Titel: | Differenzflaschenzug von Ransome und Comp. |
Fundstelle: | Band 161, Jahrgang 1861, Nr. XLVII., S. 170 |
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XLVII.
Differenzflaschenzug von Ransome und Comp.
Aus dem Civil Engineer and
Architect's Journal, Mai 1861, S. 129.
Mit einer Abbildung.
Ransome's Differenzflaschenzug.
Textabbildung Bd. 161, S. 169
Bei der dießjährigen Ausstellung neuer Erfindungen, welche die Society of Arts in London veranlaßte, fand die
größte Beachtung der Mechaniker ein von den HHrn S. und E. Ransome und Comp. erfundener und denselben
patentirter Flaschenzug, welcher nebenstehend abgebildet ist. Derselbe beruht
auf dem Princip der Differenzwelle oder Differenzwinde (Gegenwinde). In der
oberen Flasche befindet sich eine doppelte Kettenrolle, deren beide Spuren oder
verschiedene Durchmesser haben, so daß auf dem Umfange der einen sich 20
Vertiefungen Aufnahme von Kettengliedern, auf dem Umfange der andern sich 22
solche befinden. In diese Vertiefungen legen sich die Glieder einer endlosen
Kette ein, welche durch die Flasche gezogen ist, und zwei herabhängende Maschen
bildet, in deren jeder eine gewöhnliche lose Rolle hängen kann, die mit einem
Haken zum Anhängen der zu hebenden Last versehen ist.
Bei jeder Umdrehung der doppelten Kettenrolle in irgend einer
Richtung gehen 22 Kettenglieder über den größerenKettenlauf und 20 Kettenglieder
über den kleineren, und da der Austritt der Kette aus der Flasche an den zwei
entgegengesetzten Enden eines Durchmessers geschieht, wird die eine herabhängende
Masche verkürzt, die andere dagegen ebenso verlängert. Bei umgekehrter Bewegung der
Kettenrolle findet dasselbe, jedoch an den entgegengesetzten Maschen statt.
Eine Last, welche an eine der losen Rollen angehängt ist, sinkt nicht von selbst
zurück, da die über die doppelte Kettenrolle gehende Kette an zwei entgegengesetzten
Seiten der Kettenrolle zieht. Selbst wenn die Kette plötzlich während des Hebens
oder Niederlassens der Last losgelassen wird, sinkt die Last nicht von selbst
weiter, sondern bleibt in der Höhe schweben, auf welcher sie sich beim Loslassen der
Kette gerade befand. Das Verhältniß zwischen Kraft und Last ist wie 1 zu 22, da,
wenn 22 Kettenglieder über die größere Rolle gegangen sind, die Last nur um eine
Kettengliedlänge gehoben worden ist. Dieses Verhältniß kann dadurch verändert
werden, daß man die Differenz der Rollendurchmesser abändert, nicht aber dadurch,
daß man, bei gleichbleibender Differenz, beide Durchmesser vergrößert oder
verkleinert.
Beim ersten Anblicke des Flaschenzuges ist es etwas schwer zu verstehen, wie es
möglich ist, daß eine so große Last, welche an die untere Flasche angehängt ist, so
leicht mittelst der einzigen losen Rolle gehoben werden kann, und daß diese Last
nicht sinkt oder fällt, wenn man die Kette losläßt. Wir wollen daher versuchen, die
Wirkung des neuen Flaschenzuges deutlich zu machen.
Gesetzt die beiden Kerben oder Spuren in der oberen Rolle hätten gleichen
Durchmesser, so ist klar, daß dann die Last immer an derselben Stelle bliebe, da
sich immer eben so viel Kette als sich auf der einen Seite aufwindet, auf der
anderen abwinden würde, und gleicher Zug der Kette an den Enden zweier gleich langen
Halbmesser, die aber einander gegenüber stehen, stattfinden würde. Wenn in diesem
Falle, wie beim Heben einer Last, die herabhängende Kettenmasche angezogen würde, so
würden sich wohl alle Rollen drehen, da aber sich eben so viel Kette aufwickelt, als
auf der anderen Seite von der Rolle herunter gezogen wird, so wird sich die Last
nicht von der Stelle bewegen. Hat jedoch eine der Kerben oder Spuren in der oberen
Rolle einen kleineren Durchmesser als die andere, so wird sich, wenn die Rolle
gedreht wird, auf der einen Seite mehr Kette aufwickeln, als sich von der anderen
abwickelt, und die Last wird sich in Folge der losen Rolle, an welcher sie hängt,
für jede Umdrehung der oberen doppelten Rolle um halb so viel heben, als der
Unterschied der beiden Kerbenumfänge groß ist. Wird an demjenigen Kettentheile gezogen, welcher
von der kleineren Rolle herabhängt, so sinkt die Last, statt daß sie gehoben wird.
Die Vertiefungen in der Spur der Kettenrollen verhüten das Gleiten der Kette und das
rasche Sinken der Last, wenn der Unterschied der Rollendurchmesser nicht zu groß
gemacht wird. Wäre aber eine der Rollen viel größer als die andere, so würde durch
die Verlängerung des in der Rolle wirksamen Hebels die Reibung überwunden werden,
und die gehobene Last würde nicht schweben bleiben, sondern sinken, sobald man die
Kette losläßt. Mittelst eines Flaschenzuges, bei welchem die Differenz der
Rollendurchmesser richtig gewählt ist, kann ein Mann recht leicht 20 Centner heben,
und ohne daß irgend ein Sperr- oder Bremsmechanismus nothwendig wäre, bleibt
die Last auf der Höhe schweben, auf welche sie einmal gehoben ist.
Solche Flaschenzüge, welche trotz ihrer großen Einfachheit in vielen Fällen
complicirte und theuere Krahne ersetzen können, dürften sehr bald eine ausgedehnte
Anwendung finden.