Titel: | Zur Elektrolyse des geschmolzenen Roheisens; von August Winkler. |
Autor: | August Winkler |
Fundstelle: | Band 163, Jahrgang 1862, Nr. LIII., S. 188 |
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LIII.
Zur Elektrolyse des geschmolzenen Roheisens; von
August Winkler.
Winkler, über Elektrolyse des geschmolzenen Roheisens.
Als ich im vorigen Jahrgange dieses Journals, Bd. CLXI S. 305, den Vorschlag machte,
zur Reinigung des flüssigen Roheisens von Schwefel und Phosphor versuchsweise die
Elektrolyse anzuwenden, hatte ich noch keine Kenntniß davon, daß Hr. A. L. Fleury bereits die Elektricität als inducirten Strom mit
gutem Erfolge zu diesem Zwecke angewandt habePolytechn. Journal Bd. CLXII S. 315 und 427., und war mein Vorschlag lediglich durch die Betrachtung der Resultate des
Hrn. Prof. Buff bei seinen Untersuchungen über
Elektrolyse des Chlorbleies u.s.w. veranlaßt worden. Ebenso wenig war mir das Patent
der HHrn. Wall und Black auf
Anwendung des galvanischen Stromes bei Erzeugung von Stahl, sowie zur Reinigung des
geschmolzenen Stahls, Kupfers und anderer Metalle von Schwefel und Phosphor bekannt.
Wenn ich daher in meiner Mittheilung weder auf die Untersuchungen des Hrn. Fleury, noch der HHrn. Wall
und Black Rücksicht genommen habe, so ist lediglich diese
Nichtkenntniß daran Schuld. Zur Entschuldigung kann ich nur anführen, daß die
Mittheilungen des Hrn. Fleury noch in kein deutsches
Journal übergegangen waren, und daß das Patent der HHrn. Wall und Black derKostspieligkeit der Methode
wegen nicht zur Ausführung gelangt und deßwegen bald wieder in Vergessenheit
gerathen war.
Angesichts dieser Lage der Sache glaube ich noch einmal kurz auf meinen Vorschlag
zurückkommen zu müssen, weil vielleicht die Meinung sich bilden könnte, daß er durch
die von Hrn. Fleury nach seiner Methode erreichten
Erfolge und durch die praktisch erwiesene Unausführbarkeit der Methode der HHrn. Wall und Black erledigt
sey.
Indem ich nämlich als positive Elektrode ein Eisenerz vorschlug, dachte ich mir den
Vorgang an der Berührungsstelle vom Roheisen und Erz etwa als folgenden: Es würde
sich zuerst durch Reduction des Erzes durch den ausgeschiedenen Kohlenstoff und
Silicium eine flüssige Schlacke von kieselsaurem Eisenoxydul bilden, in welcher noch
ein großer Ueberschuß vom Eisen oxydul vorhanden bliebe.
Diese Schlacke hätte nun selbst Elektrolyse erlitten und einerseits Eisen abgegeben,
welches sich mit dem vom Roheisen stammenden Schwefel, Phosphor, Kohlenstoff und
Silicium verbunden hätte, andererseits sich durch den ausgeschiedenen Sauerstoff zu
kieselsaurem Eisen oxyd oxydirt, welches letztere dann,
durch mechanische Strömung mit dem Schwefel-, Phosphor-,
Kohlen- und Siliciumeisen in Berührung gebracht, diese oxydiren und dadurch
den Schwefel- und Kohlenstoff zum Entweichen bringen, den Phosphor und das
Silicium verschlacken würde.
Nach weiterem Ueberlegen glaube ich aber, daß es zweckmäßiger seyn wird, die Bildung
einer Schlacke von kieselsaurem Eisenoxydul wegzulassen, und an ihrer Statt die im
Hohofen auf dem Eisen aufschwimmende
Kiesel-Kalk-Schlacke mit dem positiven Pol der Säule, das
Eisen selbst aber durch eine in das Stichloch eingeführte Eisenstange mit dem
negativen Pol zu verbinden. Wenn man nämlich bedenkt, daß stets das zuletzt in den
Herd niedergeflossene Roheisen sich wegen seines durch die höhere Temperatur
bewirkten geringeren specifischen Gewichts auf der Oberfläche des bereits angesammelten Roheisens ausbreiten wird, also in eine sehr ausgedehnte
Berührung mit der Schlackendecke gelangt; so wird, wenn auch nur die die Schlacke
berührenden Molecule vom Schwefel- und
Phosphoreisen Elektrolyse erleiden, und dabei den Schwefel und Phosphor an die
Schlacke abgeben, doch, weil fast alle Molecule des
Roheisens nacheinander die Schlacke berühren, eine
vielleicht vollständige Reinigung des Roheisens erfolgen können. Bei dieser
Anordnung des Versuches können auch verhältnißmäßig schwache
constante Ströme genügen, weil es sich nun nur noch darum handelt, die
chemische Verwandtschaft zwischen sich berührenden Moleculen um ein Bestimmtes zu
verstärken; denn wenn auch ein schwacher Strom nichtgenügen sollte, um eine
fortwährende Abscheidung von Calcium aus der Schlacke zu bewirken, so kann er doch
noch genügen um bei Berührung von Schwefel- und Phosphor-Eisen mit der
Schlacke eine Bildung von Schwefel- und Phosphorcalcium zu bewirken.
Ich glaube daher, daß der von mir vorgeschlagene Versuch, weil er sich auf Motive
stützt, die verschieden sind von denen, welche den HHrn. Fleury und Wall und Black Veranlassung zu ihren Untersuchungen waren, sich immer noch zur
Ausführung empfiehlt.
Berlin, den 28. Januar 1862.