Titel: | Weitere Mittheilung die Bestimmung der Salpetersäure betreffend, von Franz Schulze in Rostock. |
Fundstelle: | Band 162, Jahrgang 1861, Nr. LXXXV., S. 287 |
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LXXXV.
Weitere Mittheilung die Bestimmung der
Salpetersäure betreffend, von Franz
Schulze in Rostock.
Aus dem chemischen Centralblatt, 1861, Nr.
53.
Schulze, über die Bestimmung der Salpetersäure.
Die S. 49 in diesem Bande des polytechn. Journals zur
vorläufigen Notiz gegebene Beobachtung über die Reaction der Salpetersäure in alkalischer Lösung gegen
Zink, und das hierauf sich gründende Verfahren ihrer quantitativen Bestimmung habe
ich einer neuen Versuchsreihe unterworfen, um die Bedingungen festzustellen, welche
einzuhalten sind, damit man des Erfolges in jedem Falle sicher seyn könne.
Vor allen Dingen mußte nachgewiesen werden, ob die Ueberführung des Stickstoffes aus
der Salpetersäure in die Verbindungsform des Ammoniaks durch Zink und Alkali sich
überhaupt vollständig bewerkstelligen lasse. Nach den ersten vorläufigen Versuchen
erschien dieß zweifelhaft, da die Ammoniakausbeute in der Regel nicht über die
Hälfte von der aus der Salpetersäure berechneten betrug, während doch durch
Natriumamalgam die vollständige Umsetzung erzielt wurde. Ich habe mich nun
überzeugt, daß durch Einhaltung der richtigen Bedingungen auch das Zink sichere
Resultate gibt. Den nothwendigen Grad der Zerkleinerung des Metalles erreicht man
leichter, indem man es heiß (in einem eisernen Mörser aus dem geschmolzenen Zustande
erstarrt) pulverisirt, als durch Feilen oder Raspeln. Die wasserzersetzende Wirkung
des Zinks in alkalischer Lösung wurde durch Verplatinirung des Pulvers so weit
gesteigert, wie es für unseren Zweck nöthig ist. Dasselbe wird zu dem Ende jedesmal
kurz vorher, ehe es gebraucht werden soll, mit Wasser geschüttelt, welchem ein paar
Tropfen Salzsäure zugesetzt sind, nach dem Aufhören der Wasserstoffgasentwickelung
etwas Platinchloridlösung (etwa auf je 2 Grm. Zinkpulver 1 Tropfen) zugetröpfelt,
umgeschwenkt, bis die Flüssigkeit entfärbt ist, diese sodann abgegossen und das
verplatinirte Zink ein paarmal mit reinem Wasser ausgewaschen. Eine zweite
wesentliche Bedingung ist, daß die alkalische Flüssigkeit, auf welche das Zink
wirken soll, nicht zu verdünnt sey, vielmehr den Concentrationsgrad habe, um bis zu
beendigter Zersetzung der Salpetersäure das gebildete Zinkoxyd aufgelöst zu
erhalten. Aetzkali scheint in dieser Beziehung wirksamer zu seyn als Natron, da es
bei jenem genügt, wenn die Lauge das spec. Gewicht 1,3 hat, während die Natronlösung
nicht unter 1,35 seyn darf. Es hat sich ferner als nöthig erwiesen, daß das Zink mit
dem salpetersäurehaltigen Alkaligemische einige Zeit, nämlich nicht unter 3–5
Stunden, kalt in Berührung gewesen sey, ehe man mit dem Abdestilliren des
mittlerweile gebildeten Ammoniaks beginnt. Was endlich das Mengenverhältniß der
einzelnen Stoffe betrifft, so zeigten sich bei meinen bisherigen Versuchen, wenn das
zu zersetzende Gemisch 0,1 bis 0,3 Grm. Salpetersäure enthielt, 10 bis 15 Grm.
Zinkpulver und 20 Grm Kalilauge von der erwähnten Concentration ausreichend.
Eine doppelte Schwierigkeit ist bei dem Abdestilliren des Ammoniaks zu überwinden:
einmal diejenige, welche aus dem Spritzen des Gemisches und dem dadurch bedingten
reichlichen Hinüberreißen von Flüssigkeitspartikelchen hervorgeht, und sodann die
durch die Wasserstoffgasentwickelung erschwerte Condensirung des Ammoniaks in der
vorgelegten Säure. Den ersteren Uebelstand habe ich nur dadurch bewältigen können,
daß keine Retorte, sondern ein Kolben als Erhitzungsgefäß diente, und das auf den
Kolben aufgesetzte trompetenartig gewundene Entbindungsrohr bis zu der nach dem
Condensationsgefäße abführenden Biegung während der Destillation auf 130° C.
erhitzt wurde. Diese Erhitzung läßt sich leicht bewerkstelligen mittelst eines das
Rohr einschließenden Metalltrichters, welcher mit Paraffin oder Oel gefüllt ist, und
seitlich von einer Flamme berührt wird. Einige Centimeter unterhalb des Randes hat
der Trichter eine Tülle, durch welche der ein wenig abwärts gebogene obere Theil des
Entbindungsrohres hindurchgeht, so daß auch dieser Theil von dem erhitzten Paraffin
bedeckt ist, hier also noch keine Verdichtung der Dämpfe stattfinden kann. Ich darf
wohl bei dieser Gelegenheit den Gebrauch derselben Vorrichtung für alle analogen
Fälle von Destillationen, wo das Ueberspritzen oder das Emporsteigen von Flüssigkeit
an der Gefäßwandung vermieden werden soll, allgemein empfehlen.
Zur Condensation der Ammoniakdämpfe in der vorgelegten Säure reicht ein Kugelapparat,
wie er bei der Stickstoffbestimmung mit Natronkalk angewandt zu werden pflegt, nicht
aus, da eine zu große Menge von Wasserdampf mit übergeht, welcher, durch ein
Kühlrohr condensirt, in einer besonderen an dieses angepaßten hinreichend geräumigen
Vorlage angesammelt werden muß. Der Theil des Ammoniaks, welcher von der in der
Vorlage befindlichen Säure nicht absorbirt ist, kann von hier in einen Kugelapparat
übergehen; statt eines solchen habe ich es jedoch vorgezogen, auf den Tubulus der
Vorlage ein senkrechtes Rohr, gefüllt mit Glasperlen, welche mit Säure benetzt sind,
und nach beendigtem Versuche sich leicht auswaschen lassen, aufzusetzen, da
hierdurch die doppelte Bedingung des ungehemmten Hindurchgehens der Luft resp. des
Wasserstoffgases und die vollständige Absorption der Ammoniakdämpfe besser erfüllt
wird. Zeigen sich während der Destillation oberhalb des Rohres geringe Salmiaknebel,
so genügt das Aufgießen von einigen Tropfen wässeriger Säure, um diesem Verluste
vorzubeugen. Die Destillation wird so lange fortgesetzt, bis etwas über 1/3 des
ursprünglichen Flüssigkeitsvolumens in den Kolben übergegangen ist. Bemerkt man dann
an einem in den erkalteten Kolben hineingehaltenen Hämatoxylinpapiere keine
Ammoniakreaction mehr, so kann man sicher seyn, daß der Versuch so weit gelungen
ist. Derselbe ist zu verwerfen, wenn sich eine solche Reaction noch zeigen sollte,
vorausgesetzt, daß bei der darauf bezüglichen Prüfung keine Täuschung obwaltete, wie sie etwa durch
Anwendung einer nicht frisch bereiteten Hämatoxylinlösung, und besonders durch die
in der Kolbenluft noch suspendirten Spritzpartikelchen des Alkaligemisches leicht
herbeigeführt werden kann.
Ich halte es für überflüssig, die ganze Reihe der nach dem beschriebenen Verfahren
ausgeführten Controle-Versuche, bei denen die gewonnenen Ammoniakmengen mit den der
Zersetzung unterworfenen Quantitäten reinen Kalisalpeters genau übereinstimmten,
aufzuführen, darf aber nicht verschweigen, daß, wenn die Salpetersäuremenge über 0,2
Grm. hinausgeht, die Sicherheit des Resultates sich vermindert, während bei
Quantitäten unter diesem Gewichte und mit Anwendung eines Destillationskolbens von
200 Kub. Cent. Inhalt unter mehreren hinter einander ausgeführten Versuchen selten
einer mißglückte.
Auf die zweckmäßigste Methode der Bestimmung des aufgesammelten Ammoniaks dehnten
sich meine Versuche nicht aus; ich beschränkte mich darauf, dasselbe als
Platinsalmiak zu bestimmen.
Ueber die besonderen Maßnahmen, um bei Untersuchung organischer Gemische auf
Salpetersäure dieselben für den Versuch richtig vorzubereiten, behalte ich mir einen
besonderen Bericht vor.