Titel: | Ueber die Erkennung des Phosphors in gerichtlichen Fällen durch die Färbung der Flamme. |
Fundstelle: | Band 163, Jahrgang 1862, Nr. LVIII., S. 200 |
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LVIII.
Ueber die Erkennung des Phosphors in
gerichtlichen Fällen durch die Färbung der Flamme.
Aus der Zeitschrift für analytische Chemie, 1862 S. 129.
Mit einer Abbildung auf Tab. III.
Ueber die Erkennung des Phosphors in gerichtlichen Fällen durch die
Färbung der Flamme.
Dussard schlug bekanntlich schon vor einigen Jahren vor,
die smaragdgrüne Farbe, welche der Phosphor und alle
niederen Oxydationsstufen desselben der Wasserstoffflamme des Marsh'schen Apparates, wenn man sie gegen eine Porzellanfläche brennen
läßt, ertheilt, zur Erkennung dieses Giftes zu benutzen, namentlich dann, wenn der
Phosphor schon zur phosphorigen Säure oxydirt seyn sollte. Die Reaction ist nach D.
so empfindlich, daß man mit der Phosphormasse eines Zündhölzchens die Färbung der
Flamme länger als eine Stunde beobachten kann. – Blondlot hat diese Methode bei Gegenwart organischer Stoffe geprüft, und
macht auf folgende Umstände aufmerksam:
1) Um eine farblose Wasserstoffflamme zu erhalten, muß man eine Spitze von Platin
anwenden, da das Natronglas immer eine Gelbfärbung der Flamme verursacht. B. nimmt
dazu eine gewöhnliche Löthrohrspitze und gibt an, daß man leicht ein weiteres
charakteristisches Phänomen bei Gegenwart von Phosphor, nämlich einen kleinen grünen
Kegel im Innern der Flamme erhalten kann, wenn man das Aeußere des Rohres genügend
abkühlt, was leicht durch Umwickeln der Basis der Spitze mit feuchter Baumwolle
gelingt.
2) Die grüne Farbe zeigt sich nur deutlich im Dunklen oder im zerstreuten Lichte,
während sie bei Sonnenschein alles Charakteristische verliert.
3) Sämmtliches Zink des Handels enthält Spuren von Phosphor, hinreichend um die
Flamme mehr oder weniger grün zu färben. Man darf daher nur chemisch reines
destillirtes Zink anwenden, allein da dieses nur einen schwachen Gasstrom liefert,
so muß man zur Entwicklung einen Apparat anwenden, welcher wie der in Fig. 6
abgebildete ein Ansammeln größerer Gasmengen vor der Anzündung gestattet. Das Gas,
welches sich in a entwickelt und ansammelt, sobald durch
die Klemme d der Kautschukschlauch c zusammengedrückt wird, muß, bevor man es an der
Löthrohrspitze e brennen läßt, durch eine U-förmige Röhre streichen, die mit Kalilauge
befeuchtete Bimssteinstücke enthält. Es wird dadurchetwaiger Schwefelwasserstoff
entfernt, der nach Dussard die Grünfärbung der
Phosphorflamme verhindert.
4) Dussard hat ferner bemerkt, daß Antimon und Arsenik, in
genügender Menge zugegen, ebenfalls die Grünfärbung der Flamme verhindern. Er
glaubt, daß die Weißfärbung, welche Arsenik- und Antimonwasserstoff der
Wasserstoffflamme ertheilen, die Ursache davon sey. Allein Blondlot verwirft diese Erklärung; aus einer Platinspitze brennt der
Arsenikwasserstoff nicht weiß, sondern rosa-violett; läßt man ihn aber aus
einer Glasspitze brennen, so wird sich das Violett des Arseniks mit dem
complementären Gelb der Natronglasflamme zu Weiß vereinigen.
5) Blondlot fand, daß eine große Anzahl organischer Stoffe
die Grünfärbung der Phosphorwasserstoff-Flamme verdecken. Es gehören dahin
Alkohol und besonders die Aether, ferner die Derivate des Protëins, Schleim,
und vor allem der complicirt zusammengesetzte Inhalt des Verdauungscanals.
6) Bei Gegenwart organischer Stoffe ändert Blondlot das
Verfahren in folgender Weise ab: Man bringt eine geringe Menge der auf Phosphor zu
untersuchenden Masse in einen, des Schäumens wegen, ziemlich großen
Wasserstoffapparat und leitet das sich entwickelnde Gas in eine schwache
Höllensteinlösung. Den entstandenen Niederschlag, bei Gegenwart von Phosphor ein
Gemisch von fein zertheiltem Silber und Phosphorsilber, bringt man darauf in den in
Fig. 6
abgebildeten Apparat, wo die kleinste Menge Phosphor, die der Niederschlag enthielt,
eine Grünfärbung der Flamme geben wird. Ist der Niederschlag so gering, daß sich nur
das Glasrohr schwach beschlagen zeigt, so schneidet man dieses Ende mit der Feile
ab, und bringt es darauf in den Apparat. Obgleich hierbei immer etwas Phosphor
verloren geht, so reichte die Phosphormasse von zwei Zündhölzchen doch hin, um,
zuvor in Phosphorsilber verwandelt, eine ausgezeichnet charakteristische Färbung der
Flamme zu zeigen.
7) Nach Blondlot hat das beschriebene Verfahren
hauptsächlich dann Wichtigkeit, wenn der Phosphor in den organischen Stoffen sich
allmählich oxydirt hat, so daß die sonst so empfindliche Methode von Mitscherlich
Polytechn. Journal Bd. CXXXIX S. 286. seine Anwesenheit zu constatiren nicht ausreicht. Man kann alsdann das
angesäuerte Wasser, mit welchem man die zu prüfenden Stoffe nach Mitscherlich gekocht hat, nach vorheriger Filtration
direct zu obigem Verfahren benutzen. Ist ferner die vorhandene Menge unoxydirten
Phosphors so gering, daß man bei der Mitscherlich'schen
Methodeein
Phosphoresciren nicht mehr mit aller Schärfe wahrnehmen kann, oder bleiben einem
nach Beendigung des Versuchs noch Zweifel, so kann man das erhaltene Destillat noch
in dem beschriebenen Wasserstoffapparat prüfen, wo etwaige phosphorige Säure, sowie
Spuren von Phosphor, die Grünfärbung der Flamme geben werden.
Merkwürdiger Weise verhindert der Urin die Grünfärbung der Flamme nicht, wie Blondlot gefunden hat. Versetzt man 20–30
Kubikcentimeter Urin mit 2 oder 3 Tropfen einer selbst verdünnten Lösung von
phosphoriger Säure, so reichen von diesem Gemisch 1 oder 2 Kubikcentimeter hin, um,
in dem Apparat geprüft, eine schöne grüne Flamme zu geben. Es wäre demnach
vielleicht möglich bei einer Phosphorvergiftung den Phosphor direct im Urin zu
entdecken, wenn erstens, wie man gewöhnlich glaubt, der Phosphor innerhalb des
Organismus sich mehr oder weniger oxydirt, und zweitens die etwaige phosphorige
Säure in den Urin überginge. Zur Erledigung des letzten Punktes stellte B. folgende
Versuche an: Er verschaffte sich den Urin zweier Tuberculosen, eines Mannes und
einer Frau, die täglich 0,25 Grm. unterphosphorigsaures Natron nahmen, und es
reichte in der That 1 Kubikmeter dieses Urins hin, um sogleich eine schöne grüne
Farbe der Flamme zu erzeugen und somit war der Uebergang der phosphorigen Säure in
den Urin bewiesen. Es handelte sich jetzt noch darum, ob der im Organismus mehr oder
weniger oxydirte Phosphor ein gleiches Resultat liefere. Er untersuchte zu diesem
Zweck den Urin mehrerer Kranken, die seit 8 oder 10 Tagen Phosphor gelöst in Oel bis
zu einem Centigramm in 24 Stunden nahmen, aber niemals war es ihm möglich auch nur
Spuren von phosphoriger Säure durch die Grünfärbung der Flamme zu entdecken. Ebenso
wenig konnte B. Spuren von abnormem Phosphor im Urin eines Hundes finden, der nach
Vergiftung mit Phosphorpaste aus der Blase entnommen war. B. ließ darauf einen
Gesunden, Erwachsenen nach und nach in je 24 Stunden 5, 10 und 15 Centigramme
unterphosphorigsaures Natron nehmen, aber erst nach der letzten Dosis gelang es ihm,
im Urin die Gegenwart des Phosphors zu constatiren. Zur Erklärung dieser
verschiedenen Thatsachen glaubt B. annehmen zu müssen, daß der normale Organismus
eine bestimmte Menge phosphoriger Säure bis zur Phosphorsäure oxydiren könne, und
sich nur eines Ueberschusses mit dem Urin entledige. Den Urin wird man daher nach
Phosphorvergiftung wohl meistens vergeblich auf Spuren von Phosphor untersuchen.
(Journal de Pharmacie et de Chimie, 3me série, t. XL p.
25.)