Titel: | Ueber die Bestimmung des Blutlaugensalzes in den rohen Schmelzkuchen; von E. Bohlig. |
Fundstelle: | Band 162, Jahrgang 1861, Nr. XLII., S. 126 |
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XLII.
Ueber die Bestimmung des Blutlaugensalzes in den
rohen Schmelzkuchen; von E.
Bohlig.
Aus Böttger's polytechnischem Notizblatt, 1861, Nr.
6.
Bohlig, über die Bestimmung des Blutlaugensalzes in den rohen
Schmelzkuchen.
Sieht man sich nach den Methoden um, die bekannt sind, das Ferrocyankalium zu
bestimmen, so wird man sofort seine Zuflucht zu der von Fresenius angegebenen nehmen, d.h. mittelst übermangansauren Kalis durch
Titriren den Gehalt bestimmen. Wenn es sich nämlich darum handelt, dasselbe neben
schwefelsaurem Kali, Natron oder den Chlorüren, sowie neben Ferridcyankalium zu
analysiren, so läßt bekanntlich dieses Verfahren in Bezug auf Kürze und Genauigkeit
nichts zu wünschen übrig.
Anders aber verhält es sich mit der rohen Lauge der Schmelzkuchen, die neben
genannten Salzen nach dem Ansäuern noch Schwefelcyankalium (Rhodankalium), resp. die
Wasserstoffverbindung von Schwefelcyan enthält, welche die Lösung des
übermangansauren Kalis augenblicklich zersetzt, so daß der Ferrocyankaliumgehalt
stets viel zu hoch gefunden wird.
Ein wenig von einer Lösung des Schwefelcyankaliums wurde mit reiner Salzsäure
angesäuert und mit Chamäleonlösung tropfenweise versetzt, bis die Farbe schwach in's
Rothe spielte; es wurden verhältnißmäßig große Mengen entfärbt; die Lösung reagirte
nicht im geringsten mehr auf Eisenchlorid, es war das Rhodan also vollständig
zersetzt. Die saure Lösung gab mit Chlorbaryum einen beträchtlichen Niederschlag
(von schwefelsaurem Baryt), und da die angewandten Reagentien vollständig frei von
Schwefelsäure waren, so mußte diese nothwendig durch Oxydation des Schwefels im
Rhodan entstanden seyn. Ein anderer Theil wurde mit Aetzkali versetzt, hierauf
einige Tropfen einer Eisenoxyduloxydsalzlösung hinzugegeben und mit reiner Salzsäure
wieder angesäuert, – es hinterblieb eine blaue Färbung der Flüssigkeit, die
nach längerem Stehen einen schwachen Niederschlag von Berlinerblau absetzte.
Die freie Rhodanwasserstoffsäure wird also von übermangansaurem Kali in derselben
Weise zersetzt, wie es von Chlor bereits bekannt ist. Der Schwefel wird zu
Schwefelsäure oxydirt unter Freiwerden des Cyans, während die Flüssigkeit
Manganoxydulsalz enthält.
Nach diesen Thatsachen erweist sich das übermangansaure Kali zum Titriren der
Schmelzkuchenlauge als völlig unbrauchbar; es ist dem Verfasser wenigstens kein
Verfahren bekannt, wie man das Rhodankalium auf eine leichte Weise vorher entfernen
könne, ohne das sich in mancher Beziehung ähnlich verhaltende Ferrocyankalium mit zu
afficiren. Der Verfasser theilt dagegen nachstehend ein eigenes Verfahren mit,
welches, frei von den genannten Mängeln, an Kürze jenem nicht nachsteht.
Von einer reinen Ferrocyankaliumlösung (im Liter genau 4 Grm.) werden 50
Kubikcentimeter (0,2 Grm.) mit einer Kupferlösung (10 Grm. im Liter) aus der Bürette
vollständig gefällt, ohne einen Ueberschuß anzuwenden. Mittels eines Streifens
Filtrirpapier, den man von Zeit zu Zeit in die braunrothe Flüssigkeit taucht und
welcher, den Niederschlag von Ferrocyankupfer zurückhaltend, das helle Filtrat
einsaugt, wird der Zusatz von Kupferlösung bemessen. Anfangs wird dieser feuchte
Papierstreifen, mit Eisenchloridlösung benetzt, tief dunkelblau, wobei man ohne
Furcht größere Mengen Kupferlösung auf einmal zusetzen kann; erst dann, wenn dieser
Streifen beim Benetzen mit Eisenchloridlösung nur noch schwach gebläut wird,
geschieht der Zusatz der Kupferlösung nach jedesmaligem Eintauchen tropfenweise, bis
zum vollständigen Verschwinden der Reaction. Das sichere Treffen dieses Punktes
bietet auch für den weniger Geübten keinerlei Schwierigkeiten. Man wird 14 Kubikcentimeter der
Kupferlösung bedürfen, was auf der Flasche bemerkt wird.
Kupferlösung 14 Kubikcentimeter = 0,3 Grm. Ferrocyankalium. Mit dieser Lösung nun
läßt sich eine Analyse leicht, sicher und mit Schnelligkeit ausführen, wenn man
folgendermaßen verfährt: Den zum Auflösen der Schmelzkuchen bestimmten Kessel mißt
man bis zu einem gewissen Punkt genau aus, gibt die bestimmte Anzahl Kuchen mit
Wasser hinzu und füllt nach erfolgtem vollständigen Auflösen mit Wasser bis zu jenem
bezeichneten Punkte nach, der den Inhalt in Litern angibt. Nach gehörigem Aufrühren
werden in einem eigens dazu bestimmten Glase 50 Kubikcentimeter abgemessen, diese
auf 250 Kubikcentimeter verdünnt, wovon nach dem Absetzen wiederum 50
Kubikcentimeter helle Lauge zur Analyse genommen werden. Auf diese Weise hat man
ohne Filtration mit Genauigkeit 10 Kubikcentimeter des Kesselinhalts. Man bringt
diese Menge zum Kochen und versetzt mit kohlensaurem Bleioxyd, bis alle
Schwefelmetalle zersetzt sind. Nach dem Abfiltriren des Schwefelbleis wird das
Filtrat mit den Waschwässern auf 150 Kubikcentimeter verdünnt, und mit der titrirten
Kupferlösung nach dem Ansäuern auf obige Weise das Ferrocyankalium ausgefällt.
Ist z.B. der Kesselinhalt 560 Liter, die verbrauchten Kubikcentimeter der
Kupferlösung = x, so ist der Blutlaugensalzgehalt des
Kessels
J = (0,2x/14 × 100 ×
560)/500 = 1,6 × x
d.h. die Anzahl der verbrauchten Kubikcentimeter Kupferlösung
mit 1,6 multiplicirt, gibt den Inhalt in Pfunden.
Da das reine krystallisirte schwefelsaure Kupferoxyd leicht abzuwägen und seine
wässerige, mit einigen Tropfen Schwefelsäure versetzte Lösung in gut verschlossenen
Maschen unveränderlich ist, so möchte sich dem übermangansauren Kali gegenüber auch
hierin dem Praktiker schon mancher Vortheil herausstellen.