Titel: | Ueber den Dampfstrahl als Zugbeförderungsmittel; von C. Wye Williams. |
Fundstelle: | Band 162, Jahrgang 1861, Nr. LIII., S. 161 |
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LIII.
Ueber den Dampfstrahl als Zugbeförderungsmittel;
von C. Wye Williams.Im Auszug aus dem Werke des Verfassers: On Heat in its
relation to Water and Steam. London 1861 von C. Wye Williams.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Williams, über den Dampfstrahl als
Zugbeförderungsmittel.
Die Anwendung des Dampfstrahles zur Verstärkung des Luftzuges bei Locomotivmaschinen
und Dampfschiffen hat sich in letzter Zeit mehr und mehr verbreitet. Indessen sind
die richtigen Ansichten über die Eigenschaften und Wirksamkeit des Strahles noch
weit davon entfernt, allgemein zu seyn, wie sich dieß in vielen Fällen an den
unrichtigen und folglich auch mehr oder weniger mißlungenen Anordnungen gezeigt
hat.
Um zu einem zuverlässigen Verständniß der Erscheinungen zu gelangen, welche der
Strahl darbietet, wollen wir von dem einfachsten Falle ausgehen, und einige
Beobachtungen betrachten, die Jeder leicht mit einem Blasebalge machen kann. Man
nimmt allgemein an, daß das Feuer nur durch die vom Blasebalg gelieferte Luft
vermehrt werde. Dieß ist aber nicht der Fall; es führt vielmehr der directe
Luftstrahl noch ringsumher einen Strom Luft mit, der so erheblich ist, daß wenn
dessen Entstehung verhindert wird, nur eine sehr geringe Wirkung des Einblasens
beobachtet werden kann. Man kann sich davon leicht überzeugen, indem man ein nach
außen conisch sich erweiterndes, an das Mundstück des Blasebalges passendes Rohr
zwischen dieses und das Feuer bringt. Man wird alsdann nur eine sehr geringe
Belebung des Feuers erreichen können. So wie man aber eine größere Anzahl Löcher in
der Ansatzröhre anbringt, durch die der inducirte Luftstrom eintreten kann, stellt
sich die sichere Wirkung des Blasens her und eine an die Seite der Röhre gehaltene
Flamme zeigt deutlich die in die Löcher einziehenden Luftströme.
Dieser übrigens leicht anzustellende Versuch läßt sich noch in folgender Weise
abändern, und wird dann, obwohl etwas umständlicher, noch deutlicher.
C, D in Fig. 10 ist ein
cylindrisches Blechgefäß von etwa 5'' Länge und 3'' Durchmesser. Dasselbe hat bei E eine mit dem Finger verschließbare Oeffnung und enthält, eingesetzt in
die beiden Endflächen, das siebartig durchlöcherte conische Rohr A, B. Bläst man nun bei A
mit dem Munde oder dem Blasebalg in dieses Rohr, so wird eine in die Nähe von E gehaltene Flamme deutlich den eintretenden Luftstrom
zeigen, und man wird bei F' den Unterschied leicht
bemerken, ob während des Einblasens die Oeffnung E
geschlossen oder offen ist.
Es ließe sich noch eine Reihe ähnlicher Erscheinungen anführen, woraus die Existenz
eines neben dem primären Luftstrom erregten secundären ersichtlich ist, doch wird
das Angeführte schon zur Feststellung dieser Thatsachen ausreichen. Dasselbe gilt
aber für den Dampfstrahl. Auch dieser erregt einen denselben erheblich verstärkenden
Luftstrom, so daß ein bei A, Fig. 11, austretender
Dampfstrahl bei Anfügung einer conischen Schutzröhre B,
Fig. 12,
seine Kraft größtentheils verliert und mehr die Form C
annimmt. Durchbohrt man die Röhre B mit verschiedenen
Löchern, so wird auch hier der ursprüngliche Effect hergestellt und ein starkes
Lufteinsaugen durch die Löcher beobachtet.
Hieraus erklärt sich die Wirkung des in die Rauchröhre einer Kesselfeuerung
eingeleiteten Dampfstrahles auf den Zug. Zugleich erkennt man, daß bei dieser
Anordnung vorzüglich geachtet werden muß auf das Verhältniß der Dampföffnungen, auf
ihre gegenseitige Entfernung und auf den wirkenden Dampfdruck. Es ist klar, daß z.B.
bei Anwendung mehrerer feiner Dampfstrahlen nebeneinander, in dem Falle ein erheblicher Mangel an Wirkung sich herausstellen muß, wo die
Strahlen bei zu großer Nähe an einander mehr oder weniger in einander fließen; es
kann ja dann nicht, wie bei weiter von einander entfernten Strahlen, rings um jeden Strahl der secundäre Luftstrom
entstehen.
Der Nichtbeachtung dieses Princips ist es allein zuzuschreiben, wenn die Einführung
des Dampfstrahls in den Rauchcanal, die in so vielen Fällen von glänzendem Erfolge
begleitet war, in anderen die beabsichtigte Wirkung nicht hatte.
Folgende Versuche können dazu dienen, diese Thatsachen zu beleuchten, und einen
Begriff von der Wichtigkeit der richtigen Construction des Dampfgebläses und der
dabei zu erzielenden Wirkungen und Ersparnisse zu geben.
In einer eisernen, den Schornstein darstellenden Röhre wurde als Ausblasemündung für
den von einem Dampfkessel gelieferten Dampf ein halbzölliges Rohr angebracht,
welches in Form eines Ringes von 2 Fuß Durchmesser gebogen war. In der oberen Fläche
dieses Ringes waren Löcher angebracht und zwar zunächst 60, jedes von einem Durchmesser von 1/4 Zoll.
Am unteren offenen Ende der großen Röhre war ein Luftmesser angebracht, durch
welchen alle eintretende Luft hindurchgehen mußte, um auf die weiter unten zu
beschreibende Weise gemessen zu werden.
Der Dampfdruck betrug in diesem und den folgenden Versuchen 7 Pfd. Nachdem der Dampf
eine Zeit lang eingeströmt und Alles wohl erwärmt war, wurden die Umdrehungen des
Luftmessers, deren je eine dem Eintritt von einem Kubikfuß entsprach, notirt.
Bei den angegebenen Dimensionen wurden 540 Umdrehungen in der Minute gezählt.
Nun wurde die Hälfte der Dampföffnungen verschlossen, so daß die übrig bleibenden bei
fast unveränderten Umständen den doppelten Abstand von einander erhielten. Bei einem
mithin auf die Hälfte verminderten Dampfverbrauch fanden in der Minute 625
Umdrehungen (also 17 Proc. mehr) statt.
Bei einem dritten Versuch wurden soviel Dampföffnungen verschlossen, daß nur noch 20
(gleichweit unter sich entfernte) blieben. Zahl der Umdrehungen des Luftmessers:
745.
Außer der Dampfersparniß von 2/3 wurde also nur durch die Vergrößerung des
Zwischenraumes zwischen den einzelnen Strahlen von etwa 1 auf 3'' eine Zugvermehrung von 540 auf 745 oder um 35 Procent
erzielt. Dieß rührt nur davon her, daß bei der vergrößerten Entfernung der einzelnen
Strahlen ein jeder derselben den umgebenden Luftstrom frei und von den benachbarten
Strahlen ungehindert hervorrufen konnte.
Die Ergebnisse aller dieser Versuche sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt;
der Druck im Kessel betrug in allen Fällen 7 Pfd.
GrößederDampföffnungen.
ZahlderDampföffnungen.
Gesammtflächeder Oeffnungen
inQuadratzollen.
Umdrehungendes Luftmessers in
derMinute.
1/4''
60
2,945
540
–
30
1,472
625
–
20
0,981
745
–
15
0,736
725
–
12
0,589
700
1/8''
60
0,736
740
–
30
0,368
615
1/10''
60
0,600
700
–
30
0,300
600
Man ersieht hieraus, daß sogar 30 Strahlen von einem Querschnitt von je 1/10'' bei einem Zwischenraum von 3'' noch wirksamer waren als 60 Strahlen von 1/4'' bei einer Entfernung von je 1''.
Die Dampfersparniß ist aus dem Verhältniß der Gesammtoberfläche der Oeffnungen
hinlänglich klar. Im Uebrigen sprechen die Zahlen so deutlich, daß ein Weiteres
nicht erforderlich scheint.
Der angewandte Luftmesser, welcher in Fig. 13 dargestellt ist,
gibt eine für den praktischen Zweck ausreichende, obgleich nicht gerade
mathematische Genauigkeit. Das Instrument besteht aus einem gewöhnlichen Flügelrade,
welches sich mit um so größerer Geschwindigkeit dreht, je rascher die Luft
Hindurchgetrieben wird; die Zahl der Umdrehungen wird in ähnlicher Art wie bei
Gasuhren an einer Reihe von Zifferblättern mit Zeigern abgelesen. Das Flügelrad hat
18'' Durchmesser, und ergab bei einem vorläufigen
Versuche, daß für jede Umdrehung ein Kubikfuß Luft durchgeht. Die Räder sind so
angeordnet, daß sie sich mit einer möglichst geringen Reibung drehen und also dem
Lufteintritt nur wenig Widerstand bieten. Natürlich wird das Instrument so
aufgestellt, daß die Röhre, worin der Zug gemessen werden soll, genau durch dasselbe
geschlossen wird.