Wirkung des Apparats besteht nun darin, daß, sobald das Abschlagen begonnen hat,
der Bogen a sich also zu neigen anfängt, b auf diesem herabläuft und dadurch auf a, folglich auch auf den ganzen Aufwinder, einen Druck
ausübt, der die Fäden auf die Dauer des Auswindens gleichmäßig anspannt und die
eigentliche Pression ausmacht.
Je nach der Größe der Maschine und der Stärke des zu spinnenden Garns wird auch die
Pression einzurichten seyn. Dieselbe hört natürlich auf, sobald der Aufwinder in
Ruhe kommt, der Apparat also seine ursprüngliche Stellung angenommen hat.
Der Pressions-Spulen-Apparat kann an jeder Mulemaschine, ohne daß an
derselben eine weitere Veränderung vorgenommen zu werden braucht, ohne Mühe angebracht
werden, und es bedarf wohl nach Vorstehendem keiner Auseinandersetzung, daß derselbe
in Folge seiner Billigkeit, Einfachheit und der durch seine Anwendung erzielten
Vortheile für jeden Spinnereibesitzer von großem Werthe ist. (Sächsische
Industriezeitung, 1860, Nr. 21.)