Titel: | Ueber die Kniehebel-Presse von Samain in Blois; von H. Kessels. |
Fundstelle: | Band 162, Jahrgang 1861, Nr. XCIV., S. 349 |
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XCIV.
Ueber die Kniehebel-Presse von Samain in Blois; von H. Kessels.
Aus den Mittheilungen des nieder-österreichischen
Gewerbevereins, August 1861, S. 161.
Mit einer Abbildung auf Tab. V.
Kessel's, über Samain's Kniehebel-Presse.
Die Presse des Mechanicus Samain in Blois repräsentirt von
Neuem das Princip der doppelten Kniehebel-Pressen, in welchen die Pressung durch das
Verschieben einer Raute bewirkt wird. Es wird nämlich durch die mehr oder weniger
große Annäherung von zwei einander gegenüberstehenden Ecken der Raute die
gegenseitige Entfernung der beiden anderen bedingt.
Bei der in Fig.
7 dargestellten Presse werden die vier Seiten der Raute durch vier starke
Eisenstäbe gebildet, welche in den vier Ecken A, B, C, D
durch Scharniere verbunden sind; die beiden in derselben Horizontalen gelegenen
Ecken A und C sind je mit
einer Schraubenmutter aus Bronze versehen, von welchen die eine mit einem rechten,
die andere mit einem linken Gewinde versehen ist. In diese beiden Muttern greift
eine Schraube, welche zu einer Hälfte mit einem rechten, zur anderen mit einem
linken Gewinde versehen ist, und es genügt, die Schraube um ihre Achse zu drehen, um
eine Annäherung der beiden Kniee zu bewerkstelligen, und bei entgegengesetzter
Drehung eine Entfernung derselben. Was nun die beiden anderen Ecken B, D, welche in derselben Verticalen liegen, anbetrifft,
so ist eine von denselben, die obere, mit einem starken Kopfe versehen, welcher
solid mit dem unteren Theile der Presse verbunden ist, während die untere D durch die Preßstange mit dem Preßkopfe in Verbindung
ist.
Um die Schraube bequem in Bewegung setzen zu können, ist sie mit einem eisernen Rade
oder Kreuze versehen, womit man sie schnell um die Achse drehen kann; damit man
jedoch einen bedeutenden Druck ausüben kann, trägt die Schraube in der Mitte ein
Hakenrad oder Sperrrad, durch welches sie mit einem Hebel, der mit einem Sperrkegel
versehen ist, um ihre Achse gedreht wird, indem man den Hebel auf- und abwärts
bewegt. Auf diese Art läßt sich bei großen Pressen ein Druck von 100,000 Kilogr.
erzeugen.
Das Princip dieser Pressen ist durchaus nicht neu, denn die erste doppelte
Kniehebel-Presse mit Schraube wurde schon im Jahre 1588 von dem französischen Ingenieur Ramelli construirt, und in seinen Werken beschrieben:
jedoch befindet sich bei der Presse von Samain noch eine
Vorrichtung, welche ganz neu und zum erstenmale bei Pressen in Anwendung ist.
Es wurde nämlich erwähnt, daß der obere Kopf B solid auf
den unteren festen Theil der Maschine befestigt ist; diese Verbindung ist durch vier
leicht gebogene eiserne Stangen hergestellt, welche also dem ganzen Drucke der
Pressung zu widerstehen haben, so wie die Säulen bei einer Schraubenpresse. In dem
Maaße, als der Druck sich vermehrt, haben diese gebogenen Stangen das Bestreben sich
auszustrecken, und die dadurch entstehende Annäherung wird benutzt um einen Zeiger
in Bewegung zu setzen, welcher durch seinen jedesmaligen Stand anzeigt, wie stark
ungefähr die jeweilige Pressung ist. Die Größe der Pressung wird nach dem Stande des
Zeigers auf einem Gradbogen abgelesen, auf welchem sich eine Theilung befindet.
Diese Eintheilung muß natürlich auf empirischem Wege ermittelt werden, und zwar
dadurch, daß man einen Dynamometer unter die Presse bringt und nach dem jedesmaligen
Stande desselben die Theilung macht.
Man kann also durch diese Einrichtung nicht nur annäherungsweise einen bestimmten
Druck ausüben, sondern sie erlaubt auch nicht eine Grenze zu überschreiten, die man
im Voraus bestimmt hat, und welche die Presse überhaupt aushalten kann, ohne der
Elasticitäts-Grenze der gebogenen Stangen zu nahe zu treten.
Zu diesem Zwecke ist der Zeiger, welcher durch die zunehmende Pressung eine Bewegung
von links nach rechts annimmt, und sich dadurch fortwährend dem Hebel, welcher den
Druck erzeugt, nähert, mit einem Vorsprung oder Haken versehen, welcher sich bei dem
stärksten Drucke, den die Presse ausholten kann, über den Hebel legt, und diesen
dadurch in seiner Bewegung aufhält.
Durch diesen kleinen Hülfs-Mechanismus wird allerdings die Leistungsfähigkeit der
Presse nicht erhöht, aber er ist geeignet interessante Erklärungen zu geben, und ist
jedenfalls eine ganz neue Anwendung des Dynamometers.
Diese Art Pressen lassen sich in allen technischen und landwirtschaftlichen Zweigen
mit großem Vortheile anwenden, und werden in den verschiedensten Dimensionen
angefertigt; die kleinste Gattung ist im Stande einen Druck von 5000 Kilogr.
auszuüben, und kostet 200 Frcs.; während die Pressen von größter Gattung einen
Effect von 100,000 Kilogr. haben und 1300 Frcs. kosten. Die großen Pressen sind
entweder stabil, oder mit kleinen Rädern versehen, und auf diese Art leicht transportabel, was
namentlich für landwirthschaftliche Zwecke von großem Vortheile ist.
Samain's Pressen wurden 1857 in Chateaurout und 1858 in
Blois mit der silbernen, 1860 in Paris mit der goldenen Medaille ausgezeichnet.