Titel: | Die verbesserte Turbinenconstruction von Eduard Hänel, Maschinendirector der gräfl. Stolberg'schen Maschinenfabrik in Magdeburg. |
Fundstelle: | Band 162, Jahrgang 1861, Nr. XCIII., S. 323 |
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XCIII.
Die verbesserte Turbinenconstruction von
Eduard Hänel,
Maschinendirector der gräfl. Stolberg'schen Maschinenfabrik in Magdeburg.
Aus der Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure,
1861, Heft 7 u. 8, S. 163.
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Hänel's verbesserte Turbinenconstruction.
Durch den Bau eines neuen Walzwerks bei der der Mansfelder Gewerkschaft gehörigen
Rothenburger Hütte zu Rothenburg a. d. S. war der Abbruch der alten daselbst
befindlichen gewerkschaftlichen Mahlmühle bedingt, und der Aufbau einer neuen
Mahlmühle beschlossen.
Obgleich nun der Saalfluß ein Wasserquantum führt, welches bei dem in Rothenburg
vorhandenen Maximalgefälle von circa 6 Fuß auch bei
knappem Wasser hinreichend seyn dürfte, um den zum Betriebe der Rothenburger Hütte
erforderlichen Motoren für die beiden Walzwerke, die Hammerwerke und die Mahlmühle
zu genügen, so bedingten zwei andere Gründe, diese Motoren so zu construiren, daß
von denselben der bestmögliche Nutzeffect unter allen Umständen zu erreichen
sey.
Der erste Grund liegt darin, daß das erwähnte Maximalgefälle von circa 6 Fuß nur beim niedrigsten Stand des Unterwassers
vorhanden ist, und dieser Stand durchschnittlich nur 3 bis 4 Monate im Jahr
stattfindet, während für die übrige Zeit des Jahres durch Stauwasser dieses Gefälle
sehr veränderlich wird, und sogar beim Hochwasser, wenn auch nur auf die Dauer von
ein Paar Tagen, ganz verschwindet. Ist nun auch der Natur der Sache gemäß mit dem
Anwachsen der Saale und der dadurch bedingten Vermehrung ihres Wasserquantums durch
letzteres, bis zu gewissen Grenzen, ein Aequivalent für den entstandenen
Gefällverlust gegeben,
so würden doch die Motoren ohne eine rationelle Construction derselben bezüglich
ihres Nutzeffects zu große Dimensionen, und mit diesen kostspielige Ausführung und
Unterhaltung erfordern, wollte man die eintretenden schwankenden Gefällverhältnisse
durch eine übermäßige Mehrbeaufschlagung der Motoren compensiren. Der andere, und
noch wichtigere Grund, welcher den bestmöglichen Nutzeffect der Motoren bedingte,
bestand in der Lage des vorhandenen Wehres und des ebenfalls vorhandenen
Wasserzuführungsgrabens zu der zwischen Wehr und Obergraben liegenden
Schiffsschleuße. Es würde nämlich eine nicht unwesentliche Inconvenienz für die die
Schleuße benutzenden Schiffe gewesen seyn, wäre bei der beabsichtigten Vergrößerung
der Rothenburger Hüttenanlage durch sorglose Construction der Motoren ein wesentlich
größerer Wasserbedarf für dieselben erforderlich gewesen, als bei den alten
bestehenden Motoren, indem durch die herbeigeführte größere Wasserzuführung nach dem
Obergraben vor demselben eine größere Strömung entstanden wäre und so das Ein- und
Auslaufen der Schiffe in die Schleuße mit Gefahr für Schiff und Mannschaft
verbunden, oder, um diese zu vermeiden, eine zeitweilige Sistirung des Betriebes auf
der Hütte nöthig gewesen seyn würde.
Hr. Maschinenbauinspector Richards in Eisleben, welcher
mit den Entwürfen und Ausführungen der maschinellen Bauten der genannten
Gewerkschaft betraut ist, hatte zu dieser neuen Anlage, in sachgemäßer Würdigung der
obwaltenden Wasserverhältnisse und der Eigenthümlichkeit und Zweckmäßigkeit des
Betriebes entsprechend, für das neue Walzwerk als Motor ein Kropfrad und für die
neue Mahlmühle als Motoren Turbinen in Vorschlag gebracht.
Es wurde dieser Vorschlag von der Gewerkschaft genehmigt, und die gräflich Stolberg'sche Maschinenfabrik in Magdeburg aufgefordert,
einen Entwurf zu diesen Turbinen einzureichen, und dabei die allgemeine Bedingung
gestellt, daß jede der Turbinen
„sowohl bei 4 Fuß als auch bei 6 Fuß Totalgefälle und allen dazwischen
liegenden Gefällhöhen nicht nur die volle Leistung von 13 bis 15 Pferdestärken
à 30600 Fußpfund pro Minute, sondern auch
einen Wirkungsgrad von 55 Proc. gewähren solle.“
So gering nun auch der beanspruchte Wirkungsgrad von 55 Proc. denjenigen erscheinen
mag, welche an die Richtigkeit solcher Versuche mit Turbinen glauben, wo ein
Wirkungsgrad von 80 Proc. und noch mehr gefunden, resp. herausgerechnet wurde, so
ist zu berücksichtigen, daß es für beide contrahirenden Theile angenehm ist, wenn
die Endresultate die Forderung übertreffen, als wenn bei einer auf das mögliche
Maximum gestellten Forderung, resp. Versprechen, dieselbe nur mit Mühe und Noth, oder, noch schlimmer,
nicht erreicht wird. Andererseits wird aber jeder Ingenieur, welcher mit der
Construction von Turbinen inniger vertraut ist, erkennen, daß die Erfüllung der
gestellten Forderung nicht so leicht ist, als es scheint, wenn dabei berücksichtigt
wird, daß behufs Erfüllung dieser Bedingung die Querschnitte, resp. die
Beaufschlagungsöffnung des Leitschaufelrades, der Bedingung wegen der Kraftäußerung
entsprechend, im Verhältniß
√6³: √4³ = 1 : 0,544
stehen müssen, d.h. wenn die Turbine bei 4 Fuß Gefälle mit
vollen Leitschaufelöffnungen arbeitet, dieselbe bei 6 Fuß und gleicher Kraftäußerung
nur mit
0,544
der Leitschaufelöffnungen in Thätigkeit ist.
Schon bei diesem Verhältniß der Beaufschlagungen einer Turbine lehrt die Erfahrung
nach den mit Turbinen gewissenhaft angestellten Versuchen, daß der Wirkungsgrad der
Turbinen bedeutend abnimmt, und selbst wenn die Turbine bei voller Beaufschlagung 70
oder mehr Procent gibt, der hier geforderte Wirkungsgrad von 55 Proc. bei der sich
ergebenden geringen Beaufschlagung von 0,544 aller Leitschaufelöffnungen selten
erreicht wird, wenn man nicht zu mehr oder weniger complicirter Construction der
Turbinen seine Zuflucht nimmt. Da es aber nach dem früher Gesagten dringend
wünschenswerth war, daß der Constructeur der fraglichen Turbinen mit denselben mehr
leistete, als die Grenzen der gestellten Bedingung forderten, so stellte er sich
selbst beim Entwurf der Turbinen die weit über die Grenzen der Bedingung gehende
Aufgabe:
„Die für die Rothenburger Mahlmühle bestimmten Turbinen sollen sowohl bei
einem Gefälle von 6 Fuß, als auch noch bei 3 Fuß Gefälle mit einem Wirkungsgrad
von mindestens 60 Proc. die constante Leistung von 12 bis 15 Pferdestärken
ausüben, oder, mit anderen Worten, mit einer veränderlichen
Beaufschlagungsöffnung im Verhältniß von
√6³ : √4³ = 1 : 0,2828
mit mindestens 60 Proc. Wirkungsgrad arbeiten, ohne daß bei dieser
Gefälldifferenz die für den Betrieb der Mahlmühle erforderliche normale
Geschwindigkeit der Turbine wesentlich sich ändere, und der Wirkungsgrad von 60
Proc. für alle Beaufschlagungen von 1 bis 0,2828 mindestens erreicht
werde.“
Jeder Ingenieur, welcher schon einmal Turbinen, nicht bloß nach nicht leicht zu lösen ist, und
fast möchte man überhaupt an der Lösung dieser Aufgabe zweifeln, wenn man die
Resultate der Versuche aufmerksam prüft, welche mit Turbinen aus den anerkannt
besten Turbinenbauanstalten erzielt worden sind. Alle diese Resultate ergeben mit
Bestimmtheit, daß der Wirkungsgrad selbst der besten Turbinen in einem rapiden
Verhältniß sinkt, wenn das Verhältniß der Beaufschlagung der Turbinen ein kleines
wird, und hierin liegt auch der allgemeine Grund, weßhalb die Turbinen noch nicht
überall den Sieg über die gewöhnlichen Wasserräder errungen haben, trotzdem die
Turbinen in anderen praktischen Hinsichten entschiedene Vortheile über die
gewöhnlichen Wasserräder darbieten. Denn was nützt ein Motor da, wo sich das
Gefälle, resp. die Wassermengen fortwährend ändern, wenn derselbe nur für ein
bestimmtes Gefälle und eine bestimmte Wassermenge einen günstigen Wirkungsgrad gibt,
der um so geringer wird, je mehr es z.B. im Sommer bei vermindertem Wasserzufluß
oder bei eintretendem Stauwasser wünschenswerth wäre, daß der Wirkungsgrad des
Motors besser würde, mindestens constant bliebe. Wird da nicht mancher Industrielle
bei Anlage eines Motors einen solchen vorziehen, der selbst bei schwankenden Gefäll-
und Wasserverhältnissen einen ziemlich constanten, wenn auch etwas niedrigeren
Wirkungsgrad gibt, als eine Turbine nehmen, welche nur für bestimmte Verhältnisse
günstig arbeitet, durchschnittlich aber einen bei weiten: geringeren Wirkungsgrad
gibt als ein gewöhnliches Wasserrad?
So lange aber der gerügte Uebelstand der Turbinen besteht, so lange wird auch das
gewöhnliche Wasserrad, wie unbequem es auch in anderer Hinsicht seyn mag, dennoch
für viele Fälle ein ebenbürtiger Concurrent der Turbine bleiben.
Mit der Lösung der oben speciell für die Rothenburger Turbine gestellten Aufgabe hört
diese Concurrenz der gewöhnlichen Wasserräder mit der Turbine auf, und dieser wird
im Verein mit ihren anderen praktischen Vorzügen fast in allen Fällen der Vorrang
vor den gewöhnlichen Wasserrädern gebühren, und nur noch in solchen Fällen die Wahl
unentschieden bleiben, wo, wie z.B. beim Walzwerksbetriebe, zur Ueberwindung und
Ausgleichung momentaner Widerstände das Beharrungsvermögen der Masse des Motors
selbst, oder momentan anormale Beaufschlagungswassermengen in Berücksichtigung
gezogen werden müssen.
Eine Prüfung der Resultate der Versuche mit den für die Rothenburger Mühlenanlage
ausgeführten Turbinen zeigt, daß das Problem der gleich günstigen Benutzung einer
veränderlichen Wasserkraft vollständig von dem Constructeur gelöst worden ist, und
zwar, wie im weiteren Verlauf angegeben wird, auf die einfachste und rationellste
Weise. Es wäre wahrhaft
zu wünschen, daß die angegebene Turbinenconstruction anerkannt und vielfach
ausgeführt, und dadurch immer mehr und mehr das bis jetzt nicht mit Unrecht
bestandene Vorurtheil gegen die Turbinen verschwinden würde.
Zum besseren Verständniß und Beurtheilung der neuen Turbinenconstruction theilen wir
in Kürze das Raisonnement mit, welches der Constructeur beim Entwurf der
Construction aufgestellt hat.
Abgesehen von den verschiedenen mechanischen Constructionen der Turbine, welche bis
jetzt zur Ausführung gekommen sind, und welche sich nach den Namen der Constructeure
als Fourneyron'sche, Jonval'sche, Henschel'sche, Poncelet'sche etc. Turbinen kennzeichnen, lassen sich alle Turbinen, ihrem
Wirkungsprincip entsprechend, in zwei bestimmte Systeme eintheilen, welche sich, das
eine von dem anderen, nur durch die verschiedenen Druck- und
Geschwindigkeitsverhältnisse des aus den Leitschaufeln in das Druckschaufelrad
strömenden Wassers unterscheiden. Bei dem ersten System der Turbinen tritt das
Wasser aus den Leitschaufeln mit einer geringeren absoluten Geschwindigkeit, als dem
über den Leitschaufeln stehenden absoluten Wasserdruck oder Gefälle entspricht; die
Differenz zwischen dieser Geschwindigkeitshöhe und dem absoluten Gefälle erzeugt
beim Uebergang des Wassers aus den Leitschaufeln in das Druckschaufelrad einen
Ueberdruck; dieser Ueberdruck wird im Druckschaufelrad nutzbar gemacht, indem durch
denselben theils die lebendige Kraft, theils die Pressung des Wassers im
Druckschaufelrad vermehrt wird. Man kennt dieses System unter dem Namen Reactionsturbinen.
Bei dem anderen System der Turbinen findet ein Ueberdruck an der Uebergangsstelle
zwischen Leitschaufeln und Druckschaufelrad nicht statt, sondern der vorhandene
Druck soll gleich seyn dem entgegen wirkenden Druck der die Turbine umgebenden
atmosphärischen Luft, unter Umständen vermehrt um den Druck der Wassersäule, welche
über der Uebergangsstelle steht.
Somit soll bei diesem System der Turbinen die Geschwindigkeitshöhe der absoluten
Austrittsgeschwindigkeit des Wassers aus den Leitschaufeln gleich dem vorhandenen
absoluten Gefälle seyn. Dieses System der Turbine bezeichnet man mit dem Namen Druckturbinen.
Hierbei ist vor der Hand von dem Einfluß desjenigen Theils der absoluten Gefällhöhe
abstrahirt, dessen Größe durch die verticale Höhe des Druckschaufelrades gegeben
ist, welche Höhe zur Erzeugung einer additionellen Geschwindigkeit des Wassers bei
seinem Durchgang durch das Druckschaufelrad auftritt, sobald das Druckschaufelrad
frei und nicht unter Wasser geht.
Der Verf. unterscheidet diese beiden Systeme nach dem Vorgang von Weisbach durch die Benennungen
„Reactionsturbine“ und „Druckturbine.“
Eine mehr bildliche Darstellung des Wirkungsprincips beider Turbinensysteme und eine
bestimmte Unterscheidung derselben dürfte sich ergeben, wenn man sagt: Bei den
Reactionsturbinen dient der Leitschaufelapparat als Generator einestheils der
disponibeln lebendigen Kraft des Wassers, und das Druckschaufelrad als Generator des
anderen ergänzenden Theils der disponibeln Kraft des Wassers und gleichzeitig als
Recipient der ganzen Kraft des Wassers. Bei den Druckturbinen dient der
Leitschaufelapparat als Generator für die ganze disponible lebendige Kraft des
Wassers, und das Druckschaufelrad ist nur als Recipient dieser lebendigen Kraft zu
betrachten.
In Bezug auf die bestmögliche Ausnutzung einer bestimmten disponibeln Wasserkraft
stehen sich beide Systeme sowohl in theoretischer, als in praktischer Hinsicht im
Allgemeinen gleich, da bei beiden Systemen die theoretischen Bedingungen zur
Erreichung eines günstigen Wirkungsgrades auch praktisch zu erfüllen sind. Versuche,
welche mit nach beiden Systemen ausgeführten Turbinen gemacht worden sind,
bestätigen das Gesagte; aber dieselben Versuche haben auch bewiesen, daß bei einer
Beaufschlagung einer und derselben Turbine mit veränderlichen Wassermengen, die
Reactionsturbinen entschieden ungünstigere Wirkungsgrade geben als die
Druckturbinen.
Die Ursache, weßhalb in dieser Beziehung die Reactionsturbinen den Druckturbinen
nachstehen, liegt in dem verschiedenen Wirkungsprincip beider. Soll nämlich bei den
Reactionsturbinen die ganze lebendige Kraft durch das Druckschaufelrad nutzbar
gemacht werden, so muß nach dem früher Gesagten das Wasser im Druckrad in
ununterbrochener Verbindung mit dem Wasser im Leitschaufelrad bleiben, denn nur dann
kann der zwischen Leitschaufel- und Druckschaufelrad restirende, dem ganzen Gefälle
zugehörige Ueberdruck dem Wasser im Druckschaufelrad mitgetheilt, in lebendige Kraft
umgesetzt und durch das Druckrad nutzbar gemacht werden.
Wird aber, wie dieß namentlich bei den Jonval-Henschel'schen Turbinen geschieht, um dieselben mit einer kleineren
Wassermenge zu beaufschlagen, ein Theil der Leitschaufelöffnungen geschlossen, so
entsteht dadurch natürlich eine Unterbrechung des continuirlichen Zusammenhanges des
Wassers im Leitschaufelrad mit dem Wasser im Druckschaufelrad, und die Folge davon
ist, daß das im Druckschaufelrad befindliche Wasser, indem dasselbe bei der
Umdrehung des Druckrades an dem geschlossenen Theil des Leitschaufelrades
vorbeigeht, keinen Impuls durch den Ueberdruck erhält, somit für diesen Theil des Wassers die dem
Ueberdruck entsprechende Gefällhöhe für die Nutzleistung der Turbinen verloren geht.
Dieser Verlust wird um so größer, je größer das Verhältniß des geschlossenen Theils
des Leitschaufelrades zum offenen Theil desselben ist, mit anderen Worten, je
geringer die beaufschlagte Wassermenge im Vergleich zur Maximalbeaufschlagung ist,
weil hierdurch die Zeitdauer der Unterbrechung des continuirlichen Zusammenhanges
des Wassers im Leitschaufel- und Druckschaufelrade eine größere und die Zeitdauer
des continuirlichen Zusammenhanges des Wassers eine um so kleinere wird, somit auch
der durch den Ueberdruck auf die einzelnen Theilchen der Wassermasse ausgeübte
Impuls von geringerer Dauer ist, und sich entweder gar nicht oder kürzere Zeit
andauernd von Wassertheilchen zu Wassertheilchen während der Bewegung des Wassers
durch das Druckrad fortpflanzen oder wirken kann.Nichts kann bezeichnender für die Bedingungen der bestmöglichen Wirkung der
Reactionsturbinen seyn, als die französische Benennung derselben:
„Roues hydrauliques à pression
universelle et continue.“
Daß sich durch eine solche theilweise Beaufschlagung, abgesehen von den dadurch
andererseits nachtheilig auftretenden anormalen Geschwindigkeitsveränderungen, der
Wirkungsgrad der Reactionsturbinen wesentlich alterirt und vermindert wird, ist
jetzt schon a priori aus dem Gesagten zu ersehen, und
wird auch, wie bereits oben erwähnt, durch die Versuche mit Reactionsturbinen
bestätigt.
Trotz dieses principiellen Fehlers der Reactionsturbinen, bei Abnahme eines
Maximalaufschlages auch eine Abnahme des Wirkungsgrades herbeizuführen, konnte der
Verf. dieselben für den Constructionsentwurf der Rothenburger Turbinen nicht außer
Acht lassen, da die Reactionsturbinen den großen Vortheil haben, daß ihr
Wirkungsgrad durch Stauwasser nicht wesentlich beeinträchtigt wird, und gerade diese
günstige Eigenschaft bei den erwähnten Gefällverhältnissen der Saale für die
Rothenburger Turbinen sehr zu Gunsten der Reactionsturbinen sprach.
Es blieb demnach zu untersuchen, was ist bis jetzt von anderen Constructeuren gethan,
um diesen Uebelstand bei den Reactionsturbinen zu beseitigen, und was kann in dieser
Beziehung zur Vermeidung dieses Uebelstandes noch gethan werden. Diese Untersuchung
mußte sich mit auf die bekannten Wasserregulirungen erstrecken, welche bei den
Turbinen seither angewandt sind.
Diese Regulirungsapparate kann man in zwei Classen theilen; erstens in solche, bei
denen der Querschnitt der Ausflußöffnungen der Leitschaufeln constant bleibt, und
die Regulirung durch Vermehrung oder Verminderung des Gefälles, somit durch
Vermehrung oder Verminderung der Austrittsgeschwindigkeit des Wassers aus den
Leitschaufeln geschieht. Die zweite Classe bezieht sich auf diejenigen Apparate,
durch welche der Querschnitt der Leitschaufelöffnungen verändert wird, und das
Gefälle constant bleibt.
Zur ersten Classe gehört der Ringschütze welchen Köchlin
u. Comp. bei den von ihnen ausgeführten Turbinen
anwenden, ferner die Regulirung durch eine Drosselklappe im Fallrohr der Turbinen.
Daß diese Art der Wasserregulirung die schlechteste ist und auf den Wirkungsgrad der
Turbinen am nachtheiligsten einwirkt, ist ohne Weiteres leicht einzusehen, denn jede
Minderbeaufschlagung erfordert einen Gefällverlust, der um so größer wird, je
geringer das Verhältniß der effectiven Beaufschlagung zur Maximalbeaufschlagung ist.
Will man z.B. nur die Hälfte des Maximalaufschlags durch genannten
Regulirungsapparat erzielen, so muß bei constantem Querschnitt der
Leitschaufelöffnungen die Austrittsgeschwindigkeit auf die Hälfte reducirt werden,
und da sich die Quadrate der Geschwindigkeiten wie die Druckhöhen verhalten, so muß
in diesem Fall das Gefälle bis auf den vierten Theil des disponibeln Gefälles durch
Erzeugung von kraftraubenden Widerständen beim Durchgang des Wassers durch die
Turbine mittelst des Regulirungsapparats reducirt werden, und somit wird der
Wirkungsgrad der Turbine in diesem Fall nur 1/4 desjenigen seyn, welchen die Turbine
bei der Maximalbeaufschlagung hat. Eine derartige Wasserregulirung verdient den
Namen „Krafttödter“ im vollsten Sinne des Wortes, und sollte
füglich nur da angewendet werden, wo Kraft im Ueberfluß vorhanden ist und auf die
billigste Art und Weise als solche vernichtet werden soll, oder wo dieselben als
Sicherheitsschützen zu dienen haben, um die Turbinen bei vorkommenden Unglücksfällen
etc. schnell abzuschützen und zum Stillstand zu bringen, wozu sich, nebenbei gesagt,
namentlich der Ringschütze, wenn derselbe als Fallschütze eingerichtet ist, am
bestell eignet.
Die zweite Classe der Wasserregulirungsapparate umfaßt diejenigen mechanischen
Vorrichtungen, bei denen zur Veränderung des Querschnitts der Leitschaufelöffnungen:
auf die Leitschaufeln gelegte Sectoren, Schlußklappen, halbkreisförmige Schützen,
welche sich in einer verschiedenen Ebene der Leitschaufelradfläche bewegen, und je
eine Hälfte des Leitschaufelrades ganz oder theilweise diametral verschließen,
einzelne Schützen für je eine oder mehrere Leitschaufelöffnungen etc. zur Anwendung
kommen. So sinnreich nun diese Vorrichtungen seyn mögen, und so viel mechanisches
Talent auf die Construction derselben verwendet worden ist, um dieselben während des
Ganges der Turbine zu handhaben, so wenig entsprechen auch diese Vorrichtungen nach
dem früher Gesagten einer rationellen Regulirung der Aufschlagwassermenge, und können
nur als Geschwindigkeitsregulatoren der Turbinen dienen, ohne daß dadurch bei
veränderlichen Beaufschlagungen der Wirkungsgrad der Turbine ein constanter bliebe,
denn durch alle diese Regulirungsapparate tritt die schädliche Unterbrechung des
continuirlichen Zusammenhanges des Wassers im Leit- und Druckschaufelrad ein, und
hat die Verminderung des Wirkungsgrades zur Folge: sie heilen somit das Uebel nicht,
mit welchem die Reaktionsturbinen principiell behaftet sind. Bei den Fourneyron'schen Turbinen wird, außer den genannten
mechanischen Vorrichtungen, der ursprünglich von Fourneyron angegebene cylindrische Schütze zwischen Leitschaufel- und
Druckschaufelrad noch öfter zur Regulirung des Wasserzuflusses angewendet. Obgleich
mit diesem Schützen nur die Höhe des Leitschaufelrades verändert wird, und das
Wasser in diesem mit dem Wasser im Druckrad in continuirlichem Zusammenhang bleibt,
so treten doch durch eine solche Regulirung sowohl beim Austritt des Wassers aus dem
Leitschaufelrad, als auch beim Durchfluß des Wassers durch das Druckrad ganz andere
Geschwindigkeitsverhältnisse ein, als bei der Maximalbeaufschlagung der Turbine, wo
die Höhe des Leitschaufelrades gleich der Höhe des Druckschaufelrades ist, durch die
theoretischen Bedingungen gefordert werden; namentlich wird, wenn das Druckrad unter
Wasser arbeitet, somit der Querschnitt zwischen je zwei Druckschaufeln ganz mit
Wasser gefüllt ist, die relative und absolute Geschwindigkeit des Wassers im
Druckrad wesentlich abgeändert, resp. vermindert, wenn der Schütze nicht bis auf
seine ganze Höhe aufgezogen ist, und hierdurch tritt eine wesentliche Verminderung
des Wirkungsgrades der Turbine auf. Etwas günstiger gestalten sich die Verhältnisse,
wenn das Druckrad nicht unter Wasser, sondern frei in der Luft geht; unter diesen
Umständen tritt das Wasser aus den Leitschaufeln fast mit der dem Totalgefälle
entsprechenden Geschwindigkeit aus, und die Reactionsturbine verwandelt sich in eine
Druckturbine; immerhin bleibt aber auch hier der Wirkungsgrad wesentlich hinter
demjenigen zurück, welcher sich bei der Maximalbeaufschlagung ergibt, wobei die
Turbine in ihren normalen Zuständen als Reactionsturbine arbeitet. Der Grund hierfür
liegt darin, daß das Wasser bei seinem Durchgang durch das Druckrad am Anfang schon
wesentliche Geschwindigkeitsstörungen wegen der größeren Höhe des Druckrades
erleidet, und daß der Austrittswinkel der Leitschaufeln und der Ein- und
Austrittswinkel der Druckschaufeln, resp. die Querschnitte zwischen je zwei
Druckschaufeln, den Elementarbedingungen einer Druckturbine nicht entsprechen,
wodurch namentlich eine große Unregelmäßigkeit der Bewegung des Wassers durch das
Druckrad entsteht, welche höchst nachtheilig auf den Wirkungsgrad einwirkt.
Man hat ferner, um das Uebel in engere Grenzen zu bringen, die Reactionsturbinen mit
getheilten Leit- und Druckschaufelrädern construirt, welches System zuerst Fourneyron durch seine Etagenräder in die Praxis
eingeführt hat, und bei den sogenannten Jonval'schen
Turbinen schon seit längerer Zeit von Escher, Wyß und Comp. in Zürich, sowie von Hänel selbst im Jahre 1848 bei einer für die fürstl. Waldenburg'sche Mahlmühle zu Waldenburg ausgeführten Turbine in Anwendung
gekommen, und neuerer Zeit fast von allen Turbinenconstructeuren für solche Fälle
adoptirt ist, wo die Turbine mit veränderlichen Wassermengen, resp. Gefällen, zu
arbeiten hat, und wo die bestmögliche Ausnutzung der disponibeln Wasserkraft
gefordert wird.
Es ist nicht zu läugnen, daß diese Construction die allgemeinere Einführung der
Turbinen veranlaßt, und das bis dahin gerechtfertigte Vorurtheil gegen die Turbine
ein gutes Theil abgeschwächt hat. Dennoch bleibt diese Construction ein Palliativ,
da durch dieselbe das Uebel nur gemildert, aber nicht radical gehoben wird.
Um diesen Ausspruch zu beweisen, denke man sich, es soll durch eine Turbine eine
Wasserkraft bestmöglich nutzbar gemacht werden, welche, sey es durch die
Gefällschwankungen oder durch die Wasserverhältnisse, erfordert, daß die
Querschnitte der Leitschaufelöffnungen sich im Verhältniß wie 1 : 3 = 1/3 : 1 als
äußerste Grenzen ändern müssen. Man kann für diesen Fall die Turbine dann so
construiren, daß dieselbe zwei Abtheilungen erhält, wovon die eine 2/3, die andere
1/3 des ganzen erforderlichen Querschnitts der Leitschaufelöffnungen hat. Man wird
also für die Maximalwassermenge durch Beaufschlagung beider Radabtheilungen, für 2/3
der Maximalwassermenge durch Beaufschlagung der 2/3 großen Radabtheilung und
Verschluß der 1/3 großen Radabtheilung, und endlich für 1/3 der Maximalwassermenge
durch Beaufschlagung der 1/3 großen Radabtheilung und Verschluß der 2/3 großen
Radabtheilung, der theoretischen Bedingung des continuirlichen Zusammenhanges der
Wassermasse im Leit- und Druckschaufelrad vollständig Genüge leisten können, und
somit für diese drei Fälle mit constantem Wirkungsgrad der Turbine arbeiten. Kommen
aber Wassermengen zur Verwendung, welche zwischen der Maximalwassermenge und 2/3
derselben, oder zwischen 2/3 der Maximalwassermenge und 1/3 derselben liegen, so muß
ein theilweiser Verschluß der 2/3 großen Radabtheilung, resp. der 1/3 großen
Radabtheilung, stattfinden. Hierdurch wird der continuirliche Wasserzusammenhang bei
einer oder der anderen Radabtheilung unterbrochen, somit der Wirkungsgrad der
Turbine herabgezogen, und kann deßhalb derselbe für alle Beaufschlagungen zwischen
der Maximal- und Minimalwassermenge nicht constant bleiben.
Noch auffallender würde der Unterschied der Wirkungsgrade einer Turbine mit
Abtheilungen seyn, wollte man, wie bei den Rothenburger Turbinen oben angenommen
ist, bei dem bedingten Verhältniß der Querschnitte der Leitschaufelöffnungen wie 1 :
0,2828 nur zwei Radabtheilungen nehmen; nothwendig müßte man bei einem solchen
Verhältniß, unter Sicherung eines ziemlich constanten Wirkungsgrades, das Leit- und
Druckschaufelrad in drei Abtheilungen theilen. Hiergegen treten aber andere
praktische Gründe auf, zu welchen die complicirtere Ausführung der Turbine, das
entstehende Mißverhältniß der Seitendimension der Ausflußöffnung zwischen je zwei
Leitschaufeln und zwei Druckschaufeln, sowie endlich wegen der wesentlich
verkleinerten Austrittsquerschnitte die Besorgniß der Verstopfung der Turbine durch
mit dem Wasser geführte Unreinigkeiten, als Laub etc., zu rechnen sind. Diese
praktischen Gründe sowohl, als auch das Bewußtseyn, daß durch Etagen- oder
abgetheilte Turbinen das vorgesteckte Ziel doch nicht vollständig erreicht werden
kann, bestimmten den Verf., von dieser Construction für die Rothenburger Turbinen
abzusehen.
Es bleibt nun für die Reactionsturbinen noch eine Construction derselben übrig, um
dieselben bei veränderlicher Beaufschlagung mit constantem Wirkungsgrad arbeitend
fähig zu machen, und diese Construction besteht darin, daß das Verhältniß der
Leitschaufelöffnungen und der Druckschaufelöffnungen ein constantes bleibt und nur
die absolute Größe beider bei veränderlichen Beaufschlagungen entsprechend geändert
wird. Hierdurch wird der gerügte Uebelstand bei den Reactionsturbinen radical
beseitigt, denn die Turbine arbeitet stets mit jeder Wassermenge unter den
günstigsten normalen Verhältnissen und wird auch ihr Wirkungsgrad nahezu constant
bleiben.
Eine derartige Construction hat Hänel für die Fourneyron'sche Turbine entworfen, und im Jahre 1846 in
Nr. 49 der deutschen Gewerbezeitung von Wieck bekannt
gemacht; dieselbe besteht im Wesentlichen darin, daß die Höhe des Leitschaufelrades
durch Hebung oder Senkung einer ringförmigen Platte im Leitschaufelrad und einer
ähnlichen Platte im Druckschaufelrad dem Wasserconsum entsprechend vermehrt oder
vermindert werden kann, somit die erwähnten Nachtheile der Etagenturbinen oder
solcher mit abgetheilten Radkränzen bei dieser Construction ganz vermieden
werden.
Da aber diese Construction, so rationell dieselbe theoretisch ist, in der Ausführung,
Instandhaltung und Dauer wesentliche praktische Schwierigkeiten und Bedenken
darbietet, und dieselbe genügend praktisch brauchbar eigentlich nur für Turbinen
nach der Fourneyron'schen Construction ausführbar ist,
Hänel aber aus anderen praktischen Rücksichten für
die Rothenburger
Turbinen als Typus die Jonval-Henschel'sche
Turbinenconstruction aufgestellt hatte, und ihm für diese trotz aller Mühe keine
zweckmäßige Anordnung gelang, um die gleichmäßige Veränderung der Breite des
Leitschaufelrades und des Druckschaufelrades erzielen zu können, so mußte er auf
diese rationelle Wasserregulirung total verzichten, und er kam zu der Ueberzeugung,
daß alle bei den Reactionsturbinen zur Zeit ausgeführten oder projectirten
mechanischen Vorrichtungen und Anordnungen, den mehrfach gerügten Uebelstand der
Reactionsturbinen zu beseitigen, theils in theoretischer, theils in praktischer
Hinsicht durchaus nicht geeignet sind, daß er demnach für den Entwurf der
Rothenburger Turbine von dem Wirkungsprincip der Reactionsturbine abstrahiren mußte,
sollte die gestellte Aufgabe sowohl in theoretischer als in praktischer Beziehung
vollständig gelöst werden. Leider opferte er damit gleichzeitig die vortreffliche
Eigenschaft der Reactionsturbinen, daß dieselben bei Stauwasser, oder wenn das
Druckschaufelrad unter Wasser geht, mit unverändertem Wirkungsgrad arbeiten.
Auf die bezügliche Untersuchung der Druckturbinen übergehend, überzeugte sich Hänel sofort, daß nach dem eben erwähnten Wirkungsprincip
der Turbinen, wonach die ganze lebendige Kraft des Wassers schon im
Leitschaufelapparat erzeugt werden und kein dem Arbeitsgefälle zugehöriger
Ueberdruck zwischen Leit- und Druckschaufelrad vorhanden seyn soll, die
Wasserregulirung ohne Schwierigkeiten rationell und ohne wesentliche Erniedrigung
des Wirkungsgrades stattfinden kann.
Aus dem früher Gesagten ist es einleuchtend, daß eine Unterbrechung des
continuirlichen Zusammenhanges des Wassers zwischen Leit- und Druckschaufelrad bei
den Druckturbinen ohne wesentliche Nachtheile geschehen kann, weil das
Druckschaufelrad nur als Recipient der schon im Leitschaufelrad entwickelten
lebendigen Kraft der ganzen Wasserkraft dient, und im Druckrad selbst nur noch
diejenige Größe an lebendiger Kraft hinzutritt, welche aus dem Fall des Wassers
durch die Höhe des Druckschaufelrades entsteht, wenn letzteres frei und nicht unter
Wasser arbeitet. Letzterer Zuwachs an lebendiger Kraft geschieht aber, gleichviel ob
der Raum des Druckrades mit dem Raum des Leitschaufelrades in Verbindung steht oder
nicht, und wird durch einen partiellen Abschluß der Leitschaufeln nicht gestört.
So vollkommen nun auch die Druckturbinen in Bezug auf die rationelle Ausnutzung
veränderlicher Wassermengen sind, und so sehr auch die mit Druckturbinen
angestellten Versuche diesen eminenten Vorzug derselben vor den Reactionsturbinen
bestätigen, eben so sehr ist dieser günstige Erfolg an die für deren allgemeine
Anwendbarkeit lästige Bedingung geknüpft, daß das Druckschaufelrad einer Druckturbine sich frei und
nicht unter Wasser bewegen darf, da im letzteren Falle die Druckturbinen nicht
allein bei partieller, sondern selbst bei der Maximalbeaufschlagung minder günstige
Wirkungsgrade ergeben als die Reactionsturbinen. Der Grund dieser Erscheinung liegt
nach Hänel in Folgendem: Sowohl bei den
Reactionsturbinen, als auch bei den Druckturbinen ist es zur Erreichung eines
möglichst hohen Wirkungsgrades nothwendig, den Ausflußwinkel am Fuße der
Druckschaufeln möglichst klein zu nehmen, damit das Wasser mit der möglichst
geringen absoluten Geschwindigkeit das Druckrad verläßt; hierdurch wird aber auch
ein kleiner Winkel für den Ausfluß des Wassers aus den Leitschaufeln bedingt. Damit
nun das Wasser aus den Leitschaufeln ohne Stoß in das Druckrad trete, besteht eine
bestimmte Beziehung zwischen der absoluten Austrittsgeschwindigkeit des Wassers aus
den Leitschaufeln, der Radgeschwindigkeit und dem Austrittswinkel am Fuße der
Leitschaufeln zu dem Eintrittswinkel bei den Druckschaufeln, oder zu der Richtung
der relativen Eintrittsgeschwindigkeit des Wassers in das Druckrad; mit der
weiteren, für einen hohen Wirkungsgrad günstigen Bedingung, daß die relative
Austrittsgeschwindigkeit des Wassers aus den Druckschaufeln gleich oder nahezu
gleich der Radgeschwindigkeit seyZeuner im Civil-Ingenieur, Bd. I S. 157., ergibt sich, daß, während für die Reactionsturbinen ein ziemlich großer
Spielraum für die Wahl des Winkels der Richtung der relativen
Eintrittsgeschwindigkeit mit der Richtung der Radgeschwindigkeit bleibt, dieser
Winkel für die Druckturbinen ein ganz bestimmter, und ohne Rücksicht auf die
Bewegungswiderstände des Wassers in der Turbine und des durch die Radhöhe etwa
erzielten Gefälles genau doppelt so groß als der Austrittswinkel am Fuße der
Leitschaufeln seyn muß, um der Bedingung zu genügen, daß die Geschwindigkeitshöhe
der absoluten Geschwindigkeit des aus den Leitschaufeln laufenden Wassers gleich ist
dem Arbeitsgefälle.Siehe Weisbach's Ingenieur- und
Maschinen-Mechanik, 2te Aufl., Bd. II S. 350; auch Zeuner, Civil-Ingenieur, Bd. II S. 101.
Während z.B. bei einer Reactionsturbine mit einem Austrittswinkel am Fuße der
Leitschaufel von 15° der Winkel der Eintrittsrichtung der relativen
Geschwindigkeit des Wassers 90° und noch größer seyn kann, müßte für diese
Turbine, soll dieselbe als Druckturbine construirt werden, letzterer Winkel 2
× 15 = 30° werden. Denkt man sich nun zwei Druckschaufeln dieser
beiden Turbinen, die eine mit einem Anfangswinkel z.B. von 90°, die andere
von 30°, wie Skizze Fig. 3 und 4 angeben, gezeichnet, so findet man, daß unter
Voraussetzung einer für die ganze Höhe des Druckrades gleichen Kranzbreite sich die
Querschnitte im Druckkranz wie die Normalen a.....a₆ in Fig. 3 für die
Reactionsturbine, und wie die Normalen b.....b₆
in Fig. 4 für
die Druckturbine verhalten. Die Querschnitte in Fig. 3 nehmen von a bis a₆ stets ab,
während die Querschnitte in Fig. 4 von b bis b₂ zunehmen und
von da bis b₆ abnehmen. Zieht man nun in
Betracht, daß die Curve AB, Fig. 3, und die Curve CD, Fig. 4, die Richtung der
bezüglichen relativen Geschwindigkeit ist, mit welcher das Wasser durch die Turbine
geht, und daß diese relative Geschwindigkeit bei den Reactionsturbinen wegen des
vorhandenen Ueberdrucks an der Uebergangsstelle von a
bis a₆ wächst, während dieselbe bei den
Druckturbinen von b bis b₆ mehr constant bleibt oder, wenn der Druckkranz frei und nicht unter
Wasser geht, wie bei den Jonval-Henschel'schen Turbinen,
durch den Fall des Wassers durch die Radhöhe vermehrt wird, so ergibt sich, daß bei
den Reactionsturbinen der Raum zwischen je zwei Druckschaufeln, resp. die
Querschnitte a.....a₆, vollständig mit dem
Betriebswasser ausgefüllt werden, und da sich die Geschwindigkeiten umgekehrt wie
die Querschnitte verhalten, das Gesetz der Abnahme der Querschnitte auch das Gesetz
der Zunahme der relativen Geschwindigkeit des Wassers im Druckkranz ist, somit
werden auch für die relative und die daraus mit resultirende absolute
Geschwindigkeit des Wassers durch das Druckrad keine Störungen stattfinden können,
und die theoretischen Voraussetzungen erfüllt werden, gleichviel ob das Druckrad
unter oder über Wasser arbeitet, und hierin liegt der Grund, daß die
Reactionsturbinen eben so günstig in Bezug auf den Wirkungsgrad arbeiten, ob das
Druckrad derselben über oder unter Wasser geht.
Ein anderes Verhalten zeigt sich bei den Druckturbinen; da bei denselben, wie oben
gesagt, die relative Geschwindigkeit des Wassers durch das Druckrad nahezu constant,
resp. wenig zunehmend ist, so müßten auch bei den Druckturbinen die Querschnite b....b₆ zwischen je zwei Druckschaufeln dem
Gesetz der relativen Bewegung des Wassers durch das Druckrad entsprechen; dieß ist
aber nicht der Fall, vielmehr ändern sich, wie oben gezeigt, diese Querschnitte nach
einem anderen Gesetz; die Folge hiervon ist, daß das Betriebswasser bei seiner
Bewegung durch das Druckrad den Raum zwischen je zwei Druckschaufeln nicht stetig
ausfüllt, oder, wenn dieß geschieht, daß die relative, resp. absolute
Geschwindigkeit des Betriebswassers sich entgegen den theoretischen Bedingungen
ändert. Geht das Druckrad über Wasser, so kann man füglich annehmen, daß das
Betriebswasser bei seinem Durchgang durch dasselbe theils durch das
Beharrungsvermögen, theils durch die Adhäsion der einzelnen Wassertheilchen, und,
weil keine
besonderen Widerstände vorhanden sind, so viel Zusammenhang unter sich hat, daß es
sich als geschlossener Wasserkörper auf der concaven Seite der Druckschaufel C, D,
Fig. 4,
bewegt, und die Geschwindigkeit der einzelnen Theilchen des Wassers im Druckrad den
theoretischen Voraussetzungen entspricht; bei einer solchen Bewegung des Wassers
wird aber die convexe Seite der gegenüber liegenden Druckschaufel E, G nicht berührt, es bildet sich, begrenzt durch diese
Seite und die äußere concave Fläche EFG des
Wasserkörpers, ein Raum, welcher unter den angeführten Umständen nur mit Luft
erfüllt ist; auch bei theilweiser Beaufschlagung der Turbine wird sich eine Störung
der vorgeschriebenen Bewegung des Wassers aus den Leitschaufeln und in dem Druckrad
nicht ergeben, da sich der Außen- und Innendruck an der Uebergangsstelle zwischen
Leit- und Druckschaufeln und somit auch die Austrittsgeschwindigkeit aus den
Leitschaufeln ziemlich gleich bleibt, und endlich das Betriebswasser sich durch das
Druckrad als zusammenhängender Wasserkörper bewegen wird, da der Raum zwischen zwei
Druckschaufeln nur mit Luft erfüllt seyn kann, und hierdurch keine bedeutende
Veranlassung zu Störungen der Bewegung des Wassers oder Ausbreitung des
durchfließenden Wasserkörpers gegeben ist. Hieraus geht hervor, daß, wenn das
Druckrad einer Druckturbine über Wasser in freier Luft geht, eine wesentliche
Störung der Bewegung des Wassers im Druckrad nicht eintreten, somit der Wirkungsgrad
auch nicht alterirt werden kann, und nahezu constant bleiben wird, wie auch die
Größe der Beaufschlagung der Turbine ist. Sobald aber das Druckrad ganz oder auch
nur theilweise unter Wasser geht, ist natürlich der Raum zwischen je zwei
Druckschaufeln vollständig, resp. theilweise mit Wasser ausgefüllt, und das in das
Druckrad tretende Betriebswasser ist durch die Erfüllung des Raums mit Wasser
gehindert, als ein für sich allein zusammenhängender Wasserkörper, wie oben erwähnt,
durch das Druckrad zu gehen; vielmehr wird das im Raum zwischen EFG und EG
bereits befindliche Wasser mehr oder weniger mit zur Bewegung veranlaßt werden, und
dadurch entstehen bedeutende Störungen in der theoretisch vorgeschriebenen Bewegung
des Betriebswassers, welche entschieden von dem nachtheiligsten Einfluß auf den
Wirkungsgrad seyn müssen; noch mehr tritt dieser Uebelstand hervor, wenn die
Leitschaufeln theilweise geschlossen sind, indem das aus den offenen Leitschaufeln
tretende Betriebswasser vorerst dem todten Wasser im Druckrad einen Impuls zur
Bewegung ertheilen muß, wodurch sehr störende Unregelmäßigkeiten, namentlich in der
absoluten Austrittsgeschwindigkeit des Wassers aus den Leitschaufeln, entstehen, und
sich unter diesen Verhältnissen, ähnlich wie bei den Reactionsturbinen, aber
intermittirend ein
Ueberdruck an der Uebergangsstelle bildet, wodurch der Ueberdruck der Turbine bei
theilweiser Beaufschlagung derselben, wie oben erwähnt, um so mehr geschwächt
wird.
Wäre es also möglich, die günstige Eigenschaft der Reactionsturbine, ohne Nachtheil
unter Wasser arbeiten zu können, mit der anderen günstigen Eigenschaft der
Druckturbinen, die rationelle Wasserregulirung derselben betreffend, combiniren zu
können, ohne die gerügten Nachtheile beider Systeme mit in Kauf nehmen zu müssen, so
wäre auch damit die Aufgabe für die Rothenburger Turbinen gelöst.
Diese Vereinigung der günstigeren Eigenschaften beider Turbinensysteme und die Lösung
des Problems ergab sich bei Anwendung der vom Ingenieur Girard in Paris erfundenen, so überaus genialen Construction der hydropneumatischen Turbinen.Man sehe die Mittheilungen über Girard's Turbinen
im polytechn. Journal Bd. CXXXVII S.
10, Bd. CXL S. 412, Bd. CXLII S. 1 und Bd. CXLIV S. 401.
Girard's Construction besteht in der Hauptsache darin,
daß das Leitschaufel- und das Druckschaufelrad durch ein besonderes, diese Theile
umgebendes Gehäuse, oder dem entsprechende Construction des Untergerinnes, von der
äußeren atmosphärischen Luft, ähnlich wie der Taucher in seiner Glocke,
abgeschlossen ist; dieses Gehäuse taucht in das Unterwasser ein und das Innere
desselben steht mit einer durch die Turbine bewegten Luftpumpe in Verbindung, welche
in den Raum des Gehäuses nach Maaßgabe der Höhen des Unterwassers comprimirte Luft
einpumpt, so daß das sonst in diesen Raum eintretende Unterwasser aus demselben nach
außen verdrängt wird, und das durch den Raum umschlossene Druckrad der Turbine sich
frei in der Luft bewegt.
Die Girard'sche Turbine selbst ist nach dem
Wirkungsprincip der Druckturbinen construirt, so daß in Verbindung mit der
Hydropneumatisation derselben, wodurch das Druckrad sich stets frei in der Luft und
nie unter Wasser bewegt, die Girard'sche
hydropneumatische Turbine vollständig den angestrebten Erfolg haben muß. Durch die
mit Girard'schen Turbinen angestellten Versuche und die
damit erlangten günstigen Resultate wird die Richtigkeit der Constructionsprincipien
nachgewiesen; außerdem hatte Hänel Gelegenheit auf der
Pariser Industrie-Ausstellung im Jahre 1856 und bei einem Besuch der berühmten
Turbinenbauanstalt von Fontaine und Brault in Chartres sich noch durch eigene Anschauung von der allgemeinen
Zweckmäßigkeit der Girard'schen Turbinenconstruction zu
überzeugen, und so stand er nicht an, in seiner ersten Beantwortung der eingangs
erwähnten Aufforderung, die Construction der
Girard'schen hydropneumatischen Turbinen als diejenige zu
bezeichnen und zu empfehlen, durch welche auf die rationellste Art und Weise die bei
den Rothenburger Turbinen vorgeschriebene Bedingung erfüllt würde, dabei noch
anheimgebend, andernfalls Reactionsturbinen mit abgetheilten Radkränzen zu
adoptiren.
Nach diesem Vorschlag ging ihm von betreffender Seite die Entscheidung zu, daß für
die zum Betriebe der Rothenburger Mahlmühle bestimmten Turbinen die Reactionsturbine
mit abgetheilten Radkränzen aus den von ihm angeführten Gründen nicht zur Anwendung
kommen sollte, und wenn auch das rationelle Princip der Girard'schen hydropneumatischen Turbinen nicht verkannt würde, so müßte
man auch von diesen wegen der größern Complication der Turbine durch die bedingte
Anbringung der Luftpumpe und des hydropneumatischen Abschlusses der Turbine absehen,
und könne sich nur dann für dieselbe entscheiden, wenn das Princip der Girard'schen Turbinen unbeschadet der vergleichsweisen
Einfachheit der Construction gewöhnlicher Turbinen innegehalten werden könne, und
stellte als ergänzende Bedingung zu der eingangs erwähnten noch die: daß dem
geforderten Wirkungsgrad und der beanspruchten Leistung bei den genannten
Gefällgrenzen ohne Anwendung von Luftpumpen und nur mit einfachem Kranze der Turbine
Genüge geleistet werden müsse. In Folge dieser Entscheidung bemühte sich Hänel für die bei den Girard'schen Turbinen nöthige Luftpumpe ein genügendes Ersatzmittel ausfindig
zu machen; es gelang ihm aber nicht, ein Ersatzmittel dafür aufzustellen, welches
einfacher als die Luftpumpe war. Stellt man sich nun ernstlich die Frage, welchen
Zweck verfolgte und erreichte Girard mit seinen
hydropneumatischen Turbinen, so kann man keine andere Antwort finden, als der
Verfasser schon oben bei Erklärung der Eigenthümlichkeiten der Druckturbinen und der
Girard'schen Turbinen gegeben hat, und bei weiterer
Verfolgung der Bewegung und Wirkung des Betriebwassers in einer Druckturbine ergab
sich die Lösung des Problems einfach dadurch:
„die Druckschaufeln einer Druckturbine in der Art zu construiren, daß das
Betriebswasser bei seinem Durchgang durch das Druckrad, gleichviel ob dasselbe
frei oder unter Wasser arbeitet, keine andere Bewegung und Geschwindigkeit
annehmen kann, als solche durch die Theorie für den günstigsten Wirkungsgrad
streng vorgeschrieben ist, und daß somit die auf der Bewegungsrichtung normal
stehenden Querschnitte genau mit der geforderten Geschwindigkeit des Wassers im
Einklang stehen, oder mit anderen Worten, daß das Gesetz der Veränderung der
Wassergeschwindigkeit das gleiche, aber umgekehrte, für die Veränderung der
Querschnitte zwischen je zwei Druckschaufeln ist.“
Diese Bedingung konnte erfüllt werden, wenn man, mit
Berücksichtigung der Skizze Fig. 4 und des oben
angeführten Verhaltens der Bewegung des Wassers durch das Druckrad einer
Druckturbine, die concave Seite EFG des durch den
Druckkranz in normalen Verhältnissen gehenden Wasserkörpers durch eine besondere
Schaufel begrenzt; und damit ergab sich Hänel's
Construction der Druckturbinen mit Rückschaufeln, wodurch die Bewegung des Betriebswassers unter allen
Verhältnissen normal bleibt, und weder durch Unterwasser, noch durch die beim
Freigehen des Druckrades in demselben befindliche Luft gestört werden kann.
Von der Richtigkeit dieser Construction vollständig überzeugt, wurde eine
Modellturbine mit einem mittleren Durchmesser von 2 Fuß angefertigt, welche so
eingerichtet war, daß dieselbe als Reactionsturbine, ebenso als Druckturbine mit
oder ohne Rückschaufeln, untersucht werden konnte, und war die Einrichtung
getroffen, daß das Druckrad sowohl in freier Luft, als auch unter Wasser
arbeitete.
Die Versuche mit dieser Turbine wurden am 17., 18., 19. und 20. Juni 1858 in
Rothenburg im Beiseyn des Hrn. Maschinenbauinspector Richards und des Hrn. Hüttenmeister Joachimi, Dirigent der Rothenburger Hütte, unter Assistenz des Hrn.
Werkführer Demelius von Hänel
vorgenommen, und die Resultate der abgenommenen Versuche zeigten mit Evidenz, daß
die Druckturbine mit Rückschaufeln bei den verschiedensten Beaufschlagungen
derselben, und unter Wasser gehend wesentlich constanter bleibende Wirkungsgrade
ergab, als bei der nämlichen Beaufschlagung mit der Reactionsturbine erzielt
wurden.
In Folge dieser Resultate übergab die Mansfelder Gewerkschaft der gräflich Stolber'schen Maschinenfabrik in Magdeburg die zum
Betriebe der Mahlmühle erforderlichen acht Stück Turbinen als Druckturbinen mit
Rückschaufeln zur Ausführung.
Diese Turbinen, welche sämmtlich einander gleich sind, besitzen, wie der
Verticaldurchschnitt einer derselben Fig. 1 zeigt, in ihren
Details mannichfache Eigenthümlichkeiten im Vergleich zu der einfachen, jetzt noch
am häufigsten ausgeführten Bauart.
Das Fundament der Turbine besteht aus einem Pfahlrost, dessen Pfähle circa 40 Fuß tief eingerammt sind; mit demselben ist
zunächst ein horizontales Balkenwerk verbunden, und auf diesem liegt ein aus
starken, eichenen Schwellen gezimmertes Kreuz. Auf dieser Schwellenlage, und durch
dieselbe hindurch mit 14 Bolzen verankert, ruht die Sohlplatte, welche ein
vierarmiges Kreuz bildet und in der Mitte eine mit einem runden Fuß versehene Säule
zur Aufnahme einer schmiedeeisernen Spindel trägt, auf deren oberem Ende sich die
Spurplatte zum Zapfen befindet. Die Spindel ist in die gußeiserne Säule conisch
eingesetzt, und wird durch einen Keil gegen Umdrehung geschützt. Auf den vier
Sohlplattenarmen stehen auf länglichen Füßen vier Säulen, auf denen, mit ihnen
verschraubt, der Tragkranz mittelst röhrenartiger Ansätze, in welche die Säulen
eingedreht sind, ruht.
Das Leitrad besteht aus einem inneren Kranze mit den
Schaufeln und einem äußeren Kranze, welcher letztere in den Tragkranz eingelegt und
mit demselben, durch Stellschrauben gesichert, verbunden ist. Die Anzahl der
Leitschaufeln beträgt 32, und jede derselben ist durch zwei vernietete Zapfen mit
dem inneren Kranze fest verbunden. 24 Schaufeln haben eine Blechdicke von 1/4 Zoll,
8 jedoch eine Dicke von 3/8 Zoll, und letztere sind an der obern Seite in radialer
Richtung mit schmiedeeisernen Schienen versehen, deren vor die Peripherie der
Schaufeln vorspringende Enden sich in entsprechende Lücken im äußeren Kranz
einsetzen, und das Leitschaufelrad mit der auf demselben liegenden Abschützung und
die darüber stehende Wassersäule zu tragen haben. Der äußere Leitschaufelkranz
bildet durch seine drei Wände einen hohlen Raum, welcher durch einen aufgelegten,
schmiedeeisernen Ring abgeschlossen, und durch eingegossene Zwischenwände in 32
Kammern abgetheilt wird, von denen jede mit einer Zelle des Leitrades mittelst eines
in den äußeren Leitschaufelkranz eingebohrten Loches communicirt. Ebenso enthält der
aufgelegte Ring für jede Kammer ein Loch, in welches sich ein bis über das Wasser
hinaus gehendes schmiedeeisernes Rohr, das mit einem ringförmigen Ansatze auf dem
Deckringe steht, einsetzt.
In dem inneren Leitradkranz ruht, und ist mit demselben durch Stellschrauben ein
Kranz verbunden, welcher mit 4 Armen und einem nabenartigen Mittelstück aus dem
Ganzen besteht. Die Flächen zwischen den Armen werden durch eingefaßte Blechsectoren
ausgefüllt. Der genannte Mitteltheil besteht aus einem Hohlcylinder, dessen obere
äußere Peripheriefläche als Zapfen für den Abschützapparat, und dessen untere innere
Peripheriefläche als Gehäuse für das untere Halslager der Turbinenwelle dient.
Dieses Lager besteht aus einem in den Hohlcylinder eingeschobenen gußeisernen Körper
mit 3 Kammern, in welchen sich Pockholzklötze als Lagerung für die Welle befinden.
Das Pockholz eignet sich, wie die Erfahrung gelehrt hat, für Lagerungen unter Wasser
ganz vorzüglich; das hier verwandte Holz hatte noch, um eine möglichste Sicherheit
für seine Unwandelbarkeit im Wasser zu erlangen, vor seiner Verwendung während
einiger Monats im Wasser gelegen. Durch hinter dem Pockholz befindliche Keile, deren Seitenflächen an
den Kammerwänden und deren äußere Flächen an dem Hohlcylinder anliegen, werden die
Klötze in ihrer Lage zur Welle fixirt. Um die Keile leicht bewegen zu können, gehen
dieselben an ihren oberen Enden in Stangen über, die über dem Wasser nach Bedürfniß
angezogen werden können. Mit der unteren Manische des Hohlcylinders ist eine Scheibe
verschraubt, auf welcher der gußeiserne Lagerkörper ruht, und in beiden befindet
sich noch, entsprechend eingedreht, ein metallener Führungsring. In der Richtung
nach oben wird das Lager durch einen Einsatz, mit Lücken für die Keilstangen
versehen, festgehalten. Ein auf den Hohlcylinder aufgesetztes, bis über das Wasser
ragendes Blechrohr schützt das Lager vor von dem Wasser mitgeführten
Unreinigkeiten.
Das Druckrad besteht aus einem vierarmigen Kreuze mit der
Nabe, einem gußeisernen Kranze mit den eingenieteten Blechschaufeln und einem
äußeren Blechmantel. Der gußeiserne Kranz sitzt mit entsprechenden Lappen auf dem
Kreuze, und nimmt dasselbe durch in dem Kreuz vernietete Stifte mit, welche zur
einen Hälfte von den Lappen umschlossen werden, zur anderen Hälfte im Arme
liegen.
Die Anzahl der Druckschaufeln ist 32; jede Schaufel ist 1/4 Zoll stark und durch drei
vernietete Zapfen an den gußeisernen Kranz befestigt. Nach Redtenbacher würden die Schaufeln 0,025 des Radius, also 3/4 Zoll stark,
und von Gußeisen zu machen seyn; die Stärke von 1/4 Zoll, welche 0,008333 R entspricht, ist jedoch hier vollkommen genügend, da
den Schaufeln durch die angenieteten Rückschaufeln eine bedeutende Stabilität
gegeben ist. Die Oberflächen der Schaufeln des Druckrades sowohl, als auch die des
Leitrades, sind abgeschliffen worden, um den Druckhöhenverlust durch Reibung des
Wassers an den Schaufeln möglichst herabzuziehen.
Der äußere Blechmantel besteht aus zwei Theilen, welche an ihren Schnittstellen
mittelst zweier Klammern zusammengehalten und durch zwei angenietete Nasen, welche
sich in entsprechende Löcher an zwei Schaufeln einsetzen, getragen werden. Werden
die Klammern gelöst, so lassen sich die beiden Ringhälften abheben, und alsdann die
Schaufeln auf die leichteste Weise reinigen. Die Nabe des Druckrades sitzt auf einem
in die Welle eingelassenen, schmiedeeisernen Ringe, und nimmt die letztere durch
eine starke Feder mit.
An den Tragkranz ist ein Blechcylinder von 8 Fuß Durchmesser geschraubt, durch
welchen der Turbine das Oberwasser zugeführt wird; derselbe liegt mit seinem oberen,
durch einen aufgenieteten Ring verstärkten Ende in einem in die Verdielung des
Obergerinnes eingelassenen Ringe aus Winkeleisen an. Dieser Anschluß erleichtert die
Montirung, und gestattet dem Obergerinne eine kleine Senkung ohne Einfluß auf die
Turbine.
Die hier gewählte, von Fontaine zuerst angegebene
Anordnung einer hängenden Welle, eine gegen die gewöhnliche Einrichtung mit
stehendem Zapfen allerdings complicirtere und somit theurere Construction, steht
jedoch der gewöhnlichen Einrichtung in der Sicherheit und Bequemlichkeit des
Betriebes durch den wesentlichen Vorzug sehr voran, daß der der Abnutzung und
Veränderung am meisten ausgesetzte Theil, der Spurzapfen, ohne Schwierigkeit
zugängig ist, und die Schmierung desselben auf die leichteste und sicherste Art
bewirkt werden kann.
Die Turbinenwelle ist ein gußeisernes Rohr; auf dasselbe
ist ein cylindrischer Körper mit zwei Durchbrechungen, eine sogenannte Laterne
aufgeschoben, und durch vier Schrauben, deren Köpfe in eingefrästen Löchern der
Welle liegen und deren Muttern sich auf der Laterne befinden, mit der Welle fest
verbunden. In die Welle ist eine schmiedeeiserne Mutter eingelegt, welche mit zwei
in die seitlichen Durchbrechungen der Laterne passenden Lappen versehen ist, und
durch die letzteren von der Laterne mitgenommen wird. Die Mutter enthält eine
schmiedeeiserne Schraube, welche nach unten in den stehenden Zapfen endigt, nach
oben in eine glatte Spindel mit sechseckigem Ansatz ausläuft.
In das Kopfende der gußeisernen Welle ist eine Metallbüchse eingeschoben, welche den
Zapfen umschließt. Die Spurplatte sowohl, als auch der Zapfen sind von Stahl,
mittelst Ansätzen in die Schraubenspindel und die schmiedeeiserne Säule eingelassen,
und mit denselben durch Längskeile an den Ansätzen verbunden. Zwischen die
Spurplatte und den Zapfen ist eine Platte von Hartmetall, welche sich frei und
unabhängig von den stählernen Spurplatten bewegen kann, eingelegt. Auf dem oberen
Ende der Schraubenspindel befindet sich ein Oelkelch mit Röhrchen und Docht, dessen
Oel der Spur durch die Bohrung in der Spindel zugeführt wird. Damit sich die
Schraube in ihrer Mutter bei der Umdrehung der Turbinenwelle nicht drehe, wird die
erstere in ihrem oberen glatten Theile durch eine Pressionsschraube festgehalten;
diese letztere liegt in einem Ringe, welcher auf das obere Ende der Laterne
aufgeschoben ist.
Bei dieser Zapfenanordnung ist die Möglichkeit gegeben, durch Drehen der Schraube das
Druckrad etwas heben oder niederlassen, somit die Spalte zwischen Leitrad und
Druckrad nach Erforderniß stellen zu können, was namentlich bei Abnutzung der
Spurflächen wichtig ist, da in Folge einer zu großen Spalte der gute Uebertritt des
Wassers aus den Leitschaufeln in die Druckschaufeln gefährdet, und bei einem
etwaigen Ueberdruck des Wassers an der Spalte ein größerer Wasserverlust durch
dieselbe, also eine
Verminderung des Wirkungsgrades der Turbine veranlaßt wird. Auch das Auswechseln
irgend eines Theiles des Zapfens kann bei dieser Construction ohne alle
Schwierigkeit geschehen, da man durch Drehen der Schraube die Welle bis zum
Aufsitzen auf die unter ihr stehende gußeiserne Säule niederlassen, und nach dem
Aufwärtsdrehen der Schraube den betreffenden Theil herausnehmen kann.
Die Turbinenwelle wird in ihrem oberen Theile noch durch ein Halslager geführt,
dessen gußeiserner Körper auf einem doppelt gerippten Träger sitzt, welcher
seinerseits wieder auf, mit der Wand durch Bolzen verankerten Consolen ruht.
Die Turbine wird durch einen Kreisrechen gegen die von dem Wasser angeschwemmten
Gegenstände geschützt; derselbe wird von 64 Stück 5/80 zölligen Stäben und den 32
Rohren gebildet, welche sämmtlich durch einen schmiedeeisernen Rechenkranz oberhalb
des Wassers gehen. Die Stäbe sind in eingebohrte Vertiefungen des auf dem äußeren
Leitschaufelkranz liegenden Deckringes eingesetzt, und 56 an ihren oberen Enden mit
Haken versehen, um sie leicht ausheben zu können. Während der Kranz durch acht mit
Bünden versehene Rechenstäbe getragen wird, ist er in horizontaler Richtung durch
vier mit einer gußeisernen Scheibe verschraubte Spannstangen festgehalten. Diese
Scheibe ist mit dem die Welle umgebenden Blechrohre verbunden, und hat außerdem noch
den Zweck, die Keilstangen des Pockholzlagers aufzunehmen und den Muttern derselben
als Unterlage zu dienen.
Die Abschützung der Leitschaufeln geschieht, ähnlich einer
von Henschel zuerst ausgeführten Construction, durch zwei
diametral einander gegenüber liegende conische Rollen, welche außer der Bewegung um
ihre geometrische Achse eine im Kreis um die Turbinenachse auf dem Leitrad
fortschreitende Bewegung besitzen, so daß jede Rolle einen auf sie aufgewickelten
Gutta-percha-Streifen auf eine halbe Ringfläche des Leitrades abrollen kann. Durch
die Achse jedes Kegels geht ein Bolzen, an dessen Enden die Arme einer Gabel
angreifen; diese Gabel sitzt mit ihrem einfachen Ende in einer Hülse fest, welche
auf einer horizontalen Achse drehbar ist. Der früher beschriebene Mitteltheil des
Kreuzes auf dem Leitrade dient als Achse für ein Zahnrad, welches sich um dieselbe
dreht. Die Nabe des Rades ist mit einer Metallpfanne versehen, welche auf einem über
den Hohlcylinder geschobenen losen Ring ihre Unterlage findet. Das Rad selbst
besteht aus zwei mit einander verschraubten Hälften, von denen die eine verzahnt,
die andere ohne Zähne ist, aber zwei Ohren besitzt, welche die horizontale Achse, an
deren Enden sich die Gabeln mit den Rollen befinden, trägt. In die Verzahnung des
Kranzes greift ein an einer verticalen Welle sitzendes Getriebe. Der Zapfen dieser Welle steht in
einem mit Pockholz ausgekleideten Lager, welches mit einem Arme des in den innern:
Leitschaufelkranz eingelegten Kreuzes verschraubt ist. Durch Umdrehen der verticalen
Welle wird der Zahnkranz bewegt, und hiermit die horizontale Achse mit den Rollen
verschoben, in dessen Folge sich die Rollen drehen und die auf sie aufgewickelten
Gutta-percha-Streifen abgewickelt werden. Da sich mit dem durch die Abwicklung
veränderten Durchmesser der Rollen deren Höhe über dem Leitschaufelkranz etwas
ändert, so kann sich bei der hier getroffenen Anordnung die Gabel mit der Hülse um
die Achse der letzteren etwas drehen und heben. Die Rollen sind hohl und durch
Ausfüllung derartig schwer gemacht, daß die durch ihr Gewicht auf den Streifen
hervorgebrachte Reibung groß genug ist, um die Steifigkeit der Streifen zu
überwinden und kein Gleiten zu gestatten. Ein jeder der Gutta-percha-Streifen ist
mit dem einen Ende an einer Leitschaufel, mit dem andern an der Rolle befestigt und,
um ihm Widerstandsfähigkeit gegen den Druck des Wassers zu verleihen, mit
schmiedeeisernen Schienen versehen, welche an der äußeren Peripherie des 1/4 Zoll
starken Streifens 1/8 Zoll dick, 7/8 Zoll breit und 1/8 Zoll von einander entfernt,
und durch vier Kupferniete mit dem Streifen verbunden sind. Die Schienen verjüngen
sich nach innen derart, daß die Spitzen der Ergänzungskegel bei jedem Durchmesser
der Rollen in der Turbinenachse, um welche ihre Bewegung erfolgt, liegen. Auf diese
Weise dient die Gutta-percha nur als Scharnier für die Eisenschienen und als
Abdichtung. Die verticale Abschützwelle wird an ihrem oberen Ende durch ein auf den
vorderen Träger geschraubtes Halslager geführt. Ein Winkelradvorgelege bringt die
verticale Welle mit einer horizontalen und ein zweites Winkelradvorgelege die
letztere mit einer wiederum verticalen Welle, deren Spurlager sich auf dem vordern
Träger befindet und die sich bis in den Raum der Mahlgänge fortsetzt, und daselbst
durch ein Griffrad bewegt werden kann, in Verbindung. Ein ferner noch an dieser
Stellvorrichtung befindliches Zählwerk gibt die Anzahl der geöffneten Zellen an.
Es hat sich sowohl bei den Versuchen, als auch im Laufe der Zeit keinerlei
Unregelmäßigkeit oder Nachtheil dieser Schützenvorrichtung herausgestellt. Ein
solcher Kreisschütze besitzt aber gegen die am häufigsten angewandte Art der
Abdeckung mittelst Klappen die Vorzüge, daß man den Wasserzufluß in sehr engen
Grenzen reguliren kann, ferner daß derselbe in der Handhabung sehr bequem, leicht
und einfach ist und, daß, den mit der Hand zu bewegenden Klappen gegenüber, die
Gefahr eines einseitigen Drucks der Turbinenwelle auf das Halslager, welches bei
nachlässigem Ziehen der Klappen eintreten kann, vermieden ist.
Die Transmittirung der Bewegung von der Turbinenwelle auf die Königswelle geschieht
durch ein Stirnrädervorgelege mit eisernen Kämmen. Das Stirnrad auf der
Turbinenwelle ruht, gleich dem Druckrade, auf einem aus zwei Theilen bestehenden, in
die Welle eingedrehten Ringe auf, und ist durch eine starke Feder mit der Welle
verbunden. Der Spurtopf der Königswelle steht auf einem dem des Turbinenhalslagers
im Allgemeinen gleichen, gußeisernen Träger, welcher auf Consolen liegt, die mit
denen des vorderen Trägers aus dem Ganzen und mit den Gewölbmauern verankert sind.
Beide Träger sind durch vier Querbalken mit einander verbunden.
Die Hauptdimensionen der Turbine sind folgende:
Der äußere Durchmesser des Druckrades an der
Eintrittsseite und des Leitrades
5 Fuß
7 1/2 Zoll
Der innere Durchmesser
4 „
4 1/2 „
Der mittlere Durchmesser
5 „
–
„
Der äußere Durchmesser des Druckrades an der Austrittsseite
6 „
3
„
Der innere Durchmesser
3 „
9
„
Das Verhältniß des inneren zum äußeren Durchmesser
des Druckrades an der Eintrittsseite
0,7777
= 7/9
An der Austrittsseite
0,6
= 3/5
Die Höhe des Druckrades
1 Fuß.
Die Winkel auf dem Mantel des mittleren Cylinders von 5 Fuß Durchmesser sind, nach
einer an der ausgeführten Turbine vorgenommenen Messung, folgende:
Der Austrittswinkel aus den Leitschaufeln
α = 22° 30'
Der Eintrittswinkel in die Druckschaufeln,
genommen in der Bewegungsrichtung des
Rades
β =
45°
Der Austrittswinkel aus den Druckschaufeln an
der concaven Curve
δ = 26° 20'
An der convexen Curve
δ = 23°.
Der Winkel β ist an der inneren Peripherie des
Druckradkranzes ein kleinerer, an der äußeren Peripherie ein größerer als auf der
mittleren Cylinderfläche, indem berücksichtigt worden ist, daß die
Peripheriegeschwindigkeit in der Radweite eine veränderliche, die absolute
Austrittsgeschwindigkeit aus den Leitzellen eine constante, und somit die relative
Eintrittsgeschwindigkeit ihrer Richtung und Größe nach variabel ist.
Fig. 2 zeigt
die Schaufelung der Turbinen, wie sie sich ergibt, wenn die auf dem Mantel des
mittleren Cylinders befindlichen Schaufelquerschnitte in eine Ebene gelegt werden;
die Leitcurven sind nur in ihren unteren Theilen angegeben. Die normalen Querschnitte der
Laufradzellen sind an allen Punkten gleich groß, sowie auch die relativen
Geschwindigkeiten, wenn das Rad unter Wasser geht. In eine der Zellen ist der
mittlere relative Weg des Wassers eingezeichnet, und aus diesem unter der Annahme,
daß die relative Geschwindigkeit gleich der Peripheriegeschwindigkeit ist, der
absolute Weg des Wassers construirt worden, und ebenso für sämmtliche zwischen zwei
Radcurven auf dem mittleren Cylindermantel befindlichen Wassertheile. Die Fläche der
absoluten Wasserwege einer Zelle hat bei dieser Schaufelung eine vom Eintritt bis
zum Austritt stetig zunehmende Breite.
Die normale Geschwindigkeit der Turbine war für den Betrieb der Mahlmühle zu 30 bis
36 Umdrehungen pro Minute festgestellt, also im Mittel
zu 33 Umdrehungen.
Die genaue Ermittelung des Austrittsquerschnittes für das Leitrad erfordert bei der
eigenthümlichen Schaufelconstruction noch folgende Betrachtung. Der Winkel β der Druckschaufel ist für die Hauptcurve
45°, für die Rückcurve dagegen ein kleinerer; dieser kleinere Winkel ergibt
sich dadurch, daß der Punkt D der Rückcurve, in welchem
die Eintrittsnormale steht, geradlinig mit dem Anfang der Hauptschaufel verbunden
ist. Die Druckschaufel hat an ihrem oberen Ende einfache Blechstärke; der obere Stoß
ist nicht abgerundet, sondern ebenflächig. Das Wasser strömt mit der absoluten
Geschwindigkeit c und unter dem Winkel α in der Normale GJ, aus und beginnt unter dem Winkel α
seinen absoluten Weg durch die Druckzelle. Das bei A
ankommende Wasserelement gleitet entlang der concaven Druckcurve, und durchläuft den
absoluten Weg AM. Unter denselben Bedingungen, wie
dieses Element, befindet sich bei D, woselbst die
Tangente DE unter 45° gegen AC liegt, ein Element, welches entlang der
Rückcurve gleitend, den absoluten Weg EON
verfolgt. Es ist ersichtlich, daß die Wasserfäden, welche auf die Rückcurve von B bis D, resp. von B bis O treffen, nicht
fortgeleitet werden können, sondern sich über der Linie BO in der Richtung des Austrittswinkels α in Ruhe befinden werden. Der Punkt E
ist der letzte, an welchem ein unter α aus der
Leitzelle tretendes Element seinen absoluten Weg durch die Druckzelle unter dem
gleichen Winkel beginnen, und ohne Stoß an der Rückcurve fortgleiten kann. Der
Wasserkeil BED muß also als in Ruhe befindlich
betrachtet, und als die durch die Druckschaufel verursachte Verengung des
Austrittsquerschnittes der Leitzelle die auf GJ
bezogene Projection KL der Linie CB + BE = CE angenommen werden. Es versteht sich von selbst,
daß der Wasserkeil BED nicht so unwandelbar, wie
es die vorige Betrachtung annimmt, bestehen wird, da durch die Reibung der an der Wasserfläche
ED gleitenden Wasserschicht auch das Wasser
des Keils in Mitleidenschaft gezogen werden wird; ferner wird, so oft ein
Druckschaufelstoß unter einen Leitschaufelstoß zu treten beginnt, der Wasserkeil
ganz oder zum Theil abfließen und, wenn die vollkommene Deckung der Stöße aufzuhören
anfängt, von dem Wasser aus der nächsten Leitzelle wieder ersetzt werden müssen. Es
können jedoch diese beiden Umstände für den vorliegenden Zweck unbeachtet gelassen
werden, da der erstere sich in einer kleinen Störung der Bewegung der die Rückcurve
entlang fließenden Wasserschicht äußern, der letztere in der wiederholten
Herstellung eines ruhenden Keils, dessen Wasser seine Geschwindigkeit einbüßte,
einen sehr kleinen Effectverlust hervorbringen wird.
In Folge der Dicke der Leitschaufeln bildet sich unter den Stößen in der Richtung der
Schaufeln bei unter Wasser stehendem Leitrad ein mit unbewegtem Wasser, bei über
Wasser befindlichem Leitrad ein mit Luft erfüllter Raum, dessen verticaler
Querschnitt ein Dreieck bildet. In Fig. 2 ist derselbe für
den Leitschaufelstoß HG construirt. Die Seite HP ist der absolute Weg des bei H austretenden Wassertheilchens; die Seite GP ist ein Parabelbogen, welcher von dem bei G unter dem Winkel α
ausströmenden Wasserelement durchlaufen wird. Dadurch, daß die von den beiden
Flächen einer Leitschaufel abfließenden Wasserschichten in dem Druckrad auf einander
treffen, wird eine gewisse Unregelmäßigkeit in der Wasserbewegung entstehen. Diese
Störung wächst mit der Dicke der Schaufeln, da mit derselben der Winkel, unter
welchem sich die Wasserschichten wieder vereinigen, ein größerer wird, und es ist
gut, die Leitschaufeln nicht stärker, als eben nöthig, zu machen. Der betrachtete
Wasserkeil verschwindet, so oft eine Druckschaufel unter die Leitschaufel tritt, und
sein Vorhandenseyn findet daher nach demselben Gesetze statt, welches für die
Verengung des Austrittsquerschnitts aus den Leitzellen aufgestellt wurde.
Für die Construction des absoluten Weges des Wassers ist, wie bereits bemerkt,
angenommen worden, daß die relative Austrittsgeschwindigkeit gleich der
Peripheriegeschwindigkeit ist; das Wasser wird unter dem Winkel δ – 26° 20' aus dem Druckrad treten, und, wie in der Zeichnung angedeutet ist, ein
beim Unterwassergang der Turbine mit todtem Wasser erfüllter keilförmiger Raum von
der Austrittsnormale ab an der Rückcurve verbleiben.
Bezüglich der angestellten umfassenden Versuche und der Discussion ihrer Resultate
verweisen wir auf die ausführlichen Mittheilungen in unserer Quelle.