Titel: | Ueber die Steighöhe springender Wasserstrahlen. |
Fundstelle: | Band 161, Jahrgang 1861, Nr. CXII., S. 402 |
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CXII.
Ueber die Steighöhe springender
Wasserstrahlen.
Aus den Mittheilungen des hannoverschen
Gewerbevereins, 1861 S. 159.
Ueber die Steighöhe springender Wasserstrahlen.
Ueber die Steighöhe springender Wasserstrahlen haben vor hundert und mehr Jahren die
französischen Hydrauliker Mariotte und Bossut
Versuche angestellt,
welche bis jetzt die einzigen Anhaltepunkte waren, die man bei Erledigung
betreffender Fragen (Sprunghöhe bei Fontänen, Wurf- oder Steighöhe der
Wasserstrahlen bei Feuerspritzen etc.) benutzen konnte. Daß die Versuchsresultate
dieser Hydrauliker, sowohl der gewählten geringen Druckhöhen wegen, als auch in
Betracht der mangelhaften Apparate und Meßwerkzeuge jener Zeit, nicht ausreichten,
ja oft zu ganz widersprechenden Resultaten führten, war ebenfalls bekannt, dennoch
fand sich Niemand, der diese Lücke auch nur einigermaßen auszufüllen bemüht gewesen
wäre.Einige von einem Franzosen Baumgartner in
letzterer Zeit angestellten Versuche haben keine wissenschaftliche
Bedeutung. Man sehe deßhalb Rühlmann's
Hydromechanik, Seite 429. Letzteres hat endlich jetzt der unermüdliche technische Hydrauliker, Hr.
Bergrath Weisbach versucht, indem er eine ziemlich
umfassende Reihe von Experimenten in entsprechend großem Maaßstabe anstellte, um die
Gesetze der Steighöhe springender Wasserstrahlen bei verschiedenen Druckhöhen und
Mundstücken bestimmter kennen zu lernen, als dieß bisher der Fall war.
Die Resultate dieser werthvollen Versuche Weisbach's
finden sich ausführlich in Grashoff's
„Zeitschrift für deutsche
Ingenieure“, Jahrgang 1861, Seite 113 veröffentlicht, worauf wir
hinsichtlich der Details verweisen müssen, hier jedoch einige allgemeine Angaben
machen, so wie das mittheilen wollen, was unter Andern bei Versuchen mit
Feuerlöschspritzen von Interesse seyn wird.
Die allgemeinen Ergebnisse sämmtlicher Weisbach'schen
Versuche über das senkrechte Aufsteigen der
Wasserstrahlen sind folgende:
1) Der Widerstand der Luft ist bei kleineren
Ausflußgeschwindigkeiten von 1 1/2 bis 7 1/2 Meter, oder bei Steighöhen von 1/4 bis
3 Meter so klein, daß hier die Sprunghöhe ohne merklichen Fehler der
Geschwindigkeitshöhe des ausströmenden Wassers gleichgesetzt werden kann.
2) Die Steighöhe s wächst nicht in
einem einfachen Verhältnisse mit der Druck- oder theoretischen
Geschwindigkeitshöhe h; es läßt sich jedoch innerhalb
gewisser Grenzen, namentlich wenn h nicht sehr groß ist,
annähernd setzen:
s = h/(α + βh +
γh²),
wobei α, β und γ für jede Mündung besonders bestimmte
Erfahrungszahlen sind.Bei einem düsenförmigen Mundstücke von 10 Millimeter Mündungsweite, 145
Millimeter Länge und 5 3/4 Grad Seitenconvergenz erhält man:s = h/(1,0453 + 0,000373 h + 0,000859 h²).Nach letzterer Formel ist folgende Tabelle berechnet:Tabelle der Steighöhen eines aus
einem düsenförmigen Mundstücke von 10 Millimeter Mündungsweite senkrecht aufsteigenden
Wasserstrahles.Druckhöheh
Meter.Verhältnißh/sVerhältnißs/hSteighöhes
Meter. 11,0470,955 0,96 21,0500,952 1,90 31,0540,949 2,85 41,0610,942 3,77 51,0680,936 4,68 61,0780,928 5,57 71,0890,918 6,43 81,1030,907 7,26 91,1180,894 8,05101,1350,881 8,81111,1530,867 9,54121,1730,85310,24131,1950,83710,68141,2190,82011,48151,2440,80412,06161,2710,78712,59171,3000,76913,07181,3300,75213,54191,3630,73413,95201,3960,71614,32Bei den Versuchen mit einem conischen Mundstücke von 16 Millimeter Weite und
245 Millimeter Länge erhielt mans = h/(1,060
– 0,005289 h + 0,0007177 h²),wonach folgende Tabelle berechnet worden ist:Tabelle der Steighöhen eines aus einer 245 Millimeter langen düsenförmigen Röhre aufsteigenden
Wasserstrahles.Druckhöheh
Meter.Höhenverhältnißh/sHöhenverhältnißs/hSteighöhes
Meter. 11,0550,948 0,95 21,0520,950 1,90 31,0510,951 2,85 41,0500,952 3,81 51,0520,950 4,75 61,0540,949 5,69 71,0580,945 6,61 81,0640,940 7,52 91,0710,934 8,41101,0790,927 9,27111,0890,91810,10121,1000,90910,91131,1130,89811,67141,1270,88712,42151,1420,87613,14161,1590,86313,81171,1780,84914,43181,1970,83515,03191,2190,82015,58201,2410,80616,12
3) Bei springenden Wasserstrahlen, welche aus Mündungen in der
dünnen Wand ausfließen, läßt sich die Constante α
= Eins setzen, folglich auch annehmen, daß der Geschwindigkeitsverlust bei diesem
Ausflusse anfangs ziemlich Null und nur erst bei einer Geschwindigkeit von einigen
Metern meßbar sey.
4) Bei gleicher Druckhöhe wächst die Steighöhe mit der Dicke
des Strahles oder der Weite der Mündung. Der Widerstand der Luft ist bei dicken
Strahlen kleiner als bei dünnen Strahlen; große Steighöhen erfordern daher nicht
allein eine große Druckhöhe, sondern auch eine große Strahldicke.
5) Unter übrigens gleichen Verhältnissen springen die
Wasserstrahlen mit kreisförmigem Querschnitte höher, als die aus quadratischen oder
anders geformten Mündungen aufsteigenden Wasserstrahlen.
6) Bei gleicher Ausflußgeschwindigkeit und gleicher
Mündungsweite springen die ohne Contraction ausfließenden Wasserstrahlen höher als
die contrahirten Wasserstrahlen. Es ist daher der Luftwiderstand bei den letzteren
Strahlen größer als bei den ersteren. Unter gleichen Umständen und Verhältnissen und
bei nicht sehr kleinem Drucke erreichen deßhalb die durch kurze conoidische,
conische und inwendig abgerundete cylindrische Mundstücke ausfließenden Strahlen
eine größere Sprunghöhe als die Strahlen aus Mündungen in der dünnen Wand.