Titel: | Ueber die Löslichkeit der doppelt-kohlensauren Alkalien in Wasser und ihr gegenseitiges Verhalten dabei, und über eine neue Methode zur Prüfung einer Potasche auf eine Verunreinigung oder Verfälschung mit Soda; von E. Friedr. Anthon in Prag. |
Autor: | Ernst Friedrich Anthon [GND] |
Fundstelle: | Band 161, Jahrgang 1861, Nr. LXIV., S. 216 |
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LXIV.
Ueber die Löslichkeit der
doppelt-kohlensauren Alkalien in Wasser und ihr gegenseitiges Verhalten dabei,
und über eine neue Methode zur Prüfung einer Potasche auf eine Verunreinigung oder
Verfälschung mit Soda; von E. Friedr. Anthon in
Prag.
Anthon, über die Löslichkeit der doppelt-kohlensauren
Alkalien in Wasser und ihr gegenseitiges Verhalten dabei.
Die Eigenschaft des Natronbicarbonats, zu seiner Auflösung viel mehr Wasser zu
bedürfen als das Kalibicarbonat, schien mir ein Mittel abzugeben, um eine
Verfälschung einer Potasche mit Soda leicht nachweisen zu können. Es sind zwar zu
diesem Behufe schon verschiedene Methoden vorgeschlagen worden, die jedoch noch
Manches zu wünschen übrig lassen, und sehe ich mich daher veranlaßt, da sich bei der
näheren Prüfung obiger Voraussetzung dieselbe vollkommen bestätigte, die erlangten
Resultate hier anzugeben.
I. Ueber die Löslichkeit des
Kali- und Natronbicarbonats in Wasser und ihr gegenseitiges Verhalten
dabei.
Zur Ausbildung des unter II. anzuführenden Verfahrens zur Prüfung der Potasche waren
mehrere Grundversuche nothwendig, bei denen ich Folgendes ergab.
a) Löslichkeit des reinen Kalibicarbonats in Wasser und Dichte dieser
Lösung.
Eine bei 8–9° R. ganz gesättigte Lösung von chemisch reinem
Kalibicarbonat in destillirtem Wasser zeigte 1,1536 spec. Gew. und gab zur
Trockne abgedampft und erhitzt 14,3 Proc. einfach-kohlensaures Kali,
welche 20,7 krystallisirtem Kalibicarbonat entsprechen.
100 Gewichtstheile dieser Lösung bestehen sonach aus
Wasser
79,3
und krystallisirtem Kalibicarbonat
20,7
und 1 Gewichtstheil reines Kalibicarbonat erfordert bei
einer Temperatur von 8–9° R. zu seiner Lösung 3,83 Gewthle.
Wasser, wonach also die Löslichkeit eine bedeutend größere ist, als wie sie Poggiale angibt nach welchem 100 Theile Wasser bei
10° Cels. nur 19,6 Theile Kalibicarbonat lösen sollen.
b) Löslichkeit des reinen Natronbicarbonats in Wasser und Dichte dieser
Lösung.
Eine bei 9° R. gesättigte Lösung von ganz reinem Natronbicarbonat in
Wasser zeigte ein spec. Gewicht von 1,0613 und gab beim Abdampfen und Erhitzen 4,83 Proc.
wasserfreies einfach-kohlensaures Natron, entsprechend 7,64 Proc.
krystallisirtem Bicarbonat.
100 Theile dieser Lösung bestanden sonach aus
Wasser
92,36
krystallisirtem Natronbicarbonat
7,64
und erfordert sonach 1 Theil dieses Salzes bei 9°
R. 12,09 Thle. Wasser zu seiner Lösung. (Berthollet
gibt 8, V. Rose 13 und Poggiale 10 Theile an.)
c) Löslichkeit des Kalibicarbonats in einer Lösung von
Natronbicarbonat.
Von einer bei 8° R. gesättigten Natronbicarbonatlösung lösten 100 Theile
bei derselben Temperatur 17,8 Theile von reinem Kalibicarbonat auf, ohne daß
dabei sich Natronbicarbonat in fester Form ausschied. Die in den 100 Thln. der
Natronbicarbonatlösung enthalten gewesenen 92,36 Thle. Wasser würden für sich
angewendet, dagegen 24,1 Theile Kalibicarbonat aufgelöst haben.
d) Löslichkeit des Natronbicarbonats in einer Lösung von
Kalibicarbonat.
In 100 Gewichtsth. einer bei 8–9° R. völlig gesättigten reinen
Kalibicarbonatlösung lösten sich 4,7 Gewichtsth. reines Natronbicarbonat auf.
Die in den 100 Thln. Kalibicarbonatlösung vorhandene Wassermenge von 79,3 Thln.
würden für sich angewendet 6,6 Thle. krystallisirtes Natronbicarbonat aufgelöst
haben. Die Gegenwart von Kalibicarbonat vermindert also bedeutend die
Löslichkeit des Natronbicarbonats in Wasser. Das Verhältniß dieser Verminderung
gab sich durch folgende drei Bestimmungen kund.
50 Gewichtsth. reines trockenes einfach-kohlensaures Kali in 350
Gewichtsth. bei 8° R. gesättigter Natronbicarbonatlösung aufgelöst und
mit Kohlensäure behandelt, gaben einen Niederschlag von 10,1 Gewichtsth.
Natronbicarbonat.
Bei Anwendung von 25 statt 50 Thln. einfach-kohlensaurem Kali betrug das
gefällte krystallisirte Natronbicarbonat nur 5,7 Gewichtsth., und bei 17,5 Thln.
einfach-kohlensaurem Kali nur 3,9 Gewichtstheile.
Hieraus ergibt sich, was übrigens schon a priori
angenommen werden mußte, daß die Löslichkeit des Natronbicarbonats in Wasser
sich um so mehr vermindert, je größer die vorhandene Menge Kalibicarbonat
ist.
II. Prüfung der Potasche auf eine
Verunreinigung oder Verfälschung mit Soda.
Eine bei gewöhnlicher Temperatur vollständig gesättigte Lösung von reinem
Natronbicarbonat wird durch eingeleitete Kohlensäure nicht verändert, – sie
bleibt völlig klar. Befindet sich aber in dieser Lösung neben dem Bicarbonat auch
noch einfach- oder anderthalbfach-kohlensaures Natron, wenn auch in
noch so geringer Menge, so geht auch dieses in Bicarbonat über und fällt als
krystallinisches Pulver zu Boden, da die schon damit gesättigte Lösung natürlich
kein Natronbicarbonat weiter auflösen kann. Die dabei niederfallende Menge
Bicarbonat steht selbstverständlich in genauem Verhältniß zu der aufgelöst gewesenen
Menge von einfach- oder anderthalbfach-kohlensaurem Natron.
Ist aber neben dem einfach- oder anderthalbfach-kohlensauren Natron (in
der gesättigten Natronbicarbonatlösung) auch noch einfach- oder
anderthalbfach-kohlensaures Kali vorhanden, so entspricht die sich
ausscheidende Natronbicarbonatmenge nicht mehr dem vorhandenen einfach- oder
anderthalbfach-kohlensauren Natron, sondern sie wird in allen Fällen eine zu
große seyn, weil, wie ich oben nachgewiesen, die Löslichkeit des Natronbicarbonats
bei Gegenwart von Kalibicarbonat eine geringere und zwar um so geringere ist, je
größer die Menge des vorhandenen oder sich bildenden Kalibicarbonats, und es wird
sich daher auch selbst dann schon Natronbicarbonat ausscheiden, wenn sich in einer
gesättigten Lösung von reinem Natronbicarbonat lediglich nur Kalibicarbonat
bildet.
Hieraus ist nun ersichtlich, daß beim Auflösen einer Mischung von
einfach-kohlensaurem Kali und einfach-kohlensaurem Natron in einer bei
gewöhnlicher Temperatur gesättigten Natronbicarbonatlösung und Behandeln derselben
mit Kohlensäure, in allen Fällen zu viel Natronbicarbonat und zwar in einem um so
größeren Ueberschuß ausgeschieden wird, je weniger einfach-kohlensaures
Natron in der Mischung vorhanden ist, und daß dieser Ueberschuß unter sonst gleichen
Umständen am bedeutendsten seyn muß, wenn neben dem einfach-kohlensauren Kali
gar kein einfachkohlensaures Natron vorhanden ist.
Da dieser Ueberschuß jedoch eine unter gleichen Umständen sich gleichbleibende Größe
ist, so kann darnach die gefundene Menge auch mit Leichtigkeit auf die wirklich
vorhandene zurückgeführt werden.
Dieser Ueberschuß beträgt in dem Falle als man zum Auflösen des zu prüfenden
kohlensauren Kalis auf 1 Gewichtsth. desselben 14 Gewth. bei 8–9° R.
gesättigter Natronbicarbonatlösung, also z.B. auf 25 Gran des ersteren 350 Gran der
letzteren anwendet, im Maximum, namentlich dann wenn das kohlensaure Kali gar kein Natron enthält,
für 25 Gran desselben 5,7 Gran krystallisirtes Natronbicarbonat, oder auf
wasserfreies einfach-kohlensaures Natron (Soda) berechnet 3,6 Gran, für jedes
Procent weniger vorhandenen kohlensauren Kalis aber um 0,036 Gran (wasserfreie Soda)
weniger.
Um nun mit Zugrundelegung des Gesagten eine gewöhnliche Potasche oder gereinigte
Potasche (Sal tartari) auf einen Gehalt an Soda zu
prüfen, hat man in folgender Weise zu verfahren.
Man wiege 25 Gran der zu prüfenden Potasche (im trockenen Zustande) ab, löse dieselbe
bei 8–9° R. in einer bei dieser Temperatur vollständig gesättigten
Lösung von reinem Natronbicarbonat auf, bringe die trübe Auflösung auf ein kleines
Filter, welches auf einer Flasche oder einem Kolben steht, dessen Inhalt dem Volumen
von beiläufig 12–16 Loth Wasser gleichkommt, und wasche das Filter
tropfenweise mit soviel von der gesättigten Natronbicarbonatlösung nach, bis die
durchfiltrirte Flüssigkeit ungefähr 375 Gran beträgt.
In diese klare Lösung leite man alsdann einen Strom von Kohlensäure und beschleunige
deren Absorption durch wiederholtes kräftiges Umschütteln, zu welchem Behuf man die
Flasche (oder Kolben) jedesmal gut verstopft, während dieses Umschüttelns den
Stopfen aber einigemal lüftet, um atmosphärische Luft einzulassen, da die Absorption
im luftverdünnten Raum eine trägere ist.
Wenn man nach wiederholtem Einleiten von Kohlensäure und mehrmaligem kräftigem
Umschütteln, beim raschen Oeffnen des Stopfens kein Einblasen der Luft von Außen
mehr wahrnimmt, so kann man die Sättigung als nahezu beendigt ansehen, was
gewöhnlich nach 15 bis 20 Minuten der Fall zu seyn pflegt. Um die Sättigung aber mit
Sicherheit ganz ihr Ende erreichen zu lassen, lasse man, nachdem man nochmals etwas
Kohlensäure hineingeleitet hat, das Gefäß 12–24 Stunden bei
8–9° R. stehen, wo dann die Bildung und Ablagerung des
Natronbicarbonats beendigt seyn wird. Man hat nun dasselbe auf einem kleinen
Papierfilter zu sammeln, mit einer kleinen Menge von der Natronbicarbonatlösung und
darauf mit einigen Tropfen Alkohol nachzuwaschen, das Filter sammt Natronbicarbonat
zwischen Fließpapier gut auszudrücken, das Bicarbonat vom Filter abzunehmen und auf
einer Weingeistlampe bis nahe zum Dunkelrothglühen zu erhitzen, was alles wegen der
körnigen Beschaffenheit des Bicarbonats leicht und schnell von statten geht und
gleichfalls nur 15 bis 20 Minuten Zeit in Anspruch nimmt.
Nun wiegt man sogleich das durch das Erhitzen in wasserfreies einfachkohlensaures
Natron (Soda) übergegangene Natronbicarbonat ab, und führt die gefundene Menge nach
dem oben Gesagten, oder einfacher durch die folgende Tabelle auf die rechte Menge
und weiter auf den gesuchten Procentgehalt zurück, welche Tabelle jedoch nur für die
in Vorstehendem vorgeschriebenen Mengenverhältnisse berechnet ist.
Corrections-Tabelle.
Findet man
wasserfreieseinfachkohlensauresNatron, Gran.
so hat man davonabzuziehen,Gran.
13,5 bis 14,3
1,8
12,5
„ 13,4
1,98
11,5
„ 12,4
2,16
10,5
„ 11,4
2,34
9,5
„ 10,4
2,52
8,5
„ 9,4
2,70
7,5
„ 8,4
2,88
6,5
„ 7,4
3,06
5,5
„ 6,4
3,24
4,7
„ 5,4
3,42
4,5
„ 4,6
3,46
4,2
„ 4,4
3,49
4,0
„ 4,1
3,53
3,7
„ 3,9
3,56
3,6
3,6
Den sich dabei ergebenden Rest hat man dann mit 4 zu multipliciren, um den etwaigen
Gehalt der untersuchten Potasche an Soda in Procenten zu erfahren, z.B.:
gefunden,Gran.
abzuziehen,Gran.
bleiben,Gran.
sonach Procentean Soda.
13,23
1,98
11,25
45,0
6,81
3,06
3,75
15,0
3,80
3,56
0,24
0,96
Damit die Genauigkeit dieser Prüfungsmethode eine völlig befriedigende sey, hat man
folgende Vorsichtsmaßregeln zu beobachten:
1) Das zur Prüfung zu verwendende Natronbicarbonat muß rein seyn und darf namentlich
kein einfach- und kein anderthalbfach-kohlensaures Natron enthalten.
Dieser Anforderung entspricht es dann, wenn ein Theil desselben mit 4–5 Thln.
Wasser bei 8 bis 9° R. anhaltend geschüttelt, eine Lösung liefert, welche
kein größeres spec. Gewicht als 1,0613 zu erkennen gibt.
2) Man hat darauf zu sehen, daß die anzuwendende Natronbicarbonatlösung vollständig
mit Kohlensäure gesättigt sey.
3) Man hat eine Temperaturveränderung bei Anstellung des Versuchs zu vermeiden, oder
falls eine solche stattgefunden, dieselbe wieder nach Vorschrift auszugleichen.