Titel: | Neue Maschine zum Verarbeiten der Rübenpreßlinge; von Dr. C. Stammer. |
Autor: | Karl Stammer [GND] |
Fundstelle: | Band 163, Jahrgang 1862, Nr. XXXIX., S. 142 |
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XXXIX.
Neue Maschine zum Verarbeiten der Rübenpreßlinge;
von Dr. C. Stammer.
Stammer's Maschine zum Verarbeiten der Rübenpreßlinge.
Zum Zerkleinern und Mischen der Rübenpreßlinge mit Wasser behufs Gewinnung eines
Theiles ihres Zuckergehaltes, wie dieses VerfahrenPolytechn. Journal Bd. CLVI S. 215. nunmehr immer häufiger, namentlich nach dem Vorgang hiesiger Fabrik, wo
dasselbe seit mehreren Jahren in Anwendung ist, Aufnahme findet, war neben der
vereinzelten Benutzung von Reiben besonders eine Art Maischmaschine in Gebrauch. Die
Construction derselben, wie sie von der Hauschild'schen
Maschinenfabrik in Berlin geliefert wurde, ist so bekannt, daß ich hier nicht näher
darauf einzugehen brauche. Indessen konnte es nicht ausbleiben, daß die Mängel
dieser Maschine und mithin das Bedürfniß nach einer zweckmäßigeren sich mehr und
mehr fühlbar machten, und ich habe es mir daher angelegen seyn lassen, eine solche
aufzusuchen, und bin schon längere Zeit mit den betreffenden Versuchen beschäftigt,
deren nunmehr sehr günstiges Resultat ich hier in Kürze
mittheilen will.
Die Mängel der erwähnten älteren Maischmaschine bestehen hauptsächlich in
Folgendem:
1) Die Maschine arbeitet nicht continuirlich.
2) Sie gebraucht zu Anfang der jedesmaligen Beschickung eine sehr bedeutende
Triebkraft, die sich dann allmählich vermindert und beim Entleeren auf Null sinkt;
dadurch wird nicht allein eine stärkere Triebkraft erfordert, als zu der im Mittel
eigentlich nothwendigen ausreicht, sondern es erleidet auch diese Maschine in Folge
der sehr wechselnden Anstrengung viel größere Abnutzung, während sie zugleich eine
aufmerksame Bedienung erheischt. Erfahrungsmäßig reicht nämlich der gewöhnliche
Regulator zur Herstellung eines einigermaßen gleichförmigen Ganges der treibenden
Dampfmaschine nicht hin.
3) Die Maschine kann nur bei einem bestimmten Minimum des Wasserzusatzes die Arbeit
befriedigend verrichten; dabei wird aber ein dünnerer Saft erzielt, als man in den
meisten Fällen praktisch findet.
4) Es kann die Maschine jedesmal nur eine mäßige Beschickung mit Preßlingen
vertragen, und die Verarbeitung ist daher in so weit beschränkt, als ein über ein gewisses
Maximum vergrößerter Betrieb die Aufstellung einer zweiten dergleichen Maschine
bedingt. Dadurch wird aber nicht allein die nachtheilige Wirkung der genannten
Fehler verdoppelt, sondern auch eine doppelte Bedienung erfordert.
Specieller auf diese Umstände einzugehen, wird wohl um so weniger geboten seyn, als
schon der erste Punkt allein, der Mangel continuirlicher Arbeit, ein so allgemein
anerkannter Uebelstand ist, daß man ihn überall zu vermeiden bemüht ist.
Die Maschine, deren Construction mir zu einer Anwendung in dem vorliegenden Falle
geeignet erschien, ist die Patent-Universal-Ziegelmaschine
von Schlickeysen in Berlin; Versuche, welche ich zunächst
mit einem kleinen Modell derselben anstellte, an dem die erforderlichen Abänderungen
getroffen worden, gaben die gewünschte Hoffnung auf eine Anwendbarkeit im Großen,
und diese hat sich denn auch, nach Aufstellung eines passenden großen Exemplars
dieser Maschine, bei länger fortgesetztem Betriebe mit den erforderlichen
vergleichenden Versuchen vollständig erfüllt.
Die Construction der Schlickeysen'schen Maschine ist
hinreichend bekannt; vielfache Anwendungen derselben bei Bereitung von Mörtel,
Cement, Torf u.s.w. haben dargethan, daß sie nicht der Ziegelfabrication allein
wesentliche Dienste zu erweisen berufen scheint. Nachdem die vorläufigen Proben zur
Bestimmung der richtigen Geschwindigkeit und der erforderlichen Größe geführt
hatten, blieb nur noch übrig, die innere und äußere Einrichtung in so weit zu
modificiren, wie es das neue der Maschine dargebotene Material erheischte.
Bei längerer Arbeit mit der so modificirten Maschine haben sich nun außer der
Vermeidung der oben bezeichneten Fehler der älteren noch einige wesentliche Vorzüge
vor derselben herausgestellt, so daß man an der neuen Maischmaschine folgende gute
Eigenschaften hervorheben kann:
1) Die Maschine arbeitet vollkommen continuirlich; während oben die Preßlinge, wie
sie das Ausschütteln liefert, eingeworfen werden, und das Wasser in einem durch
einen Hahn zu regulirenden Strahl zufließt, wird an der unteren Oeffnung die
vollkommen zerkleinerte und gut gemischte Masse mit ununterbrochener Bewegung in
Form eines dicken Stranges herausgedrückt.
2) Ist die Maschine einmal in Betrieb, der Wasserzulauf und der Schieber für den
Breiaustritt regulirt, so erfordert sie keine weitere Bedienung als das Einwerfen
der Preßlinge. Die Maschine entleert sich selbst, kann nie, wie dieß bei der älteren
wohl vorkam, überladen und dadurch zum Stocken gebracht werden, wird von stärkerem
oder schwächeremMaterialzugang wenig beeinflußt, und bedarf nur bei längerem Stillstand einer
gänzlichen, leicht zu bewirkenden Reinigung.
3) Unter diesen Umständen wird man leicht einsehen, daß die Triebkraft, welche
ohnehin eine geringe ist, keinem Wechsel unterworfen wird, daß der Regulator der
Bewegungsmaschine hinreichend zu reguliren vermag, und überhaupt alle hierher
gehörigen, oben erwähnten Uebelstände nunmehr gänzlich beseitigt sind.
4) Die Arbeit mit der neuen Maischmaschine ist eine viel vollkommenere in Bezug auf
Beschaffenheit und mögliche Extraction des Breies. Während bei der alten Maschine
nur ein Mischen der zerkleinerten Preßlinge mit Wasser unter directer Einwirkung der
durchschlagenden Rührmesser stattfand, und daher die stets in der Masse einzeln
verbleibenden Preßlingstückchen im Innern trocken erschienen, mithin auch keine
Erschöpfung erfahren konnten, findet bei der neuen Maischmaschine in Folge ihrer
ganz eigenthümlichen Construction ein Zerreiben und Zerdrücken der Masse in sich
durch vielfaches Gegeneinanderrücken und Gegeneinanderpressen der Theile, so wie des
zugesetzten Wassers statt, wodurch unter gleichzeitiger Mitwirkung des starken, im
Innern der Maische durch die Bewegung der Maschine hervorgebrachten Druckes eine viel vollkommenere Durcharbeitung und
Durchknetung, ein weit wirksameres Eindringen des Wassers in alle Fasertheile zu
Wege gebracht und schließlich eine erfolgreiche Auspressung ermöglicht wird. Man
erkennt beim Untersuchen der austretenden Masse sogleich, daß die etwa noch
vorhandenen Stückchen vom Wasser vollständig durchdrungen sind, und daher ebenfalls
eine Extraction erleiden müssen. Der Brei ist übrigens, wenn die Maschine normal
geht, d.h. wenn Wasserzusatz, Oeffnung und Geschwindigkeit richtig regulirt sind,
von durchaus gleichmäßiger feiner Beschaffenheit, frei von unzerkleinerten Stücken,
und nur bei etwas unregelmäßigem Gange, wie er bei starkem Fabrikbetriebe zuweilen
nicht zu vermeiden ist, erscheinen Stücke darin. Da dieselben aber, wie oben
gezeigt, ebenfalls vom Wasser durchdrungen sind, so hat ihre Gegenwart wenig Einfluß
auf das Resultat der Extraction, wie sich dieß auch nach directen Ermittelungen
bestätigt gefunden hat.
5) Die Arbeit der Maschine ist weit weniger abhängig von Wasserzusatz als die der
älteren. Namentlich reicht sie mit viel weniger aus, und gibt dabei einen schöneren
Brei und einen schwereren Nachpressensaft bei nicht
vermehrtem Rückhalt von Zucker in den letzten Preßlingen. Es hat sich das
erfreuliche Ergebniß herausgestellt, daß bei gleicher Verarbeitung und gleicher und
gleich zuckerarmer Menge von Preßlingen das Nachpressen die Quantität des
Gesammtsaftes unter Erhöhung seinerGrädigkeit sehr merklich
verminderte. Die bedeutenden Vortheile, welche eine solche Verbesserung und
namentlich in Bezug auf Verdampfung u.s.w. bietet, sind zu sehr in die Augen
springend, als daß ich sie näher aufzuzählen brauchte. Uebereinstimmend mit diesem
Verhalten erwies sich der Nachpressensaft derjenigen Pressen, welche von der neuen
Maische ihr Material empfingen, stets erheblich schwerer als bei den Pressen, die
mit dem Brei von der alten Maische arbeiteten, während zugleich eine Reihe
paralleler PreßlinguntersuchungenDiejenigen, welche den Zuckergehalt der Preßlinge, wie sie nach der einen
oder anderen Arbeitsmethode erhalten werden, untersuchen und dabei deren wirklichen Zuckergehalt kennen lernen wollen,
erlaube ich mir, darauf aufmerksam zu machen, daß Mischen, Zerquetschen und
Auspressen mit kaltem Wasser nur schwankende und niedrige Zahlen gibt. Man muß ein bestimmtes Verhältniß siedendes Wasser nehmen, gut durcharbeiten und
mehrere Minuten stehen lassen, dann aber mit einer recht kräftigen Presse
auspressen. Die Polarisation des Preßsaftes mit Berücksichtigung des
angewandten Wasserverhältnisses gibt das gewünschte Resultat mit
befriedigender Genauigkeit; es übertrifft die durch kaltes Wasser gefundene
Zahl nicht selten um das Doppelte! einen geringeren Zuckergehalt für die Preßlinge der ersten gegen die der
letzteren zeigte.
Es findet dieß in dem angegebenen charakteristischen Unterschiede in der Arbeitsart
beider Maschinen seine vollkommene Erklärung und es ist demnach möglich, mit der
neuen Maische entweder bei geringerem Wasserzusatz das Gleiche in der Extraction zu
leisten, und doch viel weniger, weil schwereren Saft zu erhalten, oder bei gleichem
Wasserzusatz und gleicher Saftmenge mehr Zucker zu erzielen.
6) Eine einzige Maschine reicht für jeden Betrieb aus; natürlich ist deren Größe nach
dem zu verarbeitenden Quantum zu richten. Beispielsweise genügte eine von den
Patentziegelmaschinen von 5 Fuß Höhe und 12–15 Zoll Durchmesser bei
50–70 Umdrehungen in der Minute zur bequemen Aufarbeitung aller Preßlinge,
welche ein Betrieb von circa 3000 Ctr. Rüben in 24
Stunden lieferte. Der Wasserbedarf ist dabei kaum größer als ein zweckmäßiger
Wasserzulauf zur Reibe nach gewöhnlicher Art.
7) Die Aufstellung der Maschine ist, sowie ihre Handhabung eine sehr leichte; sie
gestattet sogar, wenn es die Verhältnisse der Localität wünschenswerth erscheinen
lassen, das Heraustreten des gemischten Breies an zwei gegenüberliegenden Seiten der
Maschine zugleich.
Hieraus wird es hinlänglich klar seyn, daß die neue Maischmaschine sehr erhebliche
Vorzüge vor den bisher gebrauchten bietet, und daß sie demnach nicht allein dieselbe
zu ersetzen bestimmt ist, sondern daß ihre Eigenschaften auch sicher dazu beitragen
werden, dem rationellen Verfahren, wie ich es früher (a. a. O.)
beschrieben habe, mehr und mehr Eingang zu verschaffen.
Da die Zeichnung der Maschine, wie sie bei der Ziegelfabrication gebraucht wird, in
den technischen Zeitschriften) im polytechn. Journal Bd. CLVII S. 14) und auf andere
Weise sehr verbreitet ist, so wird wohl das Gesagte genügen und eine nähere
Beschreibung derselben, so wie der zu dem speciellen vorliegenden Zwecke daran
getroffenen Veränderungen nicht erforderlich seyn. Außerdem ist der Patentinhaber,
Maschinenfabrikant C. Schlickeysen in Berlin (Köpenicer
Straße 71) stets bereit, jede gewünschte Auskunft zu geben, und für die einzelnen
Fälle das Genauere über Größe, Aufstellung und Kosten der Maschine mitzutheilen.