Titel: | Ueber die Darstellung von Anilinblau für die Färberei und den Zeugdruck, durch Behandlung von Anilinroth mit Aldehyd; von C. Lauth. |
Fundstelle: | Band 162, Jahrgang 1861, Nr. XVII., S. 56 |
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XVII.
Ueber die Darstellung von Anilinblau für die
Färberei und den Zeugdruck, durch Behandlung von Anilinroth mit Aldehyd; von C. Lauth.
Aus dem Répertoire de Chimie appliquée, Juli
1861, t. III p. 273.
Lauth, über Darstellung von Anilinblau für die Färberei und den
Zeugdruck.
Die Vergleichung der Formel des Anilinroths C³⁶ H²⁰
N⁴ O⁵ derjenigen des Anilinvioletts C³⁶
H¹⁷ N³ O² brachte mich auf den Gedanken, daß man letzteres durch
Behandlung des Anilinroths mit reducirenden Substanzen erhalten könne. Nachdem eine
Reihe von Reactionen kein günstiges Resultat gegeben hatte, stellte ich Versuche mit
dem durch Erhitzen des salpetersauren Anilins bereiteten Anilinroth, dem sogenannten
Anilein
Lauth und Depouilly
ließen sich bekanntlich das durch Behandlung des Anilins mit Salpetersäure
erhaltene Roth unter dem Namen Anilein
patentiren. Nach den Analysen von E. Kopp und Jacquemain ist bei der Erzeugung dieses
Farbstoffs in 3 Aeq. Anilin 1 Aeq. NO⁴ Nitryl eingetreten, dagegen 1
Aeq. Wasserstoff ausgetreten; Lauth benennt daher
dieses Anilinroth trianiline mononitrée.
Man sehe über die Darstellung des Anileins die Angaben im polytechn. Journal
Bd. CLVIII S. 147 und Bd. CLIX S. 451.A. d. Red., an: alle gewöhnlichen Reductionsmittel zerstören diesen Farbstoff, keines
veranlaßt jedoch die Bildung von Anilinviolett.
Versetzt man aber das Anilein (oder das Azalein, das Fuchsin, das durch Behandlung
des Anilins mit Arsensäure oder mit gewissen Reductionsmitteln dargestellte
Anilinroth) als Auflösung in käuflichem Alkohol oder Holzgeist, oder auch in
käuflicher Essigsäure, mit Zinnchlorür (Zinnsalz in Stücken) und erhitzt zum Kochen,
so verschwindet die rothe Farbe nach und nach, und wird durch eine violette ersetzt,
welche endlich vollständig blau wird.
Wie das Zinnfalz wirken auf das in Alkohol aufgelöste Anilein eine Menge von
Substanzen, die meisten mineralischen und organischen Säuren, und die sauren Salze,
welche durch Wasser in basische Salze und freie Säure zerlegt werden.
Es war nun klar, daß die Eigenschaft das Roth in Blau umzuwandeln, nicht dem Alkohol
oder den ihn stets begleitenden Substanzen, angehört; von mir angestellte Versuche
ergaben, daß die Wirkung durch eine fremde Substanz hervorgebracht wird.
Diese Substanz ist das Aldehyd C⁴ H⁴ O². Man macht eine
Auflösung von Anilein (Fuchsin oder irgend einem Anilinroth) in Schwefelsäure und
aetzt ihr eine kleine Menge reines Aldehyd zu; nach einstündiger Berührung
neutralisirt man die Flüssigkeit mit reinem Natron, und erhält dann ein
außerordentlich blaues Violett. Bei länger fortdauernder Berührung dieser Substanzen
verschwindet die rothe Nüance vollständig und wird durch ein sehr reines Blau
ersetzt.
Die Mutterlauge enthält eine beträchtliche Menge Ammoniak. Wie das Aldehyd wirken,
ebenfalls in der Kälte, mehr oder weniger rasch, die meisten natürlichen
wesentlichen Oele, das Rautenöl, Anisöl etc.
Das so erhaltene Anilinblau hat folgende Eigenschaften: es ist in Wasser, Alkohol,
Essigsäure, sowie in Glycerin vollständig löslich, welchen es eine blaue, in Violett
stechende Farbe ertheilt; aus diesen Auflösungen setzt es sich in Form sehr
glänzender bronzefarbiger Blättchen ab. Es löst sich mit gelber Farbe in
concentrirter Schwefelsäure, concentrirter Salzsäure, in verdünnter Salpetersäure,
überhaupt in allen Säuren auf; aus diesen Auflösungen wird es durch die Alkalien
gefällt. In den ätzenden und kohlensauren Alkalien löst es sich ebenfalls mit gelber
Farbe auf, ohne durch dieselben verändert zu werden; diese Auflösungen werden durch
die Säuren gefällt. In wässerigen Kochsalzlösungen ist es vollkommen unauflöslich;
aus seinen Auflösungen in Wasser und sogar in Alkohol wird es durch Zusatz einer
geringen Menge Gerbstoff gefällt, mit welchem es eine Verbindung eingeht.
Das Anilinblau wird durch eine Temperatur von 200° C. zerstört.
Es ist für die Färberei und den Zeugdruck ausgezeichnet geeignet, und gibt auf Seide,
Wolle und Baumwolle sehr lebhafte Nuancen.Lauth hat die beschriebenen Verfahrungsarten zur
Darstellung von Anilinviolett und Anilinblau, um sich die Priorität der
Entdeckung zu sichern, in drei versiegelten Packeten am 24. December 1860, 10. Januar und
4. März 1861 bei der Mülhauser
Industriegesellschaft hinterlegt. Dieselben wurden am 26. Juni d. J. auf
sein Verlangen geöffnet und deren Inhalt im Bulletin
de la Société industrielle de Mulhouse t. XXXI p.
374–376 mitgetheilt.A. d. Red.