Titel: | Maschine zum Trocknen von Wolle und Baumwolle, vom Civilingenieur E. Semper in Görlitz. |
Fundstelle: | Band 163, Jahrgang 1862, Nr. XXIV., S. 89 |
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XXIV.
Maschine zum Trocknen von Wolle und Baumwolle,
vom Civilingenieur E. Semper in Görlitz.
Aus der deutschen Industrie-Zeitung, 1862, Nr. 2.
Mit einer Abbildung auf Tab. II.
Semper's Maschine zum Trocknen von Wolle und Baumwolle.
Diese, dem Genannten in Sachsen patentirte Maschine ist in Fig. 22 im mittleren
Längendurchschnitte dargestellt. Sie ist rundum von Wandungen eingeschlossen, so daß
sie in jedem Fabriksaale frei aufgestellt werden kann. Das Innere ist von einem
Röhrensystem erwärmt, welches zwischen den verschiedenen Etagen in
Schlangenwindungen durchgeht und in das gespannte Dämpfe eingelassen werden. (Die
Rohrleitungen sind in unserer Abbildung als kleine Kreise angegeben). Die Ableitung
der feuchten Luft wird durch den auf der Maschine befindlichen Exhaustor A bewirkt, welcher die Feuchtigkeit aus derselben
ansaugt und durch das Rohr B ins Freie führt. Die
Lufterneuerung in der Maschine geschieht durch die Oeffnungen C; beim Durchziehen dieser Luft nach den oberen Räumen wird sie nach und
nach durch die Röhren bis auf 50 bis 60° R. erwärmt. Durch diese Einrichtung
wird die nasse Wolle, welche im obersten, wärmsten Raume der Maschine eingeführt
wird, rasch getrocknet und allmählich durch die mechanische Einrichtung der Maschine
nach unten in die kühlere Temperatur geführt, bis sie endlich getrocknet und
abgekühlt, milde und weich, die Maschine wieder verläßt.
Die Bedienung der Maschine anlangend, wird die nasse Wolle
auf Drahthorden von 2 bis 3 Fuß Breite und 4 bis 5 Fuß Länge ausgebreitet; diese
Horden werden auf den Eingangstisch D der Maschine, eine
hinter der anderen aufgelegt, wo diese durch eigenthümlich construirte, anbeiden Seitenwänden der Maschine
hinlaufende Ketten erfaßt und langsam in den obersten Raum eingeführt werden. Am
entgegengesetzten Ende der Maschine angelangt, werden diese Wollhorden auf die
Platte E übergeschoben, welche dieselben auf die zweite
Kettenlage ablegt, von welcher sie wieder nach vorn geleitet werden, wo sich das
Ablegen auf die dritte Kettenreihe wiederholt. In dieser Weise werden die Wollhorden
in ununterbrochener Reihenfolge in der Maschine langsam, zwischen den Heizröhren
durch, hin und her geführt, wie es die Pfeile auf unserer Abbildung andeuten und,
wie schon beschrieben, von oben nach unten abgelegt, bis sie am vorderen Ende unten
bei F mit der getrockneten Wolle die Maschine verlassen.
Die Maschine kann durch einen Knaben oder ein Mädchen bequem bedient werden; zum
Betriebe selbst ist nur eine geringe Kraft von etwa 1/2 Pferdestärke erforderlich,
welche von einem Vorgelege G aus wirkt, von wo sie
vermittelst Riemen auf der einen Seite den Exhaustor, auf der anderen die Maschine
in Bewegung setzt.
In Bezug auf die Leistung der Maschine ist angenommen, daß
die nasse Wolle vorher in einer Centrifugalmaschine ausgeschleudert werde, so daß
noch etwa 30 bis 40 Proc. Wasser auszutrocknen sind. Hiernach ist nun die normale
Größe der Maschine für Leistungen von 3 bis 15 Ctr. trockener Wolle pro Tag bemessen. Macht eine klettenhaltige oder
klebrige Wolle ein längeres Verweilen im Maschinenräume nöthig, so kann der Maschine
durch die an das Betriebsvorgelege angebrachten Stufenscheiben ein langsamerer Gang
gegeben werden, und so umgekehrt ein schnellerer Gang für eine leichte, rasch
trocknende Wolle. Bei der mittleren Geschwindigkeit verläßt die naß aufgegebene
Wolle bereits nach 40 bis 50 Minuten die Maschine völlig getrocknet. Die Größe der
Maschine ist je nach den beanspruchten Leistungen von 10 bis 20 Fuß Länge, 4 1/2 bis
6 Fuß Höhe und 5 bis 6 Fuß Breite verschieden, eben so ihr Gewicht von 30 bis 90
Centner.
Was endlich die Vortheile betrifft, welche die vorliegende
Woll-Trocken-Maschine bietet, so bestehen dieselben in Folgendem: Im
Verhältnisse zu ihrer Leistungsfähigkeit nimmt dieselbe nur einen geringen Raum ein;
die Wolle, über deren Entwendung so häufig geklagt wird, braucht nicht hin-
und hergetragen zu werden, sie bleibt in einem Locale
unter Aufsicht und, da sie in einer geordneten Reihenfolge von der Waschmaschine zur
Wolferei und Spinnerei übergeht, wird ein Verwechseln und Durcheinanderwerfen
verschiedener Wollpartien vermieden, auch bleibt sie vor jeder Verunreinigung
geschützt. Bei zweckmäßiger Aufstellung der Maschine ist eine bedeutende
Lohnersparniß zu erzielen. Der Dampfverbrauch ist bei der vortheilhaften Einrichtung
des Röhrensystems und demgeringen Umfange der Maschine gegen den Aufwand bei den bisher üblichen
Trockenhäusern ein verhältnißmäßig geringer. Die Feuersgefahr ist durch diese
Maschine gänzlich vermieden, deßhalb dürfte auch unzweifelhaft eine Ermäßigung der
Feuerversicherungsprämie zu erreichen seyn; die Wollhorden können bequem gereinigt
und eine Partie Wolle kann nach der anderen ohne Aufenthalt durch die Maschine
durchgelassen werden; endlich aber liegt eine für jede Spinnerei und Tuchfabrik
nicht zu unterschätzende Annehmlichkeit darin, daß die Wolle, welche eben die Wäsche
verlassen hat, schon nach ungefähr einer Stunde in der Spinnerei zur Verarbeitung
kommen kann.
Die Maschine eignet sich ebenso zum Trocknen von Baumwolle
und Garn als für Wolle; nur müssen bei Garn statt der
Drahthorden Nahmen angewendet werden, auf welche die nassen Garne ausgespannt
werden.