Titel: | Ueber eine Verbesserung der Sicherheitsventile für Dampfkessel; vom Prof. J. Klotz in Graz. |
Fundstelle: | Band 162, Jahrgang 1861, Nr. IV., S. 4 |
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IV.
Ueber eine Verbesserung der Sicherheitsventile
für Dampfkessel; vom Prof. J. Klotz in Graz.
Aus der Zeitschrift des österreichischen
Ingenieur-Vereins, 1861, Heft 6. S. 119.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Klotz, über eine Verbesserung der Sicherheitsventile.
Die Verbesserung der Sicherheitsventile für Dampfkessel blieb seit der Anwendung der
Dampfkraft stets ein Gegenstand des Nachdenkens. Dieß läßt sich am besten aus der
Thatsache entnehmen, daß fast in jeder technischen Zeitschrift zahlreiche
Beschreibungen von derartigen Verbesserungen erscheinen, welche nicht selten von
Ingenieuren herrühren, deren Namen in der technischen Welt vom besten Klange
sind.
Aber dessenungeachtet blieb der Zweck unerreicht, und es ist jedem Sachverständigen
bekannt, wie wenig die bisher bei Dampfkesseln allgemein in Anwendung stehenden
Sicherheitsventile gegen eine zufällige Ueberspannung und daraus resultirende
Explosion schützen.
Der Grund hiervon liegt, wie bekannt, in der sehr ungenügenden Lüftung der
Ventilklappe, in Folge deren der überschüssig erzeugte Dampf nicht in derselben Zeit
vollständig entweichen kann, in welcher er sich entwickelt, daher die hieraus
erfolgende Anhäufung des Dampfes im Kessel eine fortwährend steigende, immer
gefährlicher werdende Spannung erzeugen müßte, wenn nicht rechtzeitig durch
anderweitige Vorsichtsmaßregeln diesem Einhalt gethan und so einer Gefahr vorgebeugt
würde.
Wenn auch in den über die Sicherheit gegen die Gefahr der Explosionen von
Dampfkesseln bestehenden Regierungsvorschriften die Anordnung besteht, daß die
Lüftung des Ventils (Ventilhub) ein Viertel des Durchmessers betragen müsse, so
nützt dieß doch nichts, weil die bisher vorgeschriebenen Sicherheitsventile,
lediglich nur den Naturgesetzen folgend, selbst bei der größten Ueberschreitung der
Normalspannung in Folge ihrer fehlerhaften Construction immer nur einen geringen,
unmeßbar kleinen Ventilhub erreichen, so daß sie nicht im Entferntesten den Namen
„Sicherheitsventile“ verdienen.
Der Fehler, welcher solchen Ventilen anklebt und welcher in der Form oder vielmehr in
der Anwendung der Ventilplatte zu suchen ist, die ungeachtet aller bisher bekannten
Verbesserungen beinahe stets unverändert beibehalten wurde, indem man, ohne das
richtige Princip gewürdigt zu haben, sich fast nur mit der Erfindung neuer
Ventilzuhaltungen befaßte, besteht darin, daß der unter der mehr oder weniger
scheibenförmig gestalteten Ventilplatte befindliche Dampf, sobald er zur Ausströmung
gelangt, seine sogenannte lebendige Kraft großentheils zur Bewegung der trägen Masse
des ausströmenden Dampfes abgibt und sofort unmittelbar unter der Ventilplatte nicht
mehr die im Kessel befindliche Spannung besitzt, daher ihm schon bei der geringsten
Lüftung gerade nur noch diejenige Spannung bleibt, die nothwendig ist, um der zur
Zuhaltung des Ventils angewendeten Belastung das Gleichgewicht zu halten. Daß dieser
letztere Gleichgewichtszustand schon dann eintritt, wenn die Ventilplatte nur noch
sehr unmerklich über dem den Verschluß bildenden Sitze erhoben ist, zeigt die
Erfahrung.
Aus dieser Auffassung geht nun der folgende, für die Construction von
Sicherheitsventilen sehr wichtige erste Grundsatz hervor, nämlich:
„Derjenige Dampf, welcher der Ventilbelastung das Gleichgewicht halten
soll, muß nothwendiger Weise von jenem, der zur Ausströmung gelangt, abgesondert
seyn.“
Die einfachste Idee zur Realisirung des eben Angeführten besteht darin, daß man die
Ventilplatte concentrisch mit einem in den Kesselraum hinabreichenden röhrenförmigen
Ansätze versieht. In dem in diesem Ansätze enthaltenen Raume bleibt nämlich der
Dampf, wenn das Ventil sich lüftet, ruhig stehen und behält sonach die im Kessel
herrschende Spannung, mit welcher er dann der Ventilbelastung das Gleichgewicht zu
halten vermag, während der den cylindrischen Ansatz rings umgebende Dampf zur
ungehinderten Abströmung zwischen den Sitzflächen des Ventils gelangt.
So in die Augen fallend auch die Nichtigkeit des eben Angeführten erscheint, eben so
leicht läßt sich übrigens nachweisen, daß mit dem besagten röhrenförmigen Ansatz
allein der Zweck noch nicht erreicht ist. Weil aber eben in dieser Einrichtung der
eigentliche Schlüssel zur Lösung der ganzen Sache ruht, so soll hier auf eine nähere
Betrachtung eingegangen werden.
Textabbildung Bd. 162, S. 6
Es sey in beistehendem Holzschnitt der Verticalschnitt eines derartigen Ventils
dargestellt, wobei A, B den am Kessel befindlichen
Ventilstock mit seiner Sitzfläche a, b, dagegen c, d die Ventilplatte mit dem daran befindlichen
röhrenförmigen Ansatze m, n in dem Zustande
vorstellt, in welchem das Ventil sich während des Ablassens befinden würde.
Sey diesem Augenblick die im Kessel herrschende Spannung P Pfund per 1 Quadratzoll, so wird diese,
wie im Vorhergehenden erläutert, auf die dem röhrenförmigen Ansatze m, n entsprechende Kreisfläche 1/4 π d² einwirkend, mit einem Druck 1/4
π d² P
= G der Ventilbelastung das Gleichgewicht
halten.
Weil aber die constante Ventilbelastung G so groß seyn
muß, daß bei der normalen Dampfspannung von p Pfund per 1 Quadratzoll das Ventil geschlossen bleibt, und in
diesem Zustande der Dampf auf die Kreisfläche 1/4 π
D² einwirkt, so hat man 1/4 π
D² p = G, und
mithin folgt:
P/p =
(D/d)².
(1)
Wird in dieser Gleichung beiderseits die Einheit abgezogen, ferner P – p = Δ p und D –
d = 2ε gesetzt,
wodurch D + d = 2 (d + ε) wird, und ε die Breite der ringförmigen Ausströmungsöffnung
bezeichnet, so erhält man nach gehöriger Substitution und Transformation:
Δp/p = 2ε/d (2
+ 2ε/d),
(2)
oder, wenn die gemachten Substitutionen wieder beseitigt
werden:
(P – p)/p = (D –
d)/d (2 + (D – d)/d),
(3)
je nachdem man die Bezeichnung in der einen oder anderen
dieser Gleichungen für die folgenden Betrachtungen bequemer finden will.
Faßt man nun die drei letzten Gleichungen und die Bedeutungen der in denselben
enthaltenen Größen scharf ins Auge, so lassen sich nachstehende Folgerungen
ableiten, welche vollkommen geeignet sind, nicht nur über die Natur der
Sicherheitsventile überhaupt, sondern auch über die Art ihrer Einrichtung, nämlich
wie diese zur Erreichung des Zwecks beschaffen seyn sollen, einen vollkommen klaren
und befriedigenden Aufschluß zu geben.
Folgerung 1. Vor Allem zeigt die Gleichung (1), daß die
Ventile der gewöhnlichen Art, welche nämlich nur aus der bisher üblichen
kreisförmigen Platte ohne röhrenförmigen Ansatz bestehen, absolut schlecht sind.
Läßt man nämlich bei dem vorstehend gezeichneten Ventil den röhrenförmigen Ansatz
durch stetes Kleinerwerden des Durchmessers d nach und
nach verschwinden, so hat man für d = 0 wirklich ein
Ventil gewöhnlicher Art, und hiefür gibt die Gleichung (1), wenn darin d = 0 substituirt wird:
P/p =
(D/0)² = ∞.
Hiermit ist also erwiesen, daß während des Abblasens der Ventile gewöhnlicher Art die
Dampfspannung über den Normaldruck bis ins Unendliche, also jedenfalls bis zum
Zersprengen des Kessels gesteigert werden kann. Daß unter solchen Umständen
Explosionen stattfinden müssen, ist einleuchtend, und es ist also auch ganz
unnöthig, anderweitige geheimnißvolle Ursachen von Kesselexplosionen zu
erfinden.
Folgerung 2. Bei Ventilen mit röhrenförmigem Ansatz, wie
im Holzschnitt angedeutet, muß die Größe der ringförmigen Ausströmungsöffnung
zwischen der Ventilbohrung und der Röhre jedenfalls der Dampfentwickelung des
Kessels entsprechend angeordnet werden, weßhalb in Gleichung (2) die Dimension
ε, nämlich die Ringbreite, und die normale Dampfspannung p als gegeben zu betrachten sind.
In Berücksichtigung dessen ersieht man nun aus Gleichung (2), daß die während des
Abblasens der Ventile möglicherweise entstehende Ueberspannung Δp des Dampfes im Kessel lediglich nur von der Größe des
Durchmessers d, also von der Anordnung des mehrerwähnten
röhrenförmigen Ansatzes, abhängt.
Zugleich ersieht man aber auch, daß bei solchen Ventilen mit der Vergrößerung von d, also nur mit der nothwendig damit verbundenen Vergrößerung des Ventils,
die Ueberspannung des Dampfes annähernd verhindert und hiermit die Gefahr gegen ein
Zersprengen des Kessels zwar vermindert, aber doch nicht ganz beseitigt werden kann,
weil, wie aus Gleichung (2) erhellt, erst für d =
∞ die Ueberspannung Δp = 0 wird.
Folgerung 3. Aus dem Bisherigen geht unwillkürlich die
Anregung hervor, ein Mittel zu ersinnen, wodurch Δp = 0 gemacht werden könne, ohne d = ∞
machen zu müssen.
Den Weg hierzu zeigt die Gleichung (3), denn hieraus erkennt man auf den ersten
Blick, daß für D – d
= 0 auch P – p = 0
werden muß, und zwar ohne Unterschied, wie groß auch immer d seyn möge.
Eine richtige Auffassung der eben entwickelten Bedingung, daß nämlich D – d = 0 oder D = 0 seyn müsse, führt nun zunächst zur Erkenntniß des
folgenden, für die Construction der Sicherheitsventile sehr wichtigen zweiten
Grundsatzes, nämlich: „Derjenige Dampf, welcher der Ventilbelastung das
Gleichgewicht halten soll, muß nothwendigerweise stets auf die ganze
Ventilfläche einwirken können, ohne Unterschied, ob das Ventil sich im offenen
oder geschlossenen Zustande befindet.“
Es wird sich nun weiter um die praktische Ausführung handeln, durch welche die hier
ausgesprochenen beiden Principien zur Geltung gebracht werden können.
Die einfachste Idee zur gleichzeitigen Realisirung der beiden Grundsätze, welche,
gleich wichtig für die Construction eines vollkommen guten Sicherheitsventils,
unbedingt erfüllt werden müssen, besteht darin, daß man die Ventilbohrung mit einem
kapselförmig gestalteten, hinreichend hohen, cylindrisch ausgedrehten Deckel
bedecke, in dessen nach unten gekehrte Höhlung man ein im Ventilstocke concentrisch
befestigtes Rohr, das entsprechend hoch über dem Ventilsitz sich trichterförmig
erweitert, einmünden und mit seinem oberen Rande an der Innenfläche der
cylindrischen Deckelhöhlung ringsum möglichst nahe anschließen läßt.
Mit dem im Ventilstock concentrisch befestigten Rohr, welches nämlich den Dampf aus
dem Kessel zum Ventildeckel ohne Verlust seiner Spannung leitet, ist dem ersten
Grundsatze entsprochen, weil in Folge dessen nur der das erwähnte Rohr außen
umgebende Dampf zum Austritt zwischen die Sitzflächen des Ventils gelangen kann.
Mit dem in der Deckelhöhlung erzielten, möglichst nahen Anschluß des oberen Randes
vom erwähnten trichterförmig erweiterten Rohre ist dem zweiten Grundsatze
entsprochen; denn in Folge dieser Anordnung findet nun der Dampf selbst im
gelüfteten Zustande des Ventils, zwischen dem Rohre und dem Ventildeckel
eingeschlossen, seine Angriffsfläche in der dem oberen Rande des Trichters entsprechenden
Kreisfläche, welche ohne Anstand der Ventilfläche gleichgemacht werden kann.
Die im Bisherigen dargelegte Anschauung war es, welche den Verf. im Jahre 1856 zur
Verbesserung der Sicherheitsventile leitete, und wofür derselbe am 5. Januar 1857
ein ausschließendes Privilegium für die österreichische Monarchie erwarb.
Da nun diese nach den erläuterten Grundsätzen zur Ausführung gebrachten Ventile
seither sich durch mehrfache Anwendung praktisch bewährt haben, so dürfte es an der
Zeit seyn, die Einrichtung derselben, sowie ihre Wirkungsweise zur allgemeinen
Kenntniß zu bringen, weßhalb mit Hülfe der auf Tab. I enthaltenen Zeichnungen im
Nachstehenden die nöthige Erläuterung folgt.
In Fig. 1 ist
ein derartiges Ventil für stabile Kessel, und zwar mittelst eines Vertical- und
eines durch den Ventilsitz geführten Horizontalschnitts versinnlicht. Ein auf dem
Kesselblech A, B befestigtes gußeisernes Flantschenrohr
C, D, E, F von 15 bis 18 Zoll Höhe und einer der
Ventilgröße entsprechenden Weite ist zur Aufnahme des Ventilstocks a, b, c, d wie gewöhnlich vorhanden. Auf der oberen
Flantsche E, F ist die gewöhnliche Hebelzuhaltung
angebracht, bestehend in dem Hebel G, H, welcher bei G an der festen Stütze F, G
seinen Drehpunkt hat, am entgegengesetzten Ende das Gewicht trägt und auf dem bei
H eingehängten Körner H,
K ruht, wodurch der Druck mittelst der Körnerspitze K auf den conisch vertieften Boden (zur Verhinderung des einseitigen
Abblasens) des Ventildeckels a, b, e, f übertragen, und
dieser gegen den von innen wirksamen Dampfdruck auf der Sitzfläche a, b niedergehalten wird.
Außerdem befindet sich auf der oberen Flantsche noch eine zur Führung des Hebels
befestigte Gabel E, M, welche oben bei M einen Bolzen trägt, an den der Hebel anschlägt, sobald
in Folge einer zu starken Einwirkung des Dampfes der Ventildeckel höher gehoben
wird, als nothwendig ist.
Die innere Einrichtung des Ventils besteht nun in Folgendem: Im Ventilstock a, b, c, d befindet sich ein mit diesem aus Einem Stück
(von Messing oder Rothguß) gegossenes, durch drei Rippen g,
h, i (im Horizontaldurchschnitt ersichtlich) concentrisch gehaltenes,
entsprechend weites Rohr, welches, über den Ventilsitz emporragend, nach oben sich
so erweitert, daß sein oberer Rand k, l an der genau
ausgedrehten cylindrischen Innenfläche des Ventildeckels möglichst genau, jedoch
ohne eine Reibung zu verursachen, anschließt. Letzteres gilt auch von den genannten,
bis zum Trichterrande des erwähnten Rohrs hinauf verlängerten drei Rippen, welche
dem Ventildeckel bei der zeitweise eintretenden Lüftung die nöthige Führung
geben.
Um ferner durch das erwähnte concentrische Rohr den Dampf mit seiner ganzen im Kessel
ihm eigenthümlichen Spannung unter den Ventildeckel leiten zu können, selbst dann
noch, wenn der beim Abblasen des Ventils im Flantschenrohre C, D, E, F nachströmende Dampf eine geringere Spannung annimmt, dient ein
eingelegtes Rohr m, n von Kupferblech, welches bis in
den Dampfraum des Kessels hinab reicht.
Es erhellt nun von selbst, daß, sobald die normale, durch die an den Hebel angehängte
Belastung regulirte Spannung im Kessel überschritten wird, der zwischen der
Bodenfläche des Ventildeckels und dem Trichterrohre eingeschlossene Dampf den
Ventildeckel hebt und so die Lüftung des Ventils unabhängig vom jenem Dampfe
bewirkt, welcher außerhalb des concentrischen Rohrs zur ungehinderten Ausströmung
gelangt, und daß endlich das Ventil durch die Einwirkung der Hebelbelastung sich
wieder von selbst vollkommen schließt, sobald die Spannung des Dampfes im Kessel
unter die normale Spannung herabgesunken seyn wird.
Bei mehreren Versuchen, welche mit solchen Ventilen wiederholt vorgenommen wurden,
und wobei sich die Vortrefflichkeit der hier erläuterten Einrichtung vollkommen
befriedigend herausstellte, wurde auch ihre Wirksamkeit in der Weise untersucht und
verglichen, daß:
1) das Kupferrohr m, n ganz
beseitigt,
2) dasselbe in der in Fig. 1 ersichtlichen Weise
eingelegt und
3) bei einem mit sphärischer Erweiterung N,
O (in Fig.
1 punktirt angezeichnet) versehenen Flantschenrohr eine in die Höhlung
dieser Erweiterung einmündende Kupferröhre m, o, p
anstatt jener m, n angebracht war.
Sämmtliche Versuche wurden mit zwei in ihren wesentlichsten Abmessungen gleichen
Ventilen vorgenommen. An denselben waren: die lichte Weite des Ventildeckels 3 Zoll
8 Linien; der Durchmesser des abgedrehten Trichterrandes 3 Zoll 7 3/4 Linien; die
lichte Weite im Ventilstock 3 Zoll 6 Linien; der äußere Durchmesser des
concentrischen Rohrs 1 Zoll 9 Linien, und dessen Metalldicke, sowie jene der drei
Rippen, 3 Linien. Die Hebelübersetzung war bei jedem Ventil im Verhältniß von 1 zu
8; das Gewicht des Ventildeckels betrug bei dem einen Ventil 7 1/4 Pfd. und das
Gewicht des zugehörigen Hebels, auf seinen Endpunkt reducirt, 4 Pfd.; dagegen war
das Gewicht des Ventildeckels bei dem anderen Ventil 6 1/2 Pfd. und das Gewicht des
zugehörigen Hebels, auf den Endpunkt reducirt, 3 1/2 Pfd. Die Sitzflächen der
Ventildeckel waren bei dem ersten Ventil auf 2 Linien, bei dem zweiten Ventil auf 3
Linien Breite abgedreht und, wie in Fig. 1 ersichtlich, flach
aufgeschliffen.
Der erste Versuch wurde vom Verf. im Jahre 1856 in der Maschinenfabrik zur
Unter-Andritz bei Graz vorgenommen. Der hierzu verwendete Kessel, dessen Feuerfläche
435 Quadratfuß betrug, sowie die Feuerung waren kurz vorher neu angelegt und im
besten Zustande.
Das Ventil Nr. 1 wurde mittelst des cylindrischen Flantschenrohrs von 4 Zoll Bohrung
auf dem Deckel des Mannlochs, jedoch absichtlich ohne das erwähnte Kupferrohr, um
dessen Nothwendigkeit zu ermitteln, angebracht. Der Endpunkt des Hebels wurde mit 40
Pfd. belastet, und nachdem die übrigen Kesselventile überlastet waren und das Feuer
lebhafter unterhalten wurde, begann bei der am Manometer beobachteten Spannung von
30 3/4 Pfd. das Abblasen des Ventils. Durch fortwährende Verstärkung des Feuers
stieg während des immer heftigeren Abblasens die Spannung langsam, wobei sich der
Ventildeckel successiv hob. Als endlich die Dampfspannung bis auf 38 Pfd. gestiegen
war, schlug der Hebel an den in der Gabel oben angebrachten Bolzen, und das Ventil
stand sonach bei einem Hub von 9 Linien ganz offen. Nun wurde das Feuer wieder
gemäßigt, und nachdem die Spannung des Dampfes auf 30 Pfd. herabgesunken war, schloß
sich das Ventil von selbst vollkommen.
Die Wirksamkeit des Ventils ohne Kupferrohr gestattete sonach eine Ueberschreitung
von 7 1/4 Pfd. über die normale Dampfspannung, wenn letztere mit 30 3/4 Pfd. in
Rechnung gebracht wird, was ungefähr 23 Proc. derselben ausmacht, und wonach sich
erkennen ließ, daß der Mangel des erwähnten Kupferrohrs die Empfindlichkeit des
Ventils beeinträchtigte.
Mit dem Ventil Nr. 2, welches aus eben angeführtem Grunde ein in den Dampfraum des
Kessels hinab reichendes Kupferrohr erhielt, wurden im Eisenwerk zu Storé bei
Cilli, wo es seit April 1857 in Verwendung steht. Versuche gemacht, worüber dem
Verf. im November desselben Jahres nebst den Versicherungen über die Vorzüge dieses
Ventils nachstehende Daten mitgetheilt worden sind.
Auf einem Kessel, der mit Ueberhitze betrieben wird, und dessen Feuerfläche 240
Quadratfuß beträgt, wurde das genannte Ventil mittelst des gewöhnlichen gußeisernen
Flantschenrohrs unmittelbar auf dem Kesselblech befestigt, und der Endpunkt des
Hebels mit 81 1/2 Pfd. belastet. Der Beginn des Abblasens fand stets bei einer
Spannung von 59 Pfd. statt, und das Ventil schloß sich jederzeit vollständig, wenn
die Spannung auf 58 Pfd. herab sank. Die größte Spannung, welche je beobachtet
wurde, war selbst bei verstärkter Feuerung nie über 63 1/2 Pfd. gestiegen. Sonach
betrug die Ueberschreitung der Normalspannung nicht einmal 8 Proc., was gewiß den
strengsten Anforderungen entsprechend erscheint, und womit sich den Vorhandenseyn des mehrerwähnten
Kupferrohrs als sehr vortheilhaft für die Empfindlichkeit des Ventils erwies.
Mit demselben Ventil hatte der Verf. in Store später selbst einen Versuch gemacht,
welcher darauf abzielte, einen Vergleich mit den gewöhnlichen Ventilen zu erheben,
und wobei sich nachstehendes Resultat ergab.
Nachdem die Dampfmaschine abgestellt, das zweite Ventil des Kessels überlastet und
das Feuer verstärkt war, begann bei der Spannung des Dampfes von 59 Pfd. das
Abblasen des Ventils. Mit fortgesetzter außergewöhnlicher Verstärkung des Feuers
gelang es innerhalb des Zeitraums von 44 Minuten, während welcher Zeit das Abblasen
sehr heftig vor sich ging, die Dampfspannung auf 65 Pfd., jedoch ungeachtet aller
Bemühung nicht höher zu steigern, weil aller im Kessel überschüssig erzeugte Dampf
von da ab durch das Ventil entströmte. Nachdem hierauf mit dem Nachheizen
eingehalten wurde, verminderte sich in kurzer Zeit die Spannung, und das Ventil,
welches allmählich sank, schloß sich vollkommen, als dieselbe bis auf 58 Pfd.
abgenommen hatte.
Hierauf wurde dieses neue Ventil überlastet und ein nach den bestehenden
Regierungsvorschriften an dem Kessel vorhandenes altes Ventil von 3 Zoll 2 Linien
Durchmesser in Thätigkeit versetzt. Sobald die Maschine wieder abgestellt und das
Feuer neuerdings verstärkt war, begann bei 58 1/2 Pfd. Spannung das Abblasen dieses
Ventils. In Folge der durch einmaliges Nachheizen bewirkten, also mäßigen
Verstärkung des Feuers stieg die Spannung, und zwar schon innerhalb 7 Minuten, auf
65 3/4 Pfd., wobei ein so rasches Steigen der Spannung wahrgenommen wurde, daß, um
einer Gefahr vorzubeugen, schleunigst das vorher erwähnte neue Ventil wieder von
seiner Ueberlast befreit und in Thätigkeit versetzt werden mußte.
Das nun sehr heftige Abblasen dieses Ventils veranlaßte eine baldige Abnahme der
Spannung, und sobald dieselbe auf 58 Pfd. gesunken war, schlossen sich beide Ventile
fast gleichzeitig. Da es unnöthig ist, zu solchen selbstredenden Thatsachen einen
Commentar beizufügen, erübrigt nur noch zu bemerken, daß dieser Versuch für die
Beurtheilung der Wirksamkeit des fraglichen neuen Ventils eine Ueberschreitung der
normalen Dampfspannung von 10 Proc. als Maximum nachweist.
Ueberdieß kann nicht unerwähnt bleiben, daß nach dem lange unterhaltenen Abblasen des
neuen Ventils eine Senkung des Wasserstandes im Wasserstandsglase von ungefähr 1 1/2
Zoll und mithin eine merkliche Abnahme des Wassers im Kessel wahrgenommen worden
ist, was auch ganz erklärlich erscheint, wenn man berücksichtigt, daß während 44
Minuten aller in größtmöglichster Quantität erzeugte Dampf durch das Ventil
abströmte. Eine kurze Rechnung gibt hierüber genügende Aufklärung.
Unter der Voraussetzung, daß der Kessel auf je 1 Quadratfuß Heizfläche im Maximum
stündlich 6 Pfd. Dampf geliefert habe, berechnet sich die auf 240 Quadratfuß
Heizfläche während 44 Minuten erzeugte und durch das Ventil entströmte Quantität
Dampf mit 1056 Pfd., was einem Wasservolumen von beinahe 18 3/4 Kubikfuß
entspricht.
Da nun der Kessel einfach cylindrisch ist, 30 Schuh Länge und 4 Schuh im Durchmesser
hat, so hätte bei dem Abgang der obigen Quantität der Wasserspiegel um ungefähr 2
Zoll sinken sollen, womit also die gemachte Beobachtung in genügender
Uebereinstimmung steht; denn wenn in der That die Senkung des Wasserspiegels sich
geringer ergab, so ist damit nur erwiesen, daß die Verdampfung im Kessel eine
geringere war, als in obiger Rechnung vorausgesetzt wurde, was auch bei der Spannung
von 5 Atmosphären, bei welcher die Dampfentwickelung stattfand, mehr als
wahrscheinlich ist.
Im k. k. Arsenal bei Wien wurden mit dem Ventil Nr. 1, welches in Folge der beim
ersten Versuch gemachten Beobachtung mit einem durch die ganze Länge des
cylindrischen Flantschenrohrs reichenden Kupferrohr versehen worden war, während der
Monate April und Juni des Jahres 1857 ebenfalls Versuche vorgenommen. Hierüber
erhielt der Verf. Mittheilungen, aus denen folgende Resultate bemerkenswerth
erscheinen.
Der hierzu verwendete Kessel hatte 329 Quadratfuß Heizfläche, und beim ersten Versuch
war der Endpunkt des Hebels mit 30,62 Pfd. belastet. Die Dampfspannung, bei welcher
das Ventil abzublasen begann, war 26,77 Pfd., und diese erreichte ihr Maximum mit
28,05 Pfd., wobei der Ventilhub 6,4 Linien betrug. Der vollkommene Schluß des
Ventils erfolgte ebenfalls bei 26,77 Pfd. Spannung. Die Empfindlichkeit des Ventils
erwies sich also hier in einem noch höheren Grade als bei allen früheren Versuchen,
indem die größte Ueberschreitung der Normalspannung obigen Daten zufolge nicht
einmal 5 Proc. beträgt.
Beim zweiten Versuch war der Hebel mit 45,62 Pfd. belastet, und das Abblasen des
Ventils begann bei einer Dampfspannung von 35,7 Pfd. Das Maximum der Spannung wurde
mit 38,25 Pfd. erreicht, wobei der Ventilhub 4,5 Linien betrug, und das Ventil
schloß sich wieder bei der Spannung von 35,7 Pfd. Sonach ergeben sich hier 7 Proc.
als Maximum für die Ueberschreitung der normalen Dampfspannung.
In den erwähnten Mittheilungen über diese zwei Versuche war auch die Bemerkung
gemacht, daß ein bedeutender Abgang des Wassers im Kessel stattgefunden habe. Dieß
ist nach dem, was bereits bei einem früheren Versuche erläutert wurde, sehr
begreiflich, ganz in der Natur der Sache begründet, und kann bei Versuchen, aber
auch nur bei Versuchen, wo das heftige Abblasen des Ventils durch stetes Nachheizen absichtlich längere
Zeit unterhalten wird, nicht anders seyn. Auch wird man in solchen Fällen stets dann
ein stärkeres Sinken des Wasserspiegels im Kessel wahrnehmen, wenn letzterer wegen
geringerer Größe einen kleineren Wasserspiegel enthält, ebenso dann, wenn wegen
geringerer Spannung die Dampfentwickelung leichter vor sich geht, und allemal dann,
wenn der Versuch länger dauert, oder wenn vielleicht gar neben dem Versuch der Gang
der Dampfmaschine (wie es bei dem ersten dieser zwei Versuche wirklich geschah)
unterhalten wird, welche im Verein mit dem abblasenden Ventil selbstverständlich
große Dampfquantitäten consumirt, die bekanntlich von dem im Kessel befindlichen
Wasser durch neue Verdampfung ersetzt werden müssen, weil in der Regel während des
Versuchs kein Wasser in den Kessel geschafft wird. Alle diese Umstände, die
vorherrschend in der Natur des Versuchs begründet sind, dem Ventil zur Last legen zu
wollen, oder aus der Wahrnehmung des Wasserabgangs im Kessel, wie er wirklich
vorkam, den Schluß ziehen und behaupten zu wollen, es habe das Ventil Wasser
ausgeworfen, muß mindestens als ein auf unrichtiger Auffassung der Umstände
beruhendes Mißverständniß bezeichnet werden.
Wenn ein Ventil von 3 Zoll 8 Linien Durchmesser sich auf 6,4 Linien hebt, also eine
Oeffnung von 6,14 Quadratzoll bietet, durch welche der Dampf während der Dauer eines
Versuchs von mindestens 30 Minuten ungehindert in die freie Luft abzuströmen
gezwungen ist, darf es wahrlich nicht überraschen, wenn dadurch im Kessel ein
Wasserabgang sich bemerkbar macht; denn in diesem Falle sind durch andauernd
überschüssig erzeugten Dampf, wie sich durch Rechnung leicht nachweisen läßt,
vielleicht 18 bis 20 Kubikfuß Wasser in Form von Dampf aus dem Kessel absichtlich
hinaus getrieben worden.
Dieser Fall kann jedoch in der Praxis nie vorkommen, weil da während des Abblasens
des Ventils niemals ein so forcirtes Nachheizen stattfindet, und weil selbst das
lebhafteste Feuer ohne Nachheizung in viel kürzerer Zeit abbrennt, seine Kraft
mäßigt, und also nie eine solche Menge von überschüssigem Dampf erzeugt und verloren
werden kann.
Hiermit dürfte nun hinreichend erwiesen seyn, daß das Ventil jedenfalls seinen Zweck
vollkommen erfüllt hat, welcher eben nur darin bestehen kann, jeden überschüssig
erzeugten Dampf abzuführen. Wollte man dieß jedoch dem Ventil zum Fehler anrechnen,
so hieße es geradezu den Zweck der Sache ihr zum Vorwurf machen, was absurd ist.
Die, wie eben nachgewiesen, jedenfalls irrthümliche, aber dennoch vorgekommene
Aeußerung, daß das letzterwähnte Ventil bei dem ersten der zuletzt angeführten zwei
Versuche Wasser ausgeworfen habe, gab dem Verf. Veranlassung zur wiederholten
Vornahme mehrerer Versuche, wozu der bereits erwähnte Kessel zu Unter-Andritz bei
Graz im Jahre 1858 verwendet worden ist. Obgleich dasselbe Ventil, und zwar in
unveränderter Gestalt, wie es im k. k. Arsenal benutzt worden war, dabei in
Anwendung kam, konnte es dennoch nie gelingen, ein Auswerfen des Wassers bei
demselben wahrzunehmen.
Dagegen wurde in Folge dieser Versuche und im Einklang mit den weiter oben
angeführten die Thatsache erhoben, daß das Ventil unter übrigens gleichen Umständen
jederzeit einen größeren Maximalhub erreichte, wenn geringer gespannte Dämpfe im
Kessel entwickelt wurden, und daß andererseits die Empfindlichkeit des Ventils etwas
geringer war, wenn höher gespannte Dämpfe auf dasselbe einwirkten.
Die erste Erscheinung erklärt sich aus der stärkeren Verdampfungsfähigkeit eines
Kessels bei niedriger gespannten Dämpfen, und weil stets aller im Kessel
überschüssig erzeugte Dampf durch das Ventil eben so schnell als er sich bildet,
abgeführt wird. Die zweite Erscheinung hat ihren Grund in dem Umstande, daß der
Trichterrand des concentrischen Rohrs nicht absolut genau an der Innenfläche des
Ventildeckels anschließt, vielmehr wegen der zu vermeidenden Reibung hier stets ein
kleiner Zwischenraum gelassen werden muß. In demselben findet nämlich bei geöffnetem
Ventil eine Dampfentweichung statt, welche im concentrischen Rohr ein geringes
Nachströmen des Dampfes veranlaßt, das jedenfalls etwas stärker seyn wird, wenn
höher gespannte Dämpfe zur Ausströmung gebracht werden, weil dann in Folge des
größeren Ueberdrucks über die Atmosphäre eine größere Austrittsgeschwindigkeit und
folglich auch ein größerer Verlust an der Spannung des im concentrischen Rohr in
Bewegung befindlichen Dampfes stattfinden muß, wodurch die Empfindlichkeit, wenn
auch absolut nur wenig, aber relativ doch bemerkbar, beeinträchtigt wird.
Einige weitere Versuche, welche an mehreren Orten noch vorgenommen wurden, zielten
darauf ab, zu untersuchen, ob es unbedingt nothwendig sey, das Kupferrohr in den
Dampfraum des Kessels hinabreichen zu lassen.
Demzufolge wurde bei mehreren in Verwendung gebrachten Ventilen das cylindrische
gußeiserne Flantschenrohr durch ein solches ersetzt, welches in seiner Mitte eine
sphärische Erweiterung von ungefähr 10 Zoll Durchmesser hatte, in deren größten
Horizontaldurchschnitt das im Ventilkörper eingelegte Kupferrohr mit seinem unteren
Ende einmündete. Die bisher hierüber gewonnenen Versuchsresultate sind, wenn auch
nicht in jeder Hinsicht verläßlich und umfassend, doch insofern von Werth, als sich
dabei herausstellte,
daß diese Einrichtung für den praktischen Gebrauch ebenfalls genügt, wenn gleich
ferner dabei noch wahrgenommen wurde, daß hiermit das Ventil eine geringere
Empfindlichkeit besitzt als in jenem Falle, wo das Kupferrohr in den Dampfraum des
Kessels hinabreicht.
Mit dem bisher Angeführten dürfte nun nicht nur die vollkommene Richtigkeit des
diesen Ventilen zu Grunde liegenden Constructionsprincips, sondern auch hinsichtlich
ihres Zwecks die praktisch bewährte Vorzüglichkeit derselben erwiesen seyn.
Dessenungeachtet bleibt aber noch zu berücksichtigen, daß bei locomobilen Kesseln
durch die Mangelhaftigkeit der gewöhnlichen Ventilzuhaltungen (Spring-balance) die Wirksamkeit des besten Ventils
paralysirt und so die Gefahr einer Ueberspannung des Kessels neuerdings veranlaßt
werden kann.
Man denke sich z.B. ein derartiges Ventil an einer Locomotive, wo dasselbe mittelst
eines von 1 zu 10 übersetzten Hebels und einer an dessen Ende angebrachten Spring-balance zugehalten wird. Entstände nun in Folge
einer zu lebhaften Dampfentwickelung das Bedürfniß, daß sich das Ventil vielleicht
mindestens um 2 Linien heben müßte, um den überschüssigen Dampf in derselben Zeit
als er sich bildet, abströmen zu lassen, so müßte nothwendig das Hebelende um 20
Linien gehoben, und, wenn die Dampfspannung im Kessel keine weitere schädliche
Steigerung erleiden sollte, die Feder der Spring-balance
ohne Zunahme ihrer Spannung um eben so viel ausgedehnt werden.
Weil aber die Dehnung der Feder stets mit einer sehr bedeutenden Zunahme ihrer
Spannung verbunden, also der Ventilhub hierdurch in hohem Grade beeinträchtigt und
sonach die Steigerung der Dampfspannung sehr begünstigt ist, so wird es erklärlich,
daß, ehe die Feder eine dem nothwendigen Ventilhub zukommende Dehnung von 20 Linien
annimmt, mittlerweile der Dampf eine dem Kessel höchst schädliche Spannung erreichen
muß. Diesem Uebelstande zu begegnen, sowie auch anderweitigen, bei allen bisher
bekannten ähnlichen Ventilzuhaltungen bestehenden Nachtheilen auszuweichen, dürfte
die im Nachstehenden erläuterte Anordnung geeignet erscheinen.
Eine theils auf mathematischen Calcül, theils auf Versuche mit Convolutfedern
gestützte, genauere Untersuchung hat dem Verf. die Ueberzeugung verschafft, daß bei
einer gewissen, aber noch mäßigen Größe der fraglichen Ventile die Anwendung zweier
über einander stehenden Convolutfedern vollkommen ausreicht, um eine für locomobile
Kessel geeignete Ventilzuhaltung zu bilden. Die Darstellung eines solchen für eine
Locomotive gehörigen Ventils nebst Zuhaltung ist in Fig. 2 in einem Vertical-
und zugehörigen Horizontaldurchschnitt versinnlicht.
Die Einrichtung des Ventils ist genau so, wie in Fig. 1 erläutert ist, und
es sind dieselben Bestandtheile mit denselben Buchstaben bezeichnet. Die obere
Flantsche des gußeisernen Rohrstutzes, welcher in diesem Falle kürzer seyn kann,
trägt jedoch drei vertical stehende Stützen M, N, O,
welche, oben mit Gewinden versehen, zur Aufstellung der Ventilzuhaltung dienen.
Letztere ist dadurch gebildet, daß der Körner o, p, q,
welcher mit der Spitze o in der conischen Vertiefung des
Ventildeckels steht, auf feinem Anschlage p eine
Gußeisenscheibe r, s trägt, auf welcher die eine Feder
P aufsitzt; oberhalb dieser ist eine zweite Scheibe
t, u mit ihrer Bohrung über den nach oben
verlängerten Stiel des Körners aufgeschoben, um den Federwindungen ein solides
Auflager zu gestatten, worauf die zweite Feder Q in
umgekehrter Stellung und endlich eine dritte Scheibe v,
w, welche mit drei Armen x versehen ist,
aufgesetzt erscheint.
Die Verticalstellung des Körners mit den auf seinem Stiele befindlichen Federn und
Scheiben ist nun dadurch erzielt, daß die drei letztgenannten Arme x mit ihren Bohrungen über die oberen Enden der drei
früher erwähnten Stützen angeschoben und mittelst Schraubenmuttern gleichmäßig
niedergeschraubt werden. Dadurch wird gleichzeitig die entstehende Federspannung
mittelst der Körnerspitze 0 an den Ventildeckel übertragen und also jener Druck
erzeugt, welcher nothwendig ist, um das Ventil gegen den Dampfdruck bis zu einer
gewissen Grenze geschlossen zu halten.
Um die Federn möglichst vor Nässe und Rost zu schützen, dienen zwei messingene in
einander geschobene Röhren y und z, wovon die ersten von der oberen Scheibe v,
w, letztere von der unteren Scheibe r, s
getragen wird, so daß die Federn, ohne deren Zusammendrückung zu bei einträchtigen,
eingeschlossen sind.
Es ist selbstverständlich, daß während des Abblasens des Ventils der Ventildeckel
gehoben, also die Federn zusammengedrückt werden, und diese in Folge dessen eine
stärkere Spannung annehmen, so daß auch hier die Dampfspannung eine weitere
Steigerung erleidet. Allein es genüge, hier zu bemerken, daß selbst für die
stärksten und größten bisher in Anwendung stehenden Locomotivkessel ein
Ventildurchmesser von ungefähr 6 Zoll, wobei die stärkeren Bufferfedern noch recht
gut verwendet werden können, vollkommen ausreicht, um diesen erwähnten, aus der
zunehmenden Spannung der Federn erwachsenden Nachtheil dahin zu vermindern, daß in
Folge dessen die normale Dampfspannung höchstens um 10 Proc. überschritten werden
kann, was für die praktische Anwendung gewiß befriedigend erscheint.
Daß übrigens bei jeder Art von Ventilzuhaltungen die erläuterte Einrichtung der
Sicherheitsventile sich vollkommen bewährt und derartige Ventile unter übrigens
gleichen Umständen mehr als alle anderen bisher bekannten ihrem Zwecke entsprechen,
ist bereits an mehreren Orten, und namentlich durch deren Anwendung bei mehreren
Locomotiven der k. k. priv. Kaiserin-Elisabeth-Bahn mehrfach erprobt und anerkannt
worden.