Titel: | Ueber die Schlickeysen'sche Torfpresse; vom Bergmeister W. Leo. |
Autor: | W. Leo |
Fundstelle: | Band 163, Jahrgang 1862, Nr. XXVI., S. 92 |
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XXVI.
Ueber die Schlickeysen'sche Torfpresse; vom Bergmeister W. Leo.
Leo, über Schlickeysen's Torfpresse.
Unter allen in neuerer Zeit angewandten Verfahrungsarten den Torf zu verbessern,
bleibt das Mahlen und Comprimiren desselben mittelst der Schlickeysen'schen Torfpresse die vorzüglichste und rentabelste; die
gegrabene lufttrockene Torfmasse wird mittelst dieser Maschine gemahlen, gemischt
und comprimirt; dadurch wird dieselbe in eine gleichartige plastischeMasse verwandelt, ihr Volumen
vermindert, die Unannehmlichkeit der Zerbröckelung beim Transport und übelriechende
Rauchentwickelung beim Verbrennen entfernt, ihr Heizeffect vermehrt, und dieselbe,
außer zur häuslichen Feuerung, zu vielen technischen Zwecken vorzüglich geeignet
gemacht, wie zum Locomotiv- und Dampfschiffbetrieb, zum Betrieb der
Eisen- und Glashütten, Porzellanöfen, aller Dampfkessel etc. Durch diese neue
Behandlungsart des Torfes ist nachgewiesen, daß ihm die Dichtigkeit und Festigkeit
der Steinkohlen ertheilt werden kann, und daß er sowohl im rohen als verkohlten
Zustande ein vorzügliches und billiges Brennmaterial abgibt, welches zu jeder
Verwendung brauchbar ist. Durch das Comprimiren wird die Brennkraft einer großen
Torfmasse in ein kleines Volumen concentrirt; durch größere Festigkeit wird der Torf
für den weitesten Transport und zur Erzeugung einer vorzüglichen Kohle geeignet
gemacht; er kann bis auf 1 Gewicht von 80 Pfd. per
Kubikfuß comprimirt werden; sein Wassergehalt wird bedeutend vermindert und dadurch
die zu seiner Trocknung erforderliche Zeit sehr verkürzt; gleiche Raumtheile von
comprimirtem Torfe und Kohks sind in Beziehung auf Heizeffect sich gleich, und
weniger als zwei Gewichtstheile Torf ersetzen einen Gewichtstheil Kohks vollkommen,
während sie nur 1/4 bis 1/3 der Kohks kosten, also jedem Unternehmer eine gute und
sichere Rente bieten. Dabei lassen sich nach der Größe des Absatzes Maschinen von
kleiner bis zur größten Tagesproduction, von 3000 bis zu 30000 Steinen täglich
anlegen, und durch Thier-, Wasser- oder Dampfkraft betreiben; die
Production durch Maschinen stellt sich bei weitem billiger heraus, als durch Stechen
oder Formen mit der Hand, abgesehen davon, daß sie ein viel besseres Product
liefert.
In Deutschland sind noch sehr viele große Torfflächen beinahe ganz unbenutzt,
obgleich selbst in den sonst so holzreichen Gebirgsgegenden jetzt Holzmangel
eingetreten ist; die Industrie leidet überall unter dem Mangel an Holz, und man ist
gezwungen mit großem Kostenaufwande aus weiter Ferne mineralische Brennstoffe
herbeizuführen, während man den Reichthum an Brennstoff, welchen man in den
verfügbaren Torfmooren besitzt, unbenutzt läßt. In anderen Ländern und Gegenden
hingegen beutet man den von der Natur im Torfe deponirten Schatz an Brennstoff
bereits mit größtem Vortheil aus, und erzielt dadurch eine größere und sicherere
Rente als von jedem anderen Industriezweige. Es ist bereits im vorigen Jahrgange
dieses Journals (Bd. CLIX S. 97) eine solche Torfbereitung näher beschrieben worden;
der dort erwähnten Anlage in Lievland sind mehrere ähnliche gefolgt, und die bei dem
Betriebe derselben gesammelten Erfahrungen des verflossenen Jahres theile ich im
Folgenden zur allgemeinenBeachtung mit, nachdem die Berichte der verschiedenen Werkmeister eingegangen
sind.
An den vom Fabrikant Schlickeysen (in Berlin) gebauten
Maschinen wurden mehrere Modificationen vorgenommen, wie solche der praktische
Betrieb an die Hand gab. Die Formen (Austragöffnungen), welche früher 9 bis 10 Zoll
lang und mit scharfen Ecken versehen waren, haben sich vortheilhafter und die Arbeit
fördernder erwiesen, nachdem man sie auf 6 Zoll verkürzt und mit stumpfen
gebrochenen Ecken construirt hatte, vier Steine neben einander auf der breiten Seite
liegend herauspressend, von denen im nassen Zustande sechs auf einen Kubikfuß gehen;
die Rollen an den Rollbretern förderten besser und giengen leichter, nachdem man sie
3 1/2 Zoll im Durchmesser gemacht hatte; die Abfuhrkarren, welche bei den ersten
Anlagen nur 8 Zoll hohe Räder hatten, wurden mit 18 bis 24 Zoll hohen Rädern
versehen, damit sie ganz gleiche Höhe mit den Rollbretern bekamen; letztere
Einrichtung erleichterte das Abbringen der comprimirten Steine außerordentlich, da
die Abschneider und Abfahrer ihre Arbeit in einer bequemeren Stellung zu verrichten
und länger auszudauern im Stande waren. Je lufttrockener die rohe Torfmasse zum
Vermahlen und Comprimiren angefahren wurde, desto schöner und fester fielen die
Steine davon; die lufttrockene Torfmasse enthält immer noch 20 bis 25 Proc. Wasser,
welche Wassermenge vollkommen genügt um die gemahlene Torfmasse in denjenigen
plastischen Zustand zu verwandeln, welcher zur Hervorbringung glatter fester
Torfsteine erforderlich ist. Die so dargestellten Torfsteine trockneten bei
günstiger Witterung in 8 bis 10 Tagen im Freien vollkommen. Ein nasser, aus der Form
kommender Torfstein enthält 432 Kubikzoll; es gehen deren sechs auf den Kubikfuß;
diese Steine trocknen und schwinden auf 173 bis 175 Kubikzoll, so daß im trockenen
Zustande zehn solcher Torfsteine auf den Kubikfuß gehen; der Kubikfuß wiegt trocken
70 bis 80 Zollpfund, und 70 bis 100 Kubikfuß solchen getrockneten Torfes, je nach
seiner ursprünglichen Güte, ersetzen 216 Kubikfuß (2 preußische Klafter)
Kiefernholz. In Gegenden, wo, wie in den meisten Gouvernements Rußlands, der
Torfbetrieb wegen klimatischer Verhältnisse auf 2 1/2 bis 3 Monate des Jahres
beschränkt bleibt, ist eine kurze Trockenzeit von außerordentlichem Werthe; um diese
zu erlangen, ist eine rationelle Entwässerung der in Abbau zu nehmenden Torffläche
unumgänglich nöthig; je vollkommener diese Entwässerung erfolgt, desto mehr wird die
Darstellung comprimirter Torfsteine gefördert, die Trockenzeit abgekürzt und die
Rente erhöht.
Obgleich ein mit 2 Austragöffnungen resp. Formen versehener Cylinder der größten Art
bei 112 Umgängen in der Minute nach Angabedes Maschinenfabrikanten 50 Steine in der Minute oder
30000 Steine in der zehnstündigen vollen Arbeitszeit liefern soll, so findet man
doch nur selten Arbeiter, welche so geübt und ausdauernd sind, um diese Menge Steine
auf längere Zeit abschneiden und weglegen zu können, und man kann nur 40 Steine bei
100 Umgängen der Maschine in der Minute im Durchschnitt darstellen, was bei zehn
Stunden voller Arbeitszeit 24000 Stück, bei Tag- und Nachtbetrieb 48000 Stück
auf einen Cylinder beträgt; 48000 nasse Torfsteine geben 4800 Kubikfuß trockene
Torfmasse mit einem Brennwerthe von 100 Klafter Kiefernholz (die Klafter à 108 Kubikfuß), und es läßt sich daher nach dem
örtlichen Holzpreise der Werth des täglich zu erzielenden Torfäquivalentes leicht
berechnen. Zur Erzielung dieser 48000 Torfsteine sind bei Tag- und
Nachtarbeit 2 Maschinisten und 50 Arbeiter, von denen die Hälfte Weiber seyn können,
erforderlich, und dieselben im Durchschnitt, einschließlich Betriebskosten der
Maschine, mit 15 Sbgr. Lohn = 26 Rthlr. zu beschaffen; außer diesen Arbeitern ist
noch ein Werkführer mit täglich 3 Rthlr. Gehalt erforderlich. Ein Cylinder der
größten Art erfordert zum Betriebe eine Kraft von fünf Pferden, und es ist stets
vortheilhafter zwei Cylinder zusammen durch eine Maschine zu betreiben und bloß bei
Tag zu arbeiten, als mit einem Cylinder bei Tag und Nacht.
Die von den Rollbretern abgenommenen Steine werden auf den Abfuhrkarren, auf der
hohen Seite stehend, zu je 50 auf einmal abgefahren und auf dem Trocknenplatze zu je
fünf – nämlich zwei unten der Länge, dann zwei der Quere nach und zuletzt
wieder einer der Länge nach darüber – aufgestellt, und in dieser Stellung bis
zur völligen Trocknung gelassen.
Der so präparirte Torf wird im völlig trockenen Zustande so fest wie Stein, läßt sich
auf der Drehbank bearbeiten und verliert seine hygroskopische Beschaffenheit
gänzlich, er eignet sich also zu dem weitesten Transport, und er ersetzt bei allen
Heizungen sowohl Kohks als Steinkohlen vollkommen, daher er sich vorzüglich zum
Locomotiv-, Dampfschiff- und jedem anderen Dampfkessel-Betriebe
eignet; die Kohle hält bis zum völligen Verbrennen fest zusammen, ihre Schwere
verhindert das Sprühen von Funken durch die Esse, ihr Brennen selbst erfolgt mit
schöner Flamme.
Der Verfasser ist zu jeder Auskunft bezüglich der Anlage und des Betriebes von
Torf-Preßanstalten auf frankirte Anfragen gern bereit, gibt auf Verlangen
auch Gutachten über Torffelder und deren Abbau, und fertigt Kosten-,
Betriebs- und Rentabilitäts-Anschläge über herzustellende derartige
Anlagen, sowie er auch solche in Betrieb zu setzen erbötig ist.
Koenitz, bei Saalfeld in Thüringen, im Januar 1862.