Titel: Ueber das Verfahren zur Entdeckung von Undichtheiten an Gas- und Heizröhren von C. Fournier in Paris; Bericht von Silbermann.
Fundstelle: Band 162, Jahrgang 1861, Nr. CXV., S. 422
Download: XML
CXV. Ueber das Verfahren zur Entdeckung von Undichtheiten an Gas- und Heizröhren von C. Fournier in Paris; Bericht von Silbermann. Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement September 1861, S. 522. Mit Abbildungen auf Tab. VI. Fournier's Verfahren zur Entdeckung von Undichtheiten an Gas- und Heizröhren. Das auf einem chemischen und einem physikalischen Princip beruhende Verfahren des Hrn. Fournier, Schatzmeister des Kriegsministeriums, begreift zwei Apparate: einen Indicator zur Entdeckung der Undichtheiten überhaupt und einen zweiten Apparat zur Auffindung der betreffenden Stelle selbst. Der Indicator (révélateur) besteht aus einem Hahn, dessen Gestalt von der gewöhnlichen wenig abweicht, und aus einer U-förmigen Röhre, welche mit gefärbtem Wasser gefüllt ist und als Differential-Manometer wirkt. Der Hahn nimmt drei verschiedene Stellungen an, und ist denselben entsprechend gebohrt: in der ersten Stellung schließt er die Leitung, in der zweiten öffnet er sie, und in der dritten schließt er sie wieder, aber indem er zugleich die Verbindung mit der U-Röhre herstellt. Bei dieser letzten Stellung kommt das Gas in den einen Schenkel der Röhre durch den Hahn, während der andere Schenkel es nur aus den bis zu den Brennern sich erstreckenden Zweigröhren erhalten kann. Wenn nun zu beiden Seiten der Druck des Gases gleich ist (wie dieß bei geschlossenen Brennern und vollkommener Dichtheit der Fall seyn muß), so steht die Flüssigkeit auch in beiden Schenkeln der Röhre gleich hoch; bei ungleicher Höhe ist also jedenfalls eine Undichtheit angezeigt. Will man sich folglich von der Dichtheit der das Gas den Brennern zuführenden Zweigröhren überzeugen, so stellt man zunächst überall den gleichen Druck her, indem man die Brennerhähne schließt; alsdann gibt man dem Hahn des Indicators die erwähnte zweite Stellung, wo dann das Gas durch beide Schenkel der Proberöhre eintritt und folglich der gleiche Flüssigkeitsstand in beiden hergestellt wird. Hierauf sperrt man die Verbindung beider Schenkel ab, indem man dem Hahn die dritte Stellung gibt. Wenn nun keine Undichtheit in den zu den Brennern führenden Zweigröhren stattfindet, so muß die Flüssigkeit in beiden Schenkeln gleich hoch stehen bleiben; im entgegengesetzten Falle nimmt der Druck durch die Undichtheit ab und die Flüssigkeit steigt in dem betreffenden Schenkel, während sie in dem anderen fällt. Dieser Höhenunterschied wird um so rascher sich zeigen, je stärker die Undichtheit ist, und findet seine Grenze in demjenigen, welcher dem Druck des durch den Hahn kommenden Gases nach Abzug des Atmosphärendruckes entspricht, also bei 3 bis 4 Centimeter Wassersäule. Diese erste Probe ist somit leicht auszuführen, und gibt ein augenblickliches Resultat. Undichtheiten zwischen dem Haupthahn der Gasleitung und dem Hahn des Indicators entdeckt man auf dieselbe Weise, indem man jedesmal zuerst zu beiden Seiten durch Schließen der Hähne gleichen Druck herstellt, und dann dem Indicatorhahn die erforderliche Stellung zum Absperren der Verbindung des Gases zu beiden Seiten des Instrumentes gibt. Um nun die Stelle zu finden, wo die durch den Indicator angedeutete Undichtheit stattfindet, wendet Fournier ein untrügliches Verfahren an: er mischt dem circulirenden Gase eine gewisse Menge Ammoniak bei, dessen Gegenwart alsdann an jeder Oeffnung der Leitung durch den Geruch, oder durch Salzsäure (welche in Gegenwart von Ammoniak einen weißen Rauch erzeugt), oder durch Reagenzpapier leicht nachweisbar ist. Um das Ammoniak in das Gas zu bringen, verfährt er vorzugsweise wie folgt: In die Leitung wird ein Zwischenstück eingeschaltet, welches die directe Verbindung unterbricht und das Gas zwingt durch ein Röhrchen zu gehen, worin sich Bimssteinstücke befinden, die mit etwa 30 Grammen Ammoniakflüssigkeit befeuchtet sind. Das Gas tritt am unteren Ende dieses Röhrchens ein, streicht durch die ganze befeuchtete Schicht hindurch, und führt so das Ammoniak nach allen Theilen der Leitung. Wenn man nun, bei vorher geschlossenen Brennern, dem Gase Zeit läßt sich in allen Zweigröhren zu verbreiten, und man zugleich den Haupthahn so wie den Indicatorhahn öffnet, so findet man bei der Untersuchung aller Theile der Leitung das Ammoniak und mithin jede Undichtheit durch eines der eben bezeichneten bekannten Mittel. Ein Versuch an einer, etwa 100 Flammen enthaltenden Zweigleitung in der École centrale des et manufactures hat die Brauchbarkeit dieses Verfahrens erwiesen. Der Indicatorhahn und der Apparat mit Ammoniak wurden in der nach jener Zweigleitung führenden Röhre des ersten Stockwerkes eingeschaltet, und zunächst das Vorhandenseyn einer Undichtheit dargethan; die Langsamkeit, womit sich die Flüssigkeit in der U-Röhre bewegte, bewies aber, daß dieselbe nur unbedeutend sey; vergleichende Versuche zeigten, daß sie viel weniger Gas ausließ als ein halbgeöffneter Brenner. Hierauf brachte man die Ammoniakflüssigkeit in das betreffende Rohr, stellte die richtige Verbindung her, und untersuchte die Leitung wie oben angegeben. Es stellten sich zwei Undichtheiten heraus, die durch Salzsäure, durch Reagenzpapier und auch auf gewöhnliche Weise durch Anzünden zu entdecken waren. Nachdem diese Oeffnungen verstopft waren, wies der Apparat nur noch einen unbedeutenden Verlust, wahrscheinlich in Folge der Porosität der Röhren, nach. Ohne demselben weiter nachzuforschen, sollte er doch mehr oder weniger geschätzt werden, und man verfuhr daher wie folgt: ein Einlochbrenner wurde allein angezündet und dann sein Hahn so weit geschlossen, daß nur noch eine äußerst kleine Flamme verblieb, die nach dem Ausblasen nicht wieder zu entzünden war; dennoch blieb der Ammoniakgeruch bemerkbar und die Reaction mit Säure oder mit Reagenzpapier sehr deutlich. Der Versuch wurde noch öfter wiederholt, um einen Vergleich zwischen den verschiedenen Entdeckungsmethoden herstellen zu können. Es zeigte sich, daß das gewöhnliche Verfahren des Aufsuchens mit einer Lichtflamme (zum Anzünden) das am wenigsten empfindliche ist; hernach kommt der Geruch, dann die Salzsäure und endlich das mit Essigsäure geröthete und angefeuchtete Lackmuspapier. Dieses letztere ist von der äußersten Empfindlichkeit; schon das Blauwerden einiger Fasern reicht zur Nachweisung des Ammoniaks und mithin des Gases aus. Aus allen Versuchen ergibt sich, daß Fournier's Verfahren in jeder Weise sinnreich, praktisch und so genau ist, daß es noch über die Bedürfnisse der Praxis hinausgeht; es ist eine glückliche Anwendung bekannter Principien, worauf bis jetzt noch Niemand gekommen war. Beschreibung des Apparates. Fig. 24 ist die Ansicht des ganzen Apparates mit dem Durchschnitt der Ammoniakröhre. Fig. 25 ist ein theilweiser Verticaldurchschnitt des Indicators. Fig. 26 und 27 sind Verticaldurchschnitte des Indicatorhahnes in verschiedenen Stellungen. I. Indicator. A Gasleitung; das Gas geht von der Linken zur Rechten nach den Brennern. B Zeigerblatt; dasselbe ist an der Leitung befestigt; in seinem Mittelpunkt bewegt sich der Conus des Hahnes C, welcher mit dem Zeiger versehen ist, wornach er sich auf eines der drei Worte drehen und somit in die gewünschte Stellung bringen läßt. Der Hahn C besitzt an der Seite seiner Bohrung einen Einschnitt D von 25–30 Millim. Länge und 5 Millim. Breite (Fig. 25). Außerdem sind in der Hülse des Hahnes zwei schiefe Canäle E und F angebracht, deren einer bei gewissen Stellungen des Hahnes (Fig. 26 und 27) mit dem Einschnitt D correspondirt. Das Manometer G, G' besteht aus zwei Röhren von dickem Glase, welche durch ein Kupferrohr verbunden und mit gefärbtem Wasser gefüllt sind. Das Rohr G mündet in den Canal E, das Rohr G' in den Canal F. Beide sind hermetisch mit der Hülse des Hahnes verbunden; die Dichtung des Kupferrohres ist durch Kautschuk bewirkt. H beweglicher Zeiger, um den Stand der Flüssigkeit in den beiden Röhren des Manometers anzugeben; er kann durch eine Stellschraube fixirt werden. Die drei Stellungen, welche der Hahn erhalten kann, sind folgende: 1) Schluß (fermeture); Stellung wie in Fig. 24 und 25. In diesem Falle ist das Gas abgesperrt und die Brenner müssen auslöschen; 2) Beleuchtung (éclairage). Der Hahn ist offen (Fig. 26) und die Flammen können angezündet werden. Das überall circulirende Gas tritt auch durch die Canäle E, F in die Glasröhren G, G' ein, und das Wasser stellt sich in beiden Schenkeln auf gleiche Höhe; 3) Indicator (révélateur). Nachdem alle Brennerhähne geschlossen sind, bringt man den Hahn in diese Stellung (Fig. 27). Die linke und rechte Seite der Leitung A sind also getrennt, das Gas tritt aber durch D in den Schenkel G mit seinem permanenten Druck. Auf der anderen Seite ist das Gas zwischen dem Hahn und den Brennern durch den Verschluß des ersteren mit dem gleichen Druck abgesperrt und tritt in den Schenkel G'. Wenn also kein Gas an dieser Seite entweichen kann, so bleibt die Flüssigkeit in beiden Schenkeln gleich hoch stehen, andernfalls fällt sie in G und steigt in G', und zwar um so schneller, je stärker die Undichtheit ist. Die Empfindlichkeit des Manometers ist so groß, daß, wenn man in einer Entfernung von 60–80 Meter eine kleine Oeffnung anbringt, die nach dem Anzünden des Gases ein blaues Flämmchen von 1 Millim. Höhe und 2 Millim. Breite gibt, welches 1 Liter Gas in der Stunde verbraucht, diese Oeffnung nach einigen Secunden am Apparat bemerklich wird. Der Indicator muß so nahe wie möglich an dem Beginn der zu schützenden Zweigleitung angebracht werden; immerhin ist es bei großen Leitungen (von einigen Hundert Metern) räthlich, deren mehrere anzuwenden. II. Apparat zur Nachweisung der undichten Stellen. Dieser Apparat wird nicht permanent, sondern nur bei jeder einzelnen Untersuchung angebracht. I ist das Zwischenstück, welches in der Leitung A (Fig. 24 und 25) neben dem Indicatorhahn und zwischen diesem und den Brennern eingeschaltet wird. In diesem Rohre befindet sich die dichte Platte J, welche die Verbindung zwischen dem linken und rechten Theil der Leitung aufhebt. K ist ein Schlauchhahn zur Linken dieser Platte; er leitet das Gas nach der Ammoniakröhre, aus welcher es durch den Ansatz L wieder in die Leitung gelangt. M Proberöhre aus dickem Glase von besonderer Form; sie ist mit Bimssteinstücken gefüllt, die mit Ammoniakflüssigkeit befeuchtet sind; oben ist sie durch einen Metalldeckel mit zwei Griffen mittelst einer Kautschukliederung dicht geschlossen. Der Verschluß erfolgt mittelst der Stäbe M, N, die einerseits mit diesen Griffen verbunden sind und andererseits durch Schrauben angezogen werden können. Das Gas tritt durch das Rohr P in eine Kammer im unteren Theile der Proberöhre ein, mit welcher sie durch den Hals O in Verbindung steht. Die Verbindung in P und K geschieht durch einen Gummischlauch. Am Deckel der Röhre ist das Austrittsrohr Q angesetzt, durch welches das Gas durch einen Schlauch nach L geführt wird. Der an dieser Röhre befindliche Hahn dient um sich zu vergewissern, daß das austretende Gas in der That mit Ammoniak imprägnirt ist. Die Ammoniakflüssigkeit wird durch den kleinen, mit dem Bleipfropf R verschlossenen Trichter eingegossen. Die Proberöhre kann man auf den Boden oder einen Tisch stellen, oder auch mittelst der kleinen Griffe an zwei Kettchen aufhängen. Hiernach ist die Einrichtung und die Manipulation leicht ersichtlich. Ehe man die Leitung untersucht, thut man wohl, sich von der allgemeinen Verbreitung des Ammoniaks durch Prüfung des aus dem entferntesten Hahn austretenden Gases zu vergewissern.

Tafeln

Tafel Tab.
                                    VI
Tab. VI