Titel: | Ueber die Bestimmung des Kohlenstoffs im Eisen; von W. Weyl. |
Fundstelle: | Band 163, Jahrgang 1862, Nr. XXXIII., S. 121 |
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XXXIII.
Ueber die Bestimmung des Kohlenstoffs im Eisen;
von W. Weyl.
Aus Poggendorff's
Annalen der Physik, 1861, Bd. CXIV S. 507.
Weyl, über die Bestimmung des Kohlenstoffs im Eisen.
Es bietet bei der Analyse des Roheisens und des Stahles eine wesentliche
Schwierigkeit, die Bestimmung des Kohlenstoffs, der theilweise zwar bei der Lösung
des Eisens in Säuren als solcher zurückbleibt, ein anderer Theil jedoch tritt
gleichzeitig an den sich entwickelnden Wasserstoff, mit ihm gasförmigen und
flüssigen Kohlenwasserstoff bildend, deren Bestimmung in einfacher Weise nicht wohl
sich ausführen läßt. Eine weitere Fehlerquelle, welche die Resultate solcher
Analysen unsicher macht und deren Ausführung sehr erschwert, liegt in dem Verfahren,
zu welchem man genöthigt ist, das zur Analyse dienende Material durch Zerkleinerung
zur Lösung oder zur Verbrennung vorzubereiten, denn möge das Zerkleinern im Mörser
oder gar durch die Feile vorgenommen werden, stets gehen fremde nicht näher zu
bestimmende Quantitäten von Eisen mit in das zu untersuchende ein. Um diesen
Mißständen zu entgehen, wurde es versucht das Eisen auf galvanischem Wege in Lösung
zu bringen, wodurcheinmal das Zerkleinern desselben umgangen wird, und dann auch der Verlust von
Kohlenstoff in Form von Kohlenwasserstoff vermieden ist. Es wird dieß erreicht,
indem man das zu analysirende Eisenstück als positive Elektrode in verdünnte
Salzsäure eintauchen läßt, wodurch dann das Eisen unter Zurücklassung des
Kohlenstoffes und ohne daß von ihm aus Gas sich entwickelte, als Chlorür sich löst,
während der Wasserstoff von der gegenüberstehenden negativen Elektrode aus
entweicht. Da Eisen jedoch unter dem Einflusse eines starken galvanischen Stromes
leicht passiv wird und in diesem Falle von ihm aus Chlor sich entwickelt, welches
oxydirend auf die schon ausgeschiedene Kohle wirkt, zudem mit ihr direct noch eine
Verbindung eingeht, welche durch den galvanischen Strom analog der Salzsäure sich
zerlegt, und Kohlenstoff an dem negativen Pole abscheidet wie diese Wasserstoff, so
tritt in beiden Fällen Verlust an Kohlenstoff ein, und zwar im ersten in Form von
Kohlenoxyd oder Kohlensäure, und im zweiten als Kohlenwasserstoff, der sich bilden
konnte aus dem an der negativen Elektrode gleichzeitig sich ausscheidenden
Kohlenstoff und Wasserstoff, und leicht durch den sofort auftretenden
charakteristischen Geruch zu erkennen ist. Die hier hervorgehobenen Fehlerquellen
jedoch lassen sich leicht und sicher umgehen, wenn man die Stärke des Stromes so
regulirt, und zwar durch gegenseitige Entfernung der Elektroden von einander, daß
nur Eisenchlorür wie Chlorid sich bilden kann; die Bildung desselben erkennt man
sofort an der gelblichen Färbung der von dem Eisenstück herabsinkenden Fäden von
concentrirter Eisenlösung. Es tritt daher, wenn der Strom, zu dessen Erzeugung ein
Bunsen'sches Element genügt, nicht zu stark ist, eine
Passivität des Eisens nie ein, und geht die Lösung desselben als Chlorür unter
Zurücklassung der Kohle als Pseudomorphose ungestört von statten. Das zu lösende
Eisenstück ward bei diesen Versuchen durch eine mit Platinspitzen versehene
Pincette, in welche der positive Poldraht endete, gehalten, und tauchte nur so weit
in die Säure ein, daß die Berührungsstellen zwischen Pincette und Eisen nicht von
derselben benetzt wurden, weil sonst, wenn diese stattfände, durch die zwischen den
Platinspitzen und dem Eisen ausgeschiedene Kohle sehr bald der ganze Lösungsproceß
gestört würde. Das zwischen den Platinspitzen bis zur Oberfläche der Säure
unverändert zurückgebliebene Eisenstückchen wurde nach vollständiger Lösung des
übrigen in die Säure eintauchenden Theiles von der ihm anhängenden Kohle getrennt
und zurückgewogen. Die ausgeschiedene Kohle selbst wurde auf einem Asbestfilter
gesammelt, in einem Luftstrom getrocknet, mit Kupferoxyd gemengt und unter
schließlichem Ueberleiten von Sauerstoff nach Art der organischen Elementaranalyse
zu Kohlensäure verbrannt und als solche gewogen.
Zur Prüfung der Zuverlässigkeit der hier angegebenen Methode wurden mehrere Analysen
eines und desselben Spiegeleisens in verschiedener Weise ausgeführt, deren Resultate
hier folgen.
Zunächst wurde der Kohlenstoffgehalt ermittelt in einem Spiegeleisen wie es im
Siegenschen zur Rohstahlerzeugung dient, und zwar in der gewöhnlichen Weise durch
Verbrennung des gepulverten Eisens.
Zum ersten Versuche wurden 3,556 Grm. dieses Spiegeleisens auf einem Platinschiffchen
im Sauerstoffstrome verbrannt, und zwar bei einer Temperatur, bei welcher das
entstandene Eisenoxyduloxyd schmolz. Der zweite Versuch wurde mit 1,761 Grm.
desselben Eisens gemacht, jedoch mit Kupferoxyd gemengt im Sauerstoffstrome
verbrannt, und zwar bei der Schmelzhitze des Kupferoxydes. Zum dritten in gleicher
Weise ausgeführten Versuche dienten 2,543 Grm. dieses Eisens.
Als Resultat des Versuches I wurde erhalten Kohlenstoff
4,17 Proc.
Das Resultat des Versuches II ergab
4,20 „
Das Resultat des Versuches III ergab
4,00 „
Dasselbe Eisen auf elektrolytischem Wege gelöst, wozu
4,067 Grm. dienten, ergab Kohlenstoff
4,00 „
Eine zweite Probe, zu welcher 4,810 Grm. verwandt
wurden, ergab Kohlenstoff
4,05 „
––––––––
Eine andere Sorte Spiegeleisen, ebenfalls aus dem
Siegenschen, ergab in einer Menge von
2,560 Grm. mit Kupferoxyd und Sauerstoff
verbrannt an Kohlenstoff
4,17 Proc.
6,128 Grm. desselben Eisens, elektrolytisch gelöst, führten
zu einem Kohlenstoffgehalt von
4,21 „
––––––––
Schließlich diente zur Controle noch ein drittes Spiegeleisen
von „Mägdesprung,“
welches mein Lehrer Hr. Prof.
Rammelsberg die Güte hatte mir zu
übergeben; es war bereits von ihm
und Bromeis analysirt, und fand darin
Bromeis 3,82 Proc. Kohlenstoff,
Rammelsberg durch die
Berzelius'sche Methode, bestehend in der
Lösung des Eisens durch CuCl
3,78 Proc. C.
und durch Verbrennung
3,82 „ „
Elektrolytisch gelöst ergaben 8,43 Grm. dieses Eisens
3,90 „ „
Eine zweite Probe von 11,1145 Grm. auf gleiche Weise
behandelt ergaben
3,84 „ „
Es wurde zu diesen Control-Versuchen Spiegeleisen gewählt, weil es die einzige
Eisensorte ist, welche sich noch ziemlich leicht pulvern läßt, was bei anderem Roheisen
oder Stahl gar nicht auszuführen ist. Schließlich sey noch in Bezug auf die Zeit,
welche die Lösung des Eisens bei der angewandten Stromstärke erfordert, bemerkt, daß
ein Stück von etwa 8 Grm. nach 24 Stunden gelöst ist. Es bleibt hierbei die Kohle
nie rein zurück, sondern stets mit einer noch beträchtlichen Menge von Eisen
verbunden, wie es nach der Verbrennung der Kohle im Platinschiffchen an dem
zurückbleibenden Eisenoxyd zu erkennen ist. Dieser Umstand deutet darauf hin, daß im
Spiegeleisen der Kohlenstoff zu dessen ganzer Masse nicht in der gleichen Beziehung
steht, da die bei der elektrolytischen Lösung des Spiegeleisens zurückbleibende
Verbindung von Kohlenstoff mit Eisen doch wesentlich sich anders verhält als das
ursprüngliche Spiegeleisen selbst, insofern sie nicht wie dieses durch denselben
Strom zersetzt wird. Uebrigens zeigt diese kohlige Masse im Innern eine deutlich
erkennbare Structur, die jedoch mit der Beschaffenheit des Spiegeleisens wechselt.
War der zur Elektrolyse angewandte Strom sehr schwach, so erhält sich zuweilen
selbst der metallische Glanz des Spiegeleisens auf der Oberfläche der
zurückbleibenden Verbindungen.