Titel: | Ueber einige Anwendungen des Ebonits oder gehärteten Kautschuks; von H. A. Silver. |
Fundstelle: | Band 163, Jahrgang 1862, Nr. LXII., S. 229 |
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LXII.
Ueber einige Anwendungen des Ebonits oder
gehärteten Kautschuks; von H. A. Silver.
Aus dem Civil Engineer and
Architect's Journal, November 1861, S. 330.
Silver, über einige Anwendungen des Ebonits oder gehärteten
Kautschuks.
Das Material, welches als Ebonit, gehärtetes Gummi, Vulcanit, Horngummi etc. bekannt
ist, wurde zuerst von Hancock dargestellt, aber auch Goodyear wurde durch seine eigenen Untersuchungen auf
dessen Entdeckung geführt. Der genannte Stoff besteht aus Kautschuk, welches bei
hoher Temperatur und mehrere Stunden lang mit Schwefel vulcanisirt ist. Seine
Anwendung war bis in die neueste Zeit sehr beschränkt. Es wird hauptsächlich zu
Kämmen, Papiermessern und Federhaltern verarbeitet; allein seine Natur macht es zu
weit wichtigeren Zwecken verwendbar. Wegen seiner akustischen Eigenschaften wurde es
zu Stetheskopen, Hörröhren, Flöten und anderen Blasinstrumenten benutzt. Wie Horn und Ebenholz kann
es leicht auf der Drehbank bearbeitet werden, obwohl man meistens vorzieht, es zu
formen. Es ist ein sehr starker – vielleicht der stärkste – negative
idioelektrische Körper, und da es nicht zerbrechlich ist, so kann es zweckmäßig zum
Ersatze der Glasscheiben von Elektrisirmaschinen angewandt werden. Da es auch nicht
hygroskopisch ist, so liegt die Benutzung zu Isolirungen nahe. Außer seiner
Anwendung zu isolirenden Ueberzügen für oberirdische Drahtleitungen (siehe die
untenstehende Tabelle), hat es sich als sehr nützlich bei Isolirungen elektrischer
Apparate aller Art erwiesen.
Eine neue und werthvolle Anwendung des Ebonits ist die zu den Behältern für die
Silberbäder und anderen Geräthen bei der Photographie, so wie zu Trögen für
elektrische Batterien. Man kann das salpetersaure Silberoxyd in solchen Gefäßen ohne
Nachtheil kochen, was weder in Glas- noch in
Gutta-percha-Geschirren geschehen kann. Die daraus verfertigten Tröge
zu galvanischen Elementen sind unzerstörbar und widerstehen selbst der beim Mischen
von Schwefelsäure und Wasser entstehenden Hitze. In einer neueren Nummer der Photographic News lenkt Hr. Gaudin die Aufmerksamkeit auf die schädliche Einwirkung, welche
Silberlösung von dem in der Gutta-percha der jetzt üblichen Gefäße
enthaltenen Gerbstoff erleidet. Photographen werden also nach Gebühr die Vortheile
würdigen, die mit der Anwendung von Gefäßen verbunden sind, welche in sich die
Unzerbrechlichkeit der Gutta-percha mit der chemischen Indifferenz des
Porzellans und Glases vereinigen, und die zugleich, ohne weich zu werden oder sich
zu verziehen, eine den Siedepunkt des Wassers weit überschreitende Temperatur
ertragen können.
Der Ebonit ist ferner als Ueberzug und Verzierung auf Eisen und Stahl, bei Schnallen
u.s.w. angewandt worden; die metallischen Oberflächen werden dadurch unoxydirbar und
mit einem eben so schön aussehenden Körper bedeckt. Er ist auch zur Nachahmung des
Hirschhorns bei Messern, zum Ersatz des Horns oder Ebenholzes für Knöpfe,
Serviettenringe und verschiedene Zierrathen benützt worden. In Form von Armbändern
etc. ersetzt er mit Vortheil den Gagat, dem er überhaupt sehr ähnlich ist, ohne
jedoch dem Springen oder Zerbrechen ausgesetzt zu seyn. Auch ist der Ebonit zum
Fassen von Edelsteinen angewandt worden.
In der nachstehenden Tabelle ist ohne besondere Auswahl aus einer großen Anzahl von
Versuchen eine Anzahl von Resultaten zusammengestellt, welche bei der gleichzeitigen
Anwendung von Glas, Porzellan, Steingut und Ebonit zum Isoliren von oberirdischen
Leitungen erhalten wurden, wodurch der Vorzug des letzteren Materials unzweifelhaft
festgestellt wird.
Bei den drei erstgenannten Stoffen besteht die isolirende Oberfläche aus einem
Alkali- oder Erdsilicate, welches sehr hygroskopisch ist, und daher in Folge
der atmosphärischen Feuchtigkeit viel Elektricität ableitet. Der Ebonit ist hingegen
nicht allein an und für sich ein besserer Isolator, sondern auch gar nicht
hygroskopisch. Außerdem ist die Unzerbrechlichkeit des Ebonits ein weiterer Vorzug
desselben. Vergleicht man Isolatoren, welche aus Holz und Ebonit bestehen, so
erkennt man, daß das letztere Material weder von den directen Sonnenstrahlen, noch
von dem Regen afficirt wird. Diejenigen, welche durch Erfahrungen in der Telegraphie
mit den zahlreichen Ursachen bekannt sind, welche die wirksame Isolirung der
Telegraphenstangen erschweren, werden mit Interesse von diesen neuen Isolatoren
Kenntniß nehmen.
Tabelle über vergleichende Versuche mit
Isolatoren aus Glas, Porzellan, Steingut und Patent-Ebonit.
Diese Isolatoren waren auf sieben Stangen befestigt, einer jeder Art auf jeder
Stange; das Ganze überspannte 420 Yards sumpfigen Landes.
Textabbildung Bd. 163, S. 231
Datum etc.; Bezeichnung und Erfolg
der Isolatoren; Temperatur. Fahrenh. Grade; Elemente; Beschaffenheit des
Wetters; Uhr. Vorm.; Uhr. Min Vorm.; Porzellan; Glas; Ebonit; Steingut;
Porzelanis.; Ebonitis.; Dichter Rebel; Draht und Isolatoren mit Reif bedeckt;
Starkes Thauen; Nebel; im Freien Alles feucht; Feuchtes Schneewetter; Helle
Nacht; Stürmisch; Starker Regen, mit viel Wind; es hatte die ganze
Nachtgeregnet; Seit 7 Uhr Morgens sehr starker Regen; Hell; Sonnenschein; seit
10 Uhr 25 Minut. kein Regen.
Beim letzten Versuch fand bei einer Anzahl von 7 Porzellanisolatoren ein Verlust von
30° statt, während 28 Ebonitisolatoren (je 7 von vier verschiedenen Formen)
nur 1°,50 Verlust gaben; es ist also das richtige Verhältniß für Porzellan
144°, oder der Verlust durch Ableitung der Elektricität fast 100 Mal so groß
wie beim Ebonit.