Titel: | Feine Arbeit; von Fr. Varrentrapp. |
Fundstelle: | Band 162, Jahrgang 1861, Nr. CXVIII., S. 432 |
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CXVIII.
Feine Arbeit; von Fr. Varrentrapp.
Varrentrapp, über feine Arbeit.
Es werdest seit einiger Zeit Abbildungen von Kupferstichen auf photographischem Wege
geliefert, die nur die Größe eines gewöhnlichen Stecknadelknopfes besitzen und auf
der Glasplatte einem guten Auge eben nur wie ein kleiner gelblicher Fleck
erscheinen. Auf dem Originale fänden eine Million solcher Fleckchen Platz.
Betrachtet man aber diese feinen Collodiumbilder mit einem guten Mikroskope bei etwa
dreihundertfacher linearer Vergrößerung, so erscheinen sie etwa von der Größe eines
halben Octavblattes und man erkennt leicht jeden einzelnen Strich, den die Hand des
Kupferstechers auf der Originalplatte zeichnete.
Denkt man an die vielen Substanzen, welche bei der Herstellung benutzt wurden, die
Salze, welche einander zerlegten, das Licht, welches wieder chemische Aenderungen
bewirkte, die Lösungen, welche nun nicht mehr erforderliche und schädliche Stoffe
entfernen mußten, das Wasser, welches zum Auswaschen nothwendig, – so
erscheint uns die Möglichkeit dieser Operationen in ihrer Feinheit ebenso
staunenerregend wie die Bildung der feinen Organe der mikroskopischen Thiere.
Aber auch auf viel mechanischerem Wege lassen sich feine Vervielfältigungen von
Lichtbildern erzielen, die, wenn auch unter dem Mikroskope sehr mangelhaft, doch dem
bloßen Auge als treue Copien erscheinen.
Es ist bekannt, daß man auf galvanischem Wege auf ein gut vergoldetes Daguerreotyp
eine Kupferplatte ablagern lassen kann, die nach dem Abheben von dem Original ein
ebenso scharfes umgekehrtes Bild zeigt, als dieses selbst, und daß sich diese
Operation sogar mehrmals wiederholen läßt. Endlich auch schon mittelst gut
gereinigter Guta-percha, welche man durch Wärme erweicht auf ein Daguerre'sches Bild
legt und bis nach dem Erkalten mit einer starken Presse andrückt, erhält man eine
exacte Abbildung.
In letzterer Zeit macht man in Carlsbad merkwürdige Abdrücke von Daguerreotypen mit
Hülfe des Sinters, der sich aus der heißen Heilquelle absetzt. Seit lange pflegte
man Blumen, Kornähren, Krebse, Käfer, dem Sprühregen der Quelle auszusetzen oder
auch nur solche Gegenstände in das Wasser zu legen und sich mit dem Sprudelstein
überziehen zu lassen. Wahrscheinlich zuerst in Filippo im Toskanischen, wo eine
ähnliche stark kalkhaltige Quelle entspringt, versuchte man Modelle aus Schwefel mit
dem Kalksinter zu überziehen und erhielt auf diese Weise treue Copien in
schneeweißem Kalksinter. In Carlsbad soll man dazu Modelle aus einer Legirung von
Zinn und Silber benutzen, daraus auch wohl Hohlformen bilden und diese binnen
einiger Wochen innen mit einer liniendicken Schicht Sprudelstein aus dem
hineintröpfelnden Wasser bekleiden, so daß die Formen abgelöst und kleine Büsten
erhalten werden können.
Endlich hat man bedrucktes Papier von dem Sinter überziehen lassen. Die Farben hängen
an dem Sinter fest, das Papier läßt sich abziehen wie selbstverständlich, kann man
auf diese Weise auch farbige Copien von Bildern in Sprudelstein gewinnen.
Zuletzt hat man auch Daguerre'sche Bilder dem incrustirenden Wasser ausgesetzt. Die
Abformung ist so genau, daß die lichten Stellen des Daguerreotyps, welche durch
Quecksilberkügelchen rauh geworden und nicht spiegelartig reflectiren, auch auf der
Platte aus Sinter rauher und nicht spiegelnd erscheinen, und die spiegelnden
schwarzen Stellen auch auf dem Sinter spiegelnd und dunkel sich zeigen, so daß
namentlich bei starken Kontrasten, z.B. wenn die Kleidung weiße Spitzen auf
schwarzem Sammet liegend zeigt, merkwürdige Effecte, als sey der Sinter an einer
Stelle hell, an der anderen dunkel abgelagert, beobachtet werden. (Westermann's illustrirte Monatshefte, Bd. X S. 561.)